Über Kunst und Moral

Aus der NYT: Good Art, Bad People.

„Yet art, when you experience it, seems ennobling: it inspires and transports us, refines our discriminations, enlarges our understanding and our sympathies. Surely, we imagine, we are better people because of it. And if art does this much for those of us who merely appreciate it, then it must reflect something even better and truer and more inspiring in the lives and character of the people who actually create art. We cling to these notions – especially that art morally improves us – against all evidence to the contrary, for as the critic George Steiner has famously pointed out, the Holocaust contradicts them once and for all. “We know that a man can read Goethe or Rilke in the evening,” Steiner writes, “that he can play Bach and Schubert, and go to his day’s work at Auschwitz in the morning.” Or as Walter Benjamin once wrote: “At the base of every major work of art is a pile of barbarism.”“

Bücher Juni 2012

Richard Friedenthal – Goethe: Sein Leben und seine Zeit

Sehr ausführliche und größtenteils gut lesbare Biografie vom Herrn Geheimrat. Mir hat gefallen, dass Friedenthal sich nicht sklavisch an eine Zeitleiste hält, sondern das Leben Goethes eher nach Themen ordnet. Weil diese immer noch halbwegs chronologisch sind, macht die Übersicht ziemlich einfach, und man bekommt ein sehr dichtes Bild der Persönlichkeit. Gleichzeitig lässt er Goethe nicht im luftleeren Raum existieren, sondern erwähnt auch Menschen wie Schiller, Napoleon, Beethoven oder diverse andere Größen, die diese Zeit bestimmten und teilweise mit Goethe interagierten. An den Stil muss man sich ein bisschen gewöhnen; das Buch stammt vom 1963 und liest sich des Öfteren auch so, vor allem, wenn Herr Friedenthal Goethes angeblich „typisch weibliche“ Charakterzüge seziert (gefühlvoll, romantisch, doof) oder wenn seine Liebe zu Dimituitiven seltsame Stilblüten treibt („Hürchen“). Nun ja.

Friedrich Ani – Die Erfindung des Abschieds: Ein Tabor-Süden-Roman

Der (angeblich, darauf komme ich beim letzten Buch der Liste noch mal zurück) erste Krimi der inzwischen ewig langen Tabor-Süden-Reihe. Hat mir sehr gut gefallen. Spannender Fall, schöne Charaktere (vielleicht ein paar zu viele für den Anfang, aber da müssen wir halt durch), angenehmer, persönlicher Stil. Ich komme allmählich auf den Krimigeschmack, glaube ich.

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Liza Marklund (Anne Bubenzer/Dagmar Lendt, Übers.)– Kalter Süden

Wie gesagt, ich komme auf den Geschmack. Ein freundlicher Mitfußballgucker hat mir am dramatischen Champions-League-Wochenende Liza Marklund empfohlen, woraufhin ich beim nächsten Buchladenbesuch spontan eins ihrer Werke mitnahm. Das Dumme: Dieser Band ist Teil einer langen Reihe um die Journalistin Annika Bengtzon und er greift natürlich Plotpoints aus vorhergegangenen Büchern auf. Das heißt, obwohl mir das Buch sehr gut gefallen hat und ich gerne mehr mit dieser Dame lesen wollen würde, sind die ganzen vorherigen Bände eigentlich für mich verschenkt, weil ich ja schon weiß, wer wen wie um die Ecke gebracht hat. Hmpf. Mal gucken, ob ich sie trotzdem nachlese, denn ich mochte sowohl Hauptfigur als auch Stil und habe mich gut unterhalten gefühlt.

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Arno Geiger – Alles über Sally

Sehr schönes, kleines, leises, feines Buch über eine Ehe und ihre Protagonisten. Sally und Alfred sind seit fast 30 Jahren verheiratet, und gerade Sally scheint langsam an den Konventionen, dem gemeinsamen Haus, den Kindern zu ersticken. Sie schafft sich Freiräume (vulgo: geht eine Affäre ein) und entdeckt darüber Dinge, die sie an ihrer Ehe schon als in Stein gemeißelt gesehen hat. Auch Alfred denkt über ihre gemeinsame Beziehung nach.

Das Buch beschreibt mit wenigen Rückblenden, schönen Dialogen und behutsamen Charakterzeichnungen nicht nur eine Beziehung, sondern das ganze Geflecht aus Job, Freunden, Hobbys und Verpflichtungen, das uns irgendwann umfängt und vielleicht definiert. Was wir an Opfern bringen, um es aufrechtzuhalten und dass diese Opfer vielleicht gar keine sind.

Ich bleibe absichtlich so schwammig, weil ich bloß nichts verraten will. Mir hat das Buch außerordentlich gut gefallen, weil es eben nicht beim „happily ever after“ aufhört, sondern quasi 20 Jahre danach noch mal nachschaut, was daraus geworden ist.

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Adam Zymorski (Ruth Keen/Erhard Stölting – Übers.) – 1812: Napoleons Feldzug in Russland

Über 1812 bin ich in einer Literaturbeilage zur Leipziger Buchmesse gestolpert und dachte, ach ja, über Napoleons Russlandfeldzug wolltest du ja schon immer was lesen. Hab ich natürlich nicht gedacht, aber die Zeitung hat einen verdammt guten Job dabei gemacht, mir den Mund zu wässern. Und nachdem ich noch über weitere Lobeshymnen stolperte, wurde das Ding halt gekauft. Gute Enscheidung.

