Bärlauchpesto

Eine Handvoll Bärlauch und ein paar geröstete Pinienkerne in den Zerkleinerer, Olivenöl und fein geriebenen Parmesan dazu, mit Meersalz und schwarzem Pfeffer abschmecken.

Ich habe deutlich weniger Pinienkerne und Parmesan als bei Basilikum- oder rotem Pesto genommen, weil ich den leicht scharfen, frischen Geschmack vom Barläuch nicht so zuknallen wollte. Daher keine Mengenangaben. Einfach nach Gefühl in den Zerkleinerer werfen.

Am obigen Bild wurde übrigens nix gephotoshoppt. Ich habe nicht mal an der Helligkeit rumgedreht. Das Zeug sieht von Natur aus so grandios aus. (Oder wie ausgekotzt, je nachdem, ob du gerade gute oder schlechte Laune hast.)

duslog.tv

Dass Herr Heinser und Herr Niggemeier wieder im Auftrag des Herrn der Eurovision unterwegs sind, haben alle mitgekriegt, oder? Dann is ja gut.

Urlaub

Twitter-Lieblinge April 2011

Bücher April 2011

Jonatham Lethem – The Fortress of Solitude

Ich les ja gerne Zeug einfach weg, aber manchmal mag ich es auch sehr, mir ein Buch erarbeiten zu müssen. Fortress musste ich mir erarbeiten, aber als ich mich der letzten Seite näherte, hätte ich sehr, sehr gerne noch viel länger gearbeitet. Das Buch besteht aus zwei Teilen (mit einem winzigen Einschub in der Mitte): Der erste beschreibt die 70er-Jahre-Kindheit von Dylan, einem weißen Jungen in Brooklyn, dessen Hippieeltern ihn auf eine Schule schicken, in der er eindeutig in der Minderheit ist. Die Sache mit der Hautfarbe spielt eine große Rolle in seinem Leben, Comics, Musik, seine Freundschaft zu Mingus, einem schwarzen Jungen, Comics, Musik, Drogen, sein jugendlicher Erzfeind, der ihm konstant das Leben schwer macht, Comics, Musik, Drogen, Sex. Dieser Teil war viel schwerer zu lesen als der zweite, aber er fühlte sich viel dichter an, viel persönlicher, viel einzigartiger.

Der zweite Teil ist in der Ich-Form geschrieben, und Dylan erzählt uns, wie sein Leben so weitergegangen ist. Das ist auch toll, und er nimmt auch so ziemlich alle Fäden auf, von denen ich im Laufe der 500 Seiten geglaubt habe, sie seien einfach unter den Tisch gefallen, aber der erste Teil war fantastisch. Ich musste mich 50 Seiten lang etwas quälen, weil die Handlung nicht so schön geradeaus erzählt wird wie im zweiten Teil; sie besteht eher aus Andeutungen, popkulturellen Anspielungen, Song-Zeilen, Filmzitaten und einem sehr eigenwilligen Stil, der sich ein bisschen wie eine lange Gedankenkette anfühlt. Das Buch hat noch eine weitere Ebene, die alles eigentlich total irreal werden lassen müsste, aber das tut sie nicht, ganz im Gegenteil. Ich will nicht verraten, was es ist, weil es mich einige dutzend Seiten gekostet hat, mich mit diesem Detail anzufreunden, aber dann war ich völlig fasziniert davon.

Ich ahne, dass ihr jetzt nicht großartig wisst, was so toll an diesem Buch ist, aber mit genau diesem Gefühl habe ich es zugeklappt: Es flirrt an einem vorbei, obwohl man sehr tief darin versinkt, und es ist eins von diesen Büchern, bei denen man vergisst, aus dem Bus auszusteigen, weil es einen so sehr in den Fingern hat. Mich jedenfalls. Großartiges Ding.

(Leseprobe bei amazon.de)

Mariana Leky – Erste Hilfe

Von den beiden neueres Lekys war ich begeistert; ihren Erstling habe ich eher pflichtschuldig zu Ende gelesen. Man spürt schon, wo stilistisch die Reise mal hingehen wird, aber man ist eben noch nicht da. Klingt noch sehr bemüht, hat netterweise aber schon sehr oft diese seltsamen und schlauen Wortkombinationen, die ich in Lekys weiteren Büchern so mochte.

Maja Storch – Mein Ich-Gewicht

Wie man sein Unterbewusstsein mit ins Boot holt, wenn man sich von viel zu wenig Essen ernährt. Kann man machen. Mach ich nicht. Las sich zwar ganz okay weg, ignoriert aber natürlich trotzdem den Fakt, dass ein Großteil aller Diäten schlicht nicht funktioniert, ganz egal, wie sehr mein Unterbewusstsein eine 38 tragen will.

