Tagebuchbloggen 01.03.2010 –
Die 2-Jahre-Edition
Am 1. März 2008 habe ich mich selbständig gemacht. Kommt mir immer noch vor, als ob das erst ein paar Monate her ist, aber wow, es sind schon zwei Jahre. In denen ich genau das gemacht habe, was ich vorher als Festangestellte auch gemacht habe, aber dafür jetzt zu für mich angenehmeren Konditionen. Kann ich also locker weiterempfehlen, dieses „selbständig“. (Außer wenn Kunden daraus „selbstständig“ machen wollen. Ja, ich weiß, dass der Duden das auch abnickt, aber mit dem Ding habe ich seit der Rechtschreibreform sowieso nen ganzen Hühnerstall zu rupfen.)
Ich hatte das Glück, gleich im ersten Jahr der Freiberuflichkeit ewig lange am Stück gebucht zu werden und das auch noch in Berlin. Neue Stadt, neue Agentur – und dazu alte Kollegen, denn wie ich damals, glaube ich, schon mal schrieb, sind Autowerber eine sehr inzestuöse Sippe, die von Automarke zu Automarke bzw. Agentur zu Agentur ziehen, aber im Prinzip immer das gleiche mit den gleichen Kollegen macht: schöne Anzeigen, Filme und Kataloge, in denen es um tolle Karren geht.
Nach Jahren Audi und Mercedes-Benz habe ich dann fast ein Jahr BMW gemacht. Wollte ich schon ewig, weil ich auch ewig einen BMW fahren wollte und inzwischen ja auch schon ewig einen fahre. (Wenn der Rücken es zulässt. Der olle Rocky liegt eben doch tiefer als Oma Gröner es manchmal gerne hätte. Aber den geb ich nicht her, selbst wenn er nur in der Garage steht. Einen 3er BMW, Baujahr 88, in champagner-metallic, der gerade mal 65.000 runter hat und immer anstandslos TÜV kriegt, gibt – man – nicht – her. Aber ich schweife ab.)
Nach fast einem Jahr Berlin hat mich dann eine andere Agentur in Hamburg auch gleich für mehrere Monate in Beschlag genommen. Diesmal durfte ich auf Volkswagen arbeiten, was sich lustig angefühlt hat, denn Audi – „meine“ Marke, die kenne ich einfach am besten – gehört zu Volkswagen, weswegen sich einige technische Begriffe gleichen, andere aber so gar nicht. Das ist mir ja schon bei Mercedes und BMW aufgefallen: Viele Marken haben ähnliche Technologien, nennen sie aber natürlich anders. Also muss man im Kopf irgendwann quattro, 4MATIC und xDrive auseinanderhalten, wenn man über Allradantrieb schreibt, oder MMI, COMAND APS und iDrive, wenn es um die Schaltzentrale im Innenraum geht, mit der man den ganzen modernen Firlefanz wie Klimaanlage oder CD-Player bedienen kann. (Rocky hat nix davon. Er hat ein Radio ohne Kassettendeck und ne Heizung mit genau zwei Einstellungen: zu heiß oder zu kalt. It builds character.)
Der Sommer 2009 war dann ein bisschen mau, was vielleicht noch eine Auswirkung der Finanzkrise war, von der ich bis dahin überhaupt nichts mitbekommen hatte. In der Zeit habe ich viel Kleinkram gemacht und vor allem viel auf dem Sofa rumgelegen, was ich genauso toll finde wie über Autos zu schreiben. Und weil ich als Streber natürlich mein Geld brav zusammengehalten habe, wie es mir alle Freien immer wieder erzählt haben – spare in der Zeit, dann hast du, wenn du auf dem Sofa rumliegen willst oder musst –, ließ sich die Zeit auch prima überstehen. Ich habe zwar alle drei Tage den Kerl vollgejammert – „Ich werde nie wieder gebucht! Ich muss meine Eltern um mein Erbteil anbetteln!“ –, aber dann kam eben doch immer noch irgendwas in irgendeiner Agentur oder von irgendeinem, der mich von irgendwoher kannte. Wie immer. Auch das haben mir alle Freien erzählt. Es kommt immer irgendwas.
Und seit letzten August bin ich wieder in der Agentur, in der ich bereits zweimal als Festangestellte gearbeitet habe. Hat sich also nicht viel geändert, außer dass ich mich als Freie weitaus wohler fühle als als Angestellte. Denn das, wovor ich mich anfangs gefürchtet hatte – die Deadline am Horizont, das Wissen, dass ich eben „nur“ vier Wochen irgendwo bin anstatt open end –, ist genau das, was mir inzwischen sehr wichtig geworden ist. Ich muss mich über nix lange ärgern, mir geht kein Kollege wirklich auf die Nerven, weil ich weiß, dass ich nicht mehr lange hier bin. (Nebenbei geht mir ja eh nie ein Kollege auf die Nerven, ist klar. Wir sind ja alle ohne Ausnahme immer und überall nette Menschen.)
Es ist also alles ungefähr so geworden, wie ich mir gewünscht habe. Und das freut mich immer sehr, wenn ich mir die Zeit nehme, darüber nachzudenken. Was ich selten tue, denn mein Status ist für mich inzwischen nichts Besonderes mehr. Ich stoße jetzt mir mir selber an und mit meinem Macbook und im Geiste mit meiner Steuerberaterin und der KSK und eher weniger mit den diversen fehlinformierten Menschen bei der Arbeitsagentur, die es aber trotzdem irgendwann hingekriegt haben, mir einen Gründungszuschuss zu spendieren. Auf die nächsten zwei Jahre. Mindestens.