Keine Werbung für Jesus

Mel Gibson will keine große Werbekampagne starten, um The Passion of the Christ im Rennen um die Oscars zu promoten:

“You should make your film available for Academy and guild members who might not have seen it during the normal course of release. It should not be a matter of how many times you’ve seen the ad.”

The move is unusual, given that producers and distributors traditionally spend tens of millions of dollars to promote their Oscar contenders each awards season. Davey said Icon had already sent out DVD versions of Passion to the 6,000 or so voting Academy members and wanted them to decide based on the quality of the picture alone.

While the tactic would make most ordinary industry executives blanch, this film and its filmmaker are far from ordinary. The Passion stirred up wide controversy over its depiction of the final days of Christ’s life when it opened around the world back in February, and is spoken entirely in Aramaic and Latin. It generated enough interest to make more than $600m (£323m) in global ticket sales.

Ich gebe dem Film nicht wirklich große Chancen. Vielleicht ne Nominierung, aber ich denke nicht, dass er ausgezeichnet wird. Dafür war er cinematisch dann doch eher Massenware, und, hey, die Story war total unüberraschend.

… in the eye of the beholder

I am Tray. And he is Wedgehead. And they both came as keychains and are now sitting in two different offices in Hamburg, missing each other. Just like their owners.

Priceless

Airport-Karte: 129 Euro.

Basisstation: 149 Euro.

iPod-Kopfhörer (ja, gehört nicht wirklich zur kabellosen Internetverbindung, aber wenn ich schon mal da war und meine alten sehen doch schon so ranzig aus und überhaupt): 39,90 Euro (von den LEBENDEN, Apple!)

Das selige Lächeln des Kerls, wenn er endlich gleichzeitig surfen kann und nicht immer darauf warten muss, dass ich das Kabel hergebe: unbezahlbar.

(Ja, wir liegen gemeinsam im Bett und haben beide unser iBook auf den Knien. Isses nich romantisch?)

It’s a girl!

Call me the unbelievable uterus: schon wieder Nachwuchs. Diesmal hat sich Brigitte als meine Tochter geoutet. Willkommen in der Familie.

(Blogtree spackt neuerdings etwas.)

Pixar Perfect

Sätze, für die ich den Guardian so liebe. Bitte beachten Sie besonders den letzten Absatz im folgenden Ausschnitt aus einem Artikel, der eher eine Hommage an den Stil, die Kultur und das Können von Pixar ist als eine unbeeindruckte Reportage über das erfolgreichste Filmstudio aller Zeiten: How Pixar conquered the Planet.

It is an article of faith at Pixar that trying to make your animated characters look as realistic as possible is as pointless as it is difficult. If you want to annoy one of the studio’s artists, simply mention the 2001 movie Final Fantasy: The Spirits Within, a critical and box-office disaster that sought to make its characters so lifelike it might as well have used real actors. And if you want to annoy yourself, make a point of seeing the forthcoming film Polar Express, a clunky animation from DreamWorks whose central character’s movements are based on motion-capture sensors affixed to the face of Tom Hanks.

“There is a contingent of the digital-effects community to whom that is the holy grail – to create photographically real humans,” says Brad Bird, the writer and director of The Incredibles and, previously, The Iron Giant. “To me that is the dumbest goal that you could possibly have. What’s wonderful about the medium of animation isn’t recreating reality. It’s distilling it.”

Computer animation’s best human characters, consequently, are strictly symbolic representations, not lifelike creatures. And in any case, profound human emotions are not always best conveyed by the characters who appear the most human at first glance. (If you need convincing of this, compare any single appearance by Charles Schulz’s endlessly complex Snoopy – animated or in strip cartoon – with the entire cinematic output of Richard Gere.)

