„Ich kann nur hoffen, dass niemand draußen im Lande die Auswertung meiner Tipprunde in die Finger kriegt. Wie jemand, der sich derart viel mit Fußball beschäftigt wie ich, so unterirdisch tippen kann, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Man lernt den „Kicker“ auswendig, surft in jeder freien Minute über die einschlägigen Websites, startet nächtliche Rundrufe bei den Mannschaftsärzten der Liga, um in dem Moment, da sie schlaftrunken und unvorsichtig sind, belastbare Informationen über den gesundheitlichen Zustand der Spieler aller Teams herauszukriegen – und dann läuft am nächsten Wochenende wieder alles gegen einen.

Besonders deprimierend ist es, wenn man von den eigenen Kindern abgehängt wird! Und die sind sechs und vier Jahre alt! Mein Zweitgeborener tippt schon mal bei Frankfurt gegen Berlin 9:7 für Frankfurt, sackt aber immer noch zwei Punkte für die richtige Tendenz ein.”

Frank Goosen, Weil Samstag ist: Fußballgeschichten

„Ein Heldentenor ist kein Brüllaffe“

Sehr schönes Interview mit Klaus Florian Vogt, den ich in Bayreuth als Lohengrin gesehen habe und auf den ich mich sehr als Cavaradossi in Berlin im Januar freue.

Ist der Lohengrin Ihre Traumrolle?

Das jugendlich-dramatische Fach ist mein Traumfach, das macht riesig Spaß. Der Lohengrin ist eine meiner Traumpartien, er war auch meine Entwicklungspartie, an der ich gemerkt habe, wie es stufenweise weiterging. Und nach Pausen zu dieser Partie zurückzukommen, war immer auch ein Gradmesser, ob die gut verläuft.

Und jetzt liegt eine Zukunft als Wagner-Tenor vor Ihnen?

Ich bin sehr gerne Wagner-Tenor, aber ich möchte mir auch andere Möglichkeiten offenhalten. Meine Stimme ermöglicht es mir, ein bisschen zur Seite zu gehen – wie jetzt mit dem Cavaradossi in der Tosca. Das italienische Fach ist bislang total an mir vorbei gegangen – es hieß immer: deutsche Stimme, deutsches Fach. Dass ich jetzt doch nochmal ins italienische Fach komme, ist sehr reizvoll – ich bin gespannt darauf, wie es wird. Ich denke, im vermeintlich leichteren Fach kann man wieder ein paar andere Farben pflegen, die man auch für Wagner benutzen kann.

Warum präsentieren Sie sich auf Ihrer ersten CD auch mit Lortzing und Flotow?

Um zu zeigen, dass ein Heldentenor auch diese viel lyrischere Farbe singen kann. Ein Heldentenor ist nicht nur der Brüllaffe, der steif vorn an der Rampe steht und Sprechgesang von sich gibt.“

(via @shochi_hh, die auch so ein Vogt-Groupie ist)

Mein Weihnachtsgeschenk

Meine Gesangslehrerin wohnt in der Nähe einer kleinen Galerie, an der ich früher so gut wie jede Woche vorbeigelaufen bin, denn meine Lieblingsvideothek, die inzwischen leider geschlossen hat, ist ebenfalls um die Ecke. Im Schaufenster der Galerie stehen meist maritime Motive, gerne auch was mit Wald und Wiesen und Blumenvasen. Kurz: nichts, was mich jemals länger gefesselt hätte. Bis vor einigen Wochen, als mich abends das Porträt einer jungen Dame anblickte. Und ich tat etwas, was ich dort noch nie getan hatte: Ich blieb stehen und schaute mir ein Bild minutenlang an. Wie im Museum, nur eben an einem dunklen Donnerstagabend im Regen. Ich erfreute mich an der Farbe des Kleids, dem freundlichen Gesichtsausdruck der Dame und der allgemeinen Stimmung, die ich als sehr beruhigend empfand. Dann löste ich mich, dachte, schönes Bild, und ging nach Hause.

