And the Oscar goes to …
1 Uhr, der Kerl muss zuhause schlafen, der Sekt ist kaltgestellt, zwei Packungen Kinder Bueno liegen griffbereit neben mir, und CNN zeigt die ersten Bilder vom roten Teppich.
1.10 Uhr. Hillary Swanks Kleid raubt mir jetzt schon den Schlaf: schlicht dunkelblau, aber den schönsten Rückenausschnitt, den ich je gesehen habe. Dagegen sieht Virginia Madsen ebenfalls in dunkelblau, schulterfrei, Versace, fast vulgär aus – and don’t get me started on Melanie Griffith, deren Lippen fast so groß sind wie ihr Antonio-Tattoo.
1.16. Puff Daddy Sean Combs macht Werbung für seine eigene Smoking-Collection. Wer lädt den eigentlich ein?
1.20. Aaaah, the elf is there. Orlando Bloom schick wie immer.
1.24. Spike Lee mit schwarzem Fez plus Bommel. Nee klar.
1.32. In der Werbepause zu Frau Engelke auf ProSieben gezappt. Sehr schön, wie Scott Orlin behauptet, dass er Leonardo DiCaprios Zwillingsbruder sei, während Anke meint, sie wären Mutter und Tocher.
1.35. Ärg, Renee Zellweger in klassischem Rot mit dunklen Haaren und … ja, ich glaube, sie hat noch Augen. Ich sehe sie grad nicht, aber sie sind bestimmt da. Scarlett Johansson in fiesen blonden Löckchen, die irgendwie auf ihrem Kopf aufgetürmt wurden und Wespentaille in schwarz. Kate Winslet in leuchtend blau und blond. Sehr elegant. Bisschen viel Glitzer im Ausschnitt vielleicht. Salma Hayek, oh wow, tiefblauer Lidschatten, wunderschöne Hochfrisur, rauchblaues Kleid, Prada. Würd ich sofort heiraten. Also sie, nicht das Kleid.
1.43. Aaaah, Clive Owen. Kommt leider nicht wirklich zu Wort, weil Frau Engelke ihn zuschwallt. Egal. Angucken und anschmachten. Back to CNN, wo ich weiterhin Salma Hayek angucken kann. Herr Scholz würde einen Herzinfarkt kriegen.
1.46. Gwyneth Paltrow in quetschendem Silber (Stella McCartney) und hängenden Schultern, Halle Berry in bleigrau … öhm … wieso hat Gwynnie ausgerechnet bei den Oscars immer so einen Blödsinn an?
1.55. Der erste Blick auf Jamie Foxx, der blaue Nadelstreifen trägt. Johnny Depp trägt blau mit schwarzem Kragen und hat sich mal wieder nicht rasiert.
2.00. ProSieben schaltet jetzt zur ABC-PreShow, die mal wieder ein paar memorable moments rauskramt. Die heulende Halle Berry, der heulende Tom Hanks und der verrückte Roberto Benigni. Immer wieder gerne.
2.12. Ach du scheiße, Jamba-Werbung. Die Nacht wird sehr, sehr lang werden.
2.14. Wow, Kirsten Dunst. Die erste Frau, in in schwarzer Spitze nicht billig aussieht.
2.15. Cate Blanchett wunderschön in hellgelb, eine Schulter frei, leicht ausgestellter Rock. Klassisch.
2.19. Jetzt spricht Scarlett Johansson über ihr Kleid: “As long as I don’t breathe for the next three hours, I’ll be fine.”
2.24. Penelope Cruz’ Frisur wiegt bestimmt mehr als der Rest von ihr.
2.25. Mike Myers lügt offensichtlich, als er behauptet, die Oscars nochmal moderieren zu wollen.
2.31. Auf geht’s. Schöner Clip durch die Filmgeschichte, in dem zum Schluss Shrek mit Charlie Chaplin aus dem Bild geht. Wenn ich mich nicht irre, ist Dustin Hoffman der Erzähler, der darüber schwadroniert, wie Filme Vergangenheit und Zukunft verbinden. Und da ist Chris Rock, der sogar ne Standing Ovation kriegt. Geht’s noch? Er hat noch nicht mal Hallo gesagt.