Ich habe bis jetzt jeden Pixar-Film geliebt, manchen mehr, manchen weniger. Mit Monsters, Inc bin ich nicht ganz so warm geworden, weil ich den einäuigen Mike nicht so gut abkonnte (ganz im Gegensatz zum oberfluffigen Sulley). Aber ich weiß noch, wie begeistert ich bei Toy Story im Kino gesessen habe, fast ganz alleine, nur mit einem Freund in der 20-Uhr-Vorstellung, weil animierte Filme ja Kinderkram sind, da geht man ja nicht rein, wenn man älter als 6 ist. Ich weiß auch noch, wie skeptisch ich im Vorfeld war: Geht einem eine reine Computer-Animation nicht nach fünf Minuten auf den Keks? Können die Figuren mich genauso überzeugen wie die handgemalten Disney-Zuckerschnuten? Und ist ein Film über Spielzeug nicht doch ein bisschen doof?

Ich war nach fünf Minuten nicht genervt, sondern gefesselt. Ich habe mich sofort in Buzz Lightyears stoischen Heldenmut verknallt, war von Woodys Loyalität gerührt, habe mich vor dem kleinen Terroristen von nebenan gefürchtet und ihm die Pest an den Hals gewünscht und habe danach jedes Spielzeug mit anderen Augen gesehen. Toy Story ist bis heute mein liebster Pixar, einfach weil er einer der wenigen Filme ist, die ich immer und immer wieder gucken kann, ohne dass ein Abnutzungseffekt eintritt. Ich bin immer noch verknallt, gerührt und ängstlich und sitze immer noch mit offenem Mund vor dem DVD-Player.

Ich freue mich schon sehr auf The Incredibles. Und ich werde wieder meinen kleinen Buzz Lightyear aus dem Happy Meal mit ins Kino nehmen. Das ist Tradition bei Pixar-Filmen. Und wenn sich Woody benimmt, nehme ich ihn auch mit.

Buchreport

Vom Nachttisch weg: The Coma von Alex Garland. Das erste Buch, dessen Ende ich einfach nicht verstehe, obwohl mir der Autor sagt: No surprises here. Ich weiß nicht, was er mir sagen will, ich weiß nicht, ob der Mann, der im Koma liegt, jetzt nicht mehr im Koma liegt, aber eigentlich ist es egal, denn das Buch beschreibt sehr faszinierend einen Geisteszustand, der mir persönlich äußerst unheimlich ist. Leider ist es viel zu kurz und damit viel zu schnell vorbei. Ich mag den Stil von Herrn Garland sehr gerne; ich überlege immer, wie die wunderbar kurzen Sätze wohl auf Deutsch klingen. Hoffentlich genauso gut.

Der Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafon. Von der berüchtigten ZDF-Liste, von der ich bereits Die Wand gelesen habe. Schatten ist ziemlich in sich selbst verliebt; man merkt den meisten Zeilen an, dass der Autor wahnsinnig stolz auf seine gedrechselten Sätze ist, auf die kleinen Metaphern, die hübschen Wortspielchen. Ich fand es auf 500 Seiten irgendwann ziemlich anstrengend, obwohl die Geschichte eines jungen Mannes, der auf der Suche nach sämtlichen Werken eines Autors ist und dem dabei ein unheimlicher Fiesling in die Quere kommt, recht spannend ist. Deswegen fand ich es extra doof, dass die Lösung zum Rätsel (wo sind die ganzen verdammten Werke dieses Autors und wo ist er selbst?) der Hauptperson und damit dem Leser auf dem Silbertablett serviert wird, nämlich in Form eines Briefes, in dem fein säuberlich ein loser Handlungsfaden an den nächsten geknüpft wird, bis zum Schluss alles total klar und total langweilig ist. Diesen literatischen Ausweg kenne ich fast genauso aus dem Kino, wo plötzlich ein Zeuge auftaucht, wo stundenlang keiner war oder die Polizisten wahnsinnig zufällig über die Mordwaffe stolpern. Och nee.

Blankets von Craig Thompson. Eine graphic novel, vulgo Comic, die in recht schlichten, aber dafür umso effektvolleren Bildern die Geschichte eines jungen Pärchens im strengsten bible belt der USA erzählt. Sehr ruhig, sehr stimmungsvoll, sehr bedrückend. Und sehr schön.

