Disunion (nochmal)

Ich hatte das Blog schon einmal erwähnt, aber ich mach das nochmal, und ich werde anfangen, es alle zwei Wochen auf Twitter zu pushen, denn die Serie ist einfach großartig.

Disunion in der NYT berichtet jeden Tag etwas, das irgendwie zum Themengebiet Amerikanischer Bürgerkrieg vor genau 150 Jahren gehört. Es fing im November an mit der Wahl von Abraham Lincoln zum Präsidenten, der früh klargemacht hatte, dass mit ihm an eine Sezession der Südstaaten nicht zu denken wäre, was einer der Gründe für den im April 1861 beginnenden Krieg war. Disunion bleibt aber nicht bei den Politikern, sondern berichtet auch über Zeitungsartikel aus der Zeit (ein Sklavenschiff legt im New Yorker Hafen an) oder erzählt über den ersten Auftritt eines Schauspielers namens John Wilkes Booth (der fünf Jahre später den Präsidenten erschoss).

Am Samstag war wieder einer von diesen Einträgen dran, der für mich eine ganze Zeit fassbar machen. Abgebildet ist das Faksimilie von Walt Whitmans Notizbuch, in dem er eine imaginäre Unterhaltung mit Lincoln beginnt. Wie so oft ist mir da erst aufgefallen, dass die beiden überhaupt zur gleichen Zeit gelebt haben, und natürlich macht sich auch ein Dichter ab und zu Gedanken über Politik.

Disunion beschränkt sich nicht darauf, ein Ereignis nach dem anderen abzufiedeln, sondern setzt Dinge in Zusammenhänge und beleuchtet Personen aus Blickwinkeln, die mich das Geschehen besser verstehen lassen. Dazu kommt ein eher erzählender Stil, der jeden Artikel zu einer kleinen Geschichte macht. Ich empfehle euch das ganze, wie gesagt, nochmal, denn genau solche Blogs machen mich immer wieder sprachlos, weil sie so großartig sind.

(Disunion auf Facebook)

Kaffeenudeln mit Rosmarinsauce und Portulak

Foodpairing hat zu einem kleinen Wettbewerb aufgerufen, bei dem man eine Mitropa-Kaffeemaschine gewinnen kann und wo Herr Paul und Herr Siepert in der Jury sitzen. Ich brauche kein neues Maschinchen, aber ich fand es trotzdem reizvoll, über Kaffee nachzudenken.

Für eine Person. Nudelteig herstellen aus

30 g Mehl,
30 g Hartweißengrieß,
1 Eigelb,
circa 10 zerstoßenen Kaffeebohnen und
Wasser nach Gefühl.

Nach der Ruhezeit mit einer Nudelmaschine den Teig so dünn wie möglich ausrollen. Bei Tagliatelle wären mir die Kaffeestückchen zu sehr untergegangen, daher habe ich von Hand Pappardelle geschnitten und sie kurz trocknen lassen. Für die Sauce

50 ml Rotwein (ich habe einen tanninarmen Valpolicella genommen),
100 ml Espresso (*hust* den Ristretto von Nespresso),
5 Wacholderbeeren,
1/2 Zweig Rosmarin, fein gehackt,
und eine gute Prise Meersalz um die Hälfte reduzieren. Zum Schluss
1 TL eiskalte Butter unterrühren, um die Sauce etwas einzudicken. Ich wollte unbedingt noch etwas Grünzeug auf dem Teller haben und habe daher

ein paar Blätter Portulak

kunstvoll in die gekochten und abgetropften Nudeln eingeflochten. Portulak hat die seltsame Angewohnheit, nach nichts zu schmecken, aber sehr hübsch auszusehen. Perfekt. Denn so hat man hauptsächlich den Rosmarin und die weiche, zartbittere Mischung aus Rotwein, Kaffee und Butter im Mund. Mir hat’s sehr gut geschmeckt, wobei ich nicht weiß, ob die Wacholderbeeren in der Sauce wirklich nötig waren. (Aber wenn man auf denen rumkaut, hat man quasi alkoholfreien Gin zum Essen.)

PS: Ja, an der Saucenpräsentation müssen wir noch arbeiten.

Reverb 10: December 19 – Healing

Healing. What healed you this year? Was it sudden, or a drip-by-drip evolution? How would you like to be healed in 2011?