(Leseprobe bei amazon.de)

Paul Campos – The Obesity Myth

Versteigt sich manchmal in sehr wilde (aber hübsche) Theorien à la „Wenn Monica Lewinsky nicht so ein mieses Verhältnis zu ihrem nicht ganz schlanken Körper gehabt hätte, hätte sie sich nicht mit verheirateten Kerlen abgegeben“, räumt aber mit ner Menge Vorurteile über Dicksein und seine oh so schlimmen, SCHLIMMEN Folgen auf. *grummel*

Ulli Müller – Wahre Worte weiser Wirte

War leider nicht ganz so meins. Das Büchlein versammelt Interviews mit Wirten und Wirtinnen aus Hamburg, die von ihrem Alltag erzählen. Das ist meist das gelernte „Als Wirt ist man auch Therapeut“ und geht leider zu selten darüber hinaus. Vielleicht war ich auch irgendwann einfach genervt, weil ich selber ein paar Jahre hinter der Theke gestanden habe. Der Satz kam auch ungefähr so im Buch vor: „Man lernt nirgends mehr über die Menschen als in einer Bar.“ Und genau deswegen bin ich so froh, dass ich da nicht mehr arbeiten muss.

(Clips und Leseproben auf wwww.)

Jasper Fforde – The Eyre Affair

Schön, schön, schön. Und clever. Und schön. Thursday Next arbeitet bei LiteraTec, einer Art Polizei, die sich mit Verbrechen gegen die Literatur beschäftigt. Die gibt es natürlich nur in einem fiktiven Land; hier ist es England, 1985. Es liegt seit über 100 Jahren im Krieg mit Russland, Wales ist ein abgeschotteter Staat, der von einem Politbüro regiert wird, Thursdays Vater arbeitet bei der ChronoGuard und springt durch Raum und Zeit, und Thursday selbst hat als Kind unbeabsichtigt den Fortgang von Jane Eyre beeinflusst – sie bringt das Pferd zum Stolpern, das Mr. Rochester abwirft, woraufhin sich Jane und ihr Mister zum ersten Mal begegnen. The Eyre Affair dreht sich um einen Manuskriptdiebstahl und einen wie üblich verrückten Meisterdieb, der arme Charaktere aus Charles-Dickens-Büchern kidnappt und nun Frau Eyre bedroht. Klar, dass Thursday in Aktion tritt.

The Eyre Affair ist ein charmantes Konglomerat aus Krimi, Science Fiction, Literatur- und Weltgeschichte und hat so viele wunderbare Details, die mich jedesmal, wenn ich über ein besonders gelungenes gestolpert bin, zum Lächeln gebracht haben. So habe ich das erste Mal gedacht, hm, irgendwas ist anders, als ich von Shakespeares Love’s Labour’s Won gelesen habe. Ich habe mich über eine Aufführung von Richard III. gefreut, die völlig selbstverständlich mit Publikumsbeteiligung abläuft – so wie wir es von der „Rocky Horror Picture Show“ kennen. Und ich habe die pupsenden Bücherwürmer geliebt, die als Fäkalie’n die wohlbekannte’n grocer’s apostrophe’s absondern.

Und das beste an dem Buch: Es ist das erste in einer ganzen Reihe. Sofort weiterlesen. Aber erstmal ein bisschen „Sekundärliteratur“.

(Leseprobe bei amazon.de)

Charlotte Brontë – Jane Eyre

Das musste jetzt sein, nachdem ich Jane als eine so freundliche, intelligente und zupackende Frau kennengelernt habe. Über den Inhalt brauche ich wohl nichts mehr zu sagen, dafür gibt es schließlich die Wikipedia. Vielleicht muss man ein gewisses Alter (oder eine gewisse entspannte Geistesverfassung) haben, um die ganzen Klassiker zu würdigen, keine Ahnung. Je mehr ich von ihnen lese (Proust, Tolstoi, Cervantes, Conrad), desto mehr bin ich von der Sorgfalt begeistert, mit der mit Sprache umgegangen wird. Ich schludere im Blog gerne mal mit Worten in der Gegend rum, weil ich mich beruflich so zusammenreißen muss, und genau deshalb fällt mir der Kontrast so auf, wenn ich Werken begegne, die sich lesen, als hätte jemand mit einem Skalpell einzelne Buchstaben ausgeschnitten und sie in ewig langer, präziser Arbeit neu zusammengesetzt. Wunderbar.

(Leseprobe bei amazon.de. Der Volltext steht natürlich auch hier.)

