Tagebuch Freitag, 17. April 2020 – 1943 bis 1945 und blauer Stoff

Schreibtischtag. Nicht vor der Tür gewesen, Reste gegessen, ansonsten die Jahren 1943 bis 1945 korrekturgelesen. Etwas müde die Zeit des „Dritten Reichs“ vorerst hinter mir gelassen. Ab in die amerikanische Besatzungszone und zu den Kapiteln, die ich als letztes vor den Ausgangsbeschränkungen geschrieben habe: die ganzen Neu- und Wiedergründungen der Münchner Kunstvereine, die ersten Ausstellungen im nun umbenannten Haus der Kunst, Protzens neue und alte Motive im neuen und alten Stil, die bei dem Herrn dazu führten, dass er jegliche Richtung verlor, falls er jemals eine hatte (ich behaupte: eher nein).

Der Campuslieferdienst der LMU, der normalerweise bis zu 30 Seiten eines Buchs als pdf an seine Studierenden verschickt, falls die gerade nicht in die Bibliothek können, hat diese Beschränkung für LMU-Mitarbeitende und Promovierende geändert. Vorgestern landeten bei mir zwei Buchkapitel, die zusammen ungefähr 90 Seiten hatten. Mit denen wollte ich eigentlich anfangen, aber deren Inhalte gehören hauptsächlich ins Kapitel 1938 und daran war ich ja gerade vorbeigelaufen. Ich begann zwar zu lesen, merkte aber, dass ich mich nicht so recht konzentrieren konnte oder wollte, ließ das pdf daher liegen und las weiter im Jahr 1943 Korrektur.

Gestern zum ersten Mal im meinem Leben Stoff bestellt. So zum Nähen. Eine Tätigkeit, der ich bisher weiträumig ausgewichen bin. Ich muss aber gestehen, dass mir in letzter Zeit meine Klamotten auf den Zeiger gehen, weil sie halt nie *richtig* passen, sondern immer nur so ungefähr. Meine Figur ist nicht für die Massenware gemacht und ich habe mich damit arrangiert, dass ich nie perfekt angezogen aussehen werde, weswegen ich es irgendwann auch nicht mehr versucht habe. Das ist eine recht entspannende Art, morgens aus dem Haus zu gehen, aber, weiß der Geier warum, seit einiger Zeit nervt es.

Das Mundschutznähen neulich fand ich erstaunlich spannend und entspannend zugleich: Ich habe versucht, halbwegs präzise zu arbeiten, was natürlich von vornherein Quatsch ist, wenn man nicht mal Stecknadeln im Haus hat, aber ich mochte diese neue Art der Konzentration, die sich mal nicht mit akademischen Texten oder Werbedetails oder Hefemengen in Teigen befasst. Und da wir ja vermutlich noch ein paar Monate mit Mundschutz rumlaufen werden (ich jedenfalls), dachte ich mir, gönnste dir doch mal ein Stückchen schönen Stoff, der keine alte Serviette aus dem Schrank ist und dessen Farbe dir lieber ist. Ich habe nach einem Tipp hier bestellt und bin gespannt.

Gestern gab’s bei Herrn Levit Mussorgskis Bilder einer Ausstellung. Kann man ja auch mal in großer Besetzung hören.