Eine Woche später passierte das gleiche. Ich freute mich darüber, dass die Dame noch im Schaufenster stand, guckte sie an, war wie immer nach dem Singen recht beseelt und empfand ihren Anblick als gelungenen Abschluss des Tages.

So ging es mehrere Wochen, bis ich krank wurde und den Unterricht ausfallen lassen musste. Als ich letzte Woche endlich wieder an der Galerie vorbeikam, war die Dame nicht mehr da. Und erst da fiel mir auf, wie sehr ich mich schon an sie gewöhnt hatte, obwohl ich sie nur einmal die Woche gesehen hatte. Durchs Schaufenster sah ich sie hinten im Laden stehen – und dachte zum ersten Mal, Anke, du Nase, wenn du das Bild so gerne magst, dann kauf es gefälligst.

Erstmal ließ ich mich von Twitter überreden, mich überhaupt in den Laden zu trauen und fragte zusätzlich wissende Menschen, mit was ich preislich denn so zu rechnen hätte. Die Auskünfte beruhigten mich immerhin (ich muss keinen Kredit aufnehmen), aber der Verkaufspreis war dann doch höher als der, den ich für einige meiner Autos bezahlt hatte (das waren aber auch meist gebrauchte italienische Kleinwagen). War aber eigentlich egal, denn sobald ich meinen Fuß in die Galerie gesetzt hatte, war klar, dass ich ohne die Dame nicht wieder gehen würde. Beziehungsweise ohne einen Handschlag, dass sie jetzt mir gehörte. So war’s dann auch, und eben kam der Galerist vorbei und lieferte mir mein Weihnachtsgeschenk an mich selbst.

(Vorsicht, doofe Perspektive, weil das Bild noch auf dem Sofa steht anstatt an der Wand zu hängen – und doofes Foto, weil es schon wieder zu diesig ist für die Digiknipse.)

Das Bild ist circa 1m x 1,50 groß, vermutlich um 1850 gemalt worden, zeigt eine hanseatische Kaufmannstocher, und der Maler (oder die Malerin) ist unbekannt. Es ist unsigniert. Die Farben sind weniger grell als sie auf dem Foto aussehen; das Kleid ist plüschigburgundig, der Himmel hamburgisch graublau. Im Hintergrund sieht man Blankenese und die Elbe.

Ich kann mich der Dame nicht entziehen, ich habe keine Ahnung, warum sie mir so gut gefällt. Ist aber völlig egal. Reicht ja, dass sie mir gefällt.

Edit, 18.12.: Inzwischen kommen per Mail schöne Tipps und Hinweise, von wann und vom wem das Bild sein könnte und was die Details bedeuten. Ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt keine Ahnung, deswegen lasse ich die obige Deutung mal stehen und warte, was noch aufläuft. Und demnächst quengele ich vermutlich irgendjemand in der Hamburger Kunsthalle voll, dass ich Hilfe brauche, um auf Luises Spur zu kommen. (Ja, ich habe die Dame Luise getauft.)

Das dreigestrichene Hach

Seit einigen Monaten (mit asthma-induzierter Zwangspause) nehme ich wieder Gesangsunterricht. Kenne ich ja eigentlich, denn vor sechs Jahren hatte ich mich bereits schon mal überwunden, vor Leuten zu singen (also vor einem – meinem Lehrer), aber so richtig kann ich meine Befangenheit immer noch nicht ablegen, wenn ich hinter dem Klavier stehe und vor mir der Notenständer droht. Ich brauche mindestens ein Lied zum Ankommen, bis ich mich traue, die hohen Töne rauszuhauen. Oder, wie ich seit gestern weiß, ein gelbes Massagebällchen und eine gesunde Vorstellungskraft.