“Faith deepens not in finding certainty but in learning to live with ambiguity”

“There is a widely held, simplistic definition of faith as firm belief. To many, especially nonreligious people, faith is seen as absolute certainty despite or without regard to observed facts or evidence. Yet, as anyone trying to live faithfully in this world knows full well, there is no faith without doubt. Doubt is faith’s other side, its dark night. Indeed, in an atheist-ing match, I’d put big odds on the faithful any day. People of faith know the reasons to doubt their faith more deeply and more personally than any outside critic ever can. Faith is inherently vulnerable. To live by faith is to live with that vulnerability, that soft belly, exposed.

Likewise the Bible. The Bible can atheist any book under the table on some pages. It presumes faith in God, yet it also often gives voice to the most profound and menacing doubts about the security of that faith. The Bible is not a book of answers but a library of questions. How rare such places have become in a society addicted to quick fixes, executive summaries, and idiot’s guides. The canon of the Bible is that kind of place.”

Timothy Beal, The Bible is dead, long live the Bible. Ein Essay aus seinem Buch The Rise and Fall of the Bible: The Unexpected History of an Accidental Book. Via Aldaily.

Mangosmoothie

Haha, „Rezept“. Eine Mango, eine kleine Banane, zwei Scheiben Ananas, ne Handvoll Eiswürfel. Standmixer, rein damit, nur echt mit der Dekoerdbeere. Bitte beachten Sie, dass der Strohhalm in dem Quasibrei stehen muss. Sonst wär’s ja bloß Saft.

Gebt mir ein Hach!

„’Impatiently I waited for evening, when I might summon you to my presence. An unusual – to me – a perfectly new character I suspected was yours: I desired to search it deeper and know it better. You entered the room with a look and air at once shy and independent: you were quaintly dressed– much as you are now. I made you talk: ere long I found you full of strange contrasts. Your garb and manner were restricted by rule; your air was often diffident, and altogether that of one refined by nature, but absolutely unused to society, and a good deal afraid of making herself disadvantageously conspicuous by some solecism or blunder; yet when addressed, you lifted a keen, a daring, and a glowing eye to your interlocutor’s face: there was penetration and power in each glance you gave; when plied by close questions, you found ready and round answers. Very soon you seemed to get used to me: I believe you felt the existence of sympathy between you and your grim and cross master, Jane; for it was astonishing to see how quickly a certain pleasant ease tranquillised your manner: snarl as I would, you showed no surprise, fear, annoyance, or displeasure at my moroseness; you watched me, and now and then smiled at me with a simple yet sagacious grace I cannot describe. I was at once content and stimulated with what I saw: I liked what I had seen, and wished to see more. Yet, for a long time, I treated you distantly, and sought your company rarely. I was an intellectual epicure, and wished to prolong the gratification of making this novel and piquant acquaintance: besides, I was for a while troubled with a haunting fear that if I handled the flower freely its bloom would fade – the sweet charm of freshness would leave it. I did not then know that it was no transitory blossom, but rather the radiant resemblance of one, cut in an indestructible gem. Moreover, I wished to see whether you would seek me if I shunned you – but you did not; you kept in the schoolroom as still as your own desk and easel; if by chance I met you, you passed me as soon, and with as little token of recognition, as was consistent with respect. Your habitual expression in those days, Jane, was a thoughtful look; not despondent, for you were not sickly; but not buoyant, for you had little hope, and no actual pleasure. I wondered what you thought of me, or if you ever thought of me, and resolved to find this out.

‘I resumed my notice of you. There was something glad in your glance, and genial in your manner, when you conversed: I saw you had a social heart; it was the silent schoolroom – it was the tedium of your life – that made you mournful. I permitted myself the delight of being kind to you; kindness stirred emotion soon: your face became soft in expression, your tones gentle; I liked my name pronounced by your lips in a grateful happy accent. I used to enjoy a chance meeting with you, Jane, at this time: there was a curious hesitation in your manner: you glanced at me with a slight trouble – a hovering doubt: you did not know what my caprice might be – whether I was going to play the master and be stern, or the friend and be benignant. I was now too fond of you often to simulate the first whim; and, when I stretched my hand out cordially, such bloom and light and bliss rose to your young, wistful features, I had much ado often to avoid straining you then and there to my heart.’“

Charlotte Brontë: Jane Eyre, Bantam Books 1987, Seite 298/99

In Vanille-Orangensaft gerösteter Rhabarber

Eigentlich erklärt sich das Rezept vom Wednesday Chef nach der Überschrift von alleine, aber ich sag unter dem Making-of-Bild dann doch noch kurz was dazu, wenn’s recht ist.

