Sarah Palin N*ked, Michael Seitzman, aus der HuffPo:

„Stop voting for people you want to have a beer with. Stop voting for folksy. Stop voting for people who remind you of your neighbor. Stop voting for the ideologically intransigent, the staggeringly ignorant, and the blazingly incompetent.

Vote for someone smarter than you. Vote for someone who inspires you. Vote for someone who has not only traveled the world but who has also shown a deep understanding and compassion for it. The stakes are real and they’re terrifyingly high. This election matters. It matters. It really matters. Let me say that one more time. This. Really. Matters.“

(Ja, ist schon ein paar Tage alt, aber nach ihrem ständigen „I can see Russia from my house“-Gequatsche kann man das ruhig nochmal posten.)

Nachruf der NYT auf Paul Newman, 26.01.1925–26.09.2008.

“From the makers of Mighty Ducks and Syrianna: Head of Skate, The Sarah Palin Disney Movie.”

(Danke, Elsa)

Einstein on clothes: „(…) Max Planck, Rabindranath Tagore, Heinrich Mann, Chaim Weizmann and Käthe Kollwitz, made the pilgrimage to Caputh to see Einstein, and some were shocked to find him warmly greeting them barefoot and in his sailing shirt. When Elsa Einstein complained about his informality, Einstein said, “If they want to see me, here I am. If they want to see my clothes, they can look in my closet.”

(Blog gefunden via gig.antville)

„Schon bei unserem ersten Telefonat hatte ich ein seltsames Gefühl. Ja, er würde in den Süden fahren am Freitag, da sei noch ein Platz, kein Problem, 6 Euro pro 100 Kilometer. Ich war also pünktlich am verabredeten Treffpunkt, die anderen beiden (D. und M.) waren überpünktlich und grinsten. T. erschreckte sich ein wenig in seinem quietschorangefarbenen Lacoste-Polohemd mit hochgestelltem Kragen, als ich ihm zur Begrüßung die Hand geben wollte. Es ging dann auch gleich los, wir verteilten uns und ich kann mir vorstellen, T. fühlte sich ein bisschen gut mit drei Mädels im Auto und ihm selbst am Steuer. Das obligatorische „Was machst du so?“ war gerade in Gang gekommen, als ich zum ersten Mal das Fenster öffnete, weil ein beißender Geruch mir in die Nase stieg.“


©Constantin Film

Der Baader-Meinhof-Komplex (Deutschland 2008, 150 min)

Darsteller: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek, Bruno Ganz, Nadja Uhl, Hannah Herzsprung, Nils-Bruno Schmidt, Stipe Erceg, Vinzenz Kiefer, Simon Licht, Jan Josef Liefers, Heino Ferch, Bernd Stegemann, Tom Schilling, Hassam Ghancy
Musik: Peter Hinderthür, Florian Tessloff
Kamera: Rainer Klausmann
Drehbuch: Bernd Eichinger, nach dem gleichnamigen Buch von Stefan Aust
Regie: Uli Edel

Trailer

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Der Baader-Meinhof-Komplex (ich habe die fehlenden Bindestriche mal gewagt zu ergänzen – die hätten übrigens den Untertiteln ab und zu auch ganz gut getan) erzählt einen Ausschnitt aus der Geschichte der RAF; angefangen mit den Studentenunruhen der 60er Jahre, Benno Ohnesorg, Rudi Dutschke, der Schahbesuch in Berlin, Ulrike Meinhofs Kolumnen in der konkret, der Frankfurter Kaufhausbrand, die Haft Andreas Baaders und seine Befreiung, mit der die RAF in den Untergrund ging. Der Film endet mit der Entführung der Landshut und der Ermordung Hanns Martin Schleyers. Und wer jetzt mit all diesen Schlagworten was anfangen konnte, konnte auch mit dem Film was anfangen. Ich weiß nicht, ob das ich gemeine Kinopublikum jetzt total unterschätze, aber ich glaube, wer sich mit diesem Teil der deutschen Geschichte nicht schon ein bisschen beschäftigt hat, wird sich am Ende fragen, was das alles eigentlich sollte.