Was ich bisher vom Feldzug wusste: Russland ist verdammt groß und verdammt kalt. Das wurde mir dann auch auf gut 600 Seiten noch mal bestätigt, aber das sehr lesbar, sehr spannend und sehr nachvollziehbar. Solange man den Irrsinn des Kriegsbeginns überhaupt nachvollziehbar finden kann, denn eigentlich wollten sowohl Napoleon als auch Zar Alexander nur ein bisschen mit dem Säbel rasseln, aber dann kamen sie aus der Nummer nicht mehr raus. Und mit ihnen eine Million Soldaten, Marketenderinnen und Menschen aus der Zivilbevölkerung, die bei Kampfeshandlungen starben, in brennenden Städten, bei dilettanischen Rückzugsbewegungen, in eisigen Flüssen oder die von ihren Kollegen gegessen wurden, während sie noch mit ihrem Tod durch Erfrieren bei -37° beschäftigt waren. Das Buch stützt sich zu sehr großen Teilen auf Augenzeugenberichte, Tagebucheinträge und Briefe, was einen sehr unmittelbar am Feldzug teilhaben lässt. Manchmal ein bisschen zu unmittelbar für mein kleines Puschelseelchen, das schon an einem abgebrochenen Fingernagel tagelang leiden kann, aber nun gut. 1812 ist beileibe kein Torture Porn, sondern beschreibt auch die unfassbare psychische und physische Stärke, die von den Menschen verlangt und teilweise aufgebracht wurde, erzählt begeisternd von der Logistik rund um solche Massenveranstaltungen, und das Buch setzt den Feldzug gekonnt in einen größeren historischen Kontext. Alleine die Vorgeschichte hat 100 Seiten im Buch, während die Nachwirkungen deutlich kürzer ausfallen. Große Empfehlung, wenn man sein Geschichtswissen über das heutige Europa unterhaltsam aufpolieren möchte.

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Jutta Rebmann – Angelika Kauffmann

Das ging leider gar nicht. Im Untertitel wurde mir ein „biografischer Roman“ versprochen, aber bekommen habe ich irgendwie bemüht formulierte Situationsbeschreibungen, die dauernd ihre Perspektive wechselten. Ich kann nicht beurteilen, wie viel oder wenig biografisches Material von Angelika Kauffmann vorhanden ist, und mir ist auch klar, dass man in derartigen Werken den Protagonist_innen Zeug in den Mund legen muss, damit man einen Roman hinkriegt. Aber dann sollte dieses Zeug vielleicht ein bisschen stimmiger formuliert sein – oder wenigstens so ähnlich wie die schriftlichen Zeugnisse Kaufmanns klingen. Hier stolperte ich ständig über eine recht moderne Ausdrucksweise, die so gar nicht ins 18. Jahrhundert passen wollte. Gleichzeitig schoben sich immer sachbuchartige Passagen in den angeblichen Roman, die zwar informativ waren, die aber in dieser Buchform so einfach nicht vorkommen sollten. Und den kleinen Geschichtchen aus dem 30jährigen Krieg oder den Legenden aus der Schweizer Bergwelt unterstelle ich auch, dass sie das Manuskript irgendwie auf 200 Seiten prügeln sollten, denn die Story vorangebracht haben sie nicht und als Lokalkolorit waren sie überflüssig. Nach 100 Seiten weggelegt.

(Merke: Nicht jedes Buch, das in einem Museumsshop liegt – hier war’s die Neue Pinakothek –, sollte da liegen.)

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Fjodor Dostojewskij (Hermann Röhl, Übers.) – Der Spieler: Aus den Aufzeichnungen eines jungen Mannes

Neulich stand ich vor meinem nie kleiner werdenden Stapel ungelesener Bücher, nahm ein Buch in die Hand, dann ein anderes, dann wieder ein anderes, und nachdem ich 20 Bücher in der Hand hatte, fühlte ich mich wie die Klischeefrau vor dem überfüllten Kleiderschrank, die nichts anzuziehen kann: Ich hatte nichts zu lesen. Aber im Bücherregal finden sich ja immer noch Werke, die ich in der bildungshungrigen Hoffnung kaufte, sie irgendwann zu lesen (Dante, Joyce, Homer, I’m looking at you). Zu diesen Werken zählte auch Der Spieler, und jetzt, wo ich ihn gelesen habe, bin ich sauer, dass ich das erst jetzt tat. Denn er ist, totale Überraschung, ziemlich großartig. Ja, natürlich ist alles schon 150 Jahre her und ein paar Dinge haben sich geändert, was den zwischenmenschlichen Umgang oder generell die Erwartung an das eigene Leben oder die Planung desselben angeht, aber die Personen könnten fast genauso auch heute vorkommen. Spielsucht, Liebe, Eigennutz, Prestige – alles noch da. Und, hey, das Buch ist nicht mal 200 Seiten dick. Kann man prima als Strandlektüre im Urlaub durchlesen. (Soll hier ja keiner rausgehen und sich sagen, was hab ich denn jetzt von diesem Hinweis auf einen Klassiker?)