3–4 Stangen Rhabarber putzen, in circa zwei Zentimeter lange Stücke schneiden und in einer Auflaufform verteilen.
1 Orange abreiben und auspressen, Abrieb und Saft über den Rharbarber geben plus
3 EL braunen Zucker und das Mark von
2 Vanilleschoten. Die Schoten ebenfalls in die Auflaufform legen.

Alles im auf 150° vorgeheizten Backofen für 15 bis 20 Minuten garen und mit Jogurt, Crème fraîche oder Eis servieren.

Das Tolle daran – neben dem wunderbaren vanilligen Saft und der Balance zwischen süß und sauer und heiß und kalt – ist, dass der Rhabarber nicht so fies zerkocht wie beim Kompottmachen. Stattdessen hat man schön bissfeste Obststücke. Dafür fühlen sich die Zähne danach wie nach der Zahnreinigung an. Was ja eigentlich auch toll ist.

Edit. Torsten hat mir einen gut klingenden Verbesserungsvorschlag gemailt: „Den Orangen-Abrieb erst kurz vor Ende der Garzeit (‘schsachmal 3 Minuten) dazugeben. Weil ein Großteil der ätherischen Öle sonst einfach in den Äther geht.“ Wird ausprobiert. (Mamaaa, ich brauch nochmal Rhabarber!)

Hefezopf

*mampf* Rezept in der essen & trinken gefunden *mampf* für Ostersonntag vorgenommen *mampf* ging ganz einfach und bis auf die Ruhezeiten des Hefeteigs auch recht schnell *mampf* schmeckt fantastisch, sehr luftig und nicht zu süß *mampf* und während der Teig faul rumliegt, kann man sogar noch für einen frischen Brotaufstrich sorgen *mampf* *pappsatt* *over and out*

Ich habe den Hefezopf mit Trockenhefe statt mit frischer gemacht und auch erst nach dem Backen gesehen, dass Mehl Type 550 verlangt war – ich habe 405er genommen. Der Zopf war trotzdem hervorragend.

Wenn ihr frische Hefe nehmt, dann die mit dem gesamten Zucker und ein bisschen lauwarmer Milch glattrühren, bevor sie zu den weiteren Zutaten kommt. Bei der trockenen ist ein Anrühren nicht nötig. (Aber wem sag ich das.)

In einer Schüssel

500 g Mehl, Type 550, mit
75 g Zucker,
1 Tütchen Trockenhefe und
1 1/2 TL Meersalz vermischen.

250 ml Milch lauwarm erwärmen. Nicht zu heiß, das mag die Hefe nicht. (Aber wem sag ich das.)

1 Ei verquirlen; 3 EL davon abnehmen und kaltstellen.

Milch und restliches Ei zu den trockenen Zutaten geben und in einer Küchenmaschine drei Minuten bei mittlerer Geschwindigkeit und weitere fünf bei hoher Geschwindigkeit kneten. Ich habe die Knethaken meines Handmixers genommen. Danach war mein Handgelenk relativ fertig, weil der Teig ein ganz schöner Brocken wird.

75 g weiche Butter stückchenweise zum Teig geben und weitere fünf Minuten bei hoher Geschwindigkeit kneten, bis ein glatter Teig entstanden ist. Die Schüssel mit dem glänzenden Wunderwerk mit einem feuchten Geschirrtuch abdecken und an einem warmen Ort eine Stunde gehen lassen.

Den Teig auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche kurz durchkneten, in drei Teile teilen und diese abgedeckt nochmals zehn Minuten gehen lassen. Danach die Teigstücke zu circa 40 Zentimeter langen Strängen formen und einen lockeren Zopf flechten. Nochmal zudecken und für 45 Minuten gehen lassen.

Den Zopf mit dem gekühlten Ei bestreichen und mit
2 EL Hagelzucker bestreuen. Im auf 200° vorgeheizten Ofen auf der 2. Schiene von unten für 25 Minuten backen. Eventuell die letzten zehn Minuten mit Alufolie abdecken (habe ich gemacht).

Und weil der Teig so lange gehen muss, hat man sogar noch Zeit, ein bisschen Lemon Curd frisch anzurühren, vor allem, wenn man gerade spanische Zitronen im Haus hat. *mampf*

Entschleunigung

Ich habe gestern neun Stunden lang die letzten klemmenden Worte im Manuskript entklemmt, ein paar Absätze eingefügt, ein paar andere rausgeschmissen, habe die Quellenangaben vereinheitlicht und noch ein paar Links rausgesucht. Ich habe nicht mitgezählt, aber ich glaube, ich habe jedes Kapitel so um die 30 bis 40 Mal gelesen, überarbeitet, nochmal gelesen, ein paar Tage liegengelassen, nochmal gelesen, nochmal überarbeitet. Manchmal nur ein Adjektiv gegen ein anderes ausgetauscht, manchmal wildestes Textblockrumschieben. Und ich werde wahrscheinlich bis zum Abgabetermin am kommenden Samstag noch versuchen, meine letzten neun Karteikarten mit TOLLEN FAKTEN irgendwo unterzubringen. Wenn sie allerdings in den letzten 30 Durchgängen nirgends so richtig hingepasst haben, werden sie das wahrscheinlich auch bis Samstag nicht mehr tun. Schade um die TOLLEN FAKTEN.