The Time Traveller’s Wife von Audrey Niffenegger. Hab ich noch nicht ganz durch, gefällt mir aber sehr gut. Der Stil ist zwar nicht besonders bzw. er wird mir nicht als eigenständig im Gedächtnis bleiben, aber die Geschichte des Mannes, der ständig ungewollt in der Zeit umherspringt und seine Beziehung zu der Frau, die er als Kind kennenlernt und später heiratet, ist ziemlich spannend und manchmal arg herzzerreißend.

Herr Kapellmeister, D-Dur, bittschön

Wie ein Stern, leuchtest du in meinen Träumen, jede Nacht …

„Ja, schon ganz gut, aber bei Wie musst du drauf achten, dass es weder wie Fieh noch wie ein englisches W klingt. Versuch mal, fast ein B zu singen. Und bei leuchtet den Mund weiter aufmachen, wie bei Stern. Lass den Mund einfach auf. Und locker lassen. Leuchtet ist ganz tief, weißt du ja, je tiefer du singst, desto lockerer musst du werden. Ach ja, und Träumen … die Silben sind nicht gleich betont. Die wichtige Silbe ist Träu. Die kann eine Betonung kriegen. Aber bei men jetzt nicht einfach weggehen, sonst klingt das wie Träumnnn. Ich will das E schon noch hören, aber eben nicht so lang. Und bei Nacht das T ganz leise wegklingen lassen, nicht so fies und abrupt enden. Und nochmal.“

… würd mich so gern an deinen Strahlen wärmen, bis dein Feuer mich entfacht …

„Bei an deinen Strahlen haben wir das Problem der betonten Präposition. Das Wort an ist ja völlig unwichtig, aber da das der höchste Ton in der Tonfolge ist und der erste, betont man es ganz automatisch. Da musst du gegensteuern. Ein bisschen leiser reinkommen – ich weiß, ist schwierig, weil du hoch musst – und dann deinen etwas lauter. Und bei deinen und Strahlen auf die E’s achten. Nicht verschlucken, aber auch nicht zu lang dran rumsingen. Und wenn dein Feuer mich entfacht, dann würde ich das auch gerne hören wollen. Ein bisschen mehr Leidenschaft. Und nochmal.“

… will dich berühr’n, ich will dich halten, ich fass’ dich an, doch deine Haut, sie ist aus Glas …

„Der erste Satz besteht aus zwei Teilen. Auch wenn du kaum Zeit hast, versucht mal, zwischen berühr’n und ich eine Pause zu machen. Das sind zwei Dinge, die du da singst. Nicht so zusammenwerfen. Und der zweite Teil – was fühlst du da? Wenn du jemanden kaum anfassen kannst, weil er so zerbrechlich ist? Genau. Angst. Hör ich nicht. Stimme zurücknehmen, ein bisschen vorsichtiger singen, Silben betonen, ganz leise, auf Zehenspitzen. Und nochmal.“

… und du zerspringst in tausend Scherben, und ich werde wach …

„Hör dir mal selbst zu, wenn du zerspringst und tausend singst. Da sind ganz viele S und T drin. Die kann man richtig hart singen; zeichne mal ein Bild aus Konsonanten. Du musst hören können, wie weh das tut, wenn etwas zerspringt. Hörst du’s? Und wenn du wach wirst … ich weiß, dass wach ne Viertelnote ist und damit länger als die anderen, aber wenn du das wirklich so lang hälst, frage ich mich, wann wirst du denn endlich wach, verdammt nochmal? Bisschen früher rausgehen. Und nochmal.“

… Jeden Tag, bist du mir so greifbar nah, ich atme dich …

„Das Je von Jeden kannst du länger halten, du leidest schließlich jeden blöden Tag daran, dass du deinen Geliebten nicht kriegst, das hör ich noch nicht. Und das G von Tag hör ich auch nicht. Jeden Taaaaa … neenee. Aber kein K draus machen. Ich atme dich kannst du fast lautmalen. Atme kann man wirklich hauchen, versuch’s mal. Und bei dich dann mehr auf dem ch bleiben, richtig hauchen eben. Und nochmal.“

… doch so nah du mir auch bist, so unüberwindbar ist der Weg für mich …

„Bei ist der Weg ist das der die höchste Note, aber wie vorher das unwichtigste Wort. Das darf keinen Akzent kriegen. Und nochmal.“

