Tagebuch 07.05.2010

Vor ein paar Tagen festgestellt: Mein neuer Zahnarzt hantiert nicht nur mit chemiegefüllten Spritzen und Bohrern und Zeug, sondern praktiziert auch Kinesiologie und Homöopathie. Ich bin gerade sehr froh darüber, keine Kommentare zu haben, in denen die unvermeidliche „Scharlatane! versus Aber bei mir hat’s gewirkt“-Streiterei ausbrechen könnte, aber ich persönlich gehe ganz gerne zu Ärzt_innen, die über ihren schulmedizinischen Tellerrand weggucken. (Und entscheide mich beim Zahnarzt dann für die volle Dröhnung Betäubung plus die schnuffige Arnika-Bepuschelung.)

Je öfter ich in Bioläden einkaufe, desto weniger verstehe ich diese Fleischersatzprodukte. Wenn ihr Fleisch essen wollt, esst Fleisch. Wenn ihr keins essen wollt, esst keins. Aber „Chikin Nuggets“ aus Tofu sind ja wohl völliger Kappes.

Lunch aka quick’n dirty Resteverwertung: Ciabatta, Salami (AUS FLEISCH!), Cherrytomaten und Gouda plus Gurke und irgendein Weichkäse.

lunch0505

Links vom 06.05.2010

Ich hätte da ein paar Modeblogs mit dicken Frauen im Angebot, die ich neuerdings sehr gerne lese. Zum Einstieg empfehle ich You can’t bully me out of my skinny jeans.

Definatalie

30 dresses in 30 days

Kylanita

Le blog de Big Beauty

Tourner la mèche …

Fatshionable

Free your mind (and your fat ass will follow)

Ich habe zwei Fotos von mir in der wunderbaren Facebook-Gruppe „How to look like your shirt print“ hochgeladen (1, 2). Das mag für viele von euch jetzt nicht so die Heldentat sein, aber für mich war es ein ziemlich großer Schritt. Der ziemlich gute Laune gemacht hat.

Ich bin dick. Und das ändert sich auch nicht mehr. Ich habe durch mein Foodcoaching zwar (zum hundertsten Mal) gelernt, wie ich wohl abnehmen könnte, aber das wusste ich auch schon vorher. Ich habe die Weight Watchers hinter mir, die ominöse Max-Planck-Diät, bei der man sich wochenlang von Steak und saurer Sahne und Orangensaft ernährt, ich habe Kalorien gezählt und Fett, habe Kohlsuppen gegessen, Gemüsebrühen, überteuerte Pülverchen und Trennkost, habe vegetarisch gelebt, weil ich gehofft hatte, dass das was bringt, habe angefangen zu rauchen, weil das ja angeblich den Hunger bekämpft, kurz, ich habe 25 Jahre lang einen Kampf gegen mich und meinen Körper geführt, weil ich fett war. Bin. Bleiben werde. Und das ist schließlich das Schlimmste, was man sich selber antun kann. Könnte man ja ändern. Man müsste ja nur weniger essen und sich mehr bewegen und schon ist man schlank und glücklich. Lustig, dass „schlank“ immer gleichgesetzt wird mit „glücklich“. Lustig auch, dass uns Dicken immer und überall eingeredet wird, wir seien so dermaßen unliebenswert und unsexy, dass sich niemand mit uns abgeben könnte. Wenn diese Scheißtheorie stimmt, müssten alle dünnen Menschen in tollen Beziehungen leben und wir Dicken würden einsam und alleine sterben, um von Ameisen aufgefressen zu werden, in unseren anonymen 1-Zimmer-Wohnungen, die wir mit niemandem teilen, weil wir hässlich und doof sind. Merkt ihr was?

Es gab bei der BBC mal eine faszinierende Sendung, bei der zehn schlanke Menschen an einem Versuch teilgenommen haben. Sie mussten vier Wochen lang täglich 10.000 Kalorien zu sich nehmen (googelt bitte selber, wieviele BigMacs das sind. Ne Menge.), durften keinen Sport mehr treiben und wurden danach wieder gewogen. Einige haben richtig schön zugelegt, andere hingegen sind trotz dieser Mast kaum ein oder zwei Kilo schwerer gewesen. Jeder Mensch ist eben anders. Jeder Mensch verarbeitet Nahrung anders. Deswegen kennt auch jeder einen schlanken Freund oder eine schlanke Freundin, die täglich eine Sahnetorte essen kann, ohne zuzunehmen, während andere nur an ein Bild einer Sahnetorte denken müssen, und schon sind fünf Kilo auf den Rippen.