Die vier Tage bei der re-publica, die ich größtenteils im gemieteten Appartement zugebracht habe, weil mein Kopf einfach nicht mehr wollte, haben schon ganz gut getan. Die letzte Woche war in der Agentur wieder Augen-zu-und-durchtexten angesagt, weswegen ich da kaum zu Atem gekommen bin. Gestern habe ich, wie gesagt, nochmal Manuskriptaufhübschung galore betrieben. Und deswegen ist heute am Samstag eigentlich der erste Tag, an dem ich so langsam wieder runterkomme. Von den 228 ausgedruckten Seiten, über die ich jetzt nochmal rübergehe. Von den insgesamt sechs Autokatalogen, die ich letzte Woche gleichzeitig in der Mangel hatte, davon drei Neukonzepte. Und von der Aufregung vor dem re-publica-Panel.

Ich habe noch vier Arbeitstage vor mir, und dann warten drei herrliche Wochen Urlaub auf mich, von denen ich eine in Rom auf einer Studienreise zubringen werde, worauf ich mich täglich mehr freue. Gefühlt fing der Urlaub aber heute schon an. Ich bin um kurz nach 6 wachgeworden – wahrscheinlich, weil mein Kopf immer noch am Buch arbeitet. Ich habe mir einen frischen Milchkaffee gemacht und bin dann um halb acht in den Bus geklettert, um zum Markt am Goldbekufer zu fahren. Dort bin ich einmal hin- und wieder zurückgebummelt, um dann Spargel, Kartoffeln, irgendwelche wild aussehenden Tomaten und ein paar Gurken zu kaufen.

Für den Rückweg habe ich nicht den Bus, sondern die U-Bahn genommen, um von unserer Lieblingsbäckerei neues Brot zu kaufen. (Topfbrot ist toll, aber ab und zu bin ich faul und kaufe mal wieder einen Laib.) Noch ein paar Ostereier vom Supermarkt nebenan und dann den Rückweg zu Fuß. Es war noch nicht viel Verkehr, der Marktmensch war äußerst freundlich, genau wie die Bäckereitante, an der Fußgängerampel vor unserer Wohnung bin ich kurz mit einer älteren Dame ins Gespräch gekommen, und wir haben uns gegenseitig frohe Ostern gewünscht. Zuhause habe ich eine alte Schüssel vom Geschirr von Mama Kerl aus dem Schrank gezogen und die Tomaten aufgestapelt, die neuerdings nicht mehr in der Speisekammer stehen, sondern auf dem Fensterbrett. (Ich gucke so gerne Tomaten an.) Dann habe ich mir frischen Tee aufgebrüht, dem Kerl durch die Haare gepuschelt und lungere nun auf dem Sofa rum, neben mir das Manuskript und die dampfende Teetasse, die Sonne scheint durchs Fenster, und von draußen hört man kaum Verkehr. Ich gucke mir noch ein bisschen beim Atmen zu und dann geht’s weiter. Ganz entspannt. Zum ersten Mal seit Wochen.

„Berlin ist die einzige Stadt, die 58 Meter lange Züge durch den Weihnachtsmarkt fahren lässt.“

Schöner Artikel aus dem Tagesspiegel über Straßenbahnen und Trams in Berlin. Ich persönlich fahre immer, wenn ich in Berlin bin, mit der Tram, weil ich in ihr einfach lieber und bequemer und „laufruhiger“ sitze als in den blöden Bussen. In denen kann ich auch in Hamburg sitzen (wo ich gerne eine Straßenbahn hätte).

(via Svens Gezwitscher)

Wie Weihnachten, nur toller

Gestern habe ich ein Päckchen bekommen, in dem ein sehr netter Brief lag. (Ein Brief! So mit Handschrift und so! Toll.)