Mich hat im letzten Jahr Essen gerettet, nachdem es mich jahrelang geärgert, verstört und verletzt hat. Das war keine plötzliche Sache, sondern ein langsamer Aufbau, aber ich fand gerade das so bemerkenwert. Dass man anfangs denkt, ich kann halt nicht gut kochen und ich bin viel zu alt, das noch zu lernen und eigentlich reicht es ja auch, Bartkartoffeln und Gemüsesuppe hinzukriegen. Und dann nimmt dich jemand an die Hand, sagt ein paar schlaue Sätze, die alles verändern, zeigt dir, was passiert, wenn du einfach ein bisschen mehr Salz nimmst und die ganzen Fertiggerichte wegwirfst, und auf einmal kocht man selber. Immer spannendere Sachen und immer seltsamere Zutaten und auf einmal traut man sich, einfach mal nicht in ein Rezept zu gucken, sondern irgendwas aus der Speisekammer zu nehmen und zusammenzuwerfen. Ganz egal, ob’s beim ersten Versuch schmeckt oder nicht: Ich brauche auch da anscheinend nichts mehr, woran ich mich festhalte, damit mir nichts passiert. Ich kann spontan einkaufen und mir mitnehmen, was ich will, weil es keine guten und keine bösen Lebensmittel mehr gibt. Ich könnte bergeweise Kinderriegel kaufen, aber lustigerweise will ich das gar nicht mehr. Ich habe kiloweise gute Schokolade in der Kammer, ohne sie sofort zu verschlingen. Die liegt da einfach, neben dem ganzen Gemüse und den tollen Reissorten und dem Couscous und kommt ab und zu in irgendwelche Kuchen. Die liegt da einfach und tut nicht mehr weh.

Reverb 10: December 18 – Try

Try. What do you want to try next year? Is there something you wanted to try in 2010? What happened when you did / didn’t go for it?

Im letzten Jahr habe ich vieles versucht und fast alles großartig gefunden, ganz gleich, ob ein neues Rezept nun doof war oder nicht, ich hab’s versucht und das war die Hauptsache. Mit diesem Themengebiet geht’s dann auch ins neue Jahr:

Ich möchte mich in Käsehandlungen trauen und zugeben, dass ich jahrelang nur Gouda gegessen habe, im letzten Jahr immerhin auf den Geschmack von Bergkäse und Appenzeller gekommen bin, Brie sehr gerne mag, mich an Ziegenkäse gewöhne und bei Gorgonzola etwas vorsichtig bin. Trotzdem hätte ich gerne fünf von Ihren Lieblingssorten, guter Mann oder gute Frau, und ich wäre dankbar, wenn Sie dabei nicht lachen würden.

Ich möchte meine Bekanntschaft mit Whisky ausbauen, nachdem ich das letzte Mal vor ungefähr 20 Jahren davon getrunken habe und ihn wie Brennspiritus in Erinnerung hatte. Isa hat mir aber vor ein paar Tagen eine Oban Distiller’s Edition eingeschenkt, die meiner Meinung nach nach Ahornsirup schmeckte und nach Gold duftete, und davon hätte ich gerne noch mehr. Meine allwissende Twittertimeline hat mich schon mit Tipps versorgt, und einige davon würde ich gerne kosten.

Außerdem will ich mich endlich trauen, andere Menschen kennenzulernen, mit denen man über Essen reden kann. Ich möchte nicht gleich auf ein Riesenfoodbloggertreffen – auch weil ich mich immer noch nicht als Foodbloggerin, sondern größtenteils als Nachkochbloggerin sehe, aber das ändert sich tollerweise gerade langsam –, aber ich habe mich sehr über die Einladung vom Foodfreak gefreut, mal mit mir über den Isemarkt zu gehen.

Außerdem würde ich gerne ein schönes Buch schreiben, das freundliche Rezensionen kriegt und gut gelaunte Leser_innen.

Und der letzte Punkt: Jetzt buch endlich die verdammte Studienreise nach Rom, die du seit Jahren vor dir herschiebst. Denn auch da wartet schon eine Einladung auf dich.

Reverb 10: December 17 – Lesson Learned

Lesson Learned. What was the best thing you learned about yourself this past year? And how will you apply that lesson going forward?

Ich kann jahrelang gelernte und für unumstößlich gehaltene Verhaltensmuster durchbrechen.