Und genauso ist es mit dem Abnehmen. Ja, ich kenne immerhin einen Menschen, der mal 15 Kilo abgenommen hat und bei dem sie auch seit 20 Jahren nicht wiedergekommen sind. Ich kenne allerdings auch mindestens zehn Leute, die sich seit Jahren mit der einen oder anderen Methode quälen, ein bisschen dünner zu werden und stattdessen immer mehr in die Breite gehen. Oder die ihr Leben lang ihr Essen rationieren und/oder jeden Tag Sport treiben müssen, um nicht wieder zuzunehmen. Das mag für einige okay sein, für mich klingt das nach einem Scheißleben. Jedenfalls scheißiger als dick zu sein.

Ich habe durch das Foodcoaching etwas viel wichtiges gelernt als abzunehmen: Essen zu genießen.

Essen war für mich immer das Böse, das Verbotene, eine Sünde (dieses verfickte Scheißdreckswort will ich nie wieder im Zusammenhang mit Essen hören). Essen war immer etwas, was sein musste, was ich aber nie wollte. Schokolade war böse, weil sie dick macht und dick war ich ja schon, und ohgottjetztessichschonwiederschokolade, ohgott ich werde noch fetter ohgott keiner hat mich lieb ohgott dagegen hilft nur Schokolade, die hat mich lieb. Und so weiter. Ganz vereinfacht gesagt. Mein Kopf ist noch etwas komplizierter gestrickt, aber Essen war nie einfach. Oder genussvoll. In wenigen Momenten, ja. Wenn ich es zelebriert habe. Wenn ich das Gefühl hatte, mir etwas Gutes tun zu wollen. Aber diese Momente waren selten, denn ich habe es ja nicht verdient, dass ich mir etwas Gutes tue, denn ich bin schließlich fett und damit doof und undiszipliniert und scheiße.

Inzwischen ist Essen ein täglicher Genuss geworden. Ich habe bis heute keine Ahnung, was Lu mit mir gemacht hat außer mich an die Hand zu nehmen und mir zu sagen: „Du darfst alles essen, was du willst.“ Weil nämlich alles schmeckt und alles gut tut, vor allem mir. Und seitdem zelebriere ich Essen so gut wie jeden Abend und genieße und freue mich darüber. Und ich habe kein Gramm abgenommen, obwohl ich gesünder esse und bewusster und mich einen Hauch mehr bewege. Und wisst ihr was? Es ist egal. Weil es mir so wichtig geworden ist, nicht mehr gegen meinen Stoffwechsel, meine Eigenarten und meinen Hunger anzugehen, sondern stattdessen mich zu mögen, mich um mich zu kümmern, mich nicht mehr zu verstecken, obwohl ich doch dick bin und damit ganz schlimm für anderer Leute Augen.

Ich habe wunderbare Gelegenheiten ausgelassen wie zum Beispiel einen Bericht im ZDF über die Tagebuchhölzer meines Opas, weil ich dick bin und nicht vor eine Kamera wollte, um Hasspost zu bekommen. Ich habe jahrelang Einladungen zu Bloggertreffen abgelehnt, weil mich da ja jemand sehen könnte, der bisher durch mein Blog eine gute Meinung von mir hatte – die sich natürlich sofort ändert, wenn er oder sie mich sieht. Ich habe so viele Dinge nicht gemacht, die ich hätte machen können – nicht, weil mich mein Dicksein daran gehindert hat, sondern das soziale Stigma, das Dicksein mit sich bringt, die ganzen Vorurteile und Arschlochbemerkungen, die ich nach 40 Jahren brav verinnerlicht habe.

Aber die sind auf einmal nicht mehr so wichtig.

Ich habe meinen Kleidungsstil verändert, von den sackartigen Hosen und Jungsshirts zur taillierten Jacke und den Ohrringen. Ich schminke mich wieder jeden Tag und ich freue mich darauf, unter Menschen zu gehen bzw. Menschen zu mir einzuladen. Weil ich mich endlich, endlich, endlich in meinem Körper wohlfühle. Oder zumindest Frieden mit ihm geschlossen habe. Ich bekämpfe ihn nicht mehr, ich beschimpfe ihn nicht mehr, ich hasse ihn nicht mehr. Ich kümmere mich um ihn und füttere ihn mit gutem Zeug. Und Schokolade, denn das ist auch gutes Zeug.

