Dienstag, 13. Dezember 2022 – Goldente

Nachdem ich Omis Ring neuerdings wieder trage und einen älteren Ring vom Mütterchen hatte für mich weiten lassen, dachte ich noch über weitere Schmuckstücke nach, die ich seit Jahren bzw. Jahrzehnten von einer Wohnung in die nächste schleppe, ohne sie jemals anzulegen. Einige waren Erinnerungsstücke, die ich selbst von Reisen mitgebracht hatte, andere waren Ringe, die Papa meiner Schwester und mir nach seinen Auslandsreisen als Exportkaufmann schenkte. Meine Schwester trägt überhaupt keinen Schmuck und hat die Ringe schon vor Ewigkeiten an mich weitergereicht; ich selbst habe sie nie getragen, weil sie mir nicht passten und ich eben nie Gold trug. Das scheint sich aber gerade zu ändern, und so gab ich einiges vor ein paar Wochen in die Goldschmiede von Melanie Lang in Neuhausen (auch auf Insta), die mit recyceltem Material arbeitet.

Es ist mir in Nachhinein sehr peinlich, nicht alles vor der Umarbeitung fotografiert zu haben, als ob ich erst seit fünf Minuten blogge, ich bitte um Entschuldigung. Der große Reveal wie bei den ganzen herrlichen Interieur-Shows auf Netflix, wo alle in Tränen ausbrechen, wenn sie IHRE NEUE KÜCHE das erste Mal sehen, muss hier leider entfallen. Dafür war es auch nicht so teuer wie EINE NEUE KÜCHE, denn ich konnte ja ein bisschen Altgold in Zahlung geben.

Das hier zum Beispiel. Aus Ägypten brachte ich mir Anfang der 1990er Jahre einen Kettenanhänger und den Ring mit dem Schleifenkreuz mit. Wir, also Eltern, Schwesterherz und ich, fuhren mit Studiosus, wo man neben tollen Besichtigungen auch immer ein paar Einkaufstouren in ausgewählte Läden aufgedrängt bekommt. Man muss natürlich nichts kaufen, aber Sie kennen das. Aus China brachte ich mir mehrere Ringe, die in Cloisoneé gefertigt waren, mit, die hingen jahrelang als Anhänger an meinen Portemonnaies oder Rucksäcken, weil ich schon damals zu dicke Finger hatte, um Mainstreamringe tragen zu können, leider. Den Ring aus Ägypten trug ich sogar eine Zeitlang, aber er lag die letzten zwei Jahrzehnte nur noch rum. Der schlichte Goldring kommt aus Hongkong, und auch ihn habe ich fast nie getragen, höchstens mal an einer Halskette. An die beiden Reisen habe ich genug andere Erinnerungen, dafür brauche ich keinen Schmuck. Und so wurden aus diesen drei Stücken Ohrringe. Dafür brauchte ich aber noch ein paar bunte Steine, und die kamen aus zwei Ringen von Papa.


Die beiden Fotos sind, wie das obere, erst in der Goldschmiede erstanden, als mir einfiel, dass ich sie vielleicht mal machen sollte, bevor der Schmuck auseinandergenommen wird. Aus zweien der Ringe wurden die Rubine entnommen, die farblosen Steine sind nur Glas, die können weg, das Rotgold gab ich in Zahlung. Den einen blauen Stein habe ich wieder mitbekommen, was aus dem wird, weiß ich noch nicht. Der andere saß auf dem unteren Ring, dessen Aufsatz mir und der Goldschmiedin so gut gefiel, dass wir ihn quasi so ließen wie er war und ihn nur in eine andere Form brachten.

Neben diesen Ringen hatte ich noch einen weiteren Ring mit blauem Stein dabei, der blieb so, wie er war und wurde geweitet. Außerdem – ja, ich hatte viel dabei – ließ ich eine Kette und einen Citrin-Ring von (vermutlich) Oma, könnte auch Omi gewesen sein, muss das Mütterchen fragen, aufarbeiten: Beide Stücke wurden poliert und der Ring geweitet. Das ärgert mich etwas, dass ich die nicht vorher fotografiert hatte, denn sie sahen fast wie ungeputztes Messing aus, halt einfach angelaufen und seit Jahrzehnten nicht getragen.