(Volltext beim Projekt Gutenberg)

Thomas Mann – Lotte in Weimar

Die gute Charlotte ist als junge Frau das Vorbild für die gleichnamige Figur in Goethes Werther, und als alte Dame trifft sie den Schriftsteller noch einmal in Weimar. Diese Begegnung ist historisch verbürgt, und Thomas Mann hat daraus 400 Seiten gemacht. Von denen ich erstmal 70 brauchte, um in den Stil reinzukommen, denn im Gegensatz zu Frau Rebmann versucht Mann, nicht nur die Sprache von 1816 nachzuahmen, sondern schreibt gleich das ganze Buch so. Nach den Anfangsschwierigkeiten hat mich das Buch aber sehr im Griff gehabt.

Lotte steigt im Gasthaus „Zum Elephant“ ab und will eigentlich gleich los, Verwandte besuchen, aber stattdessen kommen Bewunderer_innen, Menschen, die den Werther lieben und die „echte“ Lotte sehen wollen und schließlich sogar August Goethe, von Beruf Sohn. Bei diesem Buch war ich sehr dankbar, vorher den Friedenthal gelesen zu haben, denn vieles, was Lotte und ihre Besucher_innen im Gespräch wegplaudern, kannte ich aus der Biografie. Vieles ist natürlich auch Fiktion, aber zusammen entsteht ein weiteres Bild von Goethe, seinen Beziehungen, seiner Familie und seinem Stand als großes literarisches Denkmal, das er schon zu Lebzeiten war. Leider hat das Ende mir überhaupt nicht gefallen, denn irgendwann trifft Lotte Goethe, und hier fand ich die nachgeahmte Sprache Manns auf einmal komisch. Goethe hat genügend eigene Zeugnisse hinterlassen und ich gestehe Mann zu, dass er versucht hat, sehr nah an ihnen zu bleiben, aber so ganz hat es eben doch nicht geklappt. Auf einmal war die charmante literarische Fingerübung ein bisschen zu intim. Aber das ist wie immer persönlicher Geschmack, und wer wäre ich, über Mann zu quengeln. Ich mochte auf jeden Fall Details wie die Benutzung des Worts „Bettschatz“, den Mama Goethe für Christiane Vulpius nutzte und der sich auch in Lotte wiederfindet.

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Friedrich Ani – Süden und das Gelöbnis des gefallenen Engels

Laut Wikipedia der zweite Band der Tabor-Süden-Reihe. Blöderweise springt aber jemand hier lustig-lebendig in der Gegend rum, der eigentlich im ersten Buch sein Leben verlor, weswegen ich etwas verwirrt bin, wann denn nun welches Buch … ist aber nicht so wild, denn auch hier hat mich die Geschichte überzeugt. Dieses Mal suchen Süden und seine Kollegen nach einem Mann, der nach 30 Jahren Ehe das klassische „Ich geh mal Kippen holen“-Manöver fährt und nicht mehr zu seiner Frau und Schwägerin zurückkehrt. Ich glaube, ich kann den Rest der Süden-Reihe bedenkenlos kaufen; ich mag den leicht melancholischen Stil gerne, der nie zum krampfhaft-überlasteten DRAMA, BABY wird, der mir so ziemlich jeden Tatort verleidet. Mir gefällt die Hauptfigur, mir gefallen die Nebenfiguren, mir gefallen die eingeworfenen München-Bezüge. Ich geh mal eben Bücher kaufen.

(Leseprobe bei amazon.de.)

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RIP, Nora Ephron

Immer noch mein liebstes Zitat von Nora Ephron. Es stammt natürlich aus When Harry Met Sally, als Harry Silvester durch New York rennt und auf einer Party vor Sally diesen Monolog loszulassen:

“I love that you get cold when it’s 71 degrees out. I love that it takes you an hour and a half to order a sandwich. I love that you get a little crinkle above your nose when you’re looking at me like I’m nuts. I love that after I spend the day with you, I can still smell your perfume on my clothes. And I love that you are the last person I want to talk to before I go to sleep at night. And it’s not because I’m lonely, and it’s not because it’s New Year’s Eve. I came here tonight because when you realize you want to spend the rest of your life with somebody, you want the rest of your life to start as soon as possible.”

„Der Kontrast zwischen einer sich von ihrer Umwelt abhebenden Leere der Stadien und den intensiven Stunden des Spiels beeindruckt mich immer besonders; er ist eine Materialisierung der grundsätzlichsten aller philosophischen Fragen, der Frage nämlich, ob man erklären kann, dass es etwas gibt – und nicht nichts. Wenn die Mannschaften aufs Feld kommen, dann artikuliert sich [dann „gibt es“] etwas [„nicht nichts“], dessen Teil wir – eben im Stadion – sein können.

