Kingdom of Heaven (Königreich der Himmel, USA/UK/E 2005, 145 min)
Darsteller: Orlando Bloom, Liam Neeson, Jeremy Irons, Eva Green, Marton Csokas, Brendan Gleeson, Ghassan Massoud, Alexander Siddig, Edward Norton
Musik: Harry Gregson-Williams
Kamera: John Mathieson
Drehbuch: William Monahan
Regie: Ridley Scott
Trailer
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Vorweg: Wer sich Kingdom of Heaven wegen Orlando Bloom angucken möchte, sollte sich lieber das Plakat zu Lord of the Rings kaufen, denn den Gesichtsausdruck, den er da trägt, behält er auch hier stoisch bei. Er runzelt zwar bei großen Ansprachen (Jerusalem behalten, Diener zu Rittern schlagen, Jerusalem vielleicht doch nicht behalten) keck die Stirn und zieht die rehbraunen Äuglein zusammen, aber das war’s dann auch schon. Und auch sonst hat der Film leider nicht viel Abwechslung zu bieten.
Die Story, die ihren Namen eigentlich nicht verdient, will uns glauben machen, dass Orlando mal eben einem Mann (Liam Neeson) hinterherreist, der aus dem Nichts auftaucht, ihm erzählt, dass er damals seine Mama geschwängert habe und dass er ihn echt gerne mit ins Gelobte Land mitnehmen würde, weil er da noch ein paar Ritter brauchen könnte. Vor allem solche, die er vorher noch nie gesehen hat und die ihr Geld zurzeit als Hufschmied verdienen. Schmied, Ritter, wo ist der Unterschied, denkt sich Neeson wohl und muss seinen Leichtsinn mit dem Leben bezahlen – aber nicht, bevor er Sohnemann Orlando den einzig halbwegs hübschen Dialog des Films mit auf den Weg gegeben hat: “Be without fear in the face of your enemies. Safeguard the helpless. Speak the truth even if it leads to your death. That is your oath.” Oder so ähnlich. Woraufhin Orly auch gerne nach Jerusalem reist, um dort seine neu erlernten Tricks mit dem Schwert auszuprobieren.
Okay, das war etwas verkürzt wiedergegeben. Der eigentliche Grund, warum Orlando ins Heilige Land möchte, ist, weil er für sich und seine Frau, die sich umgebracht hat, um Vergebung bitten möchte. Er möchte schlicht und einfach in den Himmel kommen. In Jerusalem angekommen, bittet er Gott um Gnade, erhält aber keine Antwort. Und damit ist die Sache dann für ihn durch. Eine attraktive Prinzessin mit rauchig-grau umschminkten Augen (Eva Green) kommt des Weges und fällt ihm – im wahrsten Sinne des Wortes – in den Schoß, plötzlich ist seine Frau vergraben und vergessen, und in den Himmel kann man ja auch kommen, wenn man ein bisschen Blut vergießt.
Das Ärgerliche an Kingdom of Heaven ist, dass die Geschichte so wenig Respekt erhält, dass man sie eigentlich gleich hätte sein lassen können. Ob sie logisch ist oder konsequent oder immerhin halbwegs unterhaltsam – scheißegal. So kam es mir jedenfalls vor. Die Dialoge, die sich meist um irgendwelche Revierkämpfe im Heiligen Land drehten, waren so dermaßen gestelzt, dass man gar nicht mehr hinhören wollte. Brauchte man auch nicht lange, denn die nächste Schlacht wartete schon darauf, geschlagen zu werden. Das muss man Ridley Scott allerdings lassen: Filmblut sieht bei ihm stets äußerst attraktiv aus. Die ekligsten Gemetzel bekommen ein bisschen Weichzeichner drüber oder Zeitlupe, Blut vermischt sich telegen mit Sand oder Regen oder wir sehen eine so schräge Kameraperspektive, in der man eh nicht wirklich erkennen kann, wessen Kopf da gerade die Schultern verlässt, dass es durchaus reizvoll ist, sich die Schlachteplatte anzuschauen. Aber warum nun gerade gekämpft wird und wofür und wer überhaupt gegen wen, war mir persönlich leider völlig egal. Die Figuren bleiben blass und banal, die einzige Frauenrolle (Green) kam mir mehr wie Deko vor, anstatt einen anständigen Plotpoint zu machen, und Orlando Bloom, so gerne ich ihn mir anschaue, hat einfach nicht die schauspielerische Größe, einen derartigen Mammutfilm zu tragen.
Die Beweggründe hinter den Kreuzzügen bleiben völlig diffus. Man kriegt zwar mit, dass die Christen irgendwie Jerusalem ganz toll finden und die Muslime anscheinend auch, sonst würden sie sich nicht ständig deswegen die Köpfe einhauen wollen, aber das war’s dann auch. Beide Religionen werden nicht einmal ansatzweise beleuchtet. Man hört ein paarmal den Muezzin und sieht sich verbeugende Menschen, und Orlando darf einmal ein Gebet sprechen, aber das reicht einfach nicht. Vor allem, wenn Bloom sich problemlos aus seinem Gebet reißen lässt; so tief kann der Glaube dann wohl doch nicht sein. Warum der ganze Stress, aus England über die Alpen zu reisen, wenn ihm seine Religion nicht wirklich so wichtig ist?
Ich hatte das Gefühl, dass Scott peinlichst darum bemüht war, bloß niemandem auf die Füße zu treten. Die Muslime waren anscheinend allesamt äußerst höfliche Menschen, und die Christen haben Jerusalem eigentlich auch nur deshalb so hartnäckig verteidigt, weil sie eben schon mal da waren und nichts Besseres zu tun hatten. Bloom hält bei der letzten, alles entscheidenden Schlacht eine gewollt (aber nicht gekonnt) flammende Rede, dass es heute nicht um die Mauern und die Steine ginge, die diese Stadt ausmachten. Es ginge um die Menschen. Äh … nein. Es geht um die Steine, du Nase, denn Jerusalem ist eine heilige Stadt. Wenn es um die Menschen gehen würde, warum packt ihr dann nicht einfach alle die Koffer und geht wieder nach Europa, bevor euch die Männer des Halbmondes den Schädel spalten?
Kingdom of Heaven hat ein paar beeindruckende Bilder und mehr nicht. Keiner der Schauspieler ist mir wirklich im Gedächtnis geblieben, außer Alexander Siddig, bei dem ich mich die ganze Zeit gefragt habe, woher ich ihn kenne, bis mir einfiel, ach ja, Deep Space Nine, klar. Allein die Tatsache, dass ich über derartigen Blödsinn nachdenke, während gerade zwei Weltreligionen gegeneinander antreten, zeigt, wie langweilig das Ganze war. Ich hätte mir ein bisschen mehr Hintergrund gewünscht, ein bisschen mehr Spiritualität, anstatt den üblichen Kostüm- und Ausstattungs-Overkill. Ich hätte mir einen anderen Hauptdarsteller gewünscht, der über mehr als einen Gesichtsausdruck verfügt. Und ich hätte mir einen Cutter gewünscht, der Ridley Scott vorsichtig beibringt, dass zweieinhalb Stunden echt verdammt lange dauern. Viel zu lange.