Tagebuch Freitag, 8. September 2023 – Burgunder
F. und ich haben unterschiedliche Lieblingsrestaurants in München: F. liebt Tohru, ich liebe das Alois, und wir lieben beide das Tantris DNA. Dort hat leider die Küchenchefin Virginie Protat schon vor ein paar Monaten ihre Messer gepackt und ist wieder nach Frankreich gegangen. Und nun verlässt auch Max Natmessnig München und das Alois; er zieht nach New York, wo er mit Marco Prins den legenden Chef’s Table at Brooklyn Fare übernimmt, wo er bereits – mit Prins – als Souschef gearbeitet hat. Er war nicht mal ein ganzes Jahr in München, was F. und ich wissen, weil wir quasi direkt nach der Wieder-Eröffnung des Alois unter Natmessnig im November 2022 dort gegessen haben. Ich war so davon begeistert, dass mich F. zu meinem Geburtstag im März genau dorthin ausführte. Und weil wir davon nochmal begeistert waren, reservierten wir ein drittes Mal in zehn Monaten, noch bevor wir wussten, dass es das letzte Mal unter diesem Küchenchef sein würde.
Gestern gönnten wir uns zwei Flaschen Wein statt der glasweisen Weinbegleitung, wie neulich bei Tohru auch schon, wir sind jetzt fit genug für Weinkarten (okay, eher F. als ich). Nakamura hatten wir beim Gespräch in der Küche vor dem Menübeginn angefleht, nicht auch noch aus München wegzugehen, sonst müssten wir uns nicht nur zwei, sondern drei neue Lieblingsrestaurants suchen. Es klang so, als würde er bleiben.
Der Abend gestern war genauso perfekt wie die anderen beiden. Ich wimmerte das letzte Drittel des Menüs dauernd vor Abschiedsschmerz, aber Burgunder und Cognac halfen. Der Guide Michelin hat einen Gang, den wir gestern genossen, als einen von fünf genannt, die man sich aus dem Jahr 2023 merken sollte. Ich fand ihn wie ich Donnerstag schon Mahler fand: Ich hatte keine Ahnung, was das Ding von mir will, aber ich lasse mich gerne überall hin mitnehmen. Diese angenehme Überforderung durch Texturen, Geschmäcker und 15 Ebenen, die sich auf vier Bissen drängen, werde ich fürchterlich vermissen.
F. so: „Dann müssen wir halt nach New York.“ Ja gut dann.