2.37. Okay, jetzt hat er Hallo gesagt. Und hält seinen Monolog: “Clint Eastwood is a star. Tobey Maguire is just a boy in tights.” – “Advice to the producers: If you can’t get a star – wait. If you want Russell Crowe and all you can get is Colin Farrell – wait. If you want Denzel and all you can get is me – wait!” – “Nobody wanted to make Passion of the Christ. Come on – they made six Police Academy movies!”
2.43. Eben noch über den Irak-Krieg gelästert, jetzt noch schnell einen Gruß an die Truppen rausgehauen. Und endlich kommt der erste Award. Halle Berry vergibt Best Art Direction an The Aviator. Erster Tipp von mir schon mal daneben.
2.46. Renee Zellweger ertastet sich den Weg zum Podium und vergibt die beste männliche Nebenrolle an … sehr schön: Morgan Freeman, auch wenn die Kamera die ganze Zeit auf Clive Owen bleibt. Standing Ovations. Sehr kurze, sehr ehrliche Rede. Und als Rausschmeißer zur Werbung erklingt die Star Trek-Musik. Huh?
2.53. Mir fällt grad auf, dass ich keine Miriam Pilhau in den Werbepausen ertragen muss. Hehe.
2.54. Robin Williams im Frack und pinkfarbenem Hemd redet über Animation, und man wünscht sich, ER würde mal die Oscars moderieren. “Sponge Bob Squarepants – maybe gay. Sponge Bob Hotpants – you go, girl!” Er vergibt den Oscar für Best Animated Feature an The Incredibles. Und so lustig der Film war, so langweilig ist die Dankesrede: Mom, Dad, Wife, Kidsblablabla …
3.00. Cate Blanchett war laut Chris Rock so überzeugend als Katharine Hepburn, dass Sidney Poitier letzte Nacht bei ihr zum Dinner war. Sie vergibt aus dem Publikum heraus Best Make-up an Lemony Snicket’s A Series of Unfornatunate Events.
3.02. Drew Barrymore, erwachsen in schwarz, sagt den ersten nominierten Song an. Beyoncé singt mit einem Knabenchor auf französisch (seltsames Bild) irgendein Lied aus Les Choristes.
3.10. Chris Rock fragt Passanten, nach ihren Lieblingsfilmen im letzten Jahr. Keiner hat einen von den nominierten gesehen, aber White Chicks wurde ziemlich oft erwähnt. Auch Albert Brooks behauptet, dass der Film sträflich übergangen wurde.
3.13. Scarlett Johansson berichtet von den Scientific and Technical Awards. War bestimmt ne tolle Party.
3.17. Pierce Brosnan vergibt sehr heiser zusammen mit Edna Mode aus The Incredibles Best Costume Design an The Aviator.
3.19. Chris Rock: “When our next presenter is not bedazzling us with his acting he is boring us with his politics.” Tim Robbins vergibt Best Supporting Actress an … yes! Cate Blanchett für The Aviator. Schnelle Rede: “Thanks to Martin Scorsese. I hope my son will marry your daughter.” In der Vorberichterstattung hat irgendjemand gesagt, dass sie der erste Oscar-Preisträger wäre, der einen Oscar dafür bekommt, einen anderen Oscar-Preisträger darzustellen.
3.26. Ein Einspieler erinnert an Johnny Carson. Im Clip beschwert sich Miss Piggy, dass sie nur deshalb nicht für die beste weibliche Hauptrolle nominiert wurde, weil sie ein Schwein sei.
3.29. Leonardo DiCaprio und sämtliche Regisseure der Best Documentary Features stehen auf der Bühne. Born into Brothels wird ausgezeichnet. Sehr schön. No Super Size Me.
3.32. Orlando Bloom und Kirsten Dunst vergeben den Oscar für Best Editing an The Aviator. Sieht mir immer mehr nach einem Durchmarsch für Marty aus.
3.35. Mike Myers sagt die Counting Crows an, deren Song Accidentally in Love aus Shrek 2 nominiert ist. Und jetzt, wo ich die Jungs sehe, merke ich, dass es noch schlechtere Frisuren als die von Scarlett Johansson gibt. Dem Sänger ist anscheinend irgendwas auf dem Kopf explodiert.