Und dieses neue Körpergefühl hat dazu geführt, dass ich dieses Jahr auf die re:publica gefahren bin, von der ich wusste, dass mich dort viele Leute sehen, die nur mein winziges Profilfoto auf Twitter kennen, auf dem ich irgendwie dünner aussehe als ich bin. Aber zum ersten Mal seit Jahren habe ich keine Angst mehr davor, unter Leute zu gehen, weil ich fett bin, weil ich weiß, dass es okay ist. Ich bin okay. Mein Körper ist okay. Und wer meinen Körper nicht okay findet, kann mir egal sein. Diese Souveränität klappt zwar noch nicht immer, aber es reicht, um alberne Fotos für eine Facebookgruppe zu machen, auf denen man mein Doppelkinn sieht. Weil es zu mir gehört. Weil ich das bin. Weil ich okay bin.

Um bei diesem Satz: „Weil ich okay bin“ anzukommen, habe ich 30 Jahre gebraucht. Und deswegen fühlen sich die Facebookfotos für mich wie eine Heldentat an.

Wer mehr über Fat Acceptance lesen will, kann das zum Beispiel bei Kate Harding tun, einem meiner liebsten FA-Blogs.

Tagebuch 04.05.2010

Hier müsst ihr euch einen total euphorischen Bericht aus der O2-World (formerly known as Color Line Arena) vorstellen, wo ich Eishockey geguckt habe, das deutsche Nationalteam gegen das kanadische. Allerdings sind mir mein Rücken und ein paar Spritzen beim Zahnarzt dazwischengekommen, weswegen mein Abend darin bestand, dösig auf dem Macbook amerikanische TV-Serien zu gucken und dabei zwei Liter Darjeeling mit Milch und Zucker zu trinken. Also fast so aufregend wie Eishockey.

(Immerhin ging’s in der Serie um Football.)

Tagebuchlinks 03.05.2010

Der Herr Ramses101 war Segeln und verknüpft sein Seemansgarn (ich bin sehr stolz auf diese Formulierung da eben) mit lustigen Überlegungen zu Werbung und dem Bindestrich:

„Loslassen ist eigentlich gar nicht so angesagt, wenn man auf der Kogge eine Strippe in der Hand hat. Im schlimmsten Fall folgt dann nämlich das Tauende den Gesetzen der Physik und ist weg. Und mit weg meine ich weg. Nicht wie der Kuli im Büro („Ah, da isser ja wieder“) oder die Freundin („Pfff, mir doch egal, endlich wieder Zeit für mich“), sondern eher wie in der Architektur („Tragende Wand? Hm, jetzt, wo Sie es sagen …“). Um das Tauende bei gesetztem Segel wiederzubekommen, müsste man das Segel raffen und (mutmaße ich, es ist ja nicht wirklich passiert) die Rah dumpen, also schräg zum Mast stellen. Die entscheidenden Taue hängen schließlich logischer- und blöderweise am unerreichbaren Ende der Rah.

Das ist genau so anstrengend, wie es sich anhört und deshalb neigt man als Koggenneuling dazu, alles irgendwo festzubinden. Am besten noch mit einem verzweifelten Knoten, der mit viel gutem Willen als “Zwei halbe Schläge” durchgeht. Wenn Sie damals ™ als Kinder im Garten Cowboy und Indianer gespielt haben, dann kennen Sie den Knoten. Der hieß da einfach „Doppelknoten“ und war relativ final. Und wenn Sie sich jetzt daran erinnern, wie friemelig das war, einen Doppelknoten bei dem Kollegen am Marterpfahl zu lösen, dann stellen Sie sich das mal vor mit einem zentimeterdicken Tau, das von einem im Wind stehenden Riesensegel gestrafft wird und jetzt (gemeint ist: JETZT!!!!) los muss.“

“101.
Smile, straighten your cuffs and punch him in the face.”

What would Don Draper do? Via einem Interview mit Vincent Kartheiser im Guardian via den Fug Girls, die auf das Interview mit folgenden Worten gelinkt haben: This interview with Vincent “Pete ‘Weasel’ Campbell” Kartheiser is one of those ones where you read it and you think, “Dude, this was more psychologically revealing than you and your publicist may have wanted it to be.”

“If you have friends of the indecisive sort, …learn how to play 5-3-1. It’s a trick to settle the “where do you want to eat?” — “I don’t care, where do you want to eat?” game. One partner names 5 places, the other eliminates two of those choices, and the first one eliminates the remaining two. It’s decision making in turns, and it works just as well as anything else.”

Relationship Hacks, via misscaro.

