I, Robot

I, Robot erzählt relativ gradlinig die Geschichte einer Revolution. Und zwar die der Roboter, die im Jahr 2035 ein normales Haushaltsgerät geworden sind. Gegen wen die Roboter revoltieren und warum, fand ich spannend und größtenteils optisch ziemlich klasse umgesetzt. Der Film ist allerdings ein bisschen zu actionlastig für seine schöne philosophische Grundposition, die Sonny, ein Roboter der neuen Generation, als ersten Satz äußert: “Who am I?”

Mich haben viele kleine Ideen begeistert und mich so über die ziemlich schlichte Story hinweggetröstet. Autos, die auf Kugeln anstatt auf Rädern fahren und so in alle Richtungen beweglich sind. Die Art und Weise, wie ein Roboter eine Zeichnung anfertigt, was aussieht, als ob ein hauchfeiner Drucker über das Papier jagt. Oder das simple, aber geniale Hautspray, mit dem ein Mensch seine Wunden über seinen mechanischen Teilen wieder „heilt“.

I, Robot ist nicht nur das übliche Gebräu aus Autojagden, futuristisch angehauchten Settings und dem klassischen „Einer gegen alle“-Schema. Er hinterfragt die Beziehungen zwischen Mensch und Maschine, so es denn eine gibt oder geben wird; er versucht zu ergründen, warum Roboter einen freien Willen entwickeln könnten, und er bietet einige schöne Dialoge zwischen Will Smith und seinem mechanischen Gegner. So wirft Smith dem von seinem Chef so bezeichneten „Dosenöffner“ vor, er könne nie eine Sinfonie komponieren oder aus einer Leinwand ein Meisterwerk schaffen, worauf der Roboter unschuldig erwidert: “Can you?”

Collateral

Regisseur Michael Mann hat ein Händchen für schöne Settings und stimmungsvolle Bilder. Davon lebt auch Collateral, den nicht mal Tom „One face fits all“ Cruise ruinieren kann. Er kann den Film ein bisschen schlechter machen, und ein paar Szenen fallen auch sehr aus dem Rahmen der nächtlichen, grün ausgeleuchteten, fast elegischen Fahrt durch Los Angeles, aber im Großen und Ganzen ist Collateral ein sehr schöner Film geworden.

Die Story hat leider von Anfang an eine große Macke: Kein Killer würde meiner laienhaften Meinung nach einen Taxifahrer engagieren, der ihn von Job zu Job fährt. Unnötige Zwangskomplizen stören schließlich nur. Und so bemüht sich Jamie Foxx als Cabbie auch nach Kräften, Herrn Cruise bei seiner killing spree ins Handwerk zu pfuschen. Das gelingt ihm manchmal, manchmal eher nicht. Lakonische Dialoge, die fast Selbstgespräche sind, machen einen Großteil des Films aus. Manchmal gehen diese Dialoge in die Hose, so zum Beispiel, wenn die beiden gegenseitig ihr Leben analysieren. Dann doch lieber Gespräche über Moral und Professionalität anstatt über „Mein Vater war so gemein zu mir, wäwäwä“.

Collateral fühlt sich über weite Strecken an wie eine Meditation über die Stadt. Die Millionen von Menschen, die Anonymität, das Streben jedes Einzelnen nach dem großen Los und im Gegenzug das Scheitern an sich selbst, untermalt mit langen Kameraschwenks über leere Straßen, rote Ampeln und kalte Lichter. Der Film hätte so schön sein können, wenn nicht Foxx mittendrin kurz zum Gangster hätte mutieren müssen und Cruise zum Schluss nicht wie der Terminator ausgesehen hätte. Der Rhythmus des Films war damit leider dahin, und so reicht es nicht ganz für den Daumen nach oben. Aber die Grundstimmung des Films, die Einsamkeit, die kurzen Augenblicke, die alles entscheiden, das Hoffen auf den Sonnenaufgang – das hallt noch länger nach.

The Clearing

The Clearing (Anatomie einer Entführung) ist zunächst einmal ein schlichter Film über ein Klischee-Kidnapping: Willem Dafoe als Underdog-Klischee (beige Windjacke, leicht adipöse Ehefrau, Schwiegervater lässt nachts den Fernseher zu laut laufen, weswegen Willem nicht schlafen kann) entführt das Unternehmer-Klischee Robert Redford (blond, Wall Street Journal, Manschettenknöpfe, shoppende Ehefrau (wundervoll: Helen Mirren), erwachsene Kinder, die er laut Eigenaussage gerade erst kennenlernt, weil er ihr ganzes Leben lang gearbeitet hat).