… du gehst vorbei und siehst mich an, und mein Herz steht still, so atemberaubend schön bist du …

„Was fühlst du da? Da geht dein Geliebter an dir vorbei und du kannst nichts machen! Ich will hier Sehnen hören, Verlangen, Verzweiflung. Und bei schön kannst du dich so richtig in das sch reinkuscheln, Gott, ist der Mann schön, ich halt’s nicht aus, Begeisterung! Und nochmal.“

… und mit jedem sanften Blick lachst du meiner Seele zu …

„Blick ist eklig. Bl ist überhaupt die ekligste deutsche Buchstabenkombination zum Singen. Blllll. Das klingt immer blubberig, ganz egal, wie sehr du dich anstrengst. Bei Blick kommt noch dazu, dass du nicht zu lange auf dem I rumhühnern darfst, sonst wird das Wort quietschig. Und wenn du die Endung zu sehr betonst, knallt das wieder so böse, und wir sind doch grad so kuschelig drauf. Versuch einfach, so schnell und elegant wie möglich, an Blick vorbeizukommen. Früh rausgehen. Und dann lachst du meiner Seele zu. Das soll sich jetzt nicht nach wieherndem Gelächter anhören, aber ich muss schon merken, dass du dich grad richtig freust. Und nochmal.“

… Sag, wie soll ich es ertragen …

„Was denn? Lass es raus, lass es raus!“

… dass du so nah und doch so unerreichbar bist …

„Daaaaaass, nicht dasssss. Das tut weh, hör ich nicht, komm schon!“

… sag, was soll nur aus mir werden …

„Leise, fragend, nicht wääärdäään, auch wenn die Noten lang sind, vorsichtiger singen, jetzt wird’s wieder ruhiger nach dem Ausbruch eben.“

… wenn das Liebe, wenn das wirklich Liebe ist.

„Schön. Sehr, sehr schön. Nochmal von vorn.“

Und ich dachte immer, beim Singen ginge es nur darum, die richtigen Töne zu treffen.

(„Ach, über das Stadium sind wir doch schon weg. Und nochmal.“)

Edit, 16.08.2011: YouTube

This used to be my playground.

Drive, she said

Der Guardian behauptet, Autos in Filmen seien mehr als nur Fortbewegungsmittel. Manchmal sind sie eher der Hauptdarsteller: The Car’s the Star.

Small wonder that cinema and the internal combustion engine make such natural bedfellows. They were developed at roughly the same time, and came of age during the white-hot era of 1920s American capital. Side by side, they seduced the masses and changed the world. And down the years they have developed a sophisticated, ongoing dialogue.

A car in a movie is never just a car in a movie. It is a cultural and political statement; a shorthand that defines the film and its characters. How do we know that Robert De Niro’s Deer Hunter is still clinging to notions of patriotism even after his tour of duty in Vietnam? Simple: he drives a tail-fin Cadillac; that flamboyant bastion of US capitalism.

Ich gucke gerne Filmautos an. Abgesehen von solchen – sic – star vehicles wie The Fast and the Furious, dessen Handlung um die Autos rumgestrickt wurde, finde ich es immer nett, darauf zu achten, was die Hauptpersonen so fahren. In The Forgotten wurde der “red Volvo” von Julianne Moore von ihr erwähnt; das typische Soccer Mom-Auto, das ihre Vorstadtnormalität noch betont hat. Der Pontiac Firebird, den sich Kevin Spacey in American Beauty kauft, um seine Jugend wiederzubekommen. Der Ford Thunderbird, in dem Thelma und Louise natürlich offen gefahren sind, anstatt sich von einem Dach einengen zu lassen. Der New Beetle, der in Fight Club als Symbol für die neue Spießigkeit dran glauben muss.

Ich mag auch Autos, die nur für den Film konstruiert wurden. Der Audi auf Rollen für I, Robot. Der Lexus für Minority Report. Ich mag selbst das fiese Product Placement von Mercedes, die die M-Klasse in Jurassic Park und die E-Klasse in Men in Black II reingeschmuggelt haben. Nette Karren, nette Filme. Was will ich mehr?