Mokka-Crème-Brûlée

mokkacremebrulee

Mal wieder zahnkompatible Resteverwertung betrieben (faule Ausrede, um Süßkram zu machen statt ne Karottensuppe zu kochen): Mokka-Crème-Brûlée. Ich habe noch nie Crème Brûlée gemacht, daher wusste ich nicht so recht, was von den Mengenangaben zu halten ist. Das Rezept meiner Kollegin, die mir auch die Förmchen und den tollen Brenner geliehen hat, wollte einen Liter Sahne haben, was für mich gleichbedeutend ist mit ca. 70 Portionen Nachtisch. Aus den 200 ml Sahne, die wir im Kühlschrank hatten, konnte man immerhin fünf flache Schälchen befüllen. Zwei für den Kerl, zwei für mich und eine für die Köchin. Passt.

200 ml Sahne mit
1 Espresso und
1 kleinen Handvoll Kaffeebohnen

erwärmen. Nicht kochen. In einer Schüssel

3 Eigelb mit
70 g Zucker verquirlen, bis sich der Zucker gelöst hat.

Die Kaffeebohnen entfernen, die warme Kaffeesahne unter die Eimasse rühren. Ich Hallodri habe dazu meinen Mixer benutzt, mit dem ich auch den Zucker totgequirlt hatte, was dazu geführt hat, dass sich ein lustiges Schaumwölkchen auf der Masse gebildet hat. Das habe ich natürlich auch gnadenlos mit in die Förmchen gefüllt – und es ist dann auch brav gestockt. Sieht nicht unbedingt toll aus. Also bitte vorsichtig unterrühren und keinen Schaum produzieren.

Die Masse in so viele flache Förmchen füllen wie eben da sind. Bei 110° in einer guten halben Stunde im Ofen stocken lassen. Ich habe mir den Firlefanz mit Wasserbad und so gespart; hat auch so funktioniert. Laut Kollegin kommt auch noch der Abrieb einer Zitrone in die Masse, aber die hatte ich nicht. (Orangen und Limetten hätte ich gehabt, aber die wollte ich da nicht reinreiben.)

Eine Nacht auskühlen lassen, mit Zucker bestreuen und schöööön mit dem Brenner aus dem Baumarkt abfackeln. Alleine für den Spaß muss ich mir jetzt auch Förmchen und Flämmchen kaufen.

Tagebuch 02.05.2010

Die Punkte „Ich darf wieder Milchprodukte essen“ und „Wir haben aber NE MENGE Frischkäse im Haus“ und „So richtig was Festes kann ich auch noch nicht knabbern“ zu einer Jogurt-Frischkäse-Blaubeertorte verbunden.

Klingt toll, war aber nur zu 95% ein Erfolg. Der Biskuit – lecker. Die Frischkäse-Jogurt-Mischung – och jo. Die Blaubeeren aus dem Glas, von Mama liebevoll eingekocht – gehen ja immer. Aber: Nach dem Festwerden im Kühlschrank habe ich den Springformring von der Torte genommen und festgestellt, dass sich der Rand der Torte gräulich verfärbt hat. Der Rest war logischerweise schön bläulichviolett, aber der Rand fies grau – und seltsam gerochen hat er auch.

Die Springform ist mindestens von Mama, eventuell sogar von Oma, hat also garantiert so um die 30 Jahre auf dem Buckel. Deswegen frage ich mich, ob das Metall mit irgendwas in der Torte wild reagiert hat, um diesen ekligen Rand zu schaffen. Beim Abwaschen des Rings ist mir der Geruch noch unangenehmer aufgefallen, aber ich wüsste nicht, was von den Zutaten mit dem Ring nicht klarkommen sollte. Da war ja kein Plutonium drin, sondern nur normales Zeug. Hm.

(Edit: Meine Twitter-Timeline tippt auf böses Aluminium. Wo sind meine Chemiebücher, wenn ich sie mal brauche?)

Endlich mit dem Kriegsklotz begonnen. Allein der erste Band wiegt bereits 1.132 Gramm (Krieg und Frieden war leichter!), weswegen ich so lange gezögert habe, mit ihm anzufangen. Denn bei dem Gewicht schleppe ich ihn ungerne im Rucksack zur Arbeit, um im Bus und in der Mittagspause was zu lesen zu haben. Gleichzeitig hasse ich es aber auch, zwei Bücher gleichzeitig zu lesen, eins tagsüber und eins abends, weil ich abends doch eher dösig im Kopf bin und gerade noch zu einer Partie Sudoku auf dem iPhone fähig. Wenn überhaupt. Aber die Civil-War-Bücher lächeln mich seit meinem Geburtstag an, und jetzt werden sie eben gelesen. Und nach den ersten 100 Seiten weiß ich auch, warum sie solche Klassiker sind.