Der Film beginnt wie ein Actionfilm: Es geht auf der Demo gegen den Schahbesuch gleich richtig zu Sache, Benno Ohnesorg ist kaum auf der Leinwand erschienen, da ist er auch schon tot, aber danach wird das Tempo netterweise etwas zurückgenommen. Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof bekommen immerhin ein paar Minuten Hintergrundgeschichte, während Andreas Baader einfach irgendwann da ist. Was mir im Buch von Stefan Aust, auf dem der Film beruht, immer etwas gefehlt hat, waren nachvollziehbare Begründungen, warum z.B. aus Ulrike Meinhof wurde, was sie eben wurde. Wie vollzog sich die Wandlung von einer politisch Interessierten zu einer politisch Radikalisierten bis zur bewaffneten Terroristin? Der Film bietet einige Ansätze, zitiert aus Meinhofs Schriften und lässt auch Ensslin und Baader zu Wort kommen, ohne allzu sehr in den nervigen RAF-Slang abzugleiten.

Überhaupt wird der politischen Diskussion bzw. dem politischen Rahmen dieser Zeit genug Platz gegeben, um zu wirken. Die Zustände in der Bundesrepublik werden mit simplen Montagen und Nachrichtenausschnitten ins Weltgeschehen eingeordnet, die Demonstrationen der Studenten gegen den Vietnamkrieg wirken weniger verloren, wenn sie Bildern von Napalmabwürfen gegenübergestellt werden. So wird das Phänomen RAF ein wenig geerdet, man beginnt nachzuvollziehen, was vielleicht passiert sein könnte. Trotzdem besteht nie die Gefahr, den Parolen zu verfallen – dafür sorgen teilweise sehr drastische Bilder der Gewalt, mit denen die RAF die Bundesrepublik erschüttert hat. Aber auch die Staatsaktionen werden bebildert: die brutale Zwangsernährung Holger Meins’ oder der überharte Polizeieinsatz gegen Studenten.

Das Problem am Baader-Meinhof-Komplex: Er kann nichts zeigen, was nicht schon bekannt ist. Gut, das mag generell das Dumme an historischen Stoffen sein, dass man das Ende der Geschichte schon kennt. Aber hier habe ich schlicht einen gewissen Spannungsbogen vermisst, der auch nicht dadurch wettgemacht wird, dass der Film nach anfänglich gutem Tempo plötzlich nur noch hektisch ist, weil er so viel unterbringen will. Das macht sich besonders im letzten Teil des Films, nach dem Tod Ulrike Meinhofs, bemerkbar, als der Daseinszweck der RAF sich langsam verlagert vom politischen Kampf zur gefühlten Priorität Gefangenenbefreiung. Ich hatte das Gefühl, dass jetzt auf Teufel komm raus noch alles untergebracht werden musste, was man eben so kennt: Buback, Ponto und dann das große Finale in Somalia. Einerseits fand ich es bemerkenswert, dass der Film so viel Wert auf Genauigkeit legt; andererseits war genau das sein Problem. Hätte man die gleiche Detailtreue wie das Buch gezeigt, hätte Der Baader-Meinhof-Komplex acht Stunden gedauert – dann hätte er allerdings auch die Chance gehabt, so großartig zu werden wie z.B. das Fernsehspiel Todesspiel, das sich „nur“ auf die Landshut und Schleyer konzentriert hat.

Zum Ende hin wurden dann plötzlich auch die Stilmittel, die den Beginn der RAF so clever dokumentiert hatten, eher nervig. Die ewigen Zusammenschnitte aus der Tagesschau, die teilweise nur noch aus Satzfetzen bestanden, Bilder, die kurz aufflackerten, ach ja, der Pilot und dann war da ja auch noch die Botschaft in Stockholm und das Olympia-Attentat und nebenbei geht der Prozess in Stammheim weiter … auf einmal wurde aus einem ambitionierten Film über eine ganz besondere Zeit eine banale Nummernrevue, die komplett die Kraft verloren hatte. Und als ob sich der Film dessen bewusst war, flackerte nochmal Dramatik auf: allerdings sehr künstlich und meiner Meinung nach völlig überzogen. Die Ermordung der Begleiter von Hanns Martin Schleyer wird gefühlt stundenlang zelebriert, da wird geschossen, als wolle man eine halbe Stadt hinrichten. Danach bekommt Schleyer nur noch wenig Zeit auf der Leinwand, denn nun spielt der Film – gezwungenermaßen historisch korrekt – an so vielen Schauplätzen auf einmal, dass er völlig zerfasert. Die Gefangenen in Stammheim werden zur Staffage, und damit geht der Film endgültig in die Knie.