Der Film wird in Zeitsprüngen erzählt; als nach Tagen endlich ein Lebenszeichen von Redford zuhause ankommt, sehen wir ihn immer noch am Tag seiner Entführung, seine Wanderung durch einen Wald mit seinem Entführer im Rücken, die Gespräche der beiden, in denen sich abzeichnet, wie der Film ausgehen wird und muss.

Das Kidnapping ist nur der Aufhänger; in The Clearing geht es eigentlich um die verschiedenen Lebensentwürfe verschiedener Menschen und wie wenig sie ihnen entkommen können, wenn diese erst einmal gemacht wurden. Jede Abweichung wird eliminiert, jede neue persönliche Richtung korrigiert. Der Film hat Dialoge, die so niemand sagen würde, aber sie passen in ihrer Irrationalität in die irrationale Situation, in der wir uns befinden; er hat sehr gute Schauspieler, die mit kleinen Sätzen oder Gesten mehr aus ihren Rollen machen, als man erwarten würde; der Film ist aber auch sehr linear und überraschungsarm. Vielleicht ist das aber genau seine Stärke: Alles kommt, wie es kommen muss. Niemand kann aus seiner Haut. No surprises here.

words in progress

Die alten Kinokarten durch die Hände gleiten lassen, nochmal nachfühlen, ob man wirklich im Kino war, sich erinnern, dass man in viele Filme aus einem blödsinnigen, irrealen Pflichtgefühl gegangen ist

– den unbekannten Lesern gegenüber, weil man ja nach dem Film planmäßig zum iBook fährt, rennt, bloß keinen Gedanken verlieren auf dem Weg nach Hause, neuerdings gerne mit dem Bus ins Kino, weil man danach ins Moleskine erste Fetzen schreiben kann und nicht bis zum iBook warten muss, sich an Zitate erinnern, an Bilder, an Momente, die besonders waren, an alles, was schön ist und neu und unbekannt und aufregend, dann diese unfassbaren Augenblicke zusammenfassen, dauert inzwischen fast immer genau eine Stunde, eine Kritik, eine Stunde, die Schwierigkeit, den ersten Satz zu finden, der in den Text hineinlockt und den letzten, der den Leser wieder entlässt, der Mittelteil, nicht zu opulent, aber doch ausführlich durchdacht, nicht zuviel verraten, nicht zuwenig, soll’s jetzt lustiglaunig werden oder doch eher faseligfilosofisch, da ist sie wieder, meine Lust am Worteerfinden, passt das denn überhaupt, ist das nicht zuviel von mir, muss ich mich nicht völlig zurücknehmen, wenn ich be-schreibe, ist ja schließlich das fertige Werk eines anderen, das ich seziere, muss ich nicht Abstand halten, kann ich so nah rangehen, kann ich mich mit einbringen, wenn nicht, wozu dann das alles, wozu sollte ich sonst schreiben, wozu sollte ich mich an alles erinnern, was weh getan hat

– dem anzuhäufenden Popkulturwissen gegenüber, man will ja schließlich wissen, was passiert, man muss Tagesschau gucken und Spiegel Online lesen und salondotcom und die völlig zugestopfte Blogroll, lesen, begreifen, hinterfragen oder doch bloß die Augen aufreißen und hoffen, dass ein paar der Buchstaben im Hirn bleiben, damit man schlau klingt, wenn man sich mit neuen Bekanntschaften unterhält oder total clevere Referenzen in seine Texte einfließen lässt oder lustige Ideen für Kunden entwickelt, nimm alles mit, lies mehr, guck mehr, mach mehr, probier mehr, nicht abschalten, dranbleiben, tuned stayen, weitergucken, weiterschlucken, weiterspucken bis dahinten über die Ziellinie, kannst du sie sehen, ich finde den Horizont schon nicht mehr vor lauter Worten und Bildern und Lärm