Tagebuch 01.05.2010

Keine Gäste gehabt. Keine Ravioli geschnitten, kein Lamm gebraten, kein Sorbet in die Eismaschine gefüllt, keinen Wein getrunken. Stattdessen weiches Weißbrot mit Marmelade gegessen und Tee gekocht und mich trotz Zahnschmerzen (bzw. Wundschmerzen) über sechs Tore in Hannover gefreut. Und, ich traue es mich ja kaum zuzugeben, langsam angefangen, Bayern München zu bewundern.

Meine Twitter-Timeline-Lieblinge im April 2010

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Tagebuch 29.04.2010

Ein paar Links, die mir gestern über den Weg gelaufen sind:

As Lost Ends, Creators Explain How They Did It, What’s Going On (via Lus Gezwitscher)

The Revolution Will Be Commercialized – How Sarah Palin Has Become a Singular National Industry

“On Friday morning, July 3, Palin called her cameraman to her house in Wasilla and asked him to be on hand to record a prepared speech. Around noon, in front of a throng of national reporters, she announced that she was stepping down as governor. To many, it seemed a mysterious move, defying the logic of a potential presidential candidate, and possibly reflecting some hidden scandal—but in fact the choice may have been as easy as balancing a checkbook.

Less than a year later, Sarah Palin is a singular national industry. She didn’t invent her new role out of whole cloth. Other politicians have cashed out, used the revolving door, doing well in business after doing good in public service. Entertainment figures like Arnold Schwarzenegger, Jesse Ventura, and even Ronald Reagan have worked the opposite angle, leveraging their celebrity to make their way in politics. And family dramas have been a staple of politics from the Kennedys—or the Tudors—on down. But no one else has rolled politics and entertainment into the same scintillating, infuriating, spectacularly lucrative package the way Palin has or marketed herself over multiple platforms with the sophistication and sheer ambitiousness that Palin has shown, all while maintaining a viable presence as a prospective presidential candidate in 2012.”

The Quiet Revolution – über die Veränderung unser Hörgewohnheiten durch Walkman und iPod (via Kikis Gezwitscher)

“The Walkman offered listeners something far more powerful than free music. It gave them control: control of what was heard; control of when it was heard; control of where it was heard; control, ultimately, of the listener’s environment. Consciously or not, that’s what the record industry was really fighting in 1984, and what they’re fighting even more fiercely today. Not loss of revenue. Loss of control.”

– die Diplomarbeit Kulinarische Momentaufnahmen über Foodblogs, unter anderem mit der Vorspeisenplatte

Was haben wir früher nur ohne Twitter gemacht? (via cartoonists Gezwitscher)

Bücher 2010 – April

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Martina Meuth/Bernd Neuner-Duttenhofer – Wo die glücklichen Hühner wohnen

Die beiden Verfassenden kochen seit gefühlten Jahrzehnten in den öffentlich-rechtlichen Programmen rum; ich persönlich habe ihnen des Öfteren in diversen Servicezeiten zugeguckt und mich immer sehr puschelig-aufgehoben bei ihnen gefühlt. Auch wenn sie mir manchmal zu viel darauf rumreiten, dass, ein erdachtes Beispiel, der Speck eines bestimmten Schweins von der Schwäbischen Alb der einzig wahre ist und alle anderen total doofe Loser sind, kommt bei ihnen doch immer der Wunsch nach wirklich gutem Essen rüber. Sei es ein schlichter Salat als Vorspeise oder der extrem aufwendige Braten, der 24 Stunden im Rohr vor sich hinschmurgelt. Das Buch liest sich dann auch genauso: Die beiden erzählen sehr persönlich von gutem Essen, respektvollem Zubereiten, guten Zutaten, woran man sie erkennt und warum das so wichtig ist, und sie bieten netterweise gleich dutzende von Webadressen an, bei denen man sich auch als Städter eindecken kann. Manchmal klingt zwar auch hier das arg Missionarische durch, aber ich habe das Buch wirklich sehr gerne gelesen und fühle mich ganz schlicht in meinem Vorhaben bestätigt, weiterhin auf gute Qualität zu achten. Zum Beispiel nicht nur möglichst oft, sondern möglichst immer Biofleisch zu essen, am besten vom Metzer um die Ecke und nur in Notfällen aus dem Supermarkt. Oder eben gar nicht.