3.41. Adam Sandler und Chris Rock spielen Adam Sandler und Catherine Zeta-Jones und machen absichtlich extrem schlechte Sprüche. Sandler vergibt Best Adapted Screenplay an Sideways. Trostpreis. Aber immerhin.
3.46. Irgendeine Asiatin und Jake Gyllenhaal mit einer noch schrecklicheren Frisur als die Counting Crows, nämlich gar keine, vergeben Visual Effects an Spider-Man 2. Wieder dürfen alle Nominierten auf die Bühne. Die Ausgezeichneten freuen sich, dass sie nicht gegen Lord of the Rings antreten mussten.
3.49. Ich kenne den Mann am Mikro nicht, aber ich nehme an, es ist der President of the Academy. Er bedankt sich bei den Truppen. “We hope that a movie brings you back home for an hour or two.”
3.50. Al Pacino, struwwelig, vergibt den Honorary Oscar an Sidney Lumet. Während er über Lumet redet, schwenkt die Kamera ins Publikum, wo Morgan Freeman seinen Oscar angrinst. Ehren-Oscars sind immer eine prima Gelegenheit, aufs Klo zu gehen. Man hört ja spätestens bei der Standing Ovation, dass es weitergeht. Lumet hält eine schöne Rede, in der meint, dass er gar nicht allen Menschen danken könne, sondern dass er stattdessen lieber den Filmen generell danken möchte. “How do you thank Epstein for writing ‘Here’s looking at you, kid’ or Wilder and Diamond for ‘Nobody’s perfect’?”
4.04. Emmy Rossum sagt den dritten nominierten Song an, diesmal aus Phantom of the Opera. Andrew Lloyd Webber am Flügel, Beyoncé singt, diesmal aber mit mehr Glitzersteinchen als ein Kronleuchter. Wenn das Zeug alles echt ist, kann sie damit das ganze Kodak Theatre kaufen.
4.09. Jeremy Irons redet aus dem Publikum, als irgendwo ein Knall ertönt. Deadpan: “I hope that missed.” Er vergibt Live Action Short an Wasp. Die britische Regisseurin nennt den Oscar “the dog’s bollocks”.
4.11. Laura Linney, ebenfalls im Publikum, vergibt Short Animated Film an Ryan.
4.13. Kate Winslet marschiert zu Klängen von Titanic ein und vergibt Best Cinematography an The Aviator. Von der Bühne runter gibt’s Musik aus Terminator. Schöne Kombi, Mr. Conti.
4.20. Penelope Cruz und Salma Hayek haben 20 Pinguine hinter sich auf der Bühne (vulgo: die Nominierten, nur Kerle) und vergeben zuerst Sound Mixing an Ray und dann Sound Editing (vier Pinguine) an The Incredibles. Ich merke gerade, dass das Komische-Kategorien-Raten zur Zeiten von Lord of the Rings einfacher war. Bis jetzt neunmal daneben und sechsmal richtig. Mieser Schnitt.
4.26. Salma Hayek (die würde ich auch nicht von der Bühne lassen … okay, ich hör jetzt mit dem Sabbern auf) sagt den vierten Song an. Irgendwas Spanisches aus The Motorcycle Diaries. Antonio Banderas darf mit Carlos Santana singen. Kann mal irgendjemand IRGENDWANN Carlos die nervige Gitarre wegnehmen?
4.35. Natalie Portman in schlicht-grau vergibt Best Documentary Short Subject an Mighty Times – The Children’s March. Chris Rock schimpft auf das Orchester, das die Ausgezeichneten von der Bühne spielt: “Come on, they just got an Oscar on stage! Next time we’re giving them out in the parking lot. Drive-thru Oscar lane.”
4.39. John Travolta vergibt Best Score an Finding Neverland. Der Komponist Jan A.P. Kaczmarek dankt seiner Frau: “She is responsible for many good notes.”
4.42. Martin Scorsese vergibt den Hersholt Humanitarian Award an Roger Mayer, der sich für die Erhaltung und Restaurierung alter Filme einsetzt.