Der Brief war eine schöne Fanpost, die ich mal für mich behalte. Und unter dem Brief lagen leckere Sachen – wobei die Zitronen „in echt“ deutlich gelber sind als hier auf dem Bild:

Die Versenderin lebt nämlich einen Teil des Jahres in Gran Canaria auf einer Finca, und dort hat sie mir ein paar Zitronen vom Baum gepflückt (vom Baum! Toll.) und ein bisschen Oregano getrocknet und ein bisschen Brombeersaft eingekocht. (Alles toll.) Laut Brief schmecke der Oregano ein bisschen schärfer als gewöhnlich, woraufhin ich sofort meine Nase reingehalten habe und das bestätigen kann. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass es Oregano ist, hätte ich ihn wahrscheinlich nicht mal erkannt. Außerdem stand im Brief, dass er toll auf Tomaten schmecke. Und wie es der Zufall so will, kam ich gerade mit einer Tüte Tomaten von meinem Lieblingsgemüsehändler wieder. Ein bisschen grobes Meersalz drauf, schwarzer Pfeffer, feingehackten Knoblauch, Olivenöl und Oregano. Hat wie Urlaub geschmeckt. (Urlaub! Toll.)

Vielen, vielen Dank, das war alles toll und hat mich sehr gefreut.

Lammkeule mit Knoblauch-Tomaten-Sauce

(Dieser Post ist sehr schizophren und aus der Ecke „Erst denken, dann essen“, was ich anscheinend in meinem urlaubsreifen Kopf kurzfristig vergessen habe. Ich weiß schon, warum ich bis jetzt zu jeder „Wolle Produkte testen?“-Anfrage nein gesagt habe, und ich werde das in Zukunft auch wieder so handhaben, ich Honk.)

Die PR-Menschen von New Zealand Lamb haben mich letzte Woche gefragt, ob ich gerne ein Keulchen geschenkt bekommen möchte. Ich lebe zwar seit geraumer Zeit so gut wie fleischlos, aber der Kerl ist ein großer Lammfan. Und da ich weiß, dass die schlauen Lämmchen sich der Massentierhaltung entziehen, habe ich zugestimmt. (Die Verlinkung und dieser Post sind freiwillig; ich hätte die Keule auch einfach wort- und postinglos essen können.)

Auf der Keule war zwar die verarbeitende Firma aufgedruckt, aber mehr weiß ich über das Tier nicht. Ich hoffe, dass es ein gutes Leben gehabt hat, kann aber über die Schlachtung nichts sagen. Dass Silver Fern Farms eben keine Farm ist, sondern „New Zealand’s leading procurer, processor and marketer of sheep, lamb, beef and venison“, also eine Art Repräsentant für „more than 20,000 sheep, cattle and deer farmers throughout New Zealand“, macht die Sache auch nicht besser. Und wenn die Unterseite „Innovations“ schon mit der bescheuerten Headline „Lots of people have good ideas. It isn’t innovation until somebody translates it into commercial reality“ überschrieben ist, ahnt man auch, wo der Fokus der Firma liegt: auf dem Gewinn. Logisch. Tierschutz ist ja auch albern, und Tiere sind „Produkte“.

Was ich so unfassbar beknackt finde an der Fleischindustrie, ist das völlig verquere Denken, das Silver Fern Farms netterweise für mich schon auf ihrer Webseite beschreibt: „There is an old saying, ‘from Pasture-to-Plate’, which typifies the traditional industry as we know it – finding markets and customers for the range of products produced. We are challenging this by focusing on the ‘plate’ first, targeting consumer needs and asking our farmers to grow animals specifically to meet those needs.“ Im Klartext: Wir sagen unseren Lieferanten, was sie züchten sollen, damit wir es besser verkaufen können.

Genauso funktioniert nämlich nicht nur die Haltung von Kuschellämmern auf der grünen Wiese, sondern eben auch die Massentierhaltung: In den Supermarkttruhen finden sich genetisch hingebogene Zombiehähnchen, die kaum stehen können, weil ihr dickes (und einträgliches) Brustfilet zu schwer für die Beine geworden ist. Massentierhaltung heißt auch Massenmedikamentenausgabe und massenhaft Fleischskandale, aber das vergessen wir ganz gerne mal, weil’s ja schmeckt. Und verdammt nochmal, die Lammkeule hat geschmeckt, aber im Nachhinein könnte ich mich in den Arsch beißen, dass ich sie angenommen habe. Mit Salatrezepten habe ich weniger Probleme beim Aufschreiben.

(But look how pretty:)

Das Rezept stammt aus der essen & trinken. Normalerweise reibe ich Lamm mit haufenweise Kräutern und Öl ein und schmore das Ding dann entspannt im Ofen. Aber Knoblauch und Tomaten hören sich für mich zu gut an, um daran vorbeizugehen.