Rachel Polonsky – Molotov’s Magic Lantern: A Journey in Russian History

Ich habe das Buch nach ungefähr 250 Seiten etwas zwiegespalten weggelegt. Die Grundidee finde ich sehr clever und charmant: Polonsky darf sich nach dem Tod von Wjatscheslaw Molotow durch seine Bibliothek wühlen und verknüpft die Bücher, die sie findet, mit Geschichten über die russische Geschichte und Kultur. Hört sich toll an, hat mich aber andauernd beim Lesen einschlafen lassen. Ich kann nicht mal genau sagen, was ich an ihrem Stil jetzt so unfassbar schnarchig fand, aber ich habe mich wirklich bei fast jedem Absatz dabei erwischt, irgendwann nicht mehr mitzulesen, sondern nur noch mit den Augen den Buchstaben zu folgen, während mein Kopf ganz woanders war. Vielleicht weiß ich einfach viel zu wenig über Russland bzw. die untergegangene Sowjetunion, um die vielen, vielen Geschichten, Geschichtchen und Anekdoten zu würdigen; vielleicht haben mich die ganzen Namen schwindelig gemacht, keine Ahnung. Ich würde euch das Buch sehr gerne empfehlen, weil ich es sehr schlau fand und sehr durchdacht, aber wie gesagt: Ich habe es einfach nicht über mich gebracht, es wirklich gerne zu lesen.

Anne Enright – The Gathering

Enright beschreibt aus der Perspektive einer Tochter eine gesamte dysfunktionale Familie, die nach dem Selbstmord eines Sohns zur Beerdigung zusammenkommt. Dabei verschwimmen Gegenwart und Vergangenheit, Wahrheit und Fiktion. Die Tochter ersinnt parallele Biografien, überlegt, wie ihre Großeltern sich kennengelernt haben mögen und was ihr Bruder im Moment seines Selbstmords gedacht haben könnte. Ich habe fast jeden Satz des Buchs als sehr sezierend empfunden; nicht nur als beschreibend, sondern als tiefergehend, wühlend, nie mit dem Oberflächlichen zufrieden seiend. Das macht The Gathering nicht unbedingt zu einem Gute-Laune-Buch, aber zu einem, das einen sehr unmittelbar an vielen Emotionen und Beobachtungen teilhaben lässt und danach fies an einem kleben bleibt.

Ulrich Drees – Das Spiel des Asen

Frau Ninifaye legte mir dieses Buch ans Herz bzw. schickte es mir gleich mit der Post. Da kann ich ja nicht nein sagen, obwohl mir Fantasy nicht gaaaanz so gut gefällt. Dementsprechend hat mir Das Spiel des Asen denn auch nicht gaaaanz so gut gefallen. Was genau passiert, setzt sich erst nach ungefähr 100 Buchseiten aus vielen, vielen Bruchstücken und Andeutungen zusammen – und sobald das passiert ist, verliert das Buch leider etwas von seinem Schwung, dem ich zunächst fies erlegen war. Asen liest sich ein bisschen wie Eschbach, der einen ja auch immer von hier nach dort und durch fünf Jahrhunderte gleichzeitig jagt. Die Passagen haben mir auch gut gefallen, und ich mag es, nicht alles auf dem Silbertablett serviert zu bekommen, sondern mir selber einen Kopf darüber machen zu müssen, wer zum Henker die Asen überhaupt sind. Kurz gesagt, geht es in Asen um ein altes Ritual, das ein christlicher Geheimbund durchführt. Ganz kurz gesagt. Dummerweise bevölkern noch viele, viele weitere Charaktere als nur die Mitglieder des Geheimbunds das Buch, und ehrlich gesagt hätte ich auf einige von ihnen gerne verzichtet, weil sie die Story nicht wirklich voranbringen oder nur kurz auftauchen, um sofort auf die eine oder andere blutige Weise wieder zu verschwinden. Auch ein Punkt, mit dem ich gehadert habe: zu viel Blut. Aber das ist persönlicher Geschmack. Mir waren die Figuren meist nicht gut genug ausformuliert, so dass ich mit wenigen wirklich mitfiebern konnte. Selbst die Hauptperson bleibt ziemlich diffus, und bei einem Genre, das logischerweise gerne diffus bleibt (ich erfinde mir mal eben einen Zauberer, der irgendwas Tolles kann), wäre es schön gewesen, wenigstens eine Figur zu haben, bei der ich weiß, woran ich bin. Aber trotz allem Genöle habe ich das Buch in zwei Tagen verschlungen, denn es ist netterweise ziemlich spannend. Und diffus. Aber spannend. (Fantasy, doo. Wir werden keine Freunde mehr.)