Ich hätte mir gewünscht, der Film wäre mit dem Tod Ulrike Meinhofs zu Ende gewesen. Vielleicht hätte der Titel des Films dann anders lauten müssen, vielleicht hätte man dann nicht noch 500 tolle Schauspieler mit klangvollen Namen im Abspann gehabt, die teilweise nur ein oder zwei Sätze sagen durften – vielleicht wäre der Film dann aber so gut geblieben wie er anfangs war. Und vielleicht hätten dann auch Zuschauer, die vorher keine große Ahnung von der RAF hatten, nun etwas mehr über sie gewusst. So bleibt nur die vage Vorstellung einer völlig neuen Herausforderung an den Staat – aber warum sie im Endeffekt gescheitert ist, muss man sich nach dem Film anlesen.

Wieder großes Kino gestern in der Daily Show. Diesmal ging’s, logisch, um die Finanzkrise und den wie meist relativ ratlosen Mr. President:

„We all know he’ll never be ranked as the best president. But he could still … if he worked hard enough …“

„Be the worst?“

„The last.“

Zwei spannende Interviews, beide bei Lu gefunden.

1. „Ich kam mir vor wie ein Pitbull.“: Balian Buschbaum hieß noch vor einem Jahr Yvonne Buschbaum. Sie war wohl die talentierteste deutsche Stabhochspringerin, wurde Junioren-Europameisterin und EM-Dritte, bevor Verletzungen sie bremsten. Um das „Leben im falschen Körper“ hinter sich zu lassen, entschloss sie sich zu einer Geschlechtsumwandlung. Seit 2007 bekommt Balian alle zwei Wochen Testosteron. Weil das Sexualhormon auch ein Dopingmittel ist, musste Buschbaum die Karriere beenden. Trotz der Trainingsreduzierung ist die Leistungsfähigkeit gestiegen, schildert Buschbaum die Wirkung von Testosteron im ersten Erfahrungsbericht einer früheren Spitzensportlerin.

2. „Ich habe den Tod gespürt, er saß in mir. Ich habe gekämpft.“ Christoph Schlingensief über sein Leben mit dem Lungenkrebs.

„Junge, was bist du groß geworden!“

(via Stefans Gezwitscher)

Aaron Sorkin hat einen wunderbaren Dialog zwischen Ex-Präsident Bartlet und dem hoffentlich zukünftigen Präsidenten Obama geschrieben:

„OBAMA: The problem is we can’t appear angry. Bush called us the angry left. Did you see anyone in Denver who was angry?

BARTLET: Well … let me think. …We went to war against the wrong country, Osama bin Laden just celebrated his seventh anniversary of not being caught either dead or alive, my family’s less safe than it was eight years ago, we’ve lost trillions of dollars, millions of jobs, thousands of lives and we lost an entire city due to bad weather. So, you know … I’m a little angry.

OBAMA: What would you do?

BARTLET: GET ANGRIER! Call them liars, because that’s what they are. Sarah Palin didn’t say “thanks but no thanks” to the Bridge to Nowhere. She just said “Thanks.” You were raised by a single mother on food stamps — where does a guy with eight houses who was legacied into Annapolis get off calling you an elitist? And by the way, if you do nothing else, take that word back. Elite is a good word, it means well above average. I’d ask them what their problem is with excellence. While you’re at it, I want the word “patriot” back. McCain can say that the transcendent issue of our time is the spread of Islamic fanaticism or he can choose a running mate who doesn’t know the Bush doctrine from the Monroe Doctrine, but he can’t do both at the same time and call it patriotic. They have to lie — the truth isn’t their friend right now. Get angry. Mock them mercilessly; they’ve earned it. McCain decried agents of intolerance, then chose a running mate who had to ask if she was allowed to ban books from a public library. It’s not bad enough she thinks the planet Earth was created in six days 6,000 years ago complete with a man, a woman and a talking snake, she wants schools to teach the rest of our kids to deny geology, anthropology, archaeology and common sense too? It’s not bad enough she’s forcing her own daughter into a loveless marriage to a teenage hood, she wants the rest of us to guide our daughters in that direction too? It’s not enough that a woman shouldn’t have the right to choose, it should be the law of the land that she has to carry and deliver her rapist’s baby too? I don’t know whether or not Governor Palin has the tenacity of a pit bull, but I know for sure she’s got the qualifications of one. And you’re worried about seeming angry? You could eat their lunch, make them cry and tell their mamas about it and God himself would call it restrained. There are times when you are simply required to be impolite. There are times when condescension is called for!“

Zu meinem Eintrag über den Checkpoint Charlie habe ich ein paar sehr interessante Mails bekommen (und mich andernorts in eine völlig nutzlose „Diskussion“ verstrickt, aber das nur so nebenbei).