– mir selbst gegenüber, zwar weiß ich viel, doch möcht’ ich alles wissen und alles anfassen und alles essen und alles erleben, bloß nicht stehenbleiben, bloß nichts verpassen, bloß nichts vergessen, weiteratmen, schnellschnell, zackzack, ein, aus, rein, raus, lauf weiter, guck weiter, mach weiter, könnte ich glücklicher sein, wenn ich weniger wüsste, könnte ich zufriedener sein, wenn ich nicht immer irgendetwas nachjagen müsste, einem Ideal, einem Wissensstand, einem Fähigkeitsgrad, einer Optik, einer Summe, könnte ich einfach mal stehenbleiben und sagen, das ist es jetzt, mein Leben, so und nicht anders, nichts soll sich ändern, alles soll so bleiben, kann ich nicht, weiß ich ja, anywhere but here, anytime but now, anyone but me und selbst in den Momenten, in denen ich alles habe, in denen mir alles gehört, in denen mir nicht mal eine winzige Kleinigkeit einfällt, die ich mir wünschen könnte, selbst dann höre ich nicht auf, mir winzige Kleinigkeiten zu wünschen, und so merke ich gar nicht, dass alles schon da ist, was ich mir gewünscht habe, dass ich bin, was ich immer sein wollte, dass ich so glücklich bin, dass ich schon wieder unglücklich bin

wozu das alles, keine Ahnung, aber jetzt hab ich die Karte schon gekauft und das Licht geht aus und ich will den Leuten, die immer noch reden, eine reinhauen und da kommt das Produktionslogo und der Vorspann, Gesichter flackern, Leben werden erzählt und ich merke, wie ich lächele, bei jedem verdammten Film, es erwischt mich immer wieder, blödes Kino, blöde Filme, Flucht vor sich selbst, Flucht zu sich selbst, I salute you, I need you

I love you.






2004 revisited

Frau Ingeborch (Gott hab ihr Blog selig) hatte letztes Jahr einen schönen Fragebogen, den ich einfach nochmal ausfülle. Auch wenn er dieses Jahr widerlich wundervoll verknallt klingt, wie ich beim Korrekturlesen festgestellt habe. Außerdem hat der olle Dahlmann ihn schon vor mir ausgefüllt, was mich peripher anfrisst, weil mein Beitrag hier seit zwei Wochen auf Halde liegt. Blogger’s vanity.

(Antworten vom letzten Jahr hier (23. Dezember))

1. Zugenommen oder abgenommen?

Zugenommen. Zweisamkeit heißt doppelt kochen und doppelt abschmecken und Nachtisch kann man ja eh nie genug haben, da mach ich lieber ein bisschen mehr.

2. Haare länger oder kürzer?

So lang wie letzten Dezember. Im Sommer habe ich mal kurz den Pferdeschwanz in die Hand genommen und die Schere angesetzt, weil mir das Gewusel im Nacken auf den Zeiger ging. Aber jetzt sind die Haare wieder so lang wie vorher. Mal wieder Zeit für die Schere.

3. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?

Genauso kurzsichtig wie letztes Jahr.

4. Mehr Kohle oder weniger?

Mehr.

5. Mehr ausgegeben oder weniger?

Mehr. Raus damit, Wirtschaft ankurbeln.

6. Mehr bewegt oder weniger?

Ein bisschen mehr. Mal mit dem Kerl spazierengehen oder manchmal die halbe Stunde zum Kerl gehen anstatt das Auto zu nehmen. Und der Weg in die neue Agentur wird per Bus zurückgelegt: Das sind jeden Morgen wahnsinnige 300 Meter Fußweg zur Bushaltestelle/Agentur statt bisher 30 zum Auto.

7. Der hirnrissigste Plan?

Mich mit allen Menschen gut verstehen zu wollen. Bin gescheitert. Aber ich versuch’s nächstes Jahr einfach nochmal. Irgendwann klappt das schon.

8. Die gefährlichste Unternehmung?

Unit-Runde auf dem Ponyhof. Habe seitdem wieder ein Asthmaspray im Rucksack.

9. Der beste Sex?

Des Öfteren, ja, gerne, immer wieder, achissesschön. (ICH WAR JAHRELANG SINGLE, ICH DARF JETZT SO RUMSEUFZEN!)

10. Die teuerste Anschaffung?

Der Umzug mit all seinen Folgekosten. Die Umzugskartons waren allerdings umsonst, weil sie mir von einer freundlichen Leserin geschenkt wurden (bin immer noch begeistert). Neue Küchenmöbel, neues Sofa, Sessel, Regale, Kommode, Wandfarbe, Pinsel … you do the math.

11. Das leckerste Essen?

Geburtstagsfressen im Cox.

12. Das beeindruckendste Buch?

Sterntaucher von Astrid Paprotta.

13. Der ergreifendste Film?

Touching the Void.