Garth Ennis/Darick Robertson – The Boys, Vol. 1: The Name of the Game

Hm. Nun ja. Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse, wenn ich mir Bücher von Garth Ennis wünsche, aber irgendwie war seine Preacher-Reihe charmanter als The Boys. Und von den Zeichungen war ich auch nicht so hundertpro angetan, obwohl ich Darick Robertson von Transmetropolitan mag; hier aber sieht alles fies nach Airbrush aus und nicht mehr nach Handwerk. Die Story hat eine hübsche Grundidee: mehrere Banden von Superhelden benehmen sich hinter den Kulissen alles andere als super, weswegen The Boys ihnen ein bisschen auf die Finger hauen wollen. Oder anders: ihnen die Seele aus dem Leib prügeln wollen. Hier hat mich das Blut seltsamerweise nicht ganz so gestört, wahrscheinlich weil es fies überzeichnet war (im wahrsten Sinne des Wortes). Stattdessen habe ich hier wieder an den Frauenfiguren was zu nölen. Erstmal gibt’s (wie immer) viel zu wenige von ihnen, zweitens beschränken sie sich, jedenfalls in Volume 1, noch ziemlich auf Sexgespielin oder stumme Mörderin. Gerade die zweite Dame hat nicht mal einen Namen, sondern ist nur The Female. Soll vielleicht toll sein, finde ich aber ziemlich beknackt. Und mitreden kann sie auch nicht, weil sie, wie gesagt, nicht redet. Hm. Mich interessiert zwar, wie die Geschichte weitergeht, aber ehrlich gesagt reicht es mir, wenn ich’s in der Wikipedia nachlese.

Tagebuch 28.04.2010

Morgens einen Zahn gezogen bekommen. Danach war der Tag gelaufen und ich nur noch mit Eiswürfelnachlegen, Schmerztablettenreinwerfen und Kreislaufbepuscheln beschäftigt. Und mit Schwarzer-Tee-Vermissen.

Nebenbei: Dafür, dass zwei Zahnärzte dem Zahn bescheinigt haben, nur noch von gutem Willen und Fensterkitt zusammengehalten zu werden, hat er aber nen guten Fight geliefert. Da war die Wirtin sinnloserweise doch ein bisschen stolz auf ihren kleinen Racker.

schonkost

Abends eine Runde Schonkost verzehrt, für die man keine Zähne braucht: Miniomelette mit drei Kräutern, den fitzeligsten Zwiebeln, die ich je geschnitten habe, und Cherrytomaten. Dazu Kartoffelbrei mit Schnittlauch und Petersilie, aber ohne Milch und Butter. Meine Oralchirurgin meinte, Milchprodukte wären okay, das Merkblatt, das sie mir mitgegeben hat, war anderer Meinung, und das Internet ist sich – wie immer – auch nicht einig. Also habe ich sie weggelassen.

Wenn ich sie essen dürfte, würde ich mich die nächsten drei Tage eh nur von Grießbrei ernähren.

Tagebuch 27.04.2010

Wie jeden Morgen die schlaffreundlichen Ohrstecker gegen schlafunfreundliche Ohrgehänge ausgetauscht. Gestern fiel die Wahl auf zwei dünne Metallstäbe, die durch ein kleines Kettchen zusammengehalten werden. Man zieht sich also erstmal vier Zentimeter filigranen Stahl durchs Ohr, bevor der Ohrring da sitzt, wo er hinsoll. Und wenn man das macht ohne hinzugucken, stellt man beim Blick in den Spiegel fest: Oh, ich hab mein zweites Ohrloch durchstochen, das eigentlich seit einem Jahrzehnt keins mehr ist.

Ich habe mich früher nie getraut, die ganzen Tipps aus der Bravo zu befolgen, um sich Ohrlöcher selber zu stechen – Eiswürfel auf Ohrläppchen, heiße Nadel etc. – und jetzt, wo ich gar kein zweites Ohrloch mehr haben möchte, hab ich wieder eins?

Fühle mich kurzfristig wieder wie 17. Frickin’ frick.

Tagebuch 26.04.2010

Wenn ich mal wieder eine Schaffenskrise habe, weil ich mich stundenlang durch Sätze quäle und sie immer noch doof klingen, lese ich zur Entspannung ein paar Amazon-Buchrezensionen, die fast immer schiefe Bilder, schlimmes Gebrabbel und aufgeblasenes LOOK MA, NO HANDS! zu bieten haben. Dann geht’s wieder.