Der Ort des größten Public Viewing im Land, nämlich die Straße des 17. Juni, ist – anders als die allermeisten Stadien – auch an Werktagen vom Verkehr erfüllt. Deshalb vielleicht, weil es den Kontrasthintergrund einer absoluten Leere dort nicht geben kann, werden im Public Viewing zwar Gemeinschaften, werden mystische Körper geformt – aber nie eine Ahnung vom Nichts. Dies bleibt das Priivleg der Stadien.“

Sehr spannender Text über das Public Viewing im Vergleich zum Stadionbesuch oder dem Fußballgucken auf dem heimischen Sofa. (Via @malomalo)

„Doch schäm ich mich der Ruhestunden
Mit euch zu leiden war Gewinn
Denn für den Schmerz, den ihr empfunden
Seid ihr auch größer als ich bin.“

Aus: Des Epimenides Erwachen: Ein Festspiel von Johann Wolfgang von Goethe

Aus Thomas Manns Lotte in Weimar, wo Friedrich Wilhelm Riemer, „Secretär und vertrauter Reisebegleiter seiner Excellenz“, zu Charlotte Kestner über Goethes Prosa spricht:

„Oder nehmen wir seine Prosa, die Erzählungen und Romanen, – wir haben das Thema wohl schon berührt, ich erinnere mich dunkel, schon davon gesprochen, mich darüber versprochen zu haben. Es gibt keine goldnere Gefälligkeit, keine bescheidnere und heiterere Genialität. Da ist nicht Pomp noch Hochgefühl, nichts von Gehobenheit im äußerlichen Sinn – obgleich innerlich alles wunderbar gehoben ist und jeder andere Vortragsstil, nämlich gerade der gehobene, einem daneben platt erscheint, – von Feierlichkeit nichts und priesterlicher Gebärde, nichts von Verstiegenheit und Überschwang, kein Feuersturm und Geschmetter der Leidenschaft – im stillen, sanften Säuseln, meine Liebe, ist Gott auch hier. Man möchte von Nüchternheit, von purer Nettigkeit reden, besänne man sich nicht, daß diese Sprache allerdings immer zum Äußersten geht, aber sie tut es auf einer mittleren Linie, mit Gesetztheit, mit vollkommener Artigkeit, ihre Kühnheit ist diskret, ihre Gewagtheit meisterlich, ihr poetischer Takt unfehlbar.“

Nachruf auf Ray Bradbury

„His task as a science-fiction writer was to imagine problems, to prick thumbs. But it was also to offer hope. He had foreseen mobile telecoms, iPods, wall-to-wall TV, talking trains and pedestrians arrested for walking the streets at night, but none of it was meant to spread unhappiness. He loved that fragile, rare, extraordinary thing called life, and wanted man to keep blowing on the coals of the universal wilderness and mystery that surrounded him.“

Aus dem Economist. Natürlich.

Wagner & Me

Heute startet der Film Wagner & Me von und mit Stephen Fry in den deutschen Kinos. Ich habe im letzten Jahr schon die einstündige Doku bei der BBC gesehen, die fürs Kino noch aufgeblasen wurde. Wer sie auch sehen will, wendet sich vertrauensvoll hier hin.

Küchenwerkstatt

Frau Kaltmamsell weilte in Hamburg und wollte mit mir essen gehen, was ein triftiger Grund war, mich endlich mal in die Küchenwerkstatt zu trauen, um die ich bis jetzt immer nur alleine und hungrig rumgeschlichen war. Bei einem Essen dieser Güte finde ich es immer schön, jemanden dabei zu haben. Man fällt dann nicht so aus dem Rahmen, wenn man stundenlang vor sich hinseufzt, weil alles so großartig aussieht, duftet und schmeckt oder versonnen die Nase ins Weinglas steckt, weil der Inhalt so glücklich macht.

Wir gönnten uns das Acht-Gang-Menü mit Weinbegleitung, davor noch einen Martini, danach noch Kaffee und Schnaps und eine handgefertigte Praline, und wir haben dafür beide mit ordentlich Trinkgeld knapp 200 Euro bezahlt. Wie immer in solchen Läden: völlig zu Recht.

Ich war wieder notizfaul, deswegen sind die Beschreibungen leider etwas unfundiert und nicht ganz so exakt wie ich sie gerne hätte. Ich könnte auch unter alle Bilder „LECKERGEILWUNDERSCHÖN!” schreiben, aber ich gebe mir mal etwas mehr Mühe. Außerdem fehlen die genauen Weinbezeichnungen; ich habe die Liste leider noch nicht zugemailt bekommen, aber ich bin natürlich viel zu ungeduldig, um darauf zu warten. Die editiere ich dann irgendwann rein und mache euch lautstark auf Twitter darauf aufmerksam.

Soweit ich mich erinnere, war das mittlere Bröckchen Schweineohr mit Schnittlauchblüten; es war jedenfalls mein Liebling des Küchengrußes, weil es so herrlich knusprigsalzigwürzigfrisch war. Auf dem zartflauschigen „Brötchen“ lag etwas Fischiges, der „Keks“ rechts war salziger Mürbeteig (auch großartig). Im Gläschen gab es fermentiertes Gemüse, wobei ich da mit etwas mehr Ooomph gerechnet hatte; ich dachte, eine Fermentierung sorgt dafür, dass alles intensiver schmeckt, aber hier waren Radieschen, Gurke und Rübe eher gedimmt. Wobei das vielleicht die Intention war: alles ein bisschen verzärteln. Im Hörnchen war Blutwursteis – oder etwas, das so geschmeckt hat. Schöne Kombi aus kühlem, sehr würzigem Schmelz mit dem leichten, knusprigen Hörnchen.

Laut Website Tunfisch-Sashimi, Artischocke, Ziegenjoghurt. Wobei die Artischocke sowohl als Creme vorhanden war als auch frittiert (und ich glaube, der Schaum war auch artischockig). Unter ihm verbargen sich noch ein paar Kaviarperlen. Alles zusammen war ein sehr schöner, leichter Reinkommer. Auch noch etwas vorsichtig in der Gesamtkomposition, aber deswegen genau richtig.