Ich hätte nicht gedacht, dass mein Gaumen nach 25 Jahren Konditionierung darauf Fertiggerichte auf einmal doof findet und zu salzig und zu falsch und zu bäh, weil ich ihm in gefühlt vier Wochen beigebracht habe, wie gut „normales“ Essen schmeckt. Ich hätte nicht gedacht, ohne Coke Zero leben zu können bzw. sie nicht einmal zu vermissen. Und ich hätte vor allem nicht gedacht, dass meine Gier nach Süßen einfach so weggeht, nachdem ich mich jahrelang dazu zwingen wollte, sie wegzukriegen.

Ein Nachschlag Macarons

Nach ein paar weiteren Blechen Macarons habe ich noch einige Ergänzungen zu meinem ersten Eintrag.

– Die Zutaten im Blitzhacker zu zerkleinern, kann man sich sparen.

– Wenn man statt eines Esslöffels einen Teigschaber benutzt, um die Mandelpuderzuckermasse durch das Sieb zu quetschen, geht das viel einfacher, viel schneller und man bekommt keine Blase am Daumen.

– Die billige Speisefarbe von Schwartau, die man im Backregal im Supermarkt findet, taugt vielleicht dazu, Eiweiß himmelblau zu färben, aber die fertigen Macarons sehen aus wie Zahnpasta. Weg damit.

– Es macht keinen Unterschied, ob man die Mandeln zum Eiweiß oder das Eiweiß zu den Mandeln kippt. Hauptsache, die Teigkonsistenz stimmt. Und auch die Bewegung aus dem Handgelenk muss nicht so aussehen wie in den Profivideos. Hauptsache, die Teigkonsistenz stimmt. Und man muss auch nicht mitzählen, wie oft man die Zutaten ineinanderfaltet und vor allem nicht, bis man bei 50 ist. Hauptsache, die Teigkonsistenz stimmt.

– Einwegspritzbeutel sind eine der tollsten Erfindungen der Welt.

– Das Abklopfen auf der Tischkante macht einen winzigen Unterschied. Die gelben Macarons im Bild habe ich nicht abgeklopft, deswegen sind sie ein bisschen pickelig. Die Konsistenz ist aber die gleiche wie bei den andersfarbigen, die ich abgeklopft habe.

– Die Macarons sollten so lange ruhen, bis man beim vorsichtigen Draufstippen keinen Teig mehr an den Fingern hat. Und die Macarons, auf die man draufstippt, bevor sie trocken sind und die deswegen doof aussehen, schmecken ganz toll mit Marmelade.

– Macarons, die man mit Marmelade füllt, sind einen Tag später trotz luftdichter Metallbox und Pergamentpapier sehr, sehr matschig und schmecken wie gewolfter Mandelbrei mit Obst.

– Obwohl mein Ofen immer länger braucht als im Rezept angegeben: Wenn man die Racker zwei Minuten zu lange drin lässt, werden sie hohl.

– Die Methode mit dem Anfeuchten des Blechs, um die Schalen vom Backpapier zu ziehen, ist fantastisch und idiotensicher. Und man fühlt sich total professionell, wenn man mit der Bügelwasserflasche ein zischheißes Backblech anspritzt. Nicht.

Ich hätte da noch drei wunderbare Füllungen. In den orangefarbenen Macarons ist eine Orangenganache aus 25 ml Sahne, 100 g Zartbitterkuvertüre und dem Abrieb einer halben Bio-Orange.

In den zartgrünen Macarons ist eine Jasminteeganache. 25 ml Sahne mit einem viertel Teelöffel Jasminteeblättern kurz aufkochen, die Blätter abseihen, und in der Sahne 100 g weiße Kuvertüre schmelzen.

Und in den roten ist die einzige Ganache, die ich versaut habe, obwohl ich nicht weiß warum, denn die Grundzutaten der Vanilleganache sind die gleichen wie bei allen anderen auch: 25 ml Sahne, 100 g Vollmilchkuvertüre und das Mark einer Vanilleschote. Trotzdem ist sie nicht cremig geworden, sondern plockig, und wenn man in die Dinger reinbeißt, fühlt sich das an, als ob man auf einer Eszet-Schnitte kaut.

Reverb 10: December 16 – Friendship

Friendship. How has a friend changed you or your perspective on the world this year? Was this change gradual, or a sudden burst?

