Tagebuch Samstag, 11. April 2020 – „Straßen des Führers“

Ich bin in der Diss bei dem Werk angekommen, das als einziges von Protzens 29 Autobahngemälden ein eigenes Kapitel bekommt. Es ist das Werk, das von ihm in der Bundesrepublik am häufigsten gezeigt wurde und wozu immerhin ein winziger Forschungsstand besteht. Im „Dritten Reich“ selbst hing „Straßen des Führers“ nur auf der GDK 1940 und wurde an die Reichskanzlei verkauft.

Zu diesem Werk habe ich äußerst spannende Dinge herausgefunden, die ich hier leider noch nicht breittreten kann, und ich konnte auch gestern mein Problem nicht lösen, wo ich diese Dinge platziere. Ich spreche jetzt im Forschungsstand darüber, dann nochmal im eigentlichen Kapitel und ein weiteres Mal etwas ausführlicher im Schlussteil der Arbeit, wo ich mich unter anderem damit befasse, wo die ganzen Gemälde nach 1945 gelandet sind, wenn sie überhaupt noch existieren. Momentan favorisiere ich noch die chronologische und damit zerstückelte Fassung, aber ich ahne, dass ich darüber noch etwas länger nachdenken werde, denn eigentlich bin ich eine Freundin davon, alle Infos auf einmal zu bekommen.

Gestern arbeitete ich nur an diesem Bild – und ein bisschen Kleinkram – sieben Stunden herum, und dann wollte ich was essen und rumliegen.

Meine niedlichen kleinen uralten Holzostereier, die ich letztes Jahr aus der alten Heimat nach München tragen durfte, hängen dieses Jahr an Ikea-Plastikblumen, weil mein Blumenladen geschlossen ist und mein Edeka kein Dekozeug hat und ich mich nicht traue, auf irgendeinem Friedhof ein Zweiglein abzubrechen und das in eine Vase zu stellen. Das gehört ja nicht mir, sondern allen, also lasse ich die Zweiglein da, wo alle was von ihnen haben. Aber wie hier bereits erwähnt, gilt derzeit „Fuck it, wir haben Pandemie.“ Plastikblumen to the rescue!

Weil die Frage gestern auf Instagram kam: Der Holzklotz ist dieser hier von meinem Opa, und er war 2008 in der Tagebuchausstellung im Museum für Kommunikation in Frankfurt zu sehen. Da sieht man auch das Layout meines Blogs vor diesem hier.

Apropos Museum.

Auf der Website des Hauses der Kunst sind seit gestern (vorgestern?) nur noch bedeutungsschwere Sätze zu sehen und nicht nie normale Website. Da steckt bestimmt ein irre toller Gedanke dahinter – oder man spart sich in diesen Zeiten den Social-Media-Mensch ein, knurr –, aber ich bin, für mich selbst erstaunlich, seit gestern arg pissig auf diese Aktion. Es reicht doch, dass im nicht-virtuellen Leben fast überall kaum noch was geht. Müsst ihr jetzt auch noch im Internet die Rolläden runterlassen? Macht mehr, nicht weniger! Ihr hattet doch gerade euer tolles Blog gelauncht – ballert das voll, jetzt wo der nervige Publikumsverkehr nicht mehr stört.

Vermutlich ist das ne tolle Kunstaktion, die sich in wenigen Tagen auflöst und dann stehe ich wie die totale Kunstbenausin da. Dann lösche ich diesen Rant natürlich souverän-stillschweigend und fand das schon immer großartig, neue Kunstformen und so, hervorragend.

Nachtrag, 14.4.: Sag ich doch. Kunst. Fand ich schon immer großartig.

Nachmittags gab es Spargel mit Kartoffelgratin. Den Schinken hätte ich weglassen können, der störte eigentlich nur die mummelige Einheit. Überhaupt könnte ich mich nur von Kartoffelgratin ernähren.

Wie ich von Oliver Trific, dessen Restaurant ich schmerzlich vermisse, neulich auf Insta gelernt habe, serviert man den Spargel mit den Spitzen zu mir. Immer das beste zum Gast.

Apropos gutes Essen.

Celebrity Chefs Take to Instagram, and to the Pantry

Der New Yorker schreibt darüber, wie Profiköche während der Pandemie notgedrungen – aber anscheinend gern – auf Insta kochen und allen Beteiligten versichern, dass man gnadenlos alles mit allem ersetzen könne, wenn man es gerade nicht vorrätig habe. Sehr sympathisch.

„The other day, the chef Tom Colicchio, whose four restaurants in New York are currently closed, posted a short video on Instagram, demonstrating how he was using leftover roasted Brussels sprouts and carrots to make lunch. (Or was it breakfast? A fried egg was involved. The hours, and the meals, have begun to blur.) He started by drizzling some oil into a pan. “Does it matter what oil?” whispered the person behind the camera. “No. Right now, nothing matters!” Colicchio responded, chuckling.

Emma Bengtsson, the executive chef of Aquavit, in east midtown, filmed herself preparing an easy meat sauce for pasta. She had ordered a tripod online, she said, but it would take two weeks to arrive; in the meantime, she was using a head of broccoli to prop up her phone. She would normally add green olives to her sauce, but her grocery store had been cleaned out.“

Ich persönlich folge – natürlich – Herrn Trific, aber auch Jan Hartwig, dessen Zuhauseküche genauso toll aussieht wie seine Sterneküche.

Abends noch ein nettes Facetime-Gespräch mit einer Hamburger Dame geführt. Ich habe ihr per iPad meine Wohnung gezeigt und konnte im Gegenzug immer die gute alte U3 anschauen, die ab und zu durchs Fenster hinter ihr fuhr.