Dass ich die Höhe drin habe, weiß ich. Ich nutze nur leider immer noch meine alte Technik, um mich an sie ranzuwürgen. Nämlich genau die: Ich dengele meine Stimme irgendwie mit Gewalt in die Höhe. Das war (böse ausgedrückt) die Technik, die mir mein alter Lehrer beigebracht hat: mit Kraft singen. Es gibt in „Sister Act“ eine schöne Szene, wo Whoopie Goldberg der piepsenden Nonne, die zaghaft und leise singt, ihre Hand ins Zwerchfell drückt – woraufhin Piepsi sofort voller klingt, denn mit der Hand im Bauch hat sie jetzt etwas, gegen das sie anarbeiten kann. So habe ich auch ewig geübt: Wenn nix mehr ging (und meine Atemtechnik war leider immer bescheiden), habe ich die Hand gegen mein Zwerchfell gedrückt, um gegen sie anzusingen.

Mein jetzige Lehrerin versucht gerade, mir genau das Gegenteil beizubringen. Loslassen. Entspannen. Einfach so locker da oben hinsingen. (Isklar.) Das klappt manchmal, auch wenn ich dann immer das Gefühl habe, ich klinge wie ein bekiffter Slacker, wenn ich mich in die hohen Töne fallen lasse wie in eine Hängematte. Meist mache ich noch eine divenhafte Handbewegung, als ob ich die Töne über die Schulter werfe (bei meinem alten Lehrer habe ich einen imaginären Frisbee nach vorne geworfen). Das ist für liebliche Liedchen hübsch, aber gestern hatte ich eine schlecht gelaunte Avril Lavigne vor mir.

Die Dame steht einsam im Dunkeln bei Regen auf einer Brücke und findet es total doof, dass sie niemand lieb hat. Deswegen schreit sie zum Schluss des Songs ihren Frust in ein paar hohen „Ye-Yeahs“ raus – aus denen ich in der letzten Stunde ein schüchternes Husten gemacht habe. Das könnte auch daran liegen, dass ich auf die Noten gucke, denn dann sehe ich natürlich, dass da irgendwo der hohe, laute Scheiß auf mich wartet, an dem ich gerne scheitere – und schon werde ich atemloser und verkrampfter, bis der Ton erst recht nicht mehr mag.

Deswegen habe ich zur gestrigen Stunde die Aufgabe gekriegt, das Lied auswendig zu lernen – bzw. den Text. Ohne Noten, damit ich da nicht immer hinstarre. Hab ich gemacht. Trotzdem bin ich vor dem Rumschreien zurückgezuckt, denn das macht man doch nicht. So laut sein und so. Das meinte auch meine Lehrerin: Als Kind schreit man erstmal in tollen Tonlagen und in grandioser Lautstärke rum, bis einem mehr und mehr Leute sagen, genau das bitte sein zu lassen. Bisschen leiser, bitte. Bisschen ruhiger, bitte. Und was ich jetzt gerade neu lerne, ist: laut sein. Und rumschreien. Und das, wenn möglich, in einer bestimmten Tonhöhe und so, dass es sich nicht nach schreien, sondern nach singen anhört. Also alles ganz einfach.

Da ich aber trotzdem meinen Kopf nie ganz ausmachen kann („Sei nicht so laut“) und auch der auswendig gelernte Text nicht gereicht hat, meine Stimmbänder in die Höhe zu kriegen, habe ich einen gelben Massageball in die Hand gekriegt, den ich mir selber zuwerfen sollte, während ich mit Avril miese Laune habe. Gleichzeitig habe ich mir vorgestellt, ich sei wieder 3 und WILL JETZT MEINEN TEDDY HABEN. Und das hat wirklich funktioniert: Ich habe mich so darauf konzentriert, den blöden Ball nicht fallenzulassen und meinen Teddy zu vermissen, dass mein Kopf keine Zeit mehr hatte, mir zu signalisieren, wie peinlich das ist, hier depressiv rumzuschreien. Und auch wenn der Song total deprimierend ist, hatte ich nach den YEAHS ein so fettes Grinsen im Gesicht, dass wir danach einen fiesen Schmachtfetzen singen mussten.

Für die nächste Übungssession in der Küche klaue ich mir den Football vom Kerl und rufe nach meinem alten Stoff-Fliegenpilz, den man aufziehen konnte und der dann „Ein Männlein steht im Walde“ gespielt hat. YE-YEAH, Emotanten!