Der erste Wein war ein Sauvignon Blanc, den ich immer gerne als Einsteigerwein verschmähe, aber der hier war toll. In der Nase das übliche „NajaeinSauvignon“, aber im Mund dann winzige schwarze Johannisbeeren mit ein bisschen Grün dran, das der kalte Morgentau zackig gefressen hat. Ne Kiste zum Mitnehmen, junger Mann? Danke.

Frühlingspilze gebraten, geschmort, roh mariniert. Dazu in der Vertiefung Pilz-Pannacotta und Pilz-Tee. Leider wählte ich eine doofe Bildperspektive – von vorne sah der Teller aus wie ein mittelalterliches Schlachtengemälde. Tausend Details, an denen man sich erstmal satt sehen kann, bevor man sich satt isst.

Vor dem Gang hatte ich ein bisschen Respekt, denn Pilze stehen nicht ganz so oft auf meinem Speiseplan. Ich muss mich immer wieder mit ihrer Konsistenz anfreunden – aber netterweise war das bei diesem Teller nicht oder kaum nötig. Denn neben der für mich sehr beeindruckenden Optik kamen hier ebenso beeindruckende Texturen und Temperaturen zusammen. Da war ein Bissen sauer und kühl, ein anderer knusprig und warm, dann wurde es scharf, dann sehr mild, dann bröselte Krokant, dann floss Pannacotta. Das einzige, was mir am ganzen Abend nicht gefallen hat, war allerdings auch auf diesem Teller: der Pilz-Tee. Den fand ich zu gewöhnungsbedürftig, um mehr als ein, zwei Probeschlucke aufzulöffeln.

Garnele, weiteres Meeresgetier, Gurkensorbet und eine Sellerievinaigrette, die sich hier hinter dem Sorbet versteckt. Auch hier kostete ich eher zögerlich, denn genau wie bei Pilzen finde ich einige der Konsistenzen von Meeresbewohnern gewöhnungsbedürftig. Im Nachhinein bin ich aber mal wieder dankbar dafür, dass mich solche Menüs dazu zwingen, etwas zu essen, das ich sonst nicht bestellt hätte. Die Meeresschnecke war dann auch das einzige, auf dem ich etwas misstrauisch rumgekaut habe; die rohen Fischstücke dagegen waren alle großartig, genau wie das Grünzeug, dessen Namen ich mir leider nicht gemerkt habe. Die Alge oder was auch immer das war, bestand gefühlt aus lauter kleinen kühlen Perlen, und genauso hat sich das im Mund auch angefühlt. Aber so richtig toll waren die grünen „Krönchen“, von denen ich gerne eine Salatschüssel voll gegessen hätte. Bei diesem Gang verglichen die Kaltmamsell und ich mal eben unsere Eismaschinen und bastelten im Kopf schon Gurkensorbetrezepte. Ach, und das weiße Knusperzeug war genau das: weißes, leicht meeriges Knusperzeug. Nehme ich auch gerne noch ne Tüte von.

Und von dem Wein auch: ein Riesling Spätlese. Der kam völlig ohne jede Mineralität daher, die ich für Riesling als so charakteristisch empfinde. Er fing schon mit einer kleinen Walderdbeere in der Nase an, hatte die Säure irgendwo beim Erdbeerpflücken fallengelassen, und je länger er im Glas war, desto mehr war da Party. Irgendwann waren wir bei Erdbeerbowle auf einer Terrasse mit Verdi auf 120 Dezibel, und ich wollte jeden Schluck heiraten.

Gierig verwackelt: dreimal Kabeljau, Fenchelsaft, Senfblätter. Neben dem offensichtlichen Stück Kabeljau gab es Kabeljauperlen und – großartig – Kabeljau-Brandade. Gleichzeitig fein und mit Wumms, weichmildes Püree mit festen Stückchen, wobei sich die warme Brandade herrlich mit dem kühlen Fenchelschaum und den Senfblättern vertrug. Irgendwo verbargen sich hier ein paar Pfefferkörner, die dem Riesling ein bisschen, haha, Pfeffer unter dem Arsch gemacht haben, wo er sonst entspannt-waldspaziergangig vor sich hinfloss.

Der Magenaufräumer: Kürbisgewächse, Shiso, Tonic-Sorbet, Yuzu. Oder anders: Melone und Paprika, eiskalt und gut. Vor allem das Tonic-Sorbet hat sehr viel Spaß gemacht, wobei ich seit dem Restaurantbesuch begeistert den Kopf darüber schüttele, dass Paprika und Melone zusammenpassen. Die Zucchini-Kügelchen sahen immerhin hübsch aus, haben für mich sonst aber keinen Zweck erfüllt. Nörgeln auf sehr hohem Niveau.

Der erste und einzige Rotwein des Abends wurde geöffnet, ich hörte nur „Tempranillo“ und quengelte innerlich ein bisschen, weil ich den meist entweder belanglos oder anstrengend finde. Der hier roch zumindest erstmal anstrengend, nämlich nach Pferdeschweiß. Im Mund hatte man dann aber wieder den ganzen roten Obstkorb und kein Pferd mehr, aber ich werde mit dieser Traube einfach nicht so recht warm.

