Samstag/Sonntag, 3./4. Dezember 2022 – (Titel vergessen, fällt mir jetzt um 18.25 Uhr auf, jetzt bleibt’s so)
Wie im letzten Blogeintrag beschrieben, sprachen F. und ich noch stundenlang über das Essen am Freitagabend. Eigentlich schlafen wir nach solchen herrlichen Abenden immer ewig aus, lungern im Bett rum und reden nochmal über das Essen, das geht ja immer. Am Samstag hatte sich aber mein Schwager angemeldet, der für eine Firmenweihnachtsfeier in der Stadt war. Er brachte Croissants und Semmeln vom Lieblingsbäcker mit und wir genossen zwei Stündchen mit ihm, bevor er gegen 12 zum Zug musste. Die Nacht war kurz, aber das war sehr schön. Und dann redeten F. und ich halt danach nochmal über das Essen bei Tohru, als wir wieder unter uns waren und niemandem mit unserem Rumschwärmen auf die Nerven gingen. (Hey, danke fürs Lesen hier! Ihr lest das alles, oder? Ihr lest nicht quer, oder? ODER? ICH MÖCHTE NOCHMAL DEN KNUSPERCHIP AUF DEM WALLER … okay, schon gut.)
—
Nachmittags hätte ich eigentlich gerne den Livestream vom „Lohengrin“ aus der Bayerischen Staatsoper geschaut, aber wir hatten etwas noch Besseres vor: ein Livekonzert. Die Münchner Philharmoniker hatten Igor Levit zu Gast und außerdem eine Frau am Pult, was ja immer noch etwas Besonderes ist. Mirga Gražinytė-Tyla ist Chefdirigentin des City of Birmingham Symphony Orchestra und wählte neben Robert Schumanns Klavierkonzert in A-moll, Op. 54, für das Levit am Flügel saß, noch Raminta Šerkšnytes „De Profundis“ als Reinkommer und die dritte Sinfonie von Mieczysław Weinberg als Stück nach der Pause. „De Profundis“ gefiel mir, weil nur Streicher*innen auf der Bühne saßen, aber ich muss zugeben, dass es etwas an mir vorbeirauschte. Schumann geht ja immer, und jetzt gerade beim Schreiben höre das Konzert zum vierten Mal seit Samstag, weil es halt so toll ist. In der Pause meinte ich zu F., hach, Schumann, toll, das kam mir bekannt vor. F. so: „Ja, weil wir es vor drei Monaten in Wien gehört haben.“ Ich Hirn habe anscheinend nach der Phase 1 des Klassikhörens – oh, das ist spannend, gib mir mehr – unter Auslassung von Phase 2 – ich kenne jetzt drei Komponisten und vier Interpretinnen – direkt Phase 3 erreicht: Ich merke mir nichts mehr, lasse mich berieseln und schlafe irgendwann im Konzertsaal ein.
Die Weinberg’sche Sinfonie als Rausschmeißer gefiel mir auch; F. bemerkte treffend, dass mir „midcentury modernisms“ in allen Formen ja immer gefallen. Die Sinfonie klang an vielen Stellen auch so, wie ich mir die 1950er Jahre vorstelle, falls das einen Sinn ergibt.
Die Garderoben der Isarphilharmonie waren nur spärlich besetzt, sollten etwa Leute krank sein? Nein, bestimmt nicht, Pandemie ist ja durch. Wir waren mit unseren Masken mal wieder in der deutlichen Unterzahl, aber egal. Jedenfalls warteten wir etwas abseits vom Gewühl, bis eben das sich aufgelöst hatte. Praktisch, denn so konnte einer meiner Leser mich erkennen und Hallo sagen. (Hello again!) F. so: „Mir dir kann man nirgends hingehen, ohne dass deine Fans kommen.“ Damit spielte er scherzhaft auf eine Begegnung aus dem Sommer an, wo wir in der Schreiberei gesessen hatten und sich eine aufgeregte und charmante Dame nur kurz vorstelle: „Ich bin so ein krasser Fan! Schönen Abend noch.“ Darüber grinse ich immer noch.
—
Da wir keinen Pausensekt hatten, holten wir den doppelt und dreifach an meinem Küchentisch nach. Es gab zwei Flaschen Pet Nat, den wir bei unserem Besuch im Tian kennengelernt hatten. Dazu dippten wir die Semmeln von morgens in die Kaffeesauce, die wir von Tohru mitgekommen hatten.
—
Sonntag wurde dann das Samstags-Ausschlafen sehr gründlich nachgeholt. Wir saßen gefühlt erst gegen Mittag am Frühstückstisch, es gab erneut Semmeln, die halten sich ja netterweise einen Tag lang. Ich hatte noch zwei Portionen Chawanmushi im Kühlschrank, Kaviar war auch noch da, ich produzierte mal eben gekochte Eier und eine kleine Portion Kartoffelbrei, und nach diesem üppigen Frühstück gab’s noch Stollen und Kekse. Wir sprachen NOCHMAL über den Freitag, das muss so. Erst am späten Nachmittag trennten wir uns wieder, ich räumte die Küche auf und verbrachte den kleinen Rest des Wochenendes unter der Kuscheldecke auf dem Sofa.
Das war ein sehr schönes und intensives und genussreiches Wochenende, das sehr nötig war und sehr gut getan hat. Gerne wieder, Universum. Ich mein ja nur.