14. Die beste CD?

Astronaut von Duran Duran. (Die subjektiv beste, nicht die, die alle Kritiker toll finden, oder? Dannisjagut.)

15. Das schönste Konzert?

Eröffnungskonzert der Hamburger Symphoniker. War das einzige Konzert, auf dem ich dieses Jahr war.

16. Die meiste Zeit verbracht mit …?

… dem Kerl.

17. Die schönste Zeit verbracht mit …?

… uns beiden.

18. Vorherrschendes Gefühl 2004?

Keep it coming.

19. 2004 zum ersten Mal getan?

Gesangsunterricht genommen. Eigene Texte auf einer Bühne vor Publikum gelesen.

20. 2004 nach langer Zeit wieder getan?

Verliebt sein.

21. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?

Neider, Nörgler, Nervensägen, die die Blogs!-Veröffentlichung biestig begleitet und das ganze Erlebnis etwas unschöner gestaltet haben, als ich mir das naiverweise vorher vorgestellt hatte. Die kaputte Waschmaschine, die die halbe Tiefgarage überflutet hat (thank you, Lord, for my Haftpflichtversicherung). Die Beule in meinem Auto, die ich immer noch spazierenfahre, weil ich mich nicht mal für drei Tage von Rocky trennen kann.

22. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?

Dass ich kein OS X und vor allem keinen Airport brauche. (Bin gescheitert. Und inzwischen auch gerne.)

23. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?

Nach dem piepsigen und total unmännlichen Tonfall zu urteilen, kam der selbstgebastelte Adventskalender für den Kerl ganz gut an.

24. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?

Jedes Lächeln, das ich mitkriege, wenn er glaubt, dass ich es nicht mitkriege.

25. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?

„Ich liebe dich.“

26. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?

„Ich liebe dich.“

27. 2004 war mit einem Wort …?

Einfach klasse, kurz vor fantastisch. Wo war doch gleich die Repeat-Taste?

Gib mir all dein Gold

Oder wenigstens ein bisschen vom Weihnachtsgeld: Spendenkonto des DRK. Wer lieber woanders was loswerden will – IT&W hat ne Menge Links.

Nebenbei: Das Genöle, dass täglich tausende von Menschen an irgendwelchen anderen Dingen sterben und dass die Leute doch genauso dafür spenden sollten anstatt nur, wenn was passiert, so wie damals beim 11. September oder der Flut in Ostdeutschland, das ist doch total doof, wenn die Leute nur so punktuell blablabla … Klappe halten. Wirklich. Lieber jetzt spenden als gar nicht. Auch wenn man sonst nix gibt. Dann eben jetzt. Passt schon.

The year in pictures

Business as usual at Anke’s: der Rückblick von filmtext. 2003 findet ihr hier am 27. Dezember, 2002 hier am 6. Januar.

Quälendste Filmminute:

Die Kreuzigung in The Passion of the Christ. Die Sekunden, in denen die Leinwand schwarz blieb, während das World Trade Center in sich zusammenstürzte, in Fahrenheit 9/11.

Entzückendste Filmminute:

“No Capes!” aus The Incredibles. Wie Bill Murray mit der Stoffeule in der Hand im Krankenhaus auf Scarlett Johansson in Lost in Translation wartet.

Mit XX hätte ich gerne diesen Film gesehen:

Something’s Gotta Give mit dem Kerl anstatt mit meinem besten Freund. Perfekter Knutschfilm. Schön, wenn dann auch wer zum Knutschen neben einem sitzt.

Freudigste Entdeckung:

Dass Theater eigentlich viel toller ist als Kino.
(Die Spielwütigen.)

Liebste Filmkritik:

Wie immer Stephanie Zacharek von salon.com, von der ich eigentlich jede Kritik mag. Beispielhaft sei hier die zu The Phantom of the Opera genannt, in der sie sich unter anderem fragt, ob die Maske des Phantoms nur deshalb ohne Extra-Befestigung hält, weil sie durch Eiter an seinem matschigen Gesicht festklebt: „The Phantom of the Opera lasts about 629 minutes (or maybe it’s just 627), and it isn’t over until the chandelier falls. If only we weren’t left feeling like its crushed, helpless victims, pinned under 1,000 pounds of cheap crystal.“

Aus dem Film bin ich gegangen:

Aus keinem. Wobei ich dieses Jahr auch nicht so oft im Kino war wie die letzten Jahre. Und wie immer hat nicht jede DVD vor meinen Augen Gnade gefunden. Da waren schon ein paar Stinker dabei.