3 EL Butter und
3 EL Olivenöl in einem Bräter aufschäumen.

1 Lammkeule (ca. 2 Kilo) salzen und pfeffern und in den Bräter legen. Darauf
2 Zweige Rosmarin,
3 Stiele Thymian und
2 Knollen junger Knoblauch, halbiert.

Ich hatte keinen jungen Knoblauch und habe daher nur eine Knolle Seniorenknoblauch halbiert und damit die Kräuter beschwert. In den Bräter sollen zusätzlich noch 200 g Cocktailtomaten; ich habe stattdessen

8 Rispentomaten dazugegeben. Alles für 30 Minuten im auf 220° vorgeheizten Ofen braten. Die Keule wenden und die Hitze auf 160° reduzieren. Nochmals zwei Stunden garen, ab und zu wenden und den Bratensaft mit bis zu 250 ml Wasser loskochen. Das war bei mir nicht nötig; da war genug Flüssigkeit unterwegs, ich nehme an, von den Tomaten.

Nach einer Stunde Bratzeit den Knoblauch und die Tomaten aus dem Bräter entfernen. Tomaten häuten (hab ich mir geschenkt) und den Knoblauch aus den Häutchen drücken (hab ich geliebt, mach ich jetzt dauernd. Rummatschen beim Essen rules). Das ganze mit

100 g Crème fraîche zu einer dicklichen Sauce pürieren. Wenn das Lamm fertig ist, den Bratensatz dazugeben und nochmals pürieren.
6 Stiele Petersilie und
4 Stiele Estragon (bei mir war’s Kerbel) grob hacken und unter die Sauce mischen.

Die Lammkeule vor dem Servieren zehn Minuten ruhen lassen. In der Zeit habe ich Salzkartoffeln und grüne Bohnen gekocht. Davor hatte ich schon getrocknete Kartoffeln zubereitet, die ich aber nicht so grandios fand. Dazu gekochte Kartoffeln in dicke Scheiben schneiden und in einer beschichteten Pfanne mit einem hauchdünnen Ölfilm bei niedriger Hitze trocknen. Die Scheiben werden außen knusprig, die Kartoffel bleibt innen weich. Jedenfalls theoretisch. Ich fand das alles nur trocken und habe mich daher über die Salzkartoffeln weitaus mehr gefreut.

Und da ich hungrigerweise mal wieder die Fotos verwackelt habe (verdammtes Dämmerlicht), ist das letzte Foto der wiederaufgewärmte Rest am Sonntag mittag. Dafür habe ich das Fleisch und die Kartoffeln nochmal in Butter angebraten und gleich noch ein paar Tomätchen geröstet.

Und jetzt reicht’s erstmal wieder mit Fleisch.

Ich und ich

Nach Jahren des Körperhasses und Sich-selbst-scheiße-findens, weil man dick ist, habe ich mich gefragt, wie ich auf die Fotos von der re-publica reagieren würde. Ich habe mich jahrelang vor möglichst allen öffentlichen Auftritten gedrückt, weil ich nicht so präsent sein wollte und keine Angriffsfläche bieten wollte, von der ich ja genug habe. Dieses Mal hat mein Bauch zur Anfrage von Don, ob ich mit auf die Bühne wolle, aber spontan ja gesagt und sich darauf gefreut.

Ich bin im Moment ziemlich urlaubsreif – das Buch hat mich mehr gestresst als ich dachte, im Job zähle ich die Tage, bis endlich der Mai da ist und damit drei wundervolle Wochen Nichtstun. Ich hatte es wirklich unterschätzt, wie sehr es zehrt, sich jeden Tag mit Diäten, Dicksein, Anorexia, Anforderungen an die weibliche Optik, Zwängen, Körperhass und Fetthysterie auseinanderzusetzen – und damit nicht genug, auch gleichzeitig brav weiter als Werbetexterin zu funktionieren, obwohl mein Kopf doch gerade über andere Dinge nachdenkt. Erst als ich den ersten Manuskriptentwurf fertig hatte, habe ich gemerkt, wie anstrengend die letzten Monate waren. Und anstatt JETZT ein paar Wochen auszusetzen, quillt mein Schreibtisch gerade über (und ich bin eben bis Ende April gebucht), und das Manuskript will feingeschliffen werden, und die re-publica wartet.

Ich hatte mich seit der re-publica 10 auf die 11 gefreut, aber jetzt gerade wollte ich nur drei Tage im gemieteten Appartement rumliegen und schlafen. Das habe ich auch fast so gemacht; bis auf wenige Panels und vorher getroffene Verabredungen ist die Veranstaltung diesmal fast komplett an mir vorbeigegangen. Ich konnte und wollte einfach nicht mehr.