Das hat sich aber mal so richtig geändert:

Die Kette habe ich bereits getragen und freue mich sehr über sie. Der Ring kommt demnächst mal an den Finger, spätestens zu Weihnachten, um ihn dem Mütterchen zu zeigen. Der Ring ist vermutlich aus den 1960er Jahren, damals war es laut der Goldschmiedin in Mode, diese Art Platten zu fertigen, auf denen der Stein ruht. Man kann den Stein von unten auch sehen, er ist nicht komplett in Gold gefasst, sondern liegt quasi in einer bodenlosen Wanne.

Und so sieht der blaue geweitete Ring aus, der vermutlich auch von Papa von irgendwoher mitgebracht wurde; er liegt neben dem kleinen Kettenanhänger, der bisher ein Ring war.

Die beiden Rubine aus den Ringen hatten nicht ganz dieselbe Größe, aber da man nie gleichzeitig auf meine beiden Ohren gucken kann, fällt das kaum auf. Hier sind meine neuen Ohrringe aus Papas Rubinen und meinen ägyptischen und chinesischen Schmuckstücken:

Ein bisschen stilles Schweigen hier bitte. Ich freue mich sehr über diese schönen Stücke und lächele sie seit gestern sinnlos an.

Okay, kann weiter gehen.

Vielleicht würdigen Sie noch kurz das Logo der Goldschmiede in der Schachtel, das finde ich nämlich auch clever.

Das Rotgold der Ringe wurde in Zahlung genommen. Dafür musste ich einen Beleg ausfüllen, denn Gold darf man anscheinend nicht einfach so aus der Hand geben, sondern es muss dokumentiert werden. Ich zückte den Personalausweis, dessen Nummer auf dem Beleg eingetragen wurde. Auch mein Geburtsdatum wurde abgefragt, worauf die Goldschmiedin meinte: „Oh, Sie haben am gleichen Tag Geburtstag wie mein Pferd!“ File under „Sätze, die ich so noch nie gehört habe.“

Falls Sie also auch etwas zum Umarbeiten aus der Hand geben wollen, kann ich Ihnen den Laden von Frau Lang sehr ans Herz legen. Ich wünschte zum Abschied noch entspannte Adventstage und korrigierte mich gleich selbst: „Ach nee, gerade jetzt kommen wahrscheinlich alle für Weihnachtsgeschenke?“ Sie erzählte, dass früher schon die Regel galt, ab Oktober nichts mehr anzunehmen, weil man nur noch für Weihnachten zu tun hätte, aber das scheint sich geändert zu haben. Das klassische Modell, wo der Ehegatte was Hübsches fürs Frauchen kauft, scheint sich erledigt zu haben; heute gönnt man sich auch einfach selber etwas und das gelegenheitsunabhängig (eigene Nase). Aber auch eine weitere Mode scheint weniger wichtig geworden zu sein: das Set aus Schmuckstücken. Im ersten Jahr gab’s die Kette mit einem bestimmten Stein, im nächsten dann den passenden Ring dazu, dann die Ohrringe, dann vielleicht ein, zwei Armbänder, und dann, ich zitiere, „wandte man sich dem nächsten Stein zu.“ Auch spannend; über Schmuckmode habe ich noch so gar nicht nachgedacht.

Ich bin durch; alles, was jetzt noch bei mir rumliegt, sind die Silberstücke für alltags, die passen und nicht angefasst werden müssen. Und alles güldene passt jetzt auch. Ich werde ab sofort Citrin zur Jeans tragen und unter dem blauen Businessblüschen eine Goldkette und fühle mich zehn Jahre nach dem Abschied von Hamburg wie die totale Eisente aus Eppendorf damit. (Habe zu Bogenhausen noch kein Verhältnis entwickelt.)