Samstag, 1. Juni 2024 – Erlkönig

F. brachte ein Buch mit: „Unsterbliches Berlin“ (1948) von Heinz-Ulrich Wieselmann, ein Fotobuch mit, genau, Fotos aus Berlin von, genau, 1948. Nie gehört, den Namen, gleich mal gegoogelt, und dadurch erfahren, dass der Herr dafür gesorgt hat, dass man heute „Erlkönig“ zu einem Auto-Prototyp sagt. Wikipedia:

„Erstmals verwendeten die beiden Motorjournalisten Heinz-Ulrich Wieselmann, Chefredakteur der Automobilzeitschrift auto motor und sport, und Werner Oswald, von Anfang 1950 bis Ende 1957 stellvertretender Chefredakteur, den Begriff. Ab Heft 15 (vom 19. Juli 1952) erschien eine Zeit lang in jeder Ausgabe das mehr oder weniger deutliche Foto eines Automobilprototyps.

„Diese nach heutigen Maßstäben lächerlich harmlosen Bildchen galten damals als nie dagewesene Provokation der Automobilindustrie. Deshalb hatten wir zuvor wochen-, ja vielleicht monatelang überlegt, ob und in welcher Form wir uns den Abdruck dieser Amateurfotos erlauben konnten. Chefredakteur Wieselmann kam schließlich auf die Idee, durch liebenswürdige Begleittexte den betroffenen Industriefirmen die bittere Pille ein wenig zu versüßen. In diesem Sinn reimte er eines schönen Sonntags für die ersten paar Bilder je ein kleines Achtzeilen-Gedicht im Stil des Erlkönig-Poems. Die legte er mir Montagfrüh auf den Tisch mit dem Auftrag, hieraus für die nächsten Hefte eine Folge vorzubereiten und diese mit einer gleichbleibenden Überschrift zu versehen. Nach kurzer Überlegung meinte ich: »Schreiben wir doch einfach ›Erlkönig‹ drüber!« […] Fortan bezeichnete ich in auto motor und sport konsequent jeden Prototyp, gleich welcher Herkunft, als Erlkönig, und so wurde das Wort bekannt und bald zu einem geläufigen Ausdruck.“

– Werner Oswald: Mercedes-Benz Personenwagen 1886–1986

Der erste Erlkönig war der Prototyp des Mercedes-Benz 180. Die Bildunterschrift lautete wie folgt:

Erlkönig
1. Folge

Wer fährt da so rasch durch Nacht und Wind?
Ist es ein Straßenkreuzer von drüben,
der nur im Umfang zurückgeblieben
oder gar Daimlers jüngstes Kind?

Der stille Betrachter wär gar nicht verwundert,
wenn jenes durchgreifend neue Modell,
das selbst dem Fotografen zu schnell,
nichts anderes wär als der Sohn vom »Dreihundert«.“

Wieder was gelernt.