Aus dem Film hätte ich gehen sollen:

The Terminal, Der Untergang, Ocean’s Twelve.

Hier hätte ich gerne mitgewirkt:

(T)Raumschiff Surprise. Meine Star Trek-Uniform passt nicht mehr.

Knutschen würde ich gerne mit:

Immer noch mit Viggo oder Kiefer. Aber ich setze mal Gaél Garcia Bernal und Patrick Dempsey mit auf die Liste.

Schönster Filmsatz:

“It’s all going to be gone soon. What do we do?”
“Enjoy it.”

(Eternal Sunshine of the Spotless Mind)

Verfilmt werden sollte mal:

Sag ich nicht. Sonst macht’s womöglich noch wer vor mir.

Ich freu mich auf:

The Aviator. Beyond the Sea. Batman Begins. Sophie Scholl. Meet the Fockers. Million Dollar Baby. House of Flying Daggers. Closer. Kinsey. Alfie. Ray. Sideways und viele weitere Filme mit Ein-Wort-Titeln.

I Heart My Car

Arbeitslohn: 55 Euro
Neue Batterie: 65 Euro
Mehrwertsteuer: 19,20 Euro
„Trinkgeld“ (geh mir weg mit Kleinscheiß): 80 Cent

Wieder durch’s McDrive fahren können: unbezahlbar.

(für Volker)

Vergissmeinnicht

(Update 3, 23.30 Uhr. Hat sich hoffentlich erledigt. Danke für eure Hilfe.)

Ocean’s Twelve

Ocean’s Twelve (USA 2004, 120 min)

Darsteller: George Clooney, Brad Pitt, Julia Roberts, Catherine Zeta-Jones, Matt Damon, Andy Garcia, Vincent Cassel, Casey Affleck, Scott Caan, Carl Reiner, Elliott Gould, Bernie Mac, Don Cheadle, Bruce Willis, Albert Finney
Musik: David Holmes
Kamera: Chris Connier, Steven Soderbergh (als Peter Andrews)
Drehbuch: George Nolfi
Regie: Steven Soderbergh

Offizielle Seite

Trailer

Ocean’s Eleven hatte eine richtig dämliche Story: Ein Langfinger beklaut einen Casino-Boss, weil der ihm sein Mädel ausgespannt hat. Aber der Film hat sich nicht eine Sekunde lang dämlich angefühlt, weil er schnell war, spannend, lustig, hübsch durchgestylt und weil er einfach lässig aus der Hüfte kam.

Ocean’s Twelve ist eine richtig dämliche Fortsetzung: Diesmal wollen zwei Langfinger sich gegenseitig beweisen, wer den Größeren hat. Und auch dieser Film fühlt sich nicht dämlich an. Sondern fürchterlich langweilig.

Die Geschichte: Der gelinkte Casino-Boss von damals (immer noch schön böse: Andy Garcia) findet das echt total doof, dass die Bande um George Clooney damals einfach so entkommen konnte. Also verlangt er von den Jungs, ihm innerhalb von zwei Wochen sein Geld wiederzubringen plus satten Zinsen. Ich habe bei den ganzen Millionenbeträgen irgendwann den Überblick verloren, aber ich glaube, der Scheck, den Andy zum Schluss kriegt – denn natürlich gelingt das Unterfangen – belief sich auf irgendwas bei 200 Millionen. Da man dafür mehr Casinos ausrauben muss als Las Vegas zu bieten hat und sich außerdem die Produktionsdesigner gedacht haben, ach lass uns doch mal in Europa drehen, da ist es billiger, landen die Jungs im malerischen Amsterdam, am Genfer See und in Rom, um irgendwas Wertvolles zu klauen.

Von Anfang an ist ihnen dabei eine allwissende Polizistin auf den Fersen – Catherina Zeta-Jones, die sich nie für einen britischen oder amerikanischen Akzent entscheiden kann, aber dafür gerne 10-Zentimer-Absätze und enge Röcke im Dienst trägt. Bei der Tatsache, dass die Polizei eine Rolle spielt, fängt der Film schon an zu nerven. Ocean’s Eleven war immer ein kleines strategisches Sandkastenspielchen: Du hast meine Frau, dafür mopse ich dir deine Kohle. Und dafür hole ich nicht meinen großen Bruder, sondern eine total dufte Bande von Kumpels, die alle ganz lustige Fähigkeiten haben