Fat Hate Bingo

Im „Deern“-Blog verlinke ich auf eine wunderschöne Fat-Hate-Bingo-Karte. Die müssen Sie gesehen haben!

Dezember-Twitter-Lieblinge, Teil 1

Das <3 des Monats geht an die Bayerische Staatsoper für ihren verständnisvollen Tweet, der ungefähr fünf Minuten nach meinem Gejammere auflief. Noch toller wäre es natürlich gewesen, wenn sie meinen blöden Rechtschreibfehler korrigiert hätten, aber ich habe mich auch so sehr gefreut, dass jemand mit mir leidet.

„Greedy Women“

(Dieser Eintrag steht übrigens auch im „Deern“-Blog, wohin ich so ziemlich alle meine Body-Acceptance-Artikel ausgelagert habe.)

Jeanette Winterson schreibt über ein Buch von Elizabeth Robins Pennell (1855–1936), A Guide For The Greedy By A Greedy Woman, das 1896 erschien und Frauen dazu ermunterte, gierig zu sein. Essen zu genießen, anstatt von viktorianischen Winzportionen zu leben. Könnte heute glatt neu veröffentlicht werden.

„Written in the 1890s as a series of magazine essays and later made into a book, this greedy guide was a direct challenge to late-Victorian notions of femininity and appetite. Middle and upper-class women were taught from girlhood that femininity depended on modesty and restraint – and what could be more restraining than a corset? Have you ever tried eating in a full-length lace-up corset? You might as well wire your jaw shut.

A man could guzzle and gobble, drink and womanise. A woman was expected to be delicate and dainty in her appetites both sexual and gourmand. But the greedy guide encourages women to enjoy coffee, cigarettes, cognac, foie gras, kippers, geese, gravy and sauces; Epicurean enjoyments that would certainly need a looser-laced corset. (…)

ERP was radical in her belief that women should enjoy cooking. She was writing for a class of women who could afford a cook – not nearly as expensive in real terms as it would be today – but for whom it was a matter of class politics and snobbery not to cook DIY. To campaign for eating as the natural result of cooking repairs a badly damaged link in the female psyche – one that goes on needing to be repaired.

Now, while celebrity chefs do their best to seduce us into cooking, the pinging microwave and the ready-meal chops up the sensual connection between preparation, anticipation, and the well-earned leisure of sitting down to a lovely meal you have made. Which is why reading ERP on food is absurd and uplifting; she returns to cooking and eating the one ingredient that is more expensive than truffles or caviar: time. We have foodstuffs everywhere, more than at any other moment in history, yet no time to cook well or to eat well.

Time – even tiny amounts of it, can be enjoyed in food preparation. The sandwich is ERP’s fast-food – and her descriptions of wrapped paper packages and snow-chilled Alsace transform the office lunch into an encounter with the infinite. “Between slices of good bread place thick uncompromising pieces of beef or mutton… lettuce, celery, watercress, radishes, not one may you not test to your own higher happiness… and your art may be measured by your success in proving the onion to be the poetic soul of the sandwich.”

Sandwiches have souls. Who knew?“

(Danke an Anne Schüßler für den Hinweis.)

Live and learn

Gestern, in einem kleinen gallischen Dorf, wo sich nette Menschen über Fußball unterhalten. So viele Menschen, dass man sie in Listen packen muss.

War mir alles egal, aber.
Dann.
Kam.
Der.
Augenöffner.

Und so:

Wildschweinbraten für alle! Und lasst endlich Troubadix in Ruhe!

