Tagebuch Sonntag, 6. August 2023 – Sofatag

Schon vor 6 wach gewesen. Auch gut, kann ich schon im Bett lesen. Das Bild auf der Kommode ist die Bedienungsanleitung der Schreibmaschine meiner Mutter aus den 1960er Jahren.

Vom morgendlichen Spaziergang eine Zimtschnecke mitgebracht. Guter Tagesbeginn. Danach mit frischem Kaffee auf dem Sofa versackt und weiter gelesen.

Ausgelesen: Michiko Aoyama (Sabine Mangold, Übers.), „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“. Keine Weltliteratur, aber ein kleines, freundliches Ding, das mich ein paar Tage liebevoll begleitet hat. Mochte ich.

Weitergelesen: das NS-Buch zum FC Bayern, aus dem ich dauernd zitiere, weil es halt so zitierwürdig ist. Seit dem letzten Zitat habe ich Details zu Vereinswechseln während des Kriegs gelernt. Auch etwas, worüber ich noch nie nachgedacht habe.

Im Kapitel „Der FC Bayern im Zweiten Weltkrieg (1939–1945)“ las ich zum Beispiel, dass – natürlich – viele Spieler zur Wehrmacht verpflichtet wurden. Davon ausgenommen waren Spieler, die in sogenannten kriegswichtigen Betrieben arbeiteten. Für die Münchner Vereine wirkte sich positiv aus, dass Firmen wie BMW, Krauss-Maffei oder Dornier hier Standorte unterhielten, so dass viele Vereinsspieler immerhin „heimatnah“ untergebracht werden konnten und sie so noch am Ligabetrieb teilnehmen konnten, wenn auch nur außerhalb ihrer Arbeitszeit oder im Urlaub. (Die Liga hatte damals noch Amateurstatus, wenn ich mich richtig erinnere.) Für die wenigen noch ausgetragenen Länderspiele wurde manchmal Urlaub von der Front erwirkt, aber das scheint eher eine Ausnahme gewesen zu sein. Spätestens ab Winter 1942/43 bzw. der Niederlage bei Stalingrad wurden den jungen Sportlern an der Front keine Vergünstigungen mehr gewährt.

Was ich nicht auf dem Schirm hatte: wer damals … ich wollte gerade Bundestrainer schreiben … Reichstrainer war: Sepp Herberger. Noch nie darüber nachgedacht, aber natürlich kam der Weltmeistertrainer von 1954 nicht aus dem Nichts, sondern hatte diesen Job auch schon in einem anderen Regime. Stunde Null, my fucking ass, wie ich so ziemlich aus jeder Quelle lerne, aber ich vergesse es dann anscheinend auch gerne wieder.

Dass der FC Bayern, wie auch andere Vereine, überhaupt noch Spielstärke hatte, lag auch an den Gastspielern. Während des Kriegs waren Spielerwechsel verboten, aber es war erlaubt, als Gastspieler in einem Verein anzutreten, der in der Nähe des eigenen Standorts lag. Wie oben schon angedeutet, kam es München zugute, dass hier viele Rüstungsbetriebe ansässig waren bzw. München eine Garnisonsstadt war.

Außerdem gelernt (bzw. wieder daran erinnert worden), dass die Stadt München Zwangsarbeiter beschäftigte, im Juli 1941 waren es 286, meist französische Kriegsgefangene. Sie wurden auch dafür eingesetzt, im Winter im Dante- sowie im Grünwalder Stadion den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, also zum Beispiel Aufgänge zu enteisen. Bei Hertha BSC mit „Bram“ Appel und dem 1. FC Nürnberg mit Rudolf Koros spielten Kriegsgefangene zeitweilig in der ersten Mannschaft.

Gestern vor dem Einschlafen noch gelesen: Für eine der liebsten Landauer-Anekdoten – der jüdische Ex-Präsident wird von seinen Bayern-Spielern bei einem Gastspiel in Zürich 1943 auf der Tribüne begrüßt – gibt es keine gesicherte Quelle. Im Wikipedia-Eintrag steht zudem noch 1940. Ich gehe mal etwas korrigieren. (Erledigt.)

(Alle Inhalte auf den S. 269–290.)