Samstag bis Montag, 20. bis 22. März 2021 – „Tauben im Gras“
Wir begannen den Samstag mit ewig langem Rumlungern im Bett, ich bloggte ein bisschen, der Herr schlief noch mal ein, irgendwann war es Mittag und wir erledigten den Rest Champagner, F. mit dem restlichen Brot vom Vorabend, ich briet mir Rösti und hektisches Spiegelei. Einen Tag später ergoogelte ich den Champagner aus Langeweile und stieß auf schreckliche Beschreibungen: „Seine mundwässernd saline Ader schmiegt sich um den schlanken Säurenerv und verleiht ihm im Verbund mit der feinen Phenolik seine griffig animierende Haptik, die seine Trinkgeschwindigkeit immens beschleunigt.“ (Einfach selbst googeln.) Außerdem wurden auf der Website als begleitende Speisen „Ravioli mit jungem Spinat in Muskatbutter und Bröseln, Miesmuscheln mit Pommes Frites oder frittierte Hühnerflügel mit rot fermentiertem Tofu“ angegeben. Hase – nichts gegen rot fermentierten Tofu, was auch immer das ist, aber ernsthaft: Champagner schmeckt mit allem, sogar mit leicht angebranntem Rösti.
Ich las weiter in Wolfgang Koeppens „Tauben im Gras“ und beendete es am Sonntag. Ich weiß, ich komme 70 Jahre zu spät mit dieser Empfehlung, aber: Empfehlung. München wird nicht wörtlich als Ort der Handlung genannt, aber das erwähnte Bräuhaus sowie das Amerikahaus, das sich in einem Führerbau befindet, weist dann doch sehr deutlich auf diese Stadt hin. Auch deshalb las ich das Buch sehr gespannt, begeistert und gleichzeitig äußerst irritiert in einem Zug durch. Gespannt, weil ich mir nicht vorher von der Wikipedia alles habe erzählen lassen, begeistert, weil ich den gehetzten, modernen Stil, der an einen „Stream of Consciousness“ erinnert, sehr mochte – und irritiert, weil das N-Wort in mehreren Facetten auf gefühlt jeder dritten Seite vorkommt. Dazu sind die Beschreibungen gerade der Frauenfiguren grundsätzlich unsympathisch, die Männer kommen etwas besser weg, der Erzähler erinnerte mich ab und zu an einen blöden neidischen Nervkerl, der es Frauen grundsätzlich übel nimmt, wenn sie die männlichen Genies beim Denken stören. Oder generell andere Lebensentwürfe haben als die Herren. Ich habe von dem Buch viel über die Nachkriegszeit mitgenommen, mich über diverse Formulierungen gefreut und fand das sehr gut investierte Zeit.
Bei Booklooker bestellte ich gleich mal für einen Euro den letzten Teil der „Trilogie des Scheiterns“, „Das Treibhaus“ von Koeppen hatte ich bereits gelesen. Die „Tauben“ waren sogar umsonst, die hatte ich 2019 in einer Bücherkiste am Straßenrand gefunden.
Sonntag begann ich das nächste Buch, zu dem ich noch nicht viel sagen kann. Es liest sich auf jeden Fall sehr anders als das von 1951. Leider keine passende Sammeltasse zum Titel im Bestand.
Kuchen gebacken, das scheint momentan meine Hauptbeschäftigung zu sein, wenn ich nichts mit mir anzufangen weiß, bis die Impfung irgendwann kommt. Es wurde ein Kuchen aus Ottolenghis „Simple“, der eigentlich mit Zitrone, Mandeln und Blaubeeren gemacht wird, aber mit Himbeeren auch prima schmeckt. Keine Lust, das Rezept zu verbloggen, steht bestimmt schon irgendwo in diesem Interweb.
Erneut einen Versuch gestartet, Fleischersatz für Burger zu basteln. Dieses Mal testete ich ein Rezept von Smitten Kitchen, das mit Mohrrüben und weißen Bohnen arbeitete. Wie praktisch, wenn man wirklich alle Zutaten im Haus hat plus selbst gebackene Burger Buns, die flugs auftauen. Schmeckte gut – aber nicht wie ein Burger. Ich gebe das jetzt auf und esse weiter Rindfleisch. Außer jemand kennt ein Ersatzprodukt, das wie Rindfleisch schmeckt? Würde ich kaufen wollen.
Länger mit Schwester, Schwager und Mutter telefoniert, das scheint auch ein neuer Dauerzustand zu werden. Hasse das Virus noch mehr als eh schon, weil es mich daran hindert, mich einfach in den Zug zu setzen und anderen Menschen Arbeit abzunehmen, jetzt wo ich gerade nicht so irre eingespannt bin. Vielleicht bin ich übervorsichtig oder schlicht ein Schisser, andere Leute fahren ja auch Zug, aber ich habe wirklich Angst vor dieser Krankheit und will sie so gar nicht bekommen.
Gestern war wieder Schreibtischtag, allerdings wenig erfolgreich. Sehr müde und genervt von allem gewesen. Immerhin zum Sport aufgerafft, das tat gut.
Alles ist gerade ein großes Meh. Aber immerhin lese ich privat wieder mehr als in den Jahren zuvor, wo kunsthistorische Fachliteratur den Hauptteil meiner Zeit verschlang. Das ist schön.