Meike schreibt:

„meine gefühle beim besuch des checkpoint charlie 1 zu 1 niedergeschrieben. zugegeben, ich war diesmal nicht im museum. aber dieses schießbüdchen mit den pappkameraden davor, der “fan-shop” und die völlig egalisierten touristen haben mir zugesetzt. ich finde diese art der präsentation deutscher geschichte einfach nur billig und unangebracht. “

… und wies mich auf dieses Projekt der damals 13-jährigen Giana hin, die an ihrem Girls’ Day 2005 die Gegend um die Bösebrücke erkundet hat.

Über Umwege der Museumsseite des Checkpoints gelangt man zur Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße.

Und Jürgen Kalwa schreibt:

„Ich habe in den siebziger Jahren in West-Berlin gelebt und war dann einen Tag, nachdem die Ost-Menschen auf der Mauer standen mit einem amerikanischen Fernsehteam von New York aus unterwegs in die Stadt. Und wir haben das Ereignis gefilmt und Leute interviewt. Ein paar Monate vorher habe ich den Architekten Stanley Tigerman in Chicago getroffen und bei ihm die Zeichungen gesehen, die er im Rahmen eines Ideenwettbewerbs am Rande der 88er Internationen Bauausstellung entworfen hatte. Es ging um die Frage: Was macht man mit der Mauer, wenn die Grenze fällt?

Tigerman hat einen “Alleenpark mit vier Reihen Bergahorn und einem Kanal” skizziert und mit Stegen über die Mauer hinweg, die er an vielen Stellen erhalten hätte. Ich fand das damals faszinierend, vor allem, weil ich selbst wenige Monate vor dem Ende des alten Regimes in der DDR angenommen hatte, dass diese Mauer wohl kaum so bald auch nur angetastet würde.

Wenn ich heute manchmal nach Berlin zurückkomme, fühle ich mich in dem einstmals grenznahen Bereich ziemlich verloren. Die alte Straßenführung wurde logischerweise aufgehoben. Denn die führte an der Mauer entlang. Und die meisten anderen Spuren sind ebenfalls verschwunden. Irgendwann mal habe ich in Kreuzberg gesehen, dass man zumindest große Metallnägel ins Trottoir gehämmert hat, um die dünne Linie zu markieren, die mal ein breiter Gürtel war.

Ich weine nicht der Mauer nach. Mir geht ab, dass man ihre prägende und demonstrative Kraft nicht mehr nachempfinden kann. Der Kalte Krieg war schließlich auf so vielen Ebenen ein deutsches Thema: ob im Ideologienstreit, der auf Denker wie Karl Marx zurückgeht oder als unmittelbares Produkt der Zerstörungs- und Selbstzerstörungswut der Nazis sowie der mangelnden Attraktivität jenes Sozialismus, der mal unter dem Tautologen-Banner “real existierend” firmierte. Der Fall der Mauer war auch das Ende einer gesellschaftlichen Erfahrung, wie sie ein DDR-Autor, der vorher in den Westen gegangen war, mit dem Begriff “Die Freiheit des Ostens” belegte. Seinen Artikel in der “Zeit” dazu habe ich 1989 auf dem Rückflug nach New York gelesen und bin wehmütig geworden und habe beschlossen, diesen Kollegen kennenzulernen. Wenig später haben wir uns getroffen.“

Alexander hat einen sehr schönen Nachtrag zu meinen Erlebnissen am Checkpoint Charlie.

Sehr smoother Reebok-Spot, der vor dem Beginn der NFL Season zum ersten Mal lief (die Saison ist jetzt drei Wochen alt). Alles Wissenswerte zum Spot steht bei YouTube. Außer: Das Lied heißt Train Song und stammt von Vashti Bunyan.