Zum Essen war er aber natürlich trotzdem perfekt. Es gab Reh aus der Göhrde mit jungen Rüben. Ich muss zugeben, wenn ich nicht gewusst hätte, dass es Reh ist, hätte ich es nicht erkannt. So oft esse ich Bambi nicht, aber ich verbinde es von diversen Familienessen mit Weihnachten, Rotkohl und viel Sauce und einem leicht-herben Wildgeschmack. Hier hätte ich blind auf Lamm getippt, das vielleicht mal ein Rind in der Verwandschaft hatte: wundervoll. Und sehr zart, wozu die deutlich erdigen Rüben einen schönen Kontrast bildeten. In einem Extratöpfchen wurde uns noch Heubutter serviert (das Heu war noch im Topf, wie ich beim wilden Löffeln feststellte), die viel zarter war als ich sie erwartete. Sie war die letzte Begleitung für die drei, vier Brotsorten, mit denen wir auch sehr viel Vergnügen hatten und ich jeden Teller leergeputzt habe.

Bei den salzigen Gängen waren die Pilze mein Favorit, bei den beiden süßen der hier: Kokosnuss, Erdbeere, Banane, Basilikum. Genauer gesagt war die Kokosnuss gefühlt schockgefroren, pulverisiert und wieder zu einem Baiser zusammengebaut, weswegen sie luftig vor sich hinbröselte. Bananencreme, Erdbeersalat und das Basilikum als frische Spitze dazu – ein Traum. Die Weinbegleitung war ebenso traumhaft: ein Süßwein, der fruchtigfrisch duftete, aber im Mund alles liebevoll auszuckerte und mit einer Blätterteig-Pfirsichtorte runterspülte.

Der Rausschmeißer: Süßholzwurzel, Blüte und Schokolade. Die charmante Ansage zum Teller: „Die Steine bitte nicht mitessen.“ Für den Hinweis war ich sehr dankbar, denn ich hätte sie gnadenlos angeknabbert. Mit Schokolade kann man bei mir ja nie was falsch machen, daher habe ich die Rolle und die Mousse, auf der erstere ruhte, dann auch genüsslich verspeist. Die Blüte war niedlich, die Erdbeercreme fruchtig, die Süßholzcreme eher nicht so. War noch nicht lakritzig genug, um mich zu verschrecken, aber diese Geschmacksrichtung ist noch weniger meins als Schleimpilze und Glibberfische (die wir heute beide nicht hatten).

Mein Getränk dazu war ein herrlicher Sherry, dem ein heißzuckriger Espresso folgte und ein klarer, milder Nussbrand. Plus eine Jasminpraline, während Frau Kaltmamsell sich als Rausschmeißer … äh … irgendwas anderes aus der liebevoll präsentierten Patisserie-Box gönnte.

Wie immer nach solchen Abenden bin ich schlicht glücklich, glücklich, glücklich, weil ich etwas derartig Schönes essen durfte – nachdem ich die Schönheit mit Gabel und Messer zerstört hatte, sorry. Sehr, sehr gerne wieder. Solltet ihr euch auch dringend gönnen.

Küchenwerkstatt
Hans-Henny-Jahnn-Weg 1 (Eingang Hofweg)
22085 Hamburg

Geöffnet von Dienstag bis Samstag von 19 bis 24 Uhr, Küchenannahme bis 21 Uhr.
Mittwoch bis Freitag auch 12 bis 15 Uhr, Küchenannahme bis 14 Uhr.

Reservierungen unter 040 – 22 92 75 88, per Mail unter mail@kuechenwerkstatt-hamburg.de oder direkt über die Website.

Marillenknödel

Dieses Wochenende ist Delicious-Days-Nachkochwochenende. Nach dem Salat kommen heute die Marillenknödel dran. Die sind ein bisschen schwieriger zu machen als Gemüse in Kleinzeug zu verwandeln, dauern aber nicht viel länger und kommen meinem Süßzahn weitaus mehr entgegen. Los geht’s.

250 g Quark, mindestens 20%, in einem feinmaschigen Sieb für eine Stunde abtropfen lassen. Nicky meint, bei großem Hunger reichen auch 15 Minuten.

6 kleine Aprikosen waschen, vorsichtig abtupfen und sie vom Stein befreien. Das heißt, sie entlang der Naht vorsichtig aufschneiden, möglichst so, dass die beiden Hälften nicht auseinanderfallen. Das hat bei mir nicht immer geklappt, aber das merkt man den fertigen Knödeln nicht mehr an. In die entsteinten Aprikosen nun jeweils
1 Stück Würfelzucker legen oder alternativ einen halben Teelöffel braunen Zucker geben (ich habe mich für den braunen Zucker entschieden).

(PS: Bei esskultur steht auch ein Marillenknödelrezept, das die Steine genial per Kochlöffelstiel entfernt. Das probiere ich beim nächsten Mal.)

Einen großen Topf mit Wasser zum Kochen bringen und es dann vor sich hinsimmern lassen.