„There were some books that reached through the noise of life to grab you by the collar and speak only of the truest things. „A Confession“ was a book like that. In it, Tolstoy related a Russian fable about a man who, being chased by a monster, jumps into a well. As the man is falling down the well, however, he sees there’s a dragon at the bottom, waiting to eat him. Right then, the man notices a branch sticking out of the wall, and he grabs on to it, and hangs. This keeps the man from falling into the dragon’s jaws, or being eaten by the monster above, but it turns out there’s another little problem. Two mice, one black and one white, are scurrying around and around the branch, nibbling it. It’s only a matter of time before they will chew through the branch, causing the man to fall. As the man contemplates his inescapable fate, he notices something else: from the end of the branch he’s holding, a few drops of honey are dripping. The man sticks out his tongue to lick them. This, Tolstoy says, is our human predicament: we’re the man clutching the branch. Death awaits us. There is no escape. And so we distract ourselves by licking whatever drops of honey come within our reach.“

Jeffrey Eugenides, The Marriage Plot

Rote Bete in Portweinjus mit Parmesan-Polenta-Schnitten

*sabber*

Das nächste Rezept aus der Go-Veggie!-App von Nutriculinary. Ich habe noch aus keinem Kochbuch – nicht mal Ottolenghi – so viel nachgekocht wie aus der App. Tolles Ding. Sehr alltagstauglich und, noch besser, sehr schmackhaft.

Für vier Personen
600 g Rote Bete ungeschält in Salzwasser bissfest kochen. Das dauert circa eine Stunde.

500 ml Milch mit
1 fein gehackten Knoblauchzehe und
30 g Butter aufkochen.
150 g Polentagrieß mit einem Schneebesen einrühren. Unter Rühren zwei Minuten kochen. Dann schwungvoll
60 g jungen Parmesan und
1 Eigelb unterrühren. Mit
Salz und
Pfeffer würzen.

Die Polenta zwischen zwei Lagen Backpapier zwei bis drei Zentimeter dick ausrollen und komplett erkalten lassen. Das dauert ungefähr so lange, bis die Bete fertig sind. (Wie das alles wieder passt! Toll.) Ich habe nur eine Lage Backpapier verwendet und statt des Nudelholzes einen Teigschaber genutzt. Ging auch.

Die bissfesten Roten Bete unter kaltem Wasser pellen und achteln.
2 rote Zwiebeln in Ringe schneiden und in
4 EL Olivenöl für zwei Minuten anbraten. Rote Bete dazu plus
1 TL Fenchelsaat,
1 Zweig Rosmarin,
1 Knoblauchzehe, fein gehackt, und
1 TL Zucker. Eine Minute schmoren, dann mit
8 cl rotem Portwein ablöschen und aufkochen.
150 ml Gemüsebrühe rüber und alles dicklich einkochen lassen. Mit Salz und Pfeffer würzen und warm stellen.

Die erkaltete Polenta in Rechtecke schneiden, ebenfalls in Olivenöl anbraten und mit der Roten Bete servieren.

Kinnings! Das Zeug ist so großartig. Ich bin überhaupt kein Freund von Fenchel, aber hier war das eine kleine, feine Spitze zwischen der erdigen Bete, der würzigen Polenta und vor allem der kuscheligen Mummeligkeit des Portweins. Ich hoffe nur, dass Herr Siepert mir verzeiht, dass ich seinen zwölf Jahre alten Port schnöde habe verkochen lassen. Immerhin hab ich beim Kochen auch ein Gläschen davon pur genossen.

Landschaften aus Lebensmitteln

Zu bewundern bei Hartmut Seehuber. Hier geht’s los. Via Chezuli.

Flausch am Sonntag

THE TEDDYNATOR!

Thüringer Weihnachtsstollen

Ich war nie so richtig Stollenfan, aber ich ahnte, dass das was damit zu tun haben könnte, dass gekaufter Stollen nie so gut schmecken könne wie selbstgebackener. Ist bei Kuchen und Keksen ja auch so. Daher wagte ich mich letzten Sonntag an das Rezept der Kaltmamsell, die es von Bäcker Süpke hat. Sieht komplizierter aus als es ist und schmeckt – war ja klar – großartig. Und um Längen besser als gekaufter Stollen.

Ich habe das Rezept halbiert, so dass ein Stollen dabei rauskommt. Bei der Kaltmamsell und Bäcker Süpke steht, wie man eine ganze Kompanie satt kriegt.