© Dreamworks Pictures

Tropic Thunder (USA/Deutschland 2008, 107 min)

Darsteller: Ben Stiller, Robert Downey Jr., Jack Black, Brandon T. Jackson, Jay Baruchel, Steve Coogan, Tom Cruise, Nick Nolte, Matthew McConaughey
Musik: Theodore Shapiro
Kamera: John Toll
Drehbuch: Ben Stiller & Justin Theroux & Etan Cohen
Regie: Ben Stiller

Trailer

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Die ersten Witze gibt’s schon, bevor Tropic Thunder anfängt: Vor dem Film laufen nämlich ein gefakter Werbespot und drei gefakte Trailer für Filme, von denen man hofft, dass sie so nie gedreht werden, die einem aber trotzdem verdammt bekannt vorkommen. Leider nehmen diese kleinen vier Einspieler im Prinzip schon die ganze große Botschaft von Tropic Thunder vorweg – Hollywood spinnt, nimmt sich zu wichtig und dreht manchmal richtig beknackte Filme –, weswegen man sich danach zwar gut amüsiert, sich aber trotzdem fragt, wozu man anderhalb Stunden für diese Weisheit braucht.

In Tropic Thunder geht es um eine Gruppe von Schauspielern, die einen Vietnamkriegsfilm drehen. Zur Gruppe gehören der Actionstar, der auf dem absteigenden Ast ist, ein vielfacher Oscargewinner, der sich für diesen Film zum Afroamerikaner hat umoperieren lassen, ein drogensüchtiger Komiker, der Quotenschwarze und der Quotenjüngling, von dem man ahnt, dass er nicht wieder nach Hause kommen wird. Wenn der Film denn jemals gedreht werden würde. Denn die drei Promis auf dem Set benehmen sich alle wie Diven, der Special-Effects-Mensch hat auch einen schlechten Tag, und der britische Regisseur kriegt einen Tobsuchtsanfall nach dem anderen. Worauf der knurrige Vietnamveteran, der die Buchvorlage geschrieben hat, ihm rät: Bring die Jungs in den Dschungel, positionier versteckte Kameras und lass sie mal einen Tag ohne Assistenten, TiVo und Kaltgetränke arbeiten. Gute Idee, miese Ausführung. Der Regisseur macht einen unerwarteten Abgang, und die Gruppe weiß nicht so recht, was jetzt Film ist und was nicht. Und was dann mit ihnen im Dschungel passiert, davon erzählt Tropic Thunder.

Der Film zitiert gekonnt die üblichen Vietnamklischees, die man aus amerikanischen Filmen kennt: den Hubschrauberflug in Zeitlupe (kommt, glaube ich, in jedem Film vor), die Suche nach einem verlorenen Mann (Apocalypse Now), das mit ausgebreiteten Armen im Kugelhagel enden (Platoon), das wahnsinnige „Ich bleib hier“ mit rotem Stirnband (The Deer Hunter) und die Gute-Laune-Musik aus Good Morning, Vietnam. Die klassisch-miesen Dialoge dürfen auch nicht fehlen, und daher hören wir mehrmals, dass Leuten kalt ist oder sie ihre Beine nicht mehr spüren. Dazu macht sich der Film über Hollywood-Produzenten lustig, über zu detailgetreue Effekte wie aus dem Leib quellendes Gedärm, Agenten, Freundschaften, wie man Oscars kriegt und wie nicht und bestimmt noch viel mehr, was mir jetzt schon nicht mehr einfällt. Denn leider hat Tropic Thunder keinen sehr tiefen Eindruck bei mir hinterlassen.

Die meisten Bösartigkeiten, die auf Hollywood gemünzt sind, hat Ricky Gervais in Extras schon gebracht – und alle eine Runde gemeiner. Wenn Kate Winslet ihm im unschuldigen Nonnenoutfit erzählt, dass man nur Schwachsinnige spielen muss, um einen Oscar zu kriegen, ist das einfach lustiger, als wenn das ein überschminkter Robert Downey Jr. tut, der es auch nicht ganz so politisch inkorrekt formuliert. Dafür kriegt Downey aber den „falschen“ Afroamerikaner schön peinlich hin, so dass sich der „echte“ Schwarze irgendwann beschwert. Außerdem darf er die ganze Zeit die dämlichen, markigen Sprüche reißen, die auch zu jedem Vietnamfilm gehören und bei deren Formulierungen ich mich jedesmal frage, ob wirklich jemand so redet (sinngemäß: „Jetzt reißen wir dem verf***ten Sensenmann mal so richtig den Arsch auf, Männer!“ „SIR, YES, SIR!“).

