Tagebuch, Mittwoch bis Sonntag, 16. bis 20. Juni 2021 – Warm, dunkel, still
Viel Fußball geguckt. Viel Fußball nebenbei laufenlassen, weil der Ventilator so laut war, und trübe an die Decke geschaut.
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Viel Bachmannpreis geguckt. Für diesen Text habe ich meine Publikumspreisstimme abgegeben und zwar für diese Sätze, die ich auch nach drei Tagen noch im Ohr und im Bauch hatte:
„Ich lege meine Lippen an ihre, meine Unterlippe an ihre Unterlippe und meine Oberlippe an ihre Oberlippe. Und dann küsse ich alle Rillen ihres Körpers. Ich küsse ihr die Rillen weg, gehe die Abdrücke entlang mit meinem Mund, bis sie alle verschwunden sind. Der Abdruck der Tasche an der Schulter, die Abdrücke der Socken an den Waden, der Abdruck der Schwimmbrille um die Augen, der Abdruck vom Hosenbund, vom Büstenhalterverschluss, Unterhosenbund, Armbanduhr, Ehering. Ich küsse alle Rillen weg und die Frau, die zu schimmern beginnt.“
Julia Weber: „Ruth“ (2021).
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Man merkt ja erst, wie sehr man Fischsauce und Chilis mag, wenn man sie nicht essen kann, weil sie im Haushalt meiner Eltern halt nicht vorkommen. Ich kann vier Tage lang hintereinander Bánh Mì essen. Ein Hoch auf Eiskaffee.
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„I wrote mostly about men. I hadn’t interviewed a lot of women. Whenever I did, the stories were always about the struggle to be the kind of woman who got interviewed – the writers who were counted out, the politicians who were mistaken for secretaries, the actresses who were told they were too fat and tall and short and skinny and ugly and pretty. It was all the same story, which is not to say it wasn’t important. But it was boring. The first time I interviewed a man, I understood we were talking about something more like the soul.
The men hadn’t had any external troubles. They didn’t have a fear that they didn’t belong. They hadn’t had any obstacles. They were born knowing they belonged, and they were reassured at every turn just in case they’d forgotten. But they were still creative and still people, and so they reached for problems out of an artistic sense of yearning. Their problems weren’t real. They had no identity struggle, no illness, no money fears. Instead, they had found the true stuff of their souls – of all of our souls – the wound lying beneath all the survivalism and circumstance.“
Taffy Brodesser-Akner: „Fleishman Is in Trouble“, London 2019, S. 235.
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Die Texte vom Bachmannpreis nachgelesen. „Fleishman“ angefangen und ausgelesen. Wenig gesprochen.
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Nach Monaten wieder in einem Museum gewesen, allerdings nicht zum Angucken, sondern zum Arbeiten. Ein klimatisierter Raum, aber ich habe nicht die Bilder gefunden, für die ich gekommen war. Vielleicht finden sie sich nächste Woche, da muss dann F. alleine mit der Kamera hin.
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Ab morgen wieder keine Fischsauce mehr.
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„Es ist mir nicht gelungen, die Ansichtskarten, die ich in Gmunden gekauft hatte, von Gmunden aus an Freunde zu verschicken, ich habe sie vielmehr nach meiner Abreise aus Gmunden mit nach Hause genommen, ich habe versucht, die Karten auf welchen 1 Teilprospekt von Gmunden (Rosetten) abgebildet war, von Wien aus an die Freunde abzuschicken aber ich war dazu auszerstande, ich fand es sinnlos, leere Ansichtskarten (mit dem Stempeldruck einer Rosette) zu verschicken, ich konnte nicht Grüsze von einem Ort aufschreiben den ich längst verlassen hatte, es war 1 grosze Inbrunst, sage ich zu Ely, die Ansicht von Gmunden war abstrakt, sage ich, aber die abstrakte Ansicht von Gmunden entzückte mein Gemüt wie es der tatsächliche Anblick dieser Stadt nicht vermocht hatte“
Friederike Mayröcker: „ich sitze nur GRAUSAM da“, Berlin 2012, S. 34.