Ich bin am 25. Mai 1987 aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Das Datum weiß ich, weil ich mich Montagabend durch eine Menge alter Ordner gewühlt habe, um die Austrittserklärung wiederzufinden. Die brauchte ich nämlich am Dienstag (plus Taufdatum und -ort), um wieder in die evangelische Kirche einzutreten.
Meine Gründe, wieder in die Kirche zu gehen, habe ich bereits in diesem Blogeintrag vom 18. März 2004 dargelegt. Ich würde es heute genauso schreiben, daher linke ich mal eben in die Vergangenheit. Ich habe aber bis vor kurzem gezögert, wieder der Institution Kirche beizutreten. Religion und Glaube sind für mich private Dinge. Ich versuche, christlich zu leben bzw. so zu leben, wie ich für mich Christ-Sein definiere; dazu muss ich keiner Organisation beitreten, und dazu muss ich auch keine Steuern zahlen.
Seit einigen Wochen denke ich allerdings anders. Ich habe mich daran erinnert, dass es mir persönlich sehr geholfen hat, mich in meiner dunklen Zeit in eine Kirche flüchten zu können. Hätten alle anderen Christen ebenso gedacht wie ich (mein Glaube – meine Sache), hätte ich keine Kirche gefunden, in die ich mich hätte setzen können, um zur Ruhe zu kommen – schlicht und einfach aus dem Grund, weil niemand mehr die vielen Gotteshäuser, die mir zur Verfügung stehen, finanziert hätte. Mein Patenkind wird vielleicht nicht in einen kirchlichen Kindergarten gehen können, weil er keine Geldmittel hat. Und viele soziale Dienste würden ebenso nicht geleistet werden können, weil sie niemand bezahlt.
Also habe ich die Wiedereintrittsstelle angerufen, um mich zu erkundigen, ob ich bitte wieder ein zahlendes Mitglied meiner Gemeinschaft werden könne und somit anderen den gleichen Schritt zu ermöglichen, den ich vor einigen Jahren gemacht habe. Ich wurde zu einem Gespräch mit dem Pastor des Michel gebeten, in dem ich ihm meine Gründe erklärt habe. Ich fand es sehr spannend, mit einem Pastor über Kirche, Glaube, die Auseinandersetzung mit der christlichen Geschichte zu reden, denn natürlich hat er mich auch gefragt, warum ich damals ausgetreten bin und wie ich zum Glauben zurückgefunden habe. Ich möchte dieses Gespräch hier nicht wiedergeben, weil es mir persönlich sehr viel bedeutet hat und ich einige seiner Worte (ganz unchristlich, nänänä) nicht teilen will. Aber einen Ausschnitt schreibe ich auf: Ich habe seit Monaten ein schlechtes Gewissen, wenn ich am Abendmahl teilnehme, weil ich ehrlich nicht wusste, ob ich das überhaupt darf. Ich bin zwar konfirmiert, aber ich wusste nicht, ob ich mein Recht zur Teilnahme durch meinen Kirchenaustritt nicht verwirkt habe. Pastor Röder meinte dazu: „Eigentlich müsste ich jetzt sagen: Nein, daran hätten Sie nicht teilnehmen dürfen. Aber mal ehrlich: Guckt Gott nach zwei Buchstaben auf der Lohnsteuerkarte? Zum Abendmahl werden wir von Jesus eingeladen, und wenn Sie sich eingeladen gefühlt haben, dann durften Sie auch daran teilnehmen.“
Jetzt geht’s mir besser. Auch weil ich direkt nach dem Gespräch noch kurz im Michel war. Hallo sagen. Oder „Da bin ich wieder.“