Tagebuch Samstag/Sonntag, 6./7. April 2019 – Pancakes, Kunst und versöhnendes Helles

Der Herr @bimbeshausen war in der Stadt und übernachtete bei F., weswegen man sich Samstag vormittag in etwas größerer Runde im Café Puck traf. Ich hatte fürchterlich geschlafen, warum auch immer, und war um 11 Uhr auch nach Flat White und Dusche fies müde; das American Breakfast half etwas, auch wenn die Pancakes schon mal deutlich besser waren. Für einen weiteren Milchkaffee reichte unsere Geduld nicht, der Laden wurde anscheinend spontan überrannt und wir warteten ewig, woraufhin wir lieber zahlten, als endlich jemand für uns Zeit hatte, anstatt noch mehr zu bestellen und genossen daher noch ein Eis beim Ballabeni um die Ecke. (Vanille-Tonka-Bohne, Créme d’Orange, Probierlöffel weiß ich schon nicht mehr.)

Direkt gegenüber vom Ballabeni liegt das Museum Brandhorst, wo noch Alex Katz läuft, den ich schon ewig sehen wollte, aber wie es halt so ist: Wenn’s direkt vor der eigenen Nase ist, gehe ich erst vor Schluss hin, ich hab ja Zeit (ich Depp). Der Kassenmensch mussste erstmal meinen Studiengang auf dem neuen Studiausweis suchen – Kunstgeschichtler*innen kommen umsonst rein –, fand ihn aber schließlich. Zur Not hätte ich auch noch eine Immatrikulationsbescheinigung dabei gehabt, man weiß ja nie. Immerhin habe ich jetzt verstanden, warum der neue Ausweis eine gute Idee ist: Der läuft eben nicht nach einem Semester ab, sondern kann immer neu validiert werden. Und wer wirklich eine Immatrikulationsbescheinigung braucht, kann sie sich von der LMU-Website herunterladen und selbst ausdrucken. Das bedeutet: 50.000 Briefe pro Semesteranfang weniger für die Uni. Well played.

Im Brandhorst sprintete ich quasi an allen Porträts vorbei, die ich sonst mag, die mir hier aber nicht so recht gefallen wollten. Stattdessen verguckte ich mich in drei Bilder, die eher Natur zeigten. Auf dem Bild Forsythia sieht man auf gefühlt drei mal vier Metern nur ein quietschend türkises Blau, auf dem hellgelbe Farbflecken an die titelgebenden Sträucher erinnern. Ich mochte das sehr, schlicht durch das Format und die sehr reduzierte und gleichzeitig irre dramatische Farbwahl. Weeping Cherry zeigte den Blick durch graubraune Äste auf einen milchigen Mond, dessen Umriss nie ganz klar zu sehen war; sein Licht waberte durch die Zweige und malte sie teilweise weißgelblich an. Auch hier war das Format spannend, die genauen Maße kenne ich nicht, aber es war sehr hochkant. Dritter Liebling: Cityscape, ein ebenfalls großformatiges Werk (sind sie ja eh fast alle), das dunkle Baumstämme vor dunklem Hintergrund zeigte. Man musste recht lange auf das Bild schauen, bis alles sichtbar war – als ob man in einem dunklen Raum steht und sich die Augen erst an das fehlende Licht gewöhnen müssen.

Wenn man die Titel googelt, kommen übrigens gerne unterschiedliche Bilder oder genau die, die ich nicht meine, sonst hätte ich die hier schon verlinkt.

Die anderen guckten sich des Rest des Hauses noch an, den ich aber schon kannte und nicht noch einmal sehen wollte. Stattdessen fuhr ich nach Hause, muckelte die üblichen Wochenenddinge runter (putzen, Wäsche waschen), verschlief wie fast immer ein Drittel der Bundesligakonferenz, holte dann am späten Nachmittag das Geschenk aus der Packstation, über das ich gestern schrieb, bereitete mir abends Butterreis, Korianderchutney und Köfte zu und ging recht früh ins Bett, um noch stundenlang zu lesen.

(Instagram/newyorkercartoons)

Gestern vormittag schlief ich daher viel zu lange, las noch schnell die Zeitung und trank einen Kaffee, bis ich schon wieder losmusste: Augschburg spielte gegen Hoffenheim, weswegen der Herr @bimbeshausen unter anderem im der Gegend war (er ist ernsthaft der einzige Hoffenheim-Fan, den ich kenne). Ich möchte zu dem Spiel eigentlich nichts sagen außer: Immerhin war das Wetter schön. Dann aber doch: Dieses Scheiß-Pokalspiel am Dienstag hat soviel Kraft und vor allem Konzentration gekostet, dass das gestern kaum was hätte werden können. Wurde es auch nicht, die Mannschaft verlor mit 0:4 und hatte nie den Hauch einer Chance. Selbst ich war vom Dienstag noch so erschlagen, dass ich im Kopf kaum beim Spiel war, und ich musste nur rumsitzen und Apfelschorle trinken anstatt Bundesligafußball zu spielen und zwar möglichst so, dass das eigene Team nicht absteigt. Genau dafür hatte aber niemand auf dem Platz noch Kräfte oder Kopf, das Passspiel war extrem übel, ich war schon froh, dass wenigstens die Pässe vom Torwart auf den letzten Verteidiger ankamen, so schlimm sah das alles aus. Auch die eigentliche Augsburger Stärke – eng verteidigen, keine Räume lassen, immer dreimal so viel laufen wie der Gegner – war gestern nicht auf den Platz zu bringen. Die Jungs waren sichtbar fertig und leer, und genauso fühlten wir uns nach 90 Minuten auch.