Anywhere but here

Das objektive Bewusstsein, man hat jetzt alles, was man vor einem Jahr haben wollte. Und gleichzeitig die subjektive Überlegung, was könnte man denn jetzt noch haben wollen? Ist man nie zufrieden, mit dem, was da ist? Bleibt immer diese kleine nörgelnde Stimme im Hinterkopf, die einem zuflüstert, dass das Gehalt noch höher, die Wohnung noch größer, die Freunde noch besser sein könnten? Erreicht man irgendwann wirklich die Gelassenheit, das zu akzeptieren, was man nicht ändern kann oder verbeißt man sich erst recht in genau diese Dinge? Ist das genau der Punkt, an dem man aufhört, sich nach vorne zu bewegen, indem man plötzlich akzeptiert, dass alles so ist, wie es eben ist? Macht Veränderung glücklich? Macht sie glücklicher? Will man Grenzen überschreiten oder einfach nur verschieben? Ist Angst da, um sie zu überwinden oder ist sie ein Schutzmechanismus? Ist es Feigheit, abzulehnen oder Stärke? Ist es Feigheit, anzunehmen oder Kompromissbereitschaft? Gehen oder bleiben? Und wenn gehen, wohin? Undwiesoeigentlichich?

Wheezy Gröner

Ich bin allergisch gegen Katzen. Und, wie ich seit Donnerstag weiß, auch noch gegen Pferde.

Wir hatten unsere halbjährliche Unitrunde (Ringelpiez mit Anfassen, Verbrüderung, mal außerhalb der Arbeit mit Kollegen abhängen, Spaß haben, Kampftrinken). Die letzte ging in den Hanseatic Gun Club (wer Lust hat, wühlt sich in Anke1 bis zum 19. Mai durch), diese ging – keine Ahnung wohin. Uns wurde vorher nicht gesagt, was wir machen; die einzige Ansage war: „Warm anziehen.“ Also setzten wir uns nichtsahnend und gespannt um 11 in den gemütlichen Reisebus, prügelten uns altersgerecht um die Stullen und schaukelten auf die Autobahn Richtung Süden. Nach einer knappen Stunde erreichten wir Dahlenburg im Niedersächsischen, und die Ahnungen, die wir angesichts des mitgeführten Wäschekorbs voller Möhren und Äpfel schon hatten, bewahrheitete sich: Wir waren auf einem Reiterhof.

Direkt hinter dem Hoftor begann schon die Stallgasse. Die ersten Pferdchen guckten aus den Türen, die ersten Kollegen boten Leckerlis an, und Anke rotzte die ersten Taschentücher voll. Nach der Begrüßung durch die resolute Gestütsherrin mit Kleinkind im Schlepptau gab es die Stallführung, bei der ich nicht zum Niesen kam, weil ich die Luft anhielt ob des typischen Stallgeruchs, den ich seit meiner Kindheit nicht wirklich leiden kann. Klar, ich bin ein Mädchen und vom Land und damit prädestiniert zum Pferde-toll-finden (tue ich ja auch), aber den Geruch von den Viechern fand ich schon immer grenzwertig. Vor allem den Geruch von zehn von ihnen auf einem Haufen. Ich blieb also ein Anstandssekündchen im Stall, hörte den beknackten Namen zu (wer nennt ein dickes Pony Rebell?) und bahnte mir schnellstmöglich den Weg wieder nach draußen, wo ich in Ruhe weiterniesen konnte.

Die nächsten Attraktionen waren ein Esel, der ein beliebtes Fotomotiv war (Stadtkinder halt), und ein Wildschwein, das mit Weißbrot gefüttert wurde. Ein blondes Mädel mit pinkfarbenem Lippenstift und glitzernder Wimperntusche schickte uns dann auf den Weg zur Weide, wo wir zwei Stuten mit ihren Fohlen abholen sollten. Der Spaziergang in der Sonne tat gut, ich nieste nicht mehr, genoss die frische Luft und fühlte mich wie im Urlaub. Nach unserer Rückkehr gab’s erstmal Mittag; deftige Kartoffelsuppe, Brot, Bierchen dazu. Meine Art Partnerin übernahm die Rolle der Kompaniemutter und schöpfte aus riesigen Schüsseln die Suppe in Plastikteller, die auf den zwei großen Tischen verteilt wurden. Als wir fast mit dem Essen fertig waren, standen plötzlich zwei Ponys im Raum, an denen uns erklärt wurde, wie man Pferde striegelt und wie man auf ihnen reitet.

