
Daran denken, das Schleifchen zuhause vergessen zu haben anstatt an die Krankheit selbst.
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Daran denken, in den vergangenen Jahren das Outfit passend zur Schleife gewählt zu haben.
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Daran denken, dass man erst einmal im Leben einen AIDS-Test machen musste/wollte/besser ist das. Wie lange die Wartezeit war. Wie eklig das Gefühl am Telefon, wenn die Praxistante das Ergebnis im Computer sucht. Sich fragen, ob sie einen bei einem positiven Ergebnis in die Praxis bitten, um in Ruhe alles zu erklären oder ob sie einem das so locker am Telefon sagen und dann fragen, ob man vielleicht einen Termin haben möchte, nächsten Mittwoch vielleicht oder lieber Freitag, da sind wir aber nur bis 12 da?
Die Erleichterung ob des Ergebnisses. Gleichzeitig das ganz kleine, miese und doch so verlockende Gefühl, ach schade, jetzt wäre mein Leben so schön verplant gewesen, jetzt hätte ich ne Krankheit, an der ich alles ausrichten kann, jetzt dauert es nicht mehr so lange, bis dieser ganze Quatsch hier vorbei ist, noch bis 40, dann ist gut, dann muss ich nicht mehr darüber nachdenken, was ich aus meinem Leben mache, ob ich Kinder will oder nicht, ob ich jemals wieder einen Mann abkriege oder nicht, ob ich jetzt doch endlich mal ne Diät durchhalte, um einen Mann für die Kinder abzukriegen, wäre alles kein Thema mehr gewesen. Und dünner wäre ich auch geworden. Ganz von alleine.
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Daran denken, dass jede hochnäsige Anmerkung, immer schön mit Kondom, soviel Zeit muss sein, selbst im hormonellen Überschwang noch einen klaren Kopf behalten, wer ficken kann, kann auch verhüten, das kriegt man doch wohl hin, alles Quatsch, der Kopf war aus, alles egal, wird schon nix passieren, nee, eigentlich hab ich nicht mal das gedacht, eigentlich habe ich überhaupt nicht mehr gedacht, eigentlich habe ich erst nachher darüber nachgedacht, eigentlich habe ich erst dann gedacht, wie doof ich war und wie doof ich wahrscheinlich auch in Zukunft sein werde, weil die Hormone ja anscheinend stärker sind als mein Hirn, das blöde Weichei, nicht mal mehr darauf kann man sich verlassen.
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Ich weiß nicht mal seinen Nachnamen.