Tagebuch Samstag, 5. August 2023 – Block und Stift
Seitdem ich 500 Seiten über Turner las, wollte ich mit geschnürtem Ränzl, einer guten Brotzeit und Aquarellfarben in einen englischen Wald gehen, um Bäume zu malen. Da das aber gerade aus logistischen Gründen schwierig ist, habe ich the next best thing getan: meinen Blumentopf aus dem Badezimmer zum Schreibtisch getragen, ihn auf ein paar Bücher gestellt (die lagen da noch wegen des Zoom-Meetings am Freitag, praktisch), den Billozeichenblock, den ich mir für weißichnichtmehr mal gekauft hatte, aus dem Rollboy gezogen – und dann ewig die Blume angestarrt. Ich hatte keine Buntstifte mehr; ich dachte, ich hätte welche, aber ich ahne, dass die im Rollboy in Hamburg lagen, der jetzt beim Kerl wohnt. Also hatte ich nur ein paar Bleistifte, aber die taten es auch, um nach Jahren einfach mal wieder zu zeichnen.
Als Jugendliche hatte ich mehrere Kurse in der Volkshochschule besucht, in denen ich Porträtzeichnen übte; danach hatte ich nur noch für den Hausgebrauch gedoodelt. Papa brachte bergeweise Schmierpapier aus der Firma mit, für das ich immer dankbar war. Er wurde Ende der 90er Jahre pensioniert, und es ist immer noch nicht aufgebraucht.
Aber irgendwie verlor ich die Lust aufs Zeichnen, spätestens nach den gescheiterten Aufnahmeprüfungen für Designstudiengänge. Ich war auch nie wirklich richtig gut darin, meine Figuren sahen immer gleich aus, und Blumentöpfe hatte ich noch nie gemalt. Ich bekam auch durch das Kunstgeschichtsstudium überhaupt keine Lust, erneut wieder zu Stift oder Farbe zu greifen, eher das Gegenteil: Meist denke ich bei Kunstwerken, dass ich so was nie hinkriegen würde. (Außer bei Meese.)
Als ich Katia durch die Charlotte-Salomon-Ausstellung begleitete, schwärmte sie vom Malen mit Aquarellfarben und dass ich das einfach mal ausprobieren sollte. Das blieb mir irgendwie im Hinterkopf, aber es hat bis zur Turner-Biografie gedauert, um den Gedanken aus dem Kopf und in die Finger zu bekommen.
Die Zeichnung zeige ich um Gottes willen nicht her, ich bin nicht über Nacht (oder drei Dekaden) begabt geworden. Aber das war sehr schön, sich auf einen Gegenstand zu konzentrieren und ihn irgendwie wiederzugeben. Auch mit irgendwelchen Werbebleistiften auf kratzigem Papier.
Mein Kopf denkt jetzt über die Schmincke-Website nach. Ich lasse ihn noch ein bisschen denken. Hey, total ohne Zusammenhang: Hat jemand Tipps für Einsteiger-Papier und -Pinsel zum Aquarellieren?
(Hat sich erledigt, danke, Internet!)