Ich war jahrelang ein Anhänger der fantasy of being thin. Also der Idee, schlank = glücklich. Deswegen war ich auch 20 Jahre lang extrem pissig, wenn sich Frauen (kein einziger Mann, wenn ich mich richtig erinnere) bei mir beklagt haben, dass sie unglücklich seien, obwohl sie eine 38 tragen. Wie könnt ihr unglücklich sein, wenn ihr dünn seid? Damit ruiniert ihr mir meine Motivation, von meinem Fettsein jemals wegzukommen.

Komplett dämlich, ich weiß. Denn selbst wenn ich schlank wäre, heißt das noch lange nicht, dass ich glücklich wäre. Das ist genau wie mit dem Umziehen in eine fremde Stadt oder ein fremdes Land – die Fantasie hatte ich ja auch: Wenn ich erst in Amerika lebe, wird alles gut. Egal wo ich bin oder wieviel ich wiege: Ich bin immer noch ich. Mit allen Macken, mit all meiner Traurigkeit und mit dem dicken Rucksack an Erfahrungen, den ich mit mir rumtrage.

Glücklichsein hat nichts, aber auch gar nichts mit der Größe meiner Hosen zu tun. Das hätte ich vor anderthalb Jahren nie geglaubt, aber jetzt weiß ich, dass es so ist. Und genau über dieses Thema habe ich lange mit Caro gesprochen, als wir uns das erste Mal länger als fünf Minuten auf der re-publica gesehen haben. Wir haben in unserer Küche gesessen, Mozzarella und Tomaten gegessen, meinen Lieblingswein leergemacht und über Essen geredet. Caro ist gewichtsmäßig ganz woanders als ich, weiß aber genau, wovon ich rede, und ich wusste genau, wovon sie redet. Und exakt das habe ich so genossen: mit jemandem, der dünn ist, über Essen und all den beknackten und wunderschönen emotionalen Ballast zu reden, der daran hängt.

Ich weiß nicht, ob mich das verändert hat, aber es hat mir sehr viel bedeutet und mir sehr gut getan.

Ravioli mit zitronigem Bohnenpüree

Also. Der Plan war: Ich mach mir ein tolles Essen, und das sieht dann toll aus, und dann mach ich ein tolles Foto, und dann schreib ich nen tollen Blogeintrag. Das war der Plan.

Ich habe seit einigen Monaten einen Satz auf Dauerrotation in meinem Hinterkopf: „Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, dass ich mich auf (hier Zutat Ihrer Wahl einsetzen) freuen würde, den hätte ich ja für völlig beknackt erklärt, wa?“ Die gestrige Zutat meiner Wahl war: dicke Bohnen. Alleine der Name schon. Aber ich bin diesen Dingern völlig verfallen. Zurzeit gibt es sie leider nicht frisch, aber aus dem Glas schmecke ich den Unterschied kaum, weil ich sie grundsätzlich zerkoche, zermatsche und dann mit einem Spritzer Zitronensaft und einer winzigen Knoblauchzehe und ein bisschen Salz und Pfeffer und Öl zu einer giftgrünen Pampe verrühre, in die ich warmes Brot stippe.

Vor ein paar Tagen habe ich ein Rezept aus dem VegItalia-Kochbuch gemacht, eine Suppe mit dicken Bohnen und Pasta, und dabei gemerkt, dass diese Bohnen nicht nur zu Brot toll schmecken, sondern auch zu Nudeln. Also habe ich mir gedacht, machste doch mal flugs Ravioli und haust ein bisschen Bohnenpüree mit Frischkäse rein. Das ganze dann noch kurz in Knoblauchöl und Butter schwenken, Parmesan rüber, fertig. Und dann ein tolles Foto und einen tollen Blogeintrag.

Also habe ich wunderschöne, kugelrunde Ravioli mit meinem Raviolibrett gemacht, sie ins blubbernde Salzwasser gleiten lassen, nebenbei schon mal eine Knoblauchzehe in Olivenöl rumdünsten lassen, ein bisschen Butter dazu, das roch toll, ich freute mich – und dann guckte ich in den Topf und sah, dass meine wohlgeformten Ravioli alle extremst platt und unahnsehnlich geworden waren. Ich habe sie etwas weniger freudig in die Pfanne umgesiedelt und leicht gebräunt, aber der Plan mit dem tollen Foto war dahin.

Schlechtgelaunt probierte ich – und war sofort wieder gut gelaunt. Und dachte mir, scheiß auf ein tolles Foto, Hauptsache, das Essen ist lecker. Denn, oh meine Güte, ist das lecker. Also habe ich mitten im Essen kurz das iPhone gezückt und ein Bild gemacht, und da müssen wir jetzt alle durch.