Zum Quark nun
1 TL abgeriebene Zitronenschale (ich hab den kompletten Abrieb einer Zitrone genommen, Zitrone geht bei mir immer),
25 g weiche Butter,
1 Eigelb,
75 g Weichweizengrieß,
1–2 EL Vanillezucker und
1 Prise Salz geben. Alles grob verrühren (Löffel reicht, Mixer ist Overkill). Zum Schluss alles mit
50 g Mehl, Type 405, verrühren. Nun müsstet ihr einen halbwegs klebrigen, aber schon herrlich säuerlich duftenden Teig vor euch haben. Den nun aus der Schüssel auf die ordentlich bemehlte Arbeitsfläche befördern, zu einem länglichen Brocken formen und den in sechs Teile teilen. Jeden Teil flachpatschen, dabei gerne die Hände bemehlen, eine Aprikose auf den Teigfladen legen und damit die Frucht ummanteln. Das ist, glaube ich, das kinderlose Äquivalent zum Nachwuchsanziehen, wenn der keine Lust darauf hat, aber nach ein, zwei Aprikosen geht das ganz gut. Darauf achten, dass die Racker wirklich komplett mit Teig umhüllt sind und dass der keine Risse aufweist.

Das Wasser wieder zum Kochen bringen und dahinein nun die verkleideten Früchte geben. Ich habe sie liebevoll per Schaumkelle umgesiedelt. Die Temperatur verringern, so dass die Knödel nun in leicht simmerndem Wasser vor sich hinbaden, so ungefähr 12 bis 14 Minuten.

In der Zeit machen wir uns an die Hülle. Dazu in einer angemessen großen Pfanne zu gleichen Teilen
Butter sowie
Semmelbrösel erhitzen und die Brösel vorsichtig bräunen. Das hat bei mir zeitlich fast genau hingehauen; die Brösel waren braun, und wenige Minuten später durften die Knödel dann in ihnen baden. Dazu jeweils einen Knödel per Schaumkelle aus dem Wasser holen und ihn in der Bröselpfanne wälzen, bis er mit goldener Herrlichkeit umhüllt ist.

Mit Puderzucker bestreuen und heiß servieren. Wobei ich nachträglich noch Vanillezucker oben drauf gehauen habe und, auch ein Tipp von Esskultur, demnächst noch ein bisschen Zucker mit den Bröseln karamellisieren lasse. Mampf!

Sizilianischer Salat

Das Rezept lachte mich schon wegen der Fotos an – okay, die sind bei Nicky immer großartig, aber dieser Salat sah einfach so dermaßen gut gelaunt aus, dass man fast einbilden kann, er freue sich darüber, gegessen zu werden. Und ich freue mich darüber, ihn zu essen, denn er ist tolltolltoll.

Für vier bis sechs Personen
1 kleinen Kopf Radicchio,
1 Kopf Chicoree und
eine gute Handvoll Rucola in feine Streifen schneiden.
1 Knolle Fenchel vierteln und in feine Streifen schneiden. Wenn das Grün appetitlich aussieht, grob hacken und mitverwenden.
1 säuerlichen Apfel (bei mir Granny Smith) vierteln, entkernen und in feine Streifen schneiden. Schälen ist nicht nötig, ich hab’s trotzdem gemacht.
4–5 Radieschen fein hobeln.
1–2 Mohrrüben schälen und in Julienne verwandeln. (Hab ich vergessen.) Den ganzen Streifenkram in eine große Schüssel oder auf eine große Salatplatte umsiedeln und zwanglos mit den Händen vermischen.

1–2 Orangen oder Blutorangen schälen und filetieren. Dabei den Saft auffangen. Die Filets ebenfalls zum Salat geben, genau wie
1 Handvoll Pistazien und
1 Handvoll Mandeln, gehackt oder auch nicht (bei mir grob gehackt). Das ganze üppig mit
Salz,
schwarzem Pfeffer und
1 Prise Zucker würzen und zum Schluss den aufgefangen Orangensaft sowie
ordentlich Olivenöl darübergeben. Wer mag, würzt noch mit etwas Weißweinessig; ich hab mir das geschenkt.

Hellseher

Ein kleines Schlemmerbistro im Norden weiß schon, wie das morgige Spiel zwischen Deutschland und Portugal ausgeht.

Mocha White Chocolate Chip Cookies mit Fleur de Sel (ach komm, wir machen die Überschrift noch länger: Kaffee-Knusperkekse mit weißer Schokolade und Salz)

Frau Zorra hatte mal wieder ein kleines Rezept parat, das ein paar Tage in meinem Pinboard auf mich warten musste. Jetzt wo ich die Kekse gebacken habe, kann ich das nicht mehr nachvollziehen. Eigentlich hätte mich der Titel doch schon überzeugen müssen. Schlüsselreize „Cookies“ und „Mocha“ und „Chocolate“. Reicht.

Aus der folgenden Menge kommen laut Zorra drei bis vier Bleche raus. Ich habe alles halbiert und hatte jeweils neun Kugeln (teilweise Klopse) auf zwei Blechen, die nach dem Backen auch schön vollgekekst waren.

Erstmal
300 g weiße Schokolade mit Puffreis (bei mir Die Weiße Crisp) in winzige Würfelchen hacken.

Dann
130 g brauner Zucker (bei mir Demerara-Zucker),
120 g Kristallzucker,
200 g weiche Butter,
1/2 TL Salz,
1 TL Instantkaffeepulver (bei mir Espressopulver),
2 TL Vanille-Extrakt (bei mir schnöder Vanillesirup),
1 TL Essig (bei mir Weißweinessig) und
1 TL Natron
in einer Schüssel mit dem Handmixer verrühren. Anschließend noch
1 Ei und
240 g Mehl dazugeben, alles verrühren und dann für eine halbe Stunde lang im Kühlschrank parken.