Immerhin konnten die Augsburger Panther, die Eishockeymannschaft, im dritten Playoff-Spiel gegen die Dosen aus München gewinnen, und nach dem Leipzig-Spiel finde ich gerade alles von Red Bull so scheiße, dass ich mich sogar über einen Sieg in einer Sportart gefreut habe, die mir sonst völlig egal ist.

Außerdem kann ich vermelden, dass mein Lieblingsärgernis beim FCA sich anscheinend erledigt hat: Es gibt das bescheuerte Schild für die „Damen mit Handtaschen“ am Fraueneinlass noch, aber es stellt sich jede da an, wo sie will, und auch die Abtasterinnen haben anscheinend keine Anweisung mehr, Leute mit Taschen, die in der falschen Schlange stehen, wieder nach hinten zu schicken.

Ich hatte mein kleines Täschchen dabei, weil ich Brillenträgerin meine Sonnenbrille im Case irgendwie transportieren muss, die ich spätestens ab der zweiten Halbzeit brauche, und die partout nicht in Hosentaschen passen will. Und ja, ich Untertanin stand in der Handtaschenschlange, die natürlich länger brauchte, auch wenn in den anderen Schlangen ebenfalls Taschen zu sehen waren, was diese Schlange, WIE VON MIR EWIG VORAUSGESEHEN UND ANGEPÖBELT, so absurd und unfair sein lässt.

Herr Bimbes, F. und ich ließen zurück in München den Abend dann im Obacht, unserer Stammkneipe, ausklingen, wo wir sehr anders behandelt wurden als im Puck. Auch dort war von jetzt auf gleich der ganze Laden dicht, wir kriegten den letzten Tisch in der Ecke, uns wurde aber gleich bei der Bestellung gesagt, dass unser Essen vermutlich ne halbe Stunde dauern würde, falls wir doch lieber woanders … wir blieben, und kurz bevor unsere Teller kamen, gab’s eine Runde Getränke aufs Haus, eben weil’s so lange gedauert hatte. So geht guter Service. Wie immer zufrieden kugelte ich maultaschensatt und bierselig heim, während die Herren vermutlich noch ein weiteres Kaltgetränk bei F. zu sich nahmen. Ich war aber einfach müde und wollte nach so viel Gesellschaft wieder alleine sein und meine Nase in ein Buch stecken.

How “Good Design” Failed Us

Kurzer Artikel, der eigentlich eine Ausstellung im MoMA über Design bespricht, aber dann doch eine Wendung nahm, die ich nicht erwartet hatte:

„The debate in Europe and the U.S. goes back at least to William Morris, the Victorian proponent of the decorative arts and one of the founders of the English Socialist movement, who rued the shoddiness of industrial products, but also the fact that good work, which ought to have the status of art, was increasingly a luxury. Extending this critique, some designers within the modern movement tried to articulate their dissent through the things they produced. “The Value of Good Design” has a number of starkly beautiful objects from Dieter Rams, the German designer whose renowned work for Braun has become emblematic of non-American gute Form: cool, understated, low-impact. The pastel coloration, transparency, and minimal decor of his electronics had enormous influence; his products, and his various laconic mission statements on behalf of design, suggested that Cold War consumer societies could still advance a sense of moral clarity.

But the dialectic of anti-consumer design took a few more turns of the screw. Max Bill, whose minty kitchen clock hangs alongside the work of Rams, founded a “new Bauhaus” in Ulm, intending, like Rams, to create objects that were durable, quiet, and lasting. The Ulm School of Design was massively influential, but Bill’s work became the subject of an attack by the Danish artist Asger Jorn. Jorn, who was involved in founding the school, saw it finally as another betrayal of the radical Bauhaus, which (at least initially) was about the union of the arts, crafts, and architecture, not product design. Ulm eventually fell apart, partly due to the radicalization of the students against the project that they were ostensibly involved in. They described the consumer society for which they made objects as a form of “Kommerzterror,” and at one point sought to rename the school Karl Marx College. It closed in 1968. This end to the “good design” narrative isn’t played out in the exhibit. Instead, in the final room of the show, moma asks you to consider Jasper Morrison’s plastic stacking chairs as heirs to good design—a prelude to the moment when, retrieving your coat, you receive a text message saying, “Don’t miss our Design Store across 53rd street!”“