Für eine_n Esser_in einen Nudelteig zubereiten aus

30 g Hartweizengrieß,
30 g Mehl,
1 Eigelb (für die Farbe, geht auch ohne, aber ich hatte zufällig eins da) und
soviel Wasser, dass aus dem Klumpatsch ein fester Teig wird. Den für 30 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen und mit einer Nudelmaschine zu Ravioli verarbeiten.

Die Füllung besteht aus
einer Handvoll dicker Bohnen, gekocht und gehäutet,
2 EL Frischkäse,
ein bisschen Parmesan,
1/2 Knoblauchzehe, ganz fein geschnitten,
Salz, Pfeffer und
1 Msp. Biozitronen-Abrieb.

Die Ravioli füllen und ein, zwei Minütchen in kochendem Salzwasser kochen. Währenddessen in einer Pfanne

1/2 Knoblauchzehe im Ganzen in
1–2 EL Olivenöl leicht bräunen. Die Zehe entfernen,
1–2 EL Butter und
ein bisschen Salz dazu,
die abgegossenen Ravioli kurz anbräunen und mit wenig Parmesan bestreuen.

Was mir so gut gefallen hat: dass man jede kleine Zutat rausschmeckt. Die weichen Bohnen, einen Hauch Knoblauch, die gut gelaunte Kombi aus Zitrone und Frischkäse, hier noch ne Spitze Salz, da ein knackiges Parmesanspänchen und zum Schluss noch die Butter und das Öl. Scheißegal, wie’s aussieht. Gleich nochmal machen.

Reverb 10: December 15 – 5 Minutes

5 Minutes. Imagine you will completely lose your memory of 2010 in five minutes. Set an alarm for five minutes and capture the things you most want to remember about 2010.

Ich möchte mich an den Winter erinnern, der kalendarisch Frühling war; die neue Winterjacke, der bunte Schal, der blaue Himmel und wie lange Hamburg weiß und ruhig war. Ich mag Kälte viel lieber als Hitze, und deswegen fand ich das sehr schön, dass die kalte Jahreszeit in die Verlängerung gegangen ist.

Ich möchte mich an den ersten Friseurbesuch seit Jahren erinnern, bei dem die Haare viel kürzer geworden sind. An Jonathan Safran Foers Eating Animals. An meine erste Polenta, die geschmeckt hat. An meine Kekse, die ich seit Jahren nicht gebacken habe. An meine ersten gelungenen Macarons. Eigentlich an die vielen Momente, in denen ich doof-grinsend in der Küche stand und mich selbst bestaunt habe.

Ich möchte mich an diesen einen Job erinnern, bei dem ich tagelang in mich selbst reingequengelt habe, dass ich mich viel zu billig verkauft habe, bis ich gemerkt habe, dass dafür andere Dinge an dem Job toll sind. Und an den anderen Job, bei dem ich gequengelt habe, dass ich in anderen Agenturen mehr verdienen würde, bis mir aufgefallen ist, dass ich hier gerade sehr viel Zeit geschenkt kriege, was ja mal der Hintergedanke des Selbständigmachens war, damals vor fast drei Jahren, was ich über den ganzen Dollarzeichen in den Augen schon wieder vergessen hatte.

Und ich will mich an das unglaublich krafteinflößende Gefühl erinnern, in einem violetten, knielangen Kleid, meine dicken Beinchen in hautengen, schwarzen Leggins, und auf hohen Absätzen durch Düsseldorf gegangen zu sein, gut gelaunt und selbstbewusst und ohne einen einzigen dämlichen Spruch abgekriegt zu haben.

Reverb 10: December 14 – Appreciate

Appreciate. What’s the one thing you have come to appreciate most in the past year? How do you express gratitude for it?

Meh. Schon wieder Essen, schon wieder Körper. Sorry. Also, mir tut’s nicht leid, dass es mir so gut geht, aber es tut mir leid, dass alle Fragen bei mir dieses Jahr gefühlt nur eine Antwort haben.

Ich habe gelernt, Essen zu schätzen anstatt davor Angst zu haben, und ich bedanke mich dafür, indem ich mir Zeit nehme, es zuzubereiten und genauso, es zu genießen. Jeden Tag.