Auf unser Panel habe ich mich trotzdem gefreut, hatte aber, wie gesagt, im Hinterkopf, dass das die erste Belastungsprobe für meine gelebte Fat Acceptance werden würde. Ich selbst glaube mir inzwischen, dass ich okay bin – aber wenn jemand anders von außen auf mich draufguckt und mich fotografiert, glaube ich mir dann immer noch? Falle ich wieder in alte Muster zurück, wo ich mich für jedes Snickers beschimpfe, das ich in meinem Leben gegessen habe? Finde ich mich auf einmal wieder eklig?

Die ersten Blogberichte sind da, die ersten Fotos stehen auf Facebook und Flickr. Ich suche nicht gezielt nach mir, aber manchmal stolpere ich über mich. Und dann gucke ich, wie ich aussehe. Und ich habe schon beim ersten Bild festgestellt, wie sehr sich meine Selbstwahrnehmung verändert hat. Bisher waren Fotos für mich fürchterlich: Da wird eben jedes Kilo, das mich ausmacht, festgehalten. Ich kann mich nicht verstecken. Und deswegen war Fotos anzuschauen eben doof: So sehe ich aus? Das ist ja eklig. Das ist ja nicht mal in der Nähe von Gisele oder Kate, das ist ein anderer Kontinent.

Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich mich diesmal anders sehe. Seit ich mein Spiegelbild nicht mehr schlimm finde, weil ich mich nicht mehr schlimm finde, scheine ich mich auch mit Fotos angefreundet zu haben. Ja, ich bin dick. Nein, Moment: Ich bin fett. Ohne zu wissen, was die Herren neben mir auf die Waage bringen, würde ich schätzen, ich bin die schwerste Person da oben auf der Bühne. Aber das war in der Stunde des Panels völlig egal, und es ist auch jetzt beim Betrachten der Fotos egal. Ich sehe nicht mehr den riesigen, disziplinlosen Körper, der da irgendwie an mir dranhängt. Ich sehe stattdessen eine souveräne Bloggerin, die gut gelaunt mit ihren Mitstreitern plaudert. Wie ich aussehe, ist völlig egal. Was ich kann, zählt viel, viel mehr.

Ich mag mich auf den re-publica-Fotos. Wieder so ein Satz, den ich mir selber vor gut einem Jahr noch nicht gelaubt hätte. Um mal ein Thema aufzugreifen, über das wir auf dem Panel leider nicht gesprochen haben: Für mich waren und sind und bleiben Blogs eine unfassbar inspirierende Quelle von Lebensentwürfen und Persönlichkeiten. Keine Reportage oder Dokumentation ist jemals so nah dran an Menschen und ihren Geschichten wie Blogs. Als ich das erste Mal ein Fat-Acceptance-Weblog gelesen habe, konnte ich kaum glauben, was da stand. Da waren dicke und fette Menschen, die sich einfach hinstellen und sagen: Du bist kein schlechter Mensch, weil du mehr wiegst als der Durchschnitt. Du bist genauso wertvoll und klasse und großartig wie alle anderen. Du musst dich für nichts entschuldigen und du hast das Recht, dich selbst zu mögen. Das klang alles so anders als das, was ich mir (und jeder dicke Mensch sich) seit Jahren anhören muss, das konnte ich anfangs kaum glauben. Ich habe jahrelang gebraucht, bis ich von der theoretischen Möglichkeit, mich zu mögen, wirklich dabei angekommen war (wir erinnern uns). Trotzdem habe ich weiterhin versucht, offiziellen Auftritten aus dem Weg zu gehen, und selbst als die Anfrage von Verlag kam, ob ich ein Buch über dieses verdammte Thema schreiben will, war meine erste Reaktion: nee. Dann muss ich womöglich Pressetermine wahrnehmen oder Lesungen, und da sehen mich Leute, so wie ich bin. So fett eben. Bis der Kopf den Bauch wieder eingeholt und ihm ein bisschen Schokolade gegeben und ihm gesagt hat: Das ist schon okay. Sag mal ja, und dann gucken wir weiter.

Jetzt ist das Buch so gut wie fertig, und ich glaube, dass ich das ganz gut hingekriegt habe. (Lasst die Amazon-Rezensent_innen von der Kette!) Ich habe das Panel hinter mir, und ich glaube, dass ich auch das gut hingekriegt habe. Und ich bin eben auf einigen Fotos drauf, die ich mir anschaue, wie ich mir alle anderen Fotos dieser Welt auch anschauen kann: interessiert, wohlwollend, nickend. Ich bin ich. Darüber muss ich nicht mehr nachdenken, ich muss meinen Körper nicht zur Diskussion stellen, und ich muss mich nicht mehr eklig finden. Ich bin ich. Und so sehe ich aus.