Aber das war’s dann leider auch schon fast. Jack Black hat keine einzige wirklich lustige Zeile, Ben Stiller hat mich immerhin mit einem Panda (sehr!) zum Lachen bringen können, aber mehr ist bei mir nicht hängengeblieben. Oh, Moment, doch: Tom Cruise als überzogener Produzent. Ich kann Herrn Cruise ja spätestens seit Oprahs Couch nicht mehr ernstnehmen, aber sein Spiel in Tropic Thunder war großes Kino. Vielleicht sollte er einfach nur noch durchgeknallte Idioten spielen; die nehme ich ihm nämlich mit Kusshand ab. Schnuckel Matthew McConaughey darf nicht mal hübsch aussehen, weswegen er mir auch egal war. Und die einzige Frauenrolle im Film war, glaube ich, Ben Stillers Ehefrau Christine Taylor in einem Filmausschnitt, der später im Dschungel durchaus noch einmal Relevanz hat.

Tropic Thunder ist einer von diesen Filmen, bei denen sich 15-Jährige beim Rausgehen ihre Lieblingssätze noch zehnmal erzählen. Kann man machen, kann man auch gucken – muss man aber nicht machen und muss man auch nicht gucken. Und wenn, dann reicht auch die DVD – oder die Extras-Box.

Tweet 1606 vom 20.9.: Reichstag – check! Checkpoint Charlie … äh … check! Jetzt „Tropic Thunder“ gucken.

Jetzt bin ich mit Unterbrechungen bereits seit Mai in Berlin gebucht und habe noch nicht so wahnsinnig viel von der Stadt gesehen. Das muss anders werden. Also bin ich dieses Wochenende nicht nach Hamburg zum Kerl gefahren, sondern lege ein Singlewochenende in Berlin ein. Nein, ich gehe nicht auf wilde Partys und trinke zuviel. Viel besser: Ich guck mir unser Parlament an.

Es gibt mehrmals täglich Führungen im Reichstag (dessen Haltestelle im Bus übrigens „Reichstag/Bundestag“ heißt, was ich sehr lustig fand), für die man sich anmelden muss. Man kann aber auch auf gut Glück vorbeigucken und hoffen, dass vielleicht jemand verschlafen hat und es noch ein Plätzchen für einen gibt. So zuckelte ich gestern erst mit der Tram M4 zum Alexanderplatz, stieg da in den 100-er Bus und kam um kurz vor halb elf am Reichstag an, vor dem sich schon eine geschätzt 100 Meter lange Schlange von Menschen befand, die alle in die Kuppel klettern wollten.

Auf die Führung musste ich nicht so lange warten, denn ich hatte Glück: Jemand hatte verschlafen, und ich durfte mit rein. Bei der Sicherheitskontrolle wurde ich gebeten, die Mütze abzunehmen – und sie im gesamten Gebäude nicht wieder aufzusetzen: „Wie in der Kirche.“ Da ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass ich auch in der Kirche immer die Mütze auflasse. Nun gut. Das ändere ich dann jetzt auch.

Nach einer kleinen Wartezeit am Fahrstuhl ging es auf die Besucherebene des Plenarsaals. Dort verteilten wir uns auf den Besuchertribünen – und ich fand es auf einmal total aufregend, im Bundestag zu sitzen. Das ist mir nachher beim Bummel durchs Regierungsviertel nochmal aufgefallen: Wie großartig ist es bitte, dass wir einfach so der Regierung beim Arbeiten zugucken können? Wir können 40 Meter entfernt von der Bundeskanzlerin sitzen und zuhören. Wir können uns allen (?) Regierungsgebäuden einfach so nähern und gucken. Demokratie rockt, Baby.