Curry-Blumenkohl mit geräuchertem Tofu und Tomaten

Ich glaube, man kann Curry nicht so fotografieren, dass es nicht nach einem Berg Zeug in irgendeinem Behältnis aussieht. Curry ist eben eine fiese Pampe, aber das macht es ja gerade so lecker.

Bei uns war Resteessen angesagt: Der kleine Blumenkohl wollte aus dem Speisekammerparadies abgeholt werden, im Kühlschrank stand noch eine offene Dose Tomaten von meiner letzten Pizzasession rum, und die Hälfte meines Räuchertofublocks, dessen andere Hälfte vor kurzem bei den Spiegeleiern mitmachen durfte, war jetzt auch dran. Für zwei Personen

120 g Naturreis kochen.

1 mittelgroßen Blumenkohl in Röschen zerteilen und in
Erdnussöl in einer tiefen Pfanne kurz anbraten. Dazu
3–4 EL Currypaste geben, die mit wenig
Gemüsebrühe angerührt wurde.

Darauf achten, dass alle Röschen was von der Currypaste mitkriegen, kurz weiterbraten und dann mit
ca. 750 ml Gemüsebrühe auffüllen. Zehn bis 15 Minuten köcheln lassen, bis der Blumenkohl bissfest ist. Kurz vor Schluss

1 kleine Dose Tomaten unterrühren. Währenddessen in einer zweiten Pfanne
geräucherten Tofu, in kleine Würfel geschnitten, mit
1–2 Zwiebeln in
Erdnussöl

scharf anbraten, bis alles ordentlich Farbe genommen hat.

Den Reis auf den Teller geben, Curryblumenkohl mit Sauce obendrauf, mit Tofu und Zwiebeln verschönern und noch ein paar frische Tomatenviertel dazugeben.

Reverb 10: December 13 – Action

Action. When it comes to aspirations, it’s not about ideas. It’s about making ideas happen. What’s your next step?

Ich bin gerade damit beschäftigt, Blogeinträge auf Buchform zu verlängern, danke der Nachfrage. Einen roten Faden habe ich nach zwei Wochen Rumgrübeln endlich, und wie ungefähr die Kapitel aussehen, weiß ich auch schon. Muss ich quasi nur noch runterschreiben. Haha. Ha. *schluck*

Reverb 10: December 12 – Body Integration

Body Integration. This year, when did you feel the most integrated with your body? Did you have a moment where there wasn’t mind and body, but simply a cohesive YOU, alive and present?

Mit dem neuen Körperbewusstsein – ich bin okay so, wie ich bin – kommt automatisch eine neue Wertschätzung des eigenen Körpers. Er ist nicht mehr das dicke Ding, das irgendwie an meinem in Wirklichkeit schlanken Ich dranhängt und mich daran hindert, ein glückliches, anderes Leben zu führen. Stattdessen ist er auf einmal ein Teil von mir, um den ich mich kümmere. Und außerdem einer, der mich an gar nichts hindert. (Na gut, Primaballerina werde ich wohl nicht mehr werden.)

Dieses Kümmern hat mit der guten Nahrung angefangen, die ja lustigerweise überhaupt das neue Körperbewusstsein ausgelöst hat. Ich kann den Moment leider nicht mehr zeitlich einordnen, als ich das erste Mal vor dem Spiegel stand und mir dachte, ochjo, das ist eigentlich ganz in Ordnung so, das da alles. Es war ein schleichender Prozess, aber auf einmal bin ich nicht mehr am Ganzkörperspiegel im Flur vorbeigehuscht, sondern habe bewusst und interessiert reingeguckt. Und irgendwann kamen dann neue Klamotten, in denen ich mich auch bewusst und interessiert angeguckt habe und nicht mehr dachte, oh Gott, so geh ich nicht raus, sondern wo ich gedacht habe: So seh ich halt aus und so geh ich auch raus.

Und irgendwann habe ich dann nicht mehr darüber nachgedacht, wie ich aussehe, sondern habe mir einfach Klamotten angezogen, im Spiegel überprüft, ob alle Knöpfe dran sind und mein Reißverschluss nicht offen ist, mir zugenickt und fertig.