4.47. Annette Bening in schwarz moderiert den Clip mit den Verstorbenen des letzten Jahres an; Yo-Yo Ma spielt dazu. Ronald Reagan, Peter Ustinov, Fay Wray, Elmer Bernstein, Janet Leigh, Christopher Reeve, Jerry Goldsmith, Rodney Dangerfield, Tony Randall und Marlon Brando sind unter den Namen.
4.55. Ah, deswegen ist er da: Sean Combs kündigt den letzten nominierten Song aus The Polar Express an. Diesmal singen Josh Groban und nochmal Beyoncé, die jetzt wie eine silbrige Meerjungfrau aussieht. Ich mag Josh ja wirklich gerne, aber der Song ist echt ein Schnarchlappen.
5.00. Prince vergibt mit traniger Stimme den Oscar für den besten Song an … oh, das hätte ich nicht gedacht … an Al Otro Lado Del Rio aus The Motorcycle Diaries. Und der Komponist singt seine Dankesrede auf Spanisch.
5.02. Na denn: Sean Penn vergibt die Beste weibliche Hauptrolle. Jetzt bin ich gespannt. Filmausschnitte … Umschlag … wow! Hillary Swank. “I don’t know what I did to deserve this.” Und als erstes dankt sie ihrem Gatten Chad Lowe, den sie letztes Mal vergessen hatte. Ansonsten ist die Dankesrede bemerkenswert langweilig – und lang. Das Orchester meldet sich kurz, woraufhin sie grinsend meint: “Ah, you can’t do that because I haven’t got to Clint! I saved him for last.” Sie darf noch zehn Sekunden, aber dann schmeißen die Musiker sie mit der Melodie von The Magnificent Seven von der Bühne.
5.13. “The first woman to ever breastfeed an apple”, Gwyneth Paltrow, vergibt den Best Foreign Language Film an … bitte nicht Der Untergang … nein, The Sea Inside.
5.16. Samuel L. Jackson vergibt Best Original Screenplay an Eternal Sunshine of the Spotless Mind. Sehr schön. Charlie Kaufman machen die runtertickenden Sekunden auf dem Teleprompter nervös: “29 seconds, 28 … this is really intimidating … I try to look somewhere else … no, I don’t want to take my time, I want to get off the stage.”
5.22. Charlize Theron in irgendwas hellblau Rumwabernden vergibt Best Actor in a Leading Role. Ich hoffe ja immer noch auf Leonardo, aber … Filmausschnitte … Umschlag … yep, Jamie Foxx. Standing Ovations. Logisch. Und schon singt Jamie, und das Publikum singt mit. Seine Rede hört sich ein bisschen eingeschliffener an als die bei den Golden Globes, aber “I want to thank my daughter who just said to me before I got up here: Even if you don’t win you’re still good, daddy.” Aber jetzt kommt wieder die Stelle in der Rede, wo er über seine Oma redet und die Tränchen kommen … ochnaja.
5.32. Julia Roberts mit ungeahnter Oberweite präsentiert Best Directing. Go, Marty … och nee, Clint Eastwood. Ich hätte auf das Director’s Guild-Orakel hören sollen. Standing Ovations. Ich will gar nicht wissen, wie Sccorsese jetzt guckt. Clint redet über den Cast – “You’ve met a few of them” – und stellt seine 96jährige Mutter im Publikum vor. Ja, nett. Aber ich hätte trotzdem Scorsese … ach, egal.
5.36. Dustin Hoffman und Barbra Streisand, die irgendwie schwanger aussieht, vergeben den besten Film an … oh, das hätte ich nicht gedacht … Million Dollar Baby. Aua. Da habe ich ja fett daneben gehauen.
Viermal Million Dollar Baby, fünfmal The Aviator, und den Rest zähle ich morgen zusammen. Jetzt geh ich ins Bettchen, nach einer entspannten und recht zügigen Verleihung. Von Chris Rock war weniger zu sehen als ich gedacht hätte. Tscha. Strich drunter, würd ich mal sagen. “Good night, Brooklyn!”