Ich kann es nicht mal leiden, wenn Hunde bei Tisch rumhängen, aber Pferde hatte ich bis dato noch nicht beim Essen gehabt. Ich wunderte mich mal wieder über die Landbevölkerung, ahnte aber auch, dass eine meiner Freundinnen (Tierärztin und Bauernhofbewohnerin) das völlig normal finden würde, dass da eben ein Hottehü im Esszimmer steht.

Nach dem Essen stand eine Planwagenfahrt an. Wer Lust hatte und über ein gewisses Maß an Können verfügte, könne aber auch nebenher reiten, wurde uns gesagt. Einige meldeten sich zum Probegaloppieren, und wir gingen dazu in die Reithalle.

Sobald wir in der Halle waren, merkte ich, dass mein Hals ein bisschen enger wurde. Ich nieste nicht mehr, sondern atmete flacher und angestrengter. Nach wenigen Minuten ging ich wieder ins Freie, wo es aber nicht besser wurde. Meine Lunge fing an, leise vor sich hinzufiepsen, aber ich dachte immer noch, ach, das wird schon wieder. Mein letzter Asthma-Anfall war Jahre her, ich hatte seit Ewigkeiten kein Spray mehr benutzt geschweige denn eins dabei, und irgendwie hatte ich anscheinend völlig vergessen, dass der enge Hals eben nicht einfach so wieder weggeht, sondern dass ich dafür Medikamente brauche. Anders kann ich es mir im Nachhinein nicht erklären, dass ich nichts gesagt habe, sondern mich stattdessen kurzatmig in den Planwagen gesetzt habe, in dem Decken für uns lagen, die mit Allergenen nur so imprägniert waren. Sobald wir losfuhren, wurde das Atmen immer schwieriger; ich reckte den Kopf zur Frischluft, die von vorne kam, und dachte überhaupt nicht daran, mal irgendjemand Bescheid zu sagen, dass es mir nicht gut ging. Alles, was ich dachte, war: atmen. Atmen. Atmen.

Ein Kollege fragte mich schließlich, ob alles okay sei, woraufhin ich nur noch keuchte, dass ich keine Luft kriege, gleichzeitig stoßatmete und anfing zu heulen. Der Planwagen wurde sofort angehalten, ich stolperte nach draußen und versuchte, in tiefen Zügen Luft zu holen, was natürlich nicht geht, wenn die Lunge schon dicht ist. Ich fiepste lustig weiter, Tränen der Anstrengung liefen mir über die Wangen, und anscheinend wurde das Gutsvolk angerufen, dass sie mich bitte mit dem Auto abholten und zum Arzt schafften. Ich habe davon nicht viel mitgekriegt. Ich weiß nur noch, dass meine Art Partnerin zum Händchenhalten mit mir gefahren ist und Smalltalk mit dem Gestütsbesitzer gemacht hat. Das Gestüt liegt auf dem platten Land; wir mussten erst zwölf Kilometer ins Nachbardorf fahren, um zu einer Apotheke zu gelangen. Die Angestellte dort schickte mich 100 Meter weiter zu einem Arzt, der das Stethoskop nur kurz an meinen Rücken hielt und sofort die Cortisonspritze aufzog.

Jeder, der Cortison verteufelt, hat noch nie Atemnot gehabt. Das Zeug wirkt wahnsinnig schnell; so ungefähr muss sich ein Junkie beim Schuss fühlen wie ich mich auf dem Behandlungsstuhl gefühlt habe, als meine Lunge innerhalb von Sekunden wieder frei wurde. Auf einmal ist der Druck um den Hals weg, die Luft geht wieder ganz tief in den Bauch rein und nicht nur bis zum Kehlkopf, die Verkrampfung löst sich, die Angst verschwindet.

