Tagebuch Mittwoch/Donnerstag, 1./2. Dezember 2021 – Maulwurf und Schokolade

Der Mittwoch begann eher doof, weil ich die zweite und damit letzte Absage auf einen Druckkostenzuschuss erhielt. Bei beiden Stiftungen musste ich neben einem Probekapitel und lauter Zeug auch einen Lebenslauf einreichen, und ich ahne – oder ich rede mir ein –, dass beide Absagen damit zu tun haben, dass ich eben seit über 20 Jahren im Berufsleben stehe und man daher erwarten kann, dass ich einige Rücklagen habe, mit denen ich so nebenbei irgendwas zwischen 10.000 und 12.000 Euro bezahlen kann, denn darauf wird die Endabrechnung meines Buchs hinauslaufen. Im Gegensatz zur armen knapp 30-jährigen Doktorandin, die sich als Hiwi über Wasser hält und in einer WG wohnt. Das stimmt theoretisch auch, aber da ist so eine kleine Pandemie, die dafür gesorgt hat, dass ich anderthalb Jahre keine einzige Rechnung schreiben konnte. Insofern hätte ich das Geld ganz gut gebrauchen können. Aber gut. Haken dran und weiter in mich reinknurren, wie unhöflich die Wissenschaft zu mir ist, ihrem willigen Groupie.

Immerhin konnte F. zwei Zimt-Kardamom-Schnecken beim Lieblingsbäcker ergattern und gab mir liebevoll die größere ab. Ich glaube ja nie, dass mich jemand gern hat, aber wer freiwillig das größere Backwerk weiterreicht, ist mir vielleicht doch gewogen.

Ich benutze diese Teller aus dem Sammeltassenberg übrigens unironisch, ich mag den Kitsch ab und zu sehr gern.

Die zweite Tagesrettung waren meine beiden Adventskalender. Einer versorgt mich nun täglich mit einer Praline von Xocolat aus Wien, den ich herzlich vermisse, wie überhaupt die ganze Stadt. Und der zweite zeigt mir lauter Bilder vom kleinen Maulwurf, und damit beginnt ja jeder Tag gut.

Nebenbei würde ich gerne wissen, wer mal auf die Idee gekommt ist, dass pickelige Rauhfasertapete das Nonplusultra für Mietwohnungen ist und ihm oder ihr nachträglich auf die Nase hauen.

Ansonsten am kunstgeschichtlichen Job für meinen Ex-Doktorvater gearbeitet, viel Tee getrunken, viel Martinů gehört. Seine Biografie lässt mich zwar weiterhin am Stil verzweifeln, aber sie schubst mich immerhin in die Richtung von wegweisenden Stücken, und genau das wollte ich von ihr. Seit gestern in der Dauerschleife: das Doppelkonzert für zwei Streichorchester, Klavier und Pauken (1946). Beim Googeln danach über diesen Klassik-Hinweisdienst gestolpert, den ich noch nicht kannte. Gleich mal vertwittert und den Hinweis auf Themensortierung der ARD-Mediathek erhalten, kannte ich auch noch nicht.

Gestern ein Rezept der NYT etwas abgewandelt. Ein Sößchen aus Tahini, Sojasauce, Essig, Ingwer und Knoblauch war jetzt nichts Neues für mich, aber hier passten die Mengenverhältnisse haargenau zu meinem Geschmack. Statt Pak Choi gab’s bei mir Möhren und Zucchini und keinen gedämpften, sondern knusprig angebratenen Tofu.