Tagebuch Sonntag, 24. Mai 2020 – Fuppes, Diss, Hörtipps
Ausgeschlafen, rumgelungert, ein bisschen an der Diss gearbeitet. Dann den Sieg von Augsburg über Schalke geguckt und weiterhin festgestellt, dass ich Spiele ohne Zuschauer problemlos gucken kann. Wenn ich ignoriere, wie sinnlos die ganze Idee der Fortführung der Spiele ist, während wir Nicht-Fußballprofis verzweifelt Abstand halten und Masken tragen.
Nach dem Fußball auf Netflix die neue Staffel von Selling Sunset begonnen, das ich selbstverständlich rein aus architektonischem Interesse gucke. Nochmal an die Diss gesetzt und weiter gekürzt und umgebaut. Herr Levit gab gestern wieder ein Konzert, aber das verpasste ich, weil ich mit F. facetimte. Also holte ich ein bisschen Bach nach, während ich ein weiteres Mal Nasi Lemak zubereitete. Dieses Mal mit einem halben Teelöffel Tamarindenkonzentrat. Entweder das Zeug pulverisiert jede Schärfe oder ich habe die einzigen Chilis gekauft, die null scharf sind. Mpf.
Zwischendurch Feedback vom Doktorvater aufs (alte) Inhaltsverzeichnis gekriegt; Vati ist zufrieden, auch mit der Länge der Arbeit von 350 Seiten („Stressen Sie sich nicht“). Ein paar Fragen hatte er, die sich aber alle erledigt hätten, wenn er schon mein neues Inhaltsverzeichnis vor sich gehabt hätte. Das beruhigt sehr. Für ihn wäre auch eine Abgabe im August in Ordnung, die Disputatio wäre im November, wie ich gestern auf unserer Website sah. Jetzt muss noch die Zweitprüferin Ja sagen und dann könnte dieses Jahr eventuell noch gut enden.
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Ich höre im Bad immer Deutschlandfunk. Am Mittwochabend klickte ich in eine Sendung über Viktor Ullmann, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Ich kannte den Komponisten vorher nicht, und beim unwissenden Reinhören hätte ich bei der Musik auf die 1950er-Jahre getippt. Hier 45 Minuten zum Nachhören.
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Nochmal Deutschlandfunk, deutlich länger. Ich zitiere: „37 Audiokassetten hat [Wolfgang Siebeck] in den 80er-Jahren, teils noch während der Mahlzeiten mit Restaurantkritiken und für Reisebeobachtungen besprochen. Die Aufnahmen muten an wie Live-Reportagen – obwohl Siebeck sie allein für den Privatgebrauch machte, zur Vorbereitung seiner Zeitungstexte. Ein Jahr vor seinem Tod vermachte Siebeck diese Kassetten dem Autor und Regisseur Ulrich Gerhardt. Aus dem Material entstanden schließlich, begleitet durch die Dramaturgin Stefanie Hoster, vier Audio-Collagen für das Hörspiel im Deutschlandfunk Kultur. Drei dieser Collagen sind in dieser Langen Nacht zu hören.“
Auch in diese Sendung zappte ich zufällig und blieb dann 20 Minuten auf dem Badewannenrand sitzen, weil es so herrlich war, Siebeck beim Meckern über Salatdressing, Portionsgrößen und faule Kellner zuzuhören. Hier die drei Stunden.
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„Gravity seems to have grown stronger during the pandemic, pulling at my face and every other saggable thing on my body. My mouth is so used to being compressed into a tight angry line that I’m afraid it might be stuck this way. I have more and weirder gray hairs. The awareness of my body is only heightened when I go out into the world. On trips to the grocery store or bike rides, I’m acutely conscious of how much space I take up, and how clumsily I move through that space. Wearing a mask, I can’t even deploy my well-worn apologetic grin. I wear a mask because we should all really be wearing a mask, but, on a semiotic level, I don’t know if it reads as “responsible citizen trying to protect you from my mouth rain” or “scared, entitled, white woman.” I don’t know how to make a case for my presence in this world at all.“