Nach der Ruhezeit aus dem Teig, der eher ein bröseliger Zuckerschokoklumpen ist, Kugeln basteln. Zorra hat dazu einen Portionierer genommen; ich bin da pragmatischer (und abwaschfauler) und forme die Kugeln wie Frikadellen per Hand. Wie gesagt, bei mir waren es nur neun Kugeln pro Blech, denn die kleinen Racker sollten mindestens fünf Zentimeter Abstand zueinander haben – die Kekse laufen beim Backen fies auseinander. Aber bevor das passiert, muss auf jede Kugel noch ein bisschen

Fleur de Sel

gestreut werden, weil der Zuckerschock sonst zu groß ist.

Die Kekse circa 11 bis 13 Minuten auf der mittleren Schiene im auf 190°C vorgeheizten Backofen backen und danach abkühlen lassen, bevor man sie vom Blech spachtelt, sonst zerbröseln einem die Wunderwerke unter den Händen. Wie bei allen amerikanischen Cookies: Wenn sie so aussehen, als seien sie noch nicht fertig, sind sie fertig. Die dürfen ruhig noch feucht glänzen oder relativ weich sein, wenn sie aus dem Backofen kommen, die härten noch aus. Und. Dann. Schmecken. Sie. Unfassbar. Gut. Natürlich auch unfassbar süß, aber das Salz hält sehr schön dagegen. Den Kaffee habe ich allerdings nicht bemerkt, da werde ich beim nächsten Mal noch einen Teelöffel zusätzlich in den Teig geben. Und dann mach ich die Headline NOCH LÄNGER.

Ein sixtinisches Dankeschön …

… an Cornelia – hoffe ich, ich kann die handgeschriebene Karte nicht perfekt entziffern, aber es sieht eher nach Cornelia als nach Claudia aus; Entschuldigung, wenn der Name falsch ist. Auf jeden Fall hat die Dame mir die Verlagsbeilage der FAS in die Post gepackt, die sich auf sechs Seiten mit Raffaels Sixtinischer Madonna in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden befasst, die ich bei meinem letzten Besuch dort begeistert angeschaut habe. Vielen Dank für die Überraschung, ich habe mich sehr gefreut.

Gebackene rote Zwiebeln mit Walnuss-Salsa

Der Herr Ottolenghi mal wieder. Seine GuardianKolumne ist nicht mehr nur vegetarisch, aber meist koche ich doch was ohne Fleisch von ihm nach. So wie dieses Rezept, das für vier Leute als Vorspeise genügt. Ich lasse die putzigen Gramm-Angaben für Rucola und Petersilie mal stehen; ich ignoriere die immer und packe mir so viel auf den Teller, wie ich mag.


4 mittelgroße rote Zwiebeln schälen, von den Polen befreien (dafür gibt’s bestimmt ein besseres Wort – ich rede hier von Nord und Süd und nicht unseren Nachbarn im Osten) und quer in circa zwei Zentimeter dicke Scheiben schneiden. In eine ofenfeste Form umsiedeln, mit
Olivenöl beträufeln und mit
Salz und
schwarzem Pfeffer ordentlich würzen. Im auf 200°C vorgeheizten Backofen für circa 20 Minuten backen, bis sie etwas Farbe angenommen haben. Wenn sie das nicht tun, einfach noch mal ein paar Minuten unter den Grill hauen. (Habe ich nicht, weswegen meine Zwiebeln nur rot und nicht gebräunt sind.) Ein bisschen abkühlen lassen. Vulgo: Man möchte sich nicht den Mund an glühend heißen Zwiebeln verbrennen.

In der Zwischenzeit das Salsa zubereiten. Dafür
65 g Walnüsse, fein gehackt (bei mir eher grob),
1 rote Chilischote, fein gehackt (bei mir war’s nur ne halbe),
1 Knoblauchzehe, fein gehackt,
3 EL Olivenöl und
1 EL Rotweinessig
in einer Schüssel mischen. Bei Yotam im Rezept waren die Mengenangaben für Essig und Öl genau andersherum, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich drei Esslöffel Essig auf einen Esslöffel Olivenöl geben soll.

Zum Servieren
20 g Rucola mit
15 g glatter Petersilie und
60 g Ziegenkäse, zerbröckelt,
mischen, die Zwiebeln dazugeben und mit der Salsa übergießen.

Im Bild ist übrigens Feta zu sehen, weil Goldfischhirn Gröner den Ziegenkäse beim Einkaufen vergessen hat. Schmeckt aber trotzdem grandios. Wie immer bei Ottolenghi: viel im Mund, was viel Spaß macht. Warme, mildweiche Zwiebeln, der kühle Käse, die knackigen Nüsse, ein winziges bisschen scharf, ein Hauch sauer im Rachen und alles zusammen passt hervorragend. Nach dem ordentlichen Aufschichten fürs Foto habe ich übrigens alles in einem riesigen Pastateller vermengt. Sieht nicht mehr ganz so hüsch aus, aber die Zwiebeln fallen auseinander, und man kriegt bei jedem Bissen alles auf die Gabel.