Mein neues Lieblingswort: Firlefanz.

Ach, geh sterben, Sony. Der AdFreak wies bei Twitter auf einen Blogeintrag hin, in dem ein neuer Honda-Spot zu sehen ist (bzw. eine Neuauflage eines Klassikers – nein, nicht der Klassiker). Das dort verlinkte YouTube-Video kann allerdings in Deutschland nicht abgespielt werden, wobei ich keine Ahnung habe, warum. Den Song The Impossible Dream finde ich dutzendfach, auch in der Version von Andy Williams, wie sie im Spot vorkommt. Aber vielleicht ist im Spot ja irgendwo ein Walkman zu sehen, was Sony nicht genehmigt hat, keine Ahnung. Ihr nervt. Sing along: “To dream the impossible dream / To fight the unbeatable foe …”

Beim Guardian kann man den Spot anschauen. Und hier bietet sich dann auch mal wieder eine Möglichkeit für mich, meine Alltime-allertollste-Superduper-Werbung zum 700. Mal in diesem Blog zu verlinken. Kann man gar nicht oft genug machen.

Die Pfirsichtorte, die ein Erdbeerkuchen sein sollte

Es gibt ja kaum was Ekligeres als zu früh gekaufte Erdbeeren. Also dieses Zeug, das noch hellrot ist und unten hellgrün bis weiß und das schmeckt, als ob man einen Kohlrabi kurz in Süßstoff getaucht habe. Daher warte ich mit dem Erdbeerenkaufen immer, bis die ersten Erdbeerhäuschen in Hamburg auftauchen. Ich habe keine Ahnung, ob diese lustigen Verkaufsstellen in Erdbeerform einen offiziellen Namen haben; ich nenne sie Erdbeerhäuschen, und man bekommt in ihnen gerne auch noch Spargel.

Freitag habe ich das erste Erdbeerhäuschen gesehen und seitdem wimmert mein Gehirn, dass ES TOTAL ERDBEERZEIT SEI und ich dringend einkaufen müsste. Mein Hirn und ich haben uns also ganze 24 Stunden lang auf einen schlichten Erdbeerkuchen gefreut, so mit frischem Biskuit und eben Erdbeeren drauf und nem Schlag Sahne und gut ist. Als ich aber zu meinem Standard-Samstagssupermarkt aufbrach, musste ich nölig feststellen, dass dort noch kein Erdbeerhäuschen zu sehen war und auch die Regale im Markt gähnend leer waren. Woraufhin ich mich in eine schlecht gelaunte Hausfrau aus den 60er Jahren verwandelt habe, die Gelatine und Dosenpfirsiche ins Körbchen packt.

pfirsichtorte

Für den Biskuitboden einer Springform

2 Eier

mit drei Esslöffeln heißem Wasser schaumig aufschlagen. Dazu

75 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
100 g Mehl
1 gestr. TL Backpulver

geben, unterrühren, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben, kreisförmig verstreichen und sofort, und ich meine sofort, bei 200° knappe 20 Minuten backen, damit der ganze schöne Fluff, den der Teig jetzt gerade hat, nicht zum Unfluff wird.

Das war mein erster selbstgebackener Biskuit. Erstens habe ich ihn nicht sofort gebacken, weswegen er einen Hauch zu zäh war. Und zweitens ist er in der Mitte dicker als außen. Aber für den ersten Versuch hat er klasse geschmeckt.

Während der Biskuit vor sich hinbäckt bzw. auskühlt, 750 g Obst kleinschneiden. 250 ml Sahne schlagen. Ein Päckchen weiße Gelatine anrühren und quellen lassen.

500 g Speisequark mit sechs Esslöffeln Milch, einem Päckchen Vanillezucker und 125 g Zucker vermischen. Ich habe etwas weniger Zucker genommen, weil die Dosenpfirsiche schon süß genug waren.

Die Gelatine unter Rühren erwärmen, etwas von der Quarkmasse dazugeben und einrühren. Dann den Rest ebenfalls dazu, Obst rein, Sahne unterheben und alles in eine Springform füllen, die mit dem ausgekühlten Biskuitboden ausgelegt ist. Im Kühlschrank in drei bis vier Stunden fest werden lassen.

Und wenn man das ganze auf dem Geschirr serviert, von dem die eigenen Eltern bei ihrer Hochzeit 1966 schon Kuchen gegessen haben, dann passt das alles wieder.