Unsere Führerin hat uns dann ausgesprochen launig eine knappe Stunde etwas über das Reichstagsgebäude erzählt, die Architektur, die Geschichte („Der Reichstag wurde größtenteils aus Reparationszahlungen Frankreichs aus dem verlorenen Krieg 1870/71 gebaut. Das freut unsere französischen Besuchergruppen immer sehr.“), die verschiedenen Funktionen, die das Haus während und nach dem zweiten Weltkrieg hatte („Der Reichstag wurde teilweise sogar als Entbindungsstation genutzt. Es kommen ab und zu Besucher her, die zusätzlich zu ihrem Personalausweis noch ihr Stammbuch dabeihaben, in dem vermerkt steht, dass sie hier geboren wurden. Das bringt Ihnen im richtigen Leben zwar nichts, aber es kann Sie durchaus mal in eine ausgebuchte Führung bringen, wenn Sie sagen können, Sie sind von hier.“) und über den Umbau nach der Wende („Sir Norman Foster wollte überhaupt keine Kuppel bauen, wurde aber per Ausschussbeschluss dazu gezwungen. Heute ist die Kuppel eins der meistbesuchten Ziele Berlins.“).

Und auf eben diese Kuppel durften wir dann nach der Stunde im Plenarsaal auch. Leider nirgends anders mehr im Haus, was mich doch etwas enttäuscht hat – aber vielleicht ist das wieder eine andere Führung. Muss ich mich mal schlaumachen. Ich fand den Blick vom Reichstagsdach viel spannender als den aus der Kuppel, weil man nicht dauernd Streben oder Spiegel im Sichtfeld hat. Man kann einmal komplett um die Kuppel gehen und hat eine wirklich beeindruckende Aussicht über die ganze Stadt. Das Brandenburger Tor sieht im Vergleich sehr winzig aus; das Sony-Center mit seinem markanten Dach ragt wie ein Ufo aus dem sehr, sehr grünen Tiergarten hervor, direkt nebendran steht die Siegessäule, ach und guck, da ist der Hauptbahnhof … ich war ein standesgemäß beeindruckter Touri und hab mich sehr gefreut, dass ich die Führung mitmachen konnte.

Bevor man auf den Rundgang in die Kuppel geht, kann man am unteren Ende des Spiegeldingensda noch ein paar Schautafeln angucken, an denen Fotos aus der wandelvollen Zeit des Reichstags zu sehen sind. Die Eröffnung, einige Sitzungen in der Weimarer Republik, Reichstagsbrand (der „nur“ den Plenarsaal und die Glaskuppel zerstörte), das Hissen der Flagge der Sowjetsoldaten, Popkonzerte direkt an der Mauer – und dann der 9. November 1989. Ich wusste schon vorher, dass ich eine weinerliche Memme bin, wenn’s um die Wiedervereinigung geht; jedesmal, wenn ich den Fernsehausschnitt mit Genscher auf dem Balkon der Prager Botschaft sehe, ist bei mir alles vorbei, da heule ich auf Knopfdruck. Gestern durfte ich feststellen: Das geht auch durch Schwarzweißfotos vom Reichstag. Vielleicht war es das Bewusstsein, gerade an einem historischen Ort zu stehen, vielleicht war es die fotografische Reise, die auf diesen Tag zulief, keine Ahnung. Jedenfalls war ich bei den letzten Fotos arg damit beschäftigt, mich lautstark zu schneuzen und nicht zu auffällig zu flennen. (Willy Brandt eröffnet als ältester Abgeordneter die erste gesamtdeutsche Sitzung – wääääh!)

Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, bin ich an der Spree entlang zum S-Bahnhof Friedrichstraße gegangen (wo übrigens Lush ist, yay). Von dort aus fuhr die S-Bahn zur Kochstraße/Checkpoint Charlie.

Ich erinnere mich, dass wir damals auf Klassenfahrt vor der Wende auch zum Checkpoint Charlie gefahren sind. Ich weiß allerdings nicht mehr, ob es damals dort diese komischen Aussichtsplattformen gab, die es z.B. am Potsdamer Platz gab, von denen man in den Ostsektor gucken konnte. Ich bin mir fast sicher, dass dort welche standen, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, dass wir drauf waren. An das Museum erinnere ich mich aber; das ist heute etwas größer als damals, aber noch genauso bedrückend.

Den Checkpoint selber allerdings fand ich sehr, sehr seltsam. Die Holzbude des eigentlichen Checkpoints steht mitten auf der Friedrichstraße. Darum führt ganz normal der Autoverkehr. Und auf dem Bürgersteig steht eins der Schilder, die für mich bis 1989 Berlin bedeutet haben: You are leaving the American sector. Es hat sich sehr unheimlich angefühlt, diesem Schild wiederzubegegnen. Im Museum ist das Schild ebenfalls zu sehen; ich nehme fast an, dass das das Original ist und unten auf dem touristenüberfüllten Bürgersteig, vor dem Reisebuss en masse parken, nur eine Kopie.

