Was schön war, Samstag, 24. Februar 2018 – Freizeit
Ich arbeite derzeit auf mehreren Baustellen gleichzeitig, weswegen ich mir den gestrigen Tag bewusst freischaufelte, um den Kopf mal aus allem rauszukriegen. Natürlich denke ich weiter über den Kram nach, für den ich gerade Geld bekomme, aber ich habe bewusst meinen Schreibtisch wieder zum Esstisch umgebaut, alle Unterlagen ins Regal gelegt und den Tag als Freizeit abgespeichert.
Morgens ging ich einkaufen, unter anderem einen Berg Käse für abends. Dann ging ich einen Umweg zurück, um etwas Bewegung zu kriegen. Den Nachmittag verbrachte ich mit Zeitung, Kaffee und der Sky-Konferenz auf dem Sofa, bis ich am frühen Abend den Tisch für meinen Besuch deckte.
F. und ich haben im Februar unseren irgendwie offiziellen Jahrestag. Eigentlich ist der Tag unseres „Wir sind dann jetzt zusammen“-Zeitpunkts im Juni, aber wir hatten uns noch mal getrennt und haben uns im Februar dann wieder zusammengetan, woraufhin ich verwirrt war, welcher Tag denn jetzt „unserer“ war und überhaupt ist alles kompliziert, aber vermutlich egal. Trotzdem wollten wir den Tag irgendwie begehen. F. hatte schon im letzten Jahr online den Wein recherchiert, den wir im Tantris so irre fanden, und nach kurzer Überlegung (weil arschteuer) orderten wir eine einzelne Flasche. Mehr war für mich im letzten Jahr sowieso nicht drin, und schon die eine Flasche tat ein bisschen weh, aber der Wein war so toll, dass wir ihn noch einmal trinken wollten. Seitdem lagerte das Ding bei F. im Keller, wir suchten einen angemessenen Termin, dann verstrich der Jahrestag, weil ich so viel zu tun hatte, aber für gestern abend hatten wir uns verabredet.
Ich stellte vier Sorten Käse auf den Tisch und ein bisschen rohes Gemüse, was aber eine doofe Idee war, das passte überhaupt nicht. Auch die Weintrauben waren eher blöd. Aber immerhin: Mit Käse und Brot schmeckte der Wein nach Wein und nicht nach Wermut oder nach fünf Euro. F. brachte extra seinen eigenen High-Tech-Korkenzieher mit, was meinen armen Ikea-Korkenzieher sehr traurig machte, aber nun gut. Ich hatte Alpträume darüber, dass der Mann auf dem Weg zu mir stolpern könnte, womöglich noch auf den letzten Treppenstufen. Oder dass ich den Wein fallenließe auf den drei Metern vom Flur in die Küche. Es ging aber alles gut, der Wein gelangte problemlos in unsere Gläser, wir hatten dann noch kurz Panik, dass er korkte, aber nein: alles prima.
Die ersten Schlucke waren irritierend, weil der Wein noch etwas zu kalt war und anscheinend noch ein bisschen Luft brauchte. Nach ein paar Minuten und den ersten Käsehäppchen tranken wir uns dann langsam drei Stunden lang an das Ding ran. Wir hatten im Tantris partout keine Frucht herausschmecken können, aber ich dachte beim zweiten Glas an Fallobst in Omas Garten, kleine Äpfel, die schon fast mit der Vergärung im Gras begonnen hatten. Irgendwann meinte ich, etwas Süße in der Mitte vom Körper zu schmecken und behaupte weiterhin, dass es Banane war, nur ein winziges Bröckchen. Das Internet spricht noch von Birne und Lakritze, was erklären könnte, weswegen wir ihn im Tantris zu einem Gang hatten, in dem eine Sternanissauce vorkam. Als wir unsere Mägen komplett mit Käse ausgekleidet hatten, brachte ich die übliche Zartbitterschokolade auf den Tisch, und mit der zusammen hatte ich dann eine perfekte Birne Helene im Mund.
Ich fand es sehr schön, mich mal wieder länger mit einem Wein zu beschäftigen. Trotzdem sind Flaschen für 200 Euro echt eine Hausnummer zu hoch für mich. Das war ein spezielles Erlebnis und natürlich wimmerten wir, dass wir dringend wieder ins Tantris wollen, aber das darf gerne etwas Besonderes bleiben. Aber das frage ich mich ja schon länger: Wenn man sich so etwas dauernd leisten könnte, wäre es dann auch weiterhin dauernd toll? Wenn man sich irgendwann ans Tantris gewöhnt hat und das als Standard ansieht und nicht wie ich als absolute Ausnahme mit Schlagsahne und Kirsche obendrauf, wo kriegt man dann den Kick her? Nicht dass ich etwas dagegen hätte, so viel Geld zu haben, um dauernd derart hochwertig essen gehen zu können, aber ich fand es auch schön zu bemerken, dass es noch Abstufungen gibt. Und dass ich mich – ernsthaft – über gute Pommes beim Bräter um die Ecke fast genauso freuen kann wie über das Lamm im Sterneladen.