Eines der Kleidungsstücke, die ich beim Großen Rauswerfen 2010 schlicht übersehen habe, war mein Wintermantel, der mir zuletzt vor zehn Jahren gepasst hat, als ich nach Hamburg gezogen bin. Es ist einfach ein schlichter, dunkelgrauer, wadenlanger Mantel, einen Hauch tailliert. Nix Besonderes, aber ich mochte ihn damals und mag ihn auch heute noch sehr gerne. Meine neu erworbene Winterjacke vom letzten Jahr sieht an mir jetzt aus wie ein Zirkuszelt, und so habe ich mich sehr gefreut, als ich den Mantel noch im Kleiderschrank entdeckte. In ihn gewandet bin ich neulich spontan zwei Stationen zu früh aus dem Bus ausgestiegen, weil ich einen plötzlichen Bewegungsdrang verspürt habe (auch eine Nebenwirkung des neuen Körperbewusstseins). Die Luft war klar und kalt, es lag frischer Schnee, die Sonne schien, und ich ging einfach so nach Hause, gut gelaunt, warm eingepackt, der Mantel wehte um meine Waden und ich dachte mir beim Gehen, wie toll das ist, einfach so gehen zu können und wie brav mein Körper das alles mitmacht, was ich ihm so angetan habe in den letzten Jahren. Jetzt trägt er mich durch den Schnee nach Hause, und ich habe jeden Schritt gewürdigt und mich sehr eins mit ihm gefühlt.

Nougat-Orangen-Gugelhupf

Das Rezept für diesen Kuchen stammt von Katha, und er hat sich gleich beim ersten Backen ganz nach oben auf die Lieblingskuchenliste vom Kerl und mir geschoben. Erstens beduftet er beim Backen die ganze Wohnung mit leichtem Orangengeruch, und zweitens ist er fluffig-schmackig und verbindet die weiche Süße des Nougats ganz wunderbar mit der Frische der Orange. Ernsthaft: nachbacken. Noch heute.

Man braucht drei Schüsseln und gerade mal zehn Minuten zum Zubereiten. In einer Schüssel

250 g Mehl, Type 405, mit
1/2 Päckchen Weinsteinbackpulver und
1 Prise Salz vermischen.

3 Eiweiß steif schlagen.

250 ml Schlagsahne halbsteif schlagen. Zur Sahne nach und nach
1 Päckchen Vanillezucker,
200 g Zucker und zum Schluss
3 Eigelb geben.

Die Mehlmischung nach und nach mit dem Eischnee und der Sahnezuckermasse vermischen; das geht mit einem Mixer genauso gut wie mit dem Teigschaber. Ich nehme den Teigschaber, das fühlt sich so handwerklich an. Noch

4 EL Milch dazugeben plus
3–4 gehäufte EL Nougatcreme (vulgo: Nutella) und
die abgeriebene Schale einer Bio-Orange.

Den Teig in eine gefettete und bemehlte Gugelhupf-Form geben und für eine knappe Stunde im auf 180° vorgeheizten Backofen backen. Abkühlen lassen, mit Puderzucker verschönern und genießen.

Was mir besonders gefällt: Man schmeckt das Nutella nicht raus, sondern eben nur einen leichten und nicht zu süßen Nougathauch. Beim nächsten Mal werde ich das ganze mit der Zartbittercreme von Alnatura probieren, mal sehen, wie das wird.

Reverb10: December 11 – 11 Things

11 Things. What are 11 things your life doesn’t need in 2011? How will you go about eliminating them? How will getting rid of these 11 things change your life?

Uh. Fiese Frage. Vor allem, weil meine Lieblingsantwort nicht mehr geht: Die ganzen Klamotten, in die ich „bestimmt irgendwann wieder reinpasse“, hab ich ja schon verklappt, und das waren mindestens elf Einzelteile.

Aber: Es liegt noch ne Menge Zeug im Kleiderschrank, das mir zwar passt, das ich aber trotzdem nicht mehr anziehe. Das könnte ich mal in die Altkleidersammlung geben. Und auch von einem Regalmeter Bücher könnte ich mich trennen, weil ich die sowieso nie wieder lesen werde.

(Mama, sind das schon elf oder will das fremde Blog noch mehr hören? — Kind, ich glaube, es will noch eine philosophische Antwort. — Manno.)

Das klingt jetzt sehr zen-ig, aber im Moment gibt es keine Charaktereigenschaft, die ich mir dringend abtrainieren wollen würde. Im letzten Jahr habe ich mich anscheinend so ziemlich mit allem an mir angefreundet. Das überrascht mich selbst, fühlt sich aber gerade so an.