Ich musste noch zehn Minuten da bleiben, weil der Arzt mich nochmal abhorchen wollte. Währenddessen hatte meine Art Partnerin irgendwelche Allergie-Tabletten für mich besorgt, die ich auch gleich in der Praxis schlucken musste. Danach wurden wir wieder auf den Hof gebracht, wo der Rest der Truppe inzwischen angekommen war. Unsere Unit-Mama hatte den Busfahrer angewiesen, mich nach Hamburg zurückzubringen, denn ich sollte natürlich nicht mehr direkt auf den Hof und am besten schnellstmöglich aus den Klamotten raus.

So kam ich in den fragwürdigen Genuss, ganz alleine in einem riesigen Reisebus über die dunkle Autobahn zu fahren. Der Busfahrer legte, ohne dass ich was gesagt hätte, eine DVD ein, und so guckte ich Wild Wild West, während der Bus sich seinen Weg durch das Hamburger Schanzenviertel bahnte, teilweise durch Straßen, in die ich mich nicht mal mit dem Auto reintraue, weil sie so eng sind. Sehr beeindruckend.

Mein Chef hat mich schwören lassen, zum Arzt zu gehen und mir wieder ein Spray verschreiben zu lassen, das ich dann bitte während der Arbeitszeit in der Schreibtischschublade aufbewahren soll, damit er weiß, dass mir nichts passiert. Das werde ich wohl tun. Obwohl es mich selbst am meisten überrascht hat, dass die Allergie bzw. das Asthma wieder da sind. Ich dachte, das Thema wäre seit Jahren durch. War wohl nix. Genauso hat es mich überrascht, dass man alles vergisst, was man bei Anfällen schon erlebt hat. Die Panik war wieder da, die Hilflosigkeit und auch gleichzeitig die irrige Annahme, ach, das wird schon wieder. Eigentlich müsste man sich doch daran erinnern, dass es eben nicht wieder wird, sondern dass man Hilfe braucht. Mein Hirn ist ein noch größerer Depp als meine Lunge.

Übrigens 1:

Ich habe diese Liste seine Liste nur deshalb nicht ausgefüllt, weil mir die Tode von Elvis, John Lennon, Kurt Cobain und vor allem 2Pac sowas von egal waren und es total uncool ist, das zuzugeben.

The Forgotten

The Forgotten (Die Vergessenen, USA 2004, 96 min)

Darsteller: Julianne Moore, Dominic West, Gary Sinise, Alfre Wodard, Anthony Edwards, Linus Roache
Musik: James Horner
Kamera: Anastas N. Michos
Drehbuch: Gerald Di Pego
Regie: Joseph Ruben

The Forgotten ist einer dieser Filme, die eine klasse Grundidee haben, deren Lösung einen aber ziemlich angenervt im Kinosessel zurücklässt, und deren Trailer wirklich Lust auf den Film machen, der dann aber im Endeffekt doch bloß zwei Stunden Fernsehen im Großformat ist. Und wenn selbst Julianne Moore, die ich sonst einfach vergöttere, nicht mehr macht als die Durchschnitts-besorgte Filmmutter, dann bleibt nicht mehr viel übrig, was man gut finden kann.

Wie gesagt, die Grundidee fand ich spannend: Eine Mutter trauert seit einem Jahr um ihren toten Sohn, bis auf einmal jeder um sie herum der Meinung ist, sie hätte sich alles nur eingebildet. Bilder von ihrem Kind verschwinden, Videos sind plötzlich gelöscht, und sowohl ihr Ehemann als auch ihr Psychologe (Gary Sinise, eher zurückhaltend) wollen ihr einreden, es habe ihren Sohn nie gegeben. Diese kleine, fiese Prämisse reicht für 20 spannende Minuten, in denen wir, genauso verwirrt wie Julianne Moore selbst, mit ihr durch ein bläulich ausgeleuchtetes New York rennen und uns fragen, was hier passiert. (Ich habe mich außerdem noch gefragt, wieso in jeder zweiten Einstellung die Brooklyn Bridge zu sehen ist, aber das nur nebenbei. Kein gutes Zeichen, wenn ich während des Films auf solchen Blödsinn achten kann.)

