Tagebuch Freitag, 18. September 2020 – Zahnzusatzversicherungs-App
Eher mies geschlafen, habe gerade sehr viel auf dem Teller, von dem im Blog nichts steht. Unruhig rumgewälzt; ich wäre gerne noch mal länger eingeschlafen, aber ich wollte um 8 meinen Zahnarzt anrufen, um einen Termin zu bekommen. Also nölig halbwach gewesen, über Quatsch und Eventualitäten nachgedacht, um 8 dann geduscht und mit Kaffee intus ans Telefon gekrochen – „ich wohne fünf Minuten weg, ich könnte gleich da sein“ –, nur um festzustellen, dass er erst um 9 öffnet. Gna.
Um 9 angerufen, um 10.15 in der Praxis gewesen, Bescheid bekommen, dass das fehlende Stück Backendings Teil einer Krone war und nicht mehr Zahn, neue Krone abgenickt, hilft ja nichts. Auf meinen Hinweis, dass ich ab Dienstag für eine Woche nicht in München sei, ob das bis dahin ginge mit dem Zahn, meinte der Doc, ich könnte mit dem frisch ausgedruckten Heil- und Kostenplan auch direkt zur Krankenkasse fahren, ihn dort abnicken lassen und ihn dann Montag wieder mitbringen, da wäre gerade ein Termin freigeworden. Gesagt, getan. Ich weiß dann jetzt auch, wo meine Krankenkasse residiert (mit dem Fahrrad acht Minuten, sehr nett) und bemerkte interessiert, dass man dort nicht mehr einfach reingehen kann, sondern ein Wachmann einen abholt. Ich wurde gefragt, ob ich in den letzten drei Wochen in einem Risikogebiet war, ich vermeinte – zählt München schon dazu bei seit gestern nachmittag über 50 Neu-Infizierten pro 100.000, herrgottnochmal –, musste mir die Hände desinfizieren, und erst als ich im Raum war, der sehr leergeräumt und mit Plastikscheiben unterteilt war, kam auch ein Berater auf mich zu. Der konnte dann auch gleich am Telefon was mit der Praxis klären, die sich anscheinend bei irgendeiner kryptischen Nummer vertippt hatte, ich bekam die Unterschrift und kriege nun also Montag angeblich gleich eine neue schicke Krone und nicht nur ein Provisorium. Wir werden sehen.
Zuhause wollte ich den Kostenplan an meine Zahnzusatzversicherung schicken. Die hatte ich aber schon so ewig nicht mehr nutzen müssen, dass ich nicht mehr wusste, wie das ging. Ich hatte mir irgendwann aus Lust und Laune mal einen Zugang zur Online-Bearbeitung schicken lassen, den gab ich nun erstmals ein und stellte fest, dass es inzwischen eine App gibt, mit der man Dokumente scannen und sie damit an die Versicherung weiterleiten kann. Nichts mehr mit Antrag händisch ausfüllen und in einen Briefumschlag stecken, wie ich mich dunkel an den letzten Vorgang erinnerte; der war noch in Hamburg und ist mindestens zehn Jahre her. Ich scannte, schickte, bekam eine Empfangsbestätigung und kurze Zeit später den Vermerk „wird bearbeitet“ und warte jetzt gespannt.
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Drei bestellte Bücher in der Bib waren noch nicht da, da muss ich leider Montag noch hin, obwohl ich sie gerne am Wochenende schon gehabt hätte, meh. Daher verdödelte ich den Resttag mehr oder weniger, gab mir sport-frei, guckte Serien und las weiter die Hamilton-Biografie. Ich bin jetzt im Jahr 1790, Hamilton ist der erste Finanzminister der Vereinigten Staaten und etabliert eine Organisation, die später Coast Guard genannt wird. Als Finanzminister wollte er nämlich sicherstellen, dass dem Staat keine Steuereinnahmen durch Schmuggler entgingen. Also sorgte er dafür, dass Leuchttürme errichtet – und gewartet – wurden und dass es Boote gab, die andere Boote abfingen.
„In constructing the Coast Guard, Hamilton insisted on rigorous professionalism and irreproachable conduct. He knew that if revenue-cutter captains searched vessels in an overbearing fashion, this high-handed behavior might sap public support, so he urged firmness tempered with restraint. He reminded skippers to ‚always keep in mind that their countrymen are free men and as such are impatient of everything that bears the least mark of domineering spirit. [You] will therefore refrain … from whatever has the semblence of haughtiness, rudeness, or insult.‘ So masterly was Hamilton’s directive about boarding foreign vessels that it was still being applied during the 1962 Cuban missile crisis.“ (S. 340)
Ich staunte mal wieder, oder auch nicht, über die Geistesleistung, Schwarzen Menschen diesen „domineering spirit“ als anscheinend nicht wahrnehmbar zu unterstellen. Dass dieses selektive Denken aber auch heute noch funktioniert, merkte ich bei einem Tweet, den ich heute morgen las. Gestern nacht verstarb Ruth Bader Ginsburg, die 1980 als erst zweite Frau an den amerikanischen Supreme Court berufen wurde. Auf die Frage, bei wievielen Frauen es denn genug sei, meinte sie: neun. Das erstaunte Menschen immer, meinte sie, dabei waren es jahrhundertelang neun Männer und das habe nie jemanden gestört.
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Abends mit F. zusammen die Saisoneröffnung der Bundesliga geschaut, für die F. als Dauerkarteninhaber theoretisch hätte Karten bestellen können, was er natürlich nicht tat. Die wurden aber zugeteilt, wie ich meiner Twitter-Timeline entnehmen konnte. Wegen der derzeitigen Infektionszahlen mussten die Zuschauer:innen dann aber doch draußen bleiben. Bayern gewann gegen Schalke, das quasi nicht auf dem Platz war, mit 8:0. Heute ist Augsburg bei Union Berlin, wo, glaube ich, Zuschauer:innen anwesend sein werden. Ich erwarte Tweets wegen Wettbewerbsverzerrung ab 15.30 Uhr.