Was ich überhaupt nicht in meinen Kopf reingekriegt habe: dass sowohl die Holzbude als auch das Schild nur noch simple Fotostopps sind. Es ist nichts mehr zu sehen, keine Linie zeigt den ehemaligen Grenzverlauf an, es sieht aus wie eine normale Straßenkreuzung, stilecht mit Balzac, Starbucks und Subway, und nicht wie ein Platz in Berlin, an dem sich zwei Weltmächte so dicht wie sonst nirgends gegenübergestanden haben. Vor der Bude steht ein Flaggenmast mit der amerikanischen Flagge – und eine Praktikantin in einer alten US-Uniform, mit der man sich gegen Geld fotografieren lassen kann. Und damit nicht genug: Zehn Meter neben einem Original-DDR-Grenzpfosten, der deutlich auf Westseite steht und damit nicht mehr am Originalplatz (und so auch nur noch Kulisse ist), steht ein Souvenirkarren, an dem man DDR-Nummernschilder, NVA-Zeug und russische Militärmützen kaufen kann. Gerne auch Shirts mit CCCP drauf.

Ich hab ja so gar nichts gegen Merchandising. Wenn ich wüsste, was ich damit soll, würde ich nach jedem Pixarfilm zehn Happy Meals kaufen, um alles Plastikspielzeug, was drin ist, zu kriegen. Aber dass ausgerechnet am Checkpoint Charlie Devotionalien aus der ehemaligen Sowjetunion verkauft werden, fand ich mehr als geschmacklos. Aber ich glaube, ich war die einzige Besucherin, die das irgendwie komisch fand. Ich habe um mich herum nur fremde Sprachen gehört, und für ausländische Besucher ist es wahrscheinlich auch nur ein exotisches Fotomotiv. Ich fand’s scheiße.

Mir ist erst danach aufgefallen, wie wenig man noch erkennen kann, wo mal Ost- und wo West-Berlin war. Ich erinnere mich daran, dass man in der Friedrichsstraße das Visum und den Pass vorzeigen musste, bevor man nach oben auf die Gleise zur S-Bahn durfte, um nach Ost-Berlin zu fahren. Aber wo genau verlief die Grenze? Die Agentur, in der ich gerade sitze, residiert in Mitte, und manchmal gucke ich aus dem Fenster, sehe den Fernsehturm und denke: Ach Mensch, du bist ja im Osten. Wie cool ist das denn. Wenn ich mit dem Bus am Palast der Republik vorbeifahre, frage ich mich immer, warum er so komplett dem Erdboden gleichgemacht werden muss. Im Mai, als ich das erste Mal da war, konnte man noch erkennen, dass es ein Gebäude war; man sah noch Stahlträger, die mal das Dach oder die Stockwerke bildeten und konnte sogar noch einen Grundriss erahnen. Gestern habe ich nur noch sechs oder acht Betonsäulen gesehen, die vielleicht mal Treppenhäuser waren. Mehr ist nicht mehr zu sehen. Ich wette, wenn ich hier im Dezember meine Zelte abbreche, ist er völlig verschwunden – und damit ein sehr wichtiger Teil der deutschen Geschichte.

Ich kann es nicht nachvollziehen, dass so wenig vom Grenzverlauf übriggeblieben ist. Klar, gerade hier in Berlin könnte man wahrscheinlich alle 20 Meter eine Gedenktafel für irgendwas anbringen, und es ist ja auch großartig, dass die Stadt irgendwie einfach da weiter macht, wo sie 1961 gezwungenermaßen aufgehört hat. Vielleicht ist es auch nur die Tatsache, dass ich eben nicht aus Berlin komme und daher bewusst nach Spuren der Teilung suche, während die Berliner ganz froh darüber sind, dass sie nicht da sind. Keine Ahnung. Mich hat der gestrige Tag jedenfalls sehr bewegt, und ich musste daran denken, dass ich damit erwachsen geworden bin, zwei Deutschlands zu kennen. Und wie unglaublich dankbar ich dafür bin, heute nur noch eins zu haben.