Abends mit F. im Tantris DNA gewesen – und erstaunt einen großen Unterschied zwischen dem Haupthaus und dem kleineren DNA festgestellt. Eigentlich kein Wunder, denn es sind zwei verschiedene Köch*innen für die beiden Räume zuständig. Aber wie anders die Atmosphäre im hinteren, etwas intimeren Teil des Hauses ist, hat mich doch überrascht. Positiv!
Wir begannen mit sechs Austern zum Teilen und einem Glas Champagner. Austern sind bei mir immer Tagesform, mal finde ich sie großartig, mal kämpfe ich mit der Konsistenz. Gestern waren sie großartig, schon optisch ein Traum, und mit der feinen Vinaigrette dazu noch frischer als erhofft. Und, Allgemeinplatz, Entschuldigung, aber ich habe zum ersten Mal verstanden, warum die Kombination Austern und Champagner so beliebt ist. Weil sie einfach perfekt ist in ihrer Schlichtheit und der Konzentration auf das Produkt, die so viel mitbringt. Ich war schlagartig wach und sehr gut gelaunt und das hielt den ganzen Abend an.
Zum Champagner kamen noch zwei kleine Bissen aus der Küche und vor den weiteren Gängen noch ein Gruß, aber wir waren im Kopf schon beim Hauptgang und dem Wein. Denn: Normalerweise mögen wir die vom Haus vorgeschlagenen Menüs und nehmen auch immer die Weinbegleitung, einfach um so viel wie möglich zu probieren, aber seit einigen Wochen wollen wir nur noch eins: endlich mal eine ganze Flasche aus dem heiligen Tantris-Weinkeller für uns und eben nicht mehr ein unterschiedliches Glas nach dem nächsten. Also suchte F., der sich länger mit der Karte im Vorfeld beschäftigt hatte, einen Burgunder aus, wobei der Sommelier freundlicherweise mithalf. Wir erwischten die letzte Flasche dieser Sorte aus dem Keller, F. so: „Schade, wenn uns der jetzt so richtig gut schmeckt, wird es vermutlich schwierig, noch eine zweite Flasche aufzutreiben.“ Sommelier: „In Deutschland ja, aber in Frankreich müsste noch was gehen.“ Oder möglicherweise online.
Aber vor dem Rotwein zum Hauptgang kam erstmal die Entscheidung für einen Weißwein für mich und einen Cidre für F., der Blutwurst vor sich hatte, während ich glückselig mit zwei Jakobsmuscheln in Champagner-Hollandaise beschäftigt war, wobei mir die verschiedenen Texturen von Topinambur fast noch mehr Spaß machten. Ein Chip, eine Art Kraut, beides brachte hölzerne Noten mit, die die perfekt nussig-buttrigen Muscheln ergänzten. Ich genoss einen kalifornischen Chardonnay, der genug Säure mitbrachte, um gegen den Butterberg anzustinken. Ich vergaß das Etikett zu fotografieren, egal, es wird weitere tolle Weine geben. F. weiß alles: Es war ein 2016er Tyler Dierberg Vineyard Chardonnay.
Dann kam der Rotwein in die Gläser und wir nippten und diskutieren und freuten uns, dass nach diesem einen Glas nicht schon Schluss damit war.
Der Hauptgang war der Grund, warum wir überhaupt ins DNA wollten: das Kalbsbries Rumohr ist ein Klassiker auf der Karte, bei Witzigmann noch mit Strudelteig, nun unter Virginie Protat im Blätterteig. Die Pastete wird am Tisch tranchiert, es gab einen Hauch Sauce dazu, die Sauciere blieb am Tisch, was ein sehr guter Plan war, und dann genossen wir weiter wie schon seit Stunden. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren, wie sich das gehört, wenn die Zeit so herrlich ist.
Nach einer angemessenen Pause rollte dann der Patisseriewagen an den Tisch, ich entschied mich für ein Birnentartelette, F. sich für eins mit Zitrusfrüchten, wir erfuhren, dass das Haus die Kalamansi aus Frankreich bezieht, natürlich, aber eigentlich egal, es war ein neuer Wein im Glas – ein 2014er Cave Yves Cuilleron Condrieu Ayguets –, auch hier gönnten wir uns 0,5 statt 0,1 und zogen den Abend noch etwas in die Länge.
Kein Kaffee, kein Schnaps mehr, aber als wir schon unsere Mäntel gereicht bekamen, guckte ich so sehnsüchtig in die Bar, als der Barkeeper uns wiederbegrüßte, es war keine Diskussion nötig, wir zogen die Mäntel wieder aus, es regnete eh gerade draußen, wir gönnten uns noch einen kleinen Drink, aus dem dann zwei wurden. Normalerweise kommt auch in der Bar noch ein käsiger Gruß aus der Küche, aber gestern war ich wirklich froh, dass die Küche schon Feierabend hatte, denn außer Flüssigkeit passte nichts mehr in mich hinein. Der ganze Abend hat sich deutlich lustvoller angefühlt als vorne im Tantris, entspannter, leutseliger, ein Kellner meinte lächelnd, als ich das sagte, dass für ihn Protat quasi kocht wie eine französische Großmutter, und ja, genau so fühlt sich das an. Wie bei Oma, nur modern, aber heimelig. Vorne wird sehr eifrig nach den Sternen gegriffen und das sieht man den Tellern an und schmeckt man auch, aber hinten kann man es sich einfach verdammt gut gehen lassen. Ich möchte sofort wieder hin.