Schließlich trifft Julianne auf einen Vater, der auch ein Kind verloren hat; die beiden waren Spielkameraden, aber genau wie alle anderen erinnert er sich zunächst nicht an seine Tochter. Mama Telly (talking name?) schafft es, seine Erinnerungen wieder hervorzulocken, und gemeinsam sind sie nun auf der Flucht vor angeblichen Agenten und dem großen, bösen Unbekannten, das ihre Kinder auf dem Gewissen hat.

Ab hier starten die Plotlöcher – wenn sich Papa Ash plötzlich an seine Tochter erinnert, wieso dann nicht auch Tellys Ehemann – und der Film wird eine unausgegorene Mischung aus The X-Files und Without a Trace. Ohne zuviel verraten zu wollen – die Lösung zum Rätsel fühlt sich an, als ob dem Autor einfach ums Verrecken nichts anderes eingefallen ist für seine schöne Exposition, obwohl er wochenlang darüber nachgedacht hat. So nimmt der Film den Weg des geringsten Widerstands, wenn es um unerklärliche Phänomene geht, und der Zuschauer sitzt missgelaunt im Kino. Ich jedenfalls. Das routinierte Katz-und-Maus-Spiel mit den Agenten tröstete mich auch nur halbherzig über die albernen Special Effects hinweg, die mich außerdem am Anfang arg erschreckten, und das konnte ich nach der stimmungsvollen, psychologisch raffinierten Eröffnung nun so gar nicht leiden. Dass der Film auch noch ein Happy End hat, war dann endgültig zuviel. Wenn die Macher sich das verkniffen hätten, wäre ich sogar halbwegs versöhnt gewesen. Aber dass im Endeffekt jemand einfach seinen paranormalen Job nicht gebacken kriegt und dadurch alles wieder gut ist, fand ich dann doch arg grenzwertig.

Übrigens 2:

Beim Tod von Freddie Mercury hab ich geheult.

(Und bei Willy Brandt, aber das ist ne andere Kategorie.)

Absurdes Amerika

Das New York Times Magazine befasst sich in dieser Ausgabe mal wieder komplett mit Filmen, zum Beispiel mit dem Unterschied zwischen ausländischen und amerikanischen Filmen: What is an American Movie Now?

An American entry in this year’s Cannes competition, Shrek 2 continues the animated saga of the lovable, irascible green creature (whose voice is that of the international star Mike Myers doing a Scottish brogue); his bride, the princess; and his faithful donkey (voice by the very funny Eddie Murphy). Shrek 2 has the added bonus of Antonio Banderas, who gives the growing Latin market a chance to cheer for his Puss in Boots. As charming as Shrek 2 is, I found it an unsettling example of how big studios represent the United States to the world. While other countries have interpreted globalism as a chance to reveal their national psyches and circumstances through film, America is more interested in attracting the biggest possible international audience. At Cannes, war-torn Croatia was shown through the eye of the director Emir Kusturica, the French elite was exposed in Look at Me, the fear of female genital mutilation was depicted in Senegal’s Moolaade. And so on. America had a green fantasy creature and Michael Moore, who went on to win the festival’s top prize with his documentary Fahrenheit 9/11.

(…)

When you look at the big international hits of the year, it is easy to understand why the world views America with a certain disgust. Shrek may be a lovable (and Scottish) ogre, but nearly every other global hero in American movies is bellicose, intellectually limited, stuck in ancient times or locked in a sci-fi fantasy. American films used to be an advertisement for life in the states – there was sophistication, depth, the allure of a cool, complex manner. Now most big studio films aren’t interested in America, preferring to depict an invented, imagined world, or one filled with easily recognizable plot devices. “Our movies no longer reflect our culture,” said a top studio executive who did not wish to be identified. “They have become gross, distorted exaggerations. And I think America is growing into those exaggerated images.

My fear is that it’s the tail wagging the dog – we write the part, and then we play the part.”