Tagebuch Sonntag/Montag, 16./17. August 2020 – Zeitung, Duschen, Wurstauflauf
Sonntag saß ich im ICE in Richtung Norden, um mal wieder mein Mütterlein zu unterstützen. Direkt neben mir, über den Gang rüber, saß ein Ehepaar, das von seiner Tochter zum Zug gebracht worden war. Die beiden plapperten auf die Tochter ein, immerhin alle mit Maske, und vom Gehalt des Gesprächs war klar: Alle alten Eltern sind gleich. Die beiden guckten neidisch auf meine FAS, denn ich wusste ja seit der letzten Fahrt, dass es in der 1. Klasse keine Zeitungen mehr gab (totale Unverschämtheit, logisch) und hatte mich daher bevorratet. Das wurde auch verbalisiert, dass es keine Zeitungen mehr gab.
Ich griff anstatt zur Zeitung erstmal zu den Noise-Cancelling-Kopfhörern und wartete ein halbes Stündchen, bis das Paar vor sich hinschwieg. Dann las ich Zeitung. Der Schaffner kam, das Paar erzählte, dass es bis Würzburg führe und dann in die Rhön, der Schaffner stieg offensichtlich gerne in die Unterhaltung ein, man einigte sich, dass Bücher nur in Papierform super sind und ab da hörte ich nicht mehr zu. Auch der Schaffner wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es keine Zeitungen mehr gebe, was er bedauerte, aber Corona, Sie wissen ja, schlimm alles.
Dann wurde wieder geschwiegen, ich las Zeitung, und als ich das erste Buch durchgelesen hatte, fragte ich über den Gang, ob sie vielleicht wenigstens einen Teil Zeitung haben wollten. Selten haben sich Menschen so über Lesestoff gefreut wie da. Meine gute Tat des Tages.
Beim Aussteigen in Hannover dann noch einer Dame mit Kinderwagen und zwei Kindern beim Aussteigen geholfen, alle Karmapunkte an mich, zack-zack. Das hat das Universum aber nicht mitgekriegt, denn es ließ meine S-Bahn ausfallen und ich musste drei Telefonate mit zwei Teilnehmenden führen, damit mich irgendwer von irgendwo mit dem Koffer einsammelt. Nebenbei war es irre schwül anstatt einfach nur knochentrocken heiß wie in München und ich wollte ab 16 Uhr nur noch duschen. Von mir aus auch gleich mit Klamotten.
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Eigentlich hatte ich mir diverse Rezepte mitgenommen, um die Tiefkühltruhe des Mütterleins aufzufüllen (danke an die Leserinnen für die Tipps!), aber anscheinend ist der Plan diese Woche, die Truhe eher leerzukochen. Gestern verarbeitete ich eine kleinkindgroße Zucchini aus dem Garten und füllte sie launig mit Hack und Käse und Zucchini, was auch hervorragend schmeckte. Ein Teil davon landete allerding wieder in der Truhe, wo ich gerade das Hackfleisch hergenommen hatte, aber gut, so bleibt alles im Gleichgewicht.
Einen großen Teil des Tages war ich damit beschäftigt, die Rezeptbox meiner Mutter aufzuräumen, die ihr runtergefallen war, und nun lagen eine Million Rezepte, die geschätzt in den 1980er Jahren begonnen wurden, ungeordnet rum. Ich durfte wegschmeißen und tat das auch (siebenmal Grüne Soße, achtmal Zwiebelkuchen, Pfannkuchen? Frikadellen? Das macht sie doch aus dem Handgelenk, weg damit). Bitte lesen Sie diesen Thread für weitere Einblicke und ein schlimmes Rezept, von dem ich leichtsinnigerweise meinte, es nachkochen zu müssen. Ich überlege noch, wie ich da wieder rauskomme.
Danach durchsuchte ich auf Wunsch das halbe Haus nach einem Gegenstand, leider erfolglos, und wollte ab 16 Uhr erneut duschen. Aber immerhin hatte ich einen Ventilator, denn auf dem Dachboden meiner Eltern liegen noch 20 Kisten, die ich vom Wegzug aus Hamburg nicht nach München hatte mitnehmen können. Und in einer dieser Kisten wusste ich einen Ventilator, der netterweise auch gleich in der zweiten, selbstverständlich hervorragend beschrifteten Umzugskiste lag.
Abends eine Spinne neben dem Kopfende meines Bettes weggesaugt, verdammtes Landleben.
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Die Rede von Michelle Obama auf dem Zoom-Parteitag der Demokraten.