Am Vorabend
350 g Sultaninen mit
30 ml Rum vermischen und abgedeckt eine Nacht rumstehen lassen.
280 g Butter ebenfalls rumstehen lassen, denn die muss Zimmertemperatur haben.

Backtag!

575 g Mehl, Type 405 abwiegen. Die Hälfte davon in eine große Schüssel geben, mittig eine Mulde formen,
42 g frische Hefe (also einen Würfel) hineinbröseln.
125 ml kalte, aber nicht kühlschrankkalte, Milch darübergießen. Mit den Fingern oder einem Kochlöffel das umliegende Mehl in die Milch schippen, nur so viel, wie sie aufnehmen kann. Daraus einen weichen Teig anrühren bzw. kneten, das restliche Mehl darüberschütten. Das Teigstück 30 bis 40 Minuten, höchstens anderthalb Stunden gehen lassen. Der Teig muss schön aufgehen.

Währenddessen
50 g Zitronat und
50 g Orangeat fein hacken. Ich copypaste die Kaltmamsell: „Die meisten Menschen, die etwas gegen Zitronat oder Orangeat haben, mögen eigentlich nur nicht die großen Brocken, die üblicherweise in Gebäck stecken.“ Genau. Fein hacken ist eine prima Idee.

85 g Zucker mit
1 Prise Salz,
dem Mark einer Vanilleschote,
der geriebenen Schale einer Bio-Zitrone,
1/2 TL Kardamom,
1/4 TL Macisblüte,
1/4 TL Zimt und
1 Prise Nelkenpulver vermischen.

Oder einfach Stollengewürz, mit Zucker, Vanille und Zitronenschale vermischt.

Hefestück mit den Gewürzen und der zimmerwarmen Butter per Knethaken zu einem glattem Teig verarbeiten. 30 Minuten abgedeckt gehen lassen. Backofen auf 200° (Umluft) vorheizen.

70 g gehackte Mandeln, Sultaninen, Orangeat und Zitronat schonend unterkneten; ganz kurz, nur bis alles gut verteilt ist. Das geht am einfachsten mit den Händen. Fünf Minuten ruhen lassen.

Den ausgeruhten Teig zu einem Stollen formen. Mittig ca. einen Zentimeter tief einschneiden. Mit Wasser besprühen und sofort in den Ofen. Diesen zackig auf 180° runterdrehen und das Wunderwerk 55 Minuten backen. Gut bewachen, damit es nicht zu dunkel wird. Notfalls mit Alufolie abdecken. (Hab ich gemacht.)

Den Stollen noch ofenwarm mit
50 g flüssiger Butter bepinseln und dick mit Kristall- und Vanillezucker bestreuen. Auf dem Blech kalt werden lassen.

Erst wenn er Stollen ganz kalt ist, mit
Puderzucker, dem
1 Prise Speisestärke untergemischt wurde, dick bestäuben und in mehrere Schichten Alufolie einpacken. Mindestens eine Woche lagern. Was pure Folter ist.

Ich konnte mich natürlich nicht beherrschen und habe den Knust schon am gleichen Tag probiert. Schmeckt dann wie Butter mit viel Zucker und ein bisschen Obst drin. Also auch herrlich. Nach sechs unerträglich langen Tagen habe ich es nicht mehr ausgehalten und ihn angeschnitten. Der Boden ist mir etwas zu fest geraten, aber der Rest ist toll: sehr saftig und gleichzeitig buttrig und frisch. Schmeckt keine Spur wie das staubige Zeug aus dem Supermarkt, das man mit Butter bestreichen muss, damit man es runterkriegt. Ich bin ein Stollenfan geworden!

(Gleich mal den nächsten ansetzen.)

„Der General, Günther und ich“

Der Stadtneurotiker erzählt von Weihnachten in der Psychiatrie.

Der Comic unterm Tannenbaum

Comicgate hat turnusmäßig ein paar Tipps zum Verschenken oder Selberlesen.