Was schön war, KW 27 – Garantiert nicht die Hitze

Gute Arbeitswoche gehabt, motivierendes Meeting, nette Mails, charmante Kolleginnen, wie immer, gerne wieder.

Außerdem mit dem Team im Stadtmuseum gewesen, um die neue Ausstellung „(K)ein Puppenheim. Alte Rollenspiele und neue Menschenbilder“ anzuschauen. Ich muss da nochmal rein, ich war um 17 Uhr nicht mehr aufnahmefähig. Aber was ich noch mitgekriegt habe, war schon toll.

Auch immer gern: die Mittagspausen im Garten. Die werde ich vermissen – meine Zeit im Haus geht langsam zu Ende, denn der Job war ja nur eine Elternzeitvertretung. Bin schon abschiedsschmerzig, freue mich aber gleichzeitig sehr auf neue Dinge.

Und auf ein paar Wochen Urlaub. Das letzte halbe Jahr war mit Job und Zweitjob und Nebenbeijobs und einem Hauch Privatleben anstrengender als erwartet. Aber gleichzeitig auch unglaublich lehrreich und spannend und toll.

Viel Gutes gekocht und gegessen.


Seidentofu mit Zitrussauce nach „Immer schon vegan“.


Von der Zitrussauce war noch der Großteil einer Orange übrig, die wurde Frühstückssaft.


Za’atar-Mohrrüben und -Kichererbsen aus dem Ofen, Reis, Misojoghurt.


Die restlichen Kichererbsen aus der Dose wanderten in die Pfanne mit allen Gewürzen, die meine Ottolenghi-Schublade hergibt, Salat, Joghurt.

Die VG Wort hat mir für die Diss mehr Geld überwiesen als ich jemals fürs Blog bekommen habe. Ich schreib einfach noch eine und mach den Laden hier dicht.

Am Freitag saßen F. und ich im Zug nach Halle, wo wir auf einen Geburtstag eingeladen waren. Ich freute mich ein bisschen mehr auf die Moritzburg als auf die Party, aber alles wurde erschwert durch die verdammte Hitze, auf die ich trotz Akklimatisierung seit dem letzten Jahr und einer frisch angeschafften Leinenbluse nicht gut vorbereitet war.

Am Freitagnachmittag ging’s bei noch lächerlichen 30 Grad eigentlich, wir schlichen zu einem Antiquariat und kauften lauter alte Dinge. Ich erwarb zwei Bücher von Ernst Wiechert und drei von Wolfgang Koeppen und jeweils eins von Klaus Mann und Joseph Roth und F. schenkte mir einen Katalog zu einer DDR-Ausstellung in Halle 1984, der mir zu teuer gewesen wäre Herzchen-Emoji.

Abends saßen wir im Speiseberg, dem ersten und einzigen Sterne-Restaurant in Halle. 2022 erkochte sich das Team einen Stern, den sie in diesem Jahr verteidigten. Das war alles gut und schön und teilweise sehr gut und sehr schön, aber wir merkten, dass wir inzwischen vom Sternemonster und Schickimickistadt und Hauptstadt der Menschen mit viel Geld München völlig verdorben waren, was unsere Erwartungen an diese Art Küche angehen.

Wir kamen zufrieden und gut umsorgt wieder raus, waren uns aber einig, dass man bei einigen Gängen noch ein Schippchen drauflegen könnte, gerade was Produktqualität angeht. Aber das würde das Menü halt noch teuer machen und wie eben angedeutet, ist Halle nicht Protzmünchen. Daher war das alles völlig in Ordnung so. Und der Blumenkohlgang war der Kracher. Überhaupt finde ich immer mehr die reinen Gemüsegänge spannend.


Onsen-Ei und Radieschen.


Blumenkohl und Blattsalat. Das ist das Sorbet auf dem eisgekühlten Stein. (Packt das doch bitte auf den Teller, Hasis.)


Lachsforelle und Karotte.


Melone und Gurke.


Zander und Erbse, mein zweitliebster Gang wegen buttriger Erbsen neben gefriergetrockneten. Toll.


Lamm und Kirsche.


Sesam.


Erdbeere und Eisenkraut.


Rausschmeißerchen und Espresso.

Von der Geburtstagsparty, die für uns bereits Samstagmittag begann (Fahrt zum Gastgeber, Fahrt mit Gastgeber zur Location) musste ich früher weg als geplant, sonst hätte mein Kreislauf irgendwann gar nicht mehr reagiert. Im Hotel, das netterweise eine Klimaanlage besitzt, ging es mir nach viel Wasser, einer Dusche und Rumliegen besser. Ich war trotzdem traurig, bei F.s langjährigen Freunden vermutlich den Eindruck einer konstant fächelnden, rotgesichtigen Frau hinterlassen zu haben, die alle 20 Minuten aus der stickigen Partyhalle nach draußen flüchtete, wo es zwar noch heißer war, aber immerhin ein Wind ging. Dass ich nett und schlau und unterhaltsam sein kann, ging bei 34 Grad einfach unter. Merke ich mir fürs nächste Mal. Einfach zuhause vor dem Ventilator bleiben und per Zoom gratulieren. Dann wäre mir allerdings der Gin Basil Smash mit alkoholfreiem Gin entgangen, der mir sehr gut gefallen hat.

Am Sonntag schlichen wir in der Moritzburg, meinem Lieblingsmuseum, durch die schöne Ausstellung „Halle am Meer. Strandzone und Naturidyll Ahrenshoop 1945–2023“. Tolles Plakat, (größtenteils) tolle Werke, tolle Klimaanlage. Geliebt: Uwe Pfeifer: Beton und Steine, 1972, Privatbesitz.

Dann schlichen wir durch die zweite, deutliche kleinere, aber genauso tolle Sonderausstellung von Gertraud und Otto Möhwald, zwei Künstler*innen der Halleschen Schule.
Die Moritzburg schreibt übrigens in den Wandtexten „Künstler und Künstlerinnen“, kein Sternchen oder ähnliches, aber: Immerhin die weibliche Form ist ebenso oft sichtbar wie die männliche. Nebenbei sind die Wandtexte alle toll, ein besonders gutes Beispiel habe ich vertootet. Vielleicht klappt der Twitter-Abschied ja endlich. Geliebt:


Otto Möhwald, Straße mit Autos I, 2007/08, im Besitz der Familie des Künstlers. (KAUF ICH SOFORT!) Und:


Gertraut Möhwald, Große Büste in fünf Teilen, 1996, Moritzburg.

Dann schlichen wir durch die ständige Ausstellung, die wir schon kannten und mochten. Die Moritzburg war eines der ersten Kunstmuseen, das Werke aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 in der ständigen Sammlung zeigt und sie hervorragend kontextualisiert. Es ist nur ein Raum, in dem es um systemkonforme und ganz und gar nicht systemkonforme Kunst aus der Zeit geht, aber der ist sehr clever gemacht: Beim ersten Rundumblick kann man nicht sofort sagen, was jetzt schlimmer Nazikram ist und was nicht und das ist genau der Punkt.

Außerdem war es für mich, vor allem nach der Lektüre der sehr guten Biografie über den Künstler, etwas Besonderes, wenigstens einige der als „entartet“ abgehängten Feiningers aus Halle wieder dort zu sehen, wo sie angefertigt wurden.

Zum Schluss, im Gehen verstehen, noch schnell durchs 19. Jahrhundert, eine Schmuckausstellung und die Gotik, die mich mal wieder erwischen konnte. Großartiges Zeug, was da rumsteht. Schaut mal vorbei!


Unbekannte mitteldeutsche Werkstatt, Knieende Heilige, 1510/1520, Moritzburg.

Leider ließ uns dann das Öffi-Glück im Stich, zwei blöde Autofahrer hatten ausgerechnet auf den Tramgleisen einen Unfall verursacht, nichts ging mehr, was bei, ich sage das ungern nochmal, 34 Grad noch weniger Spaß macht als sonst, in einer fremden Stadt einen Weg nach Hause zu suchen, wenn man sich wirklich, wirklich nicht bewegen will und zu allem Ãœberfluss natürlich acht Kilo Buch im Museumsshop erworben hat. Nach einigem Gehässl ging’s dann aber, wir fuhren eine Station weiter als bis zum Hotel, denn da war der Bahnhof, wo ein Supermarkt mit Kühlschrank war und wir öffneten die Getränke quasi direkt hinter der Kasse.

F. fuhr nochmal zum Freund, ich blieb wieder im Hotel, das ist für uns beide die beste Lösung gewesen. Und morgen geht’s wieder nach München, wo mich bei ebenfalls 34 Grad das Mitarbeiterfest im Museum erwartet. Ich habe mich in weiser Voraussicht nicht in die Kuchen-Backen-Liste eingetragen, aber vielleicht kann ich noch eine Melonenbowle mit ganzen Früchten ansetzen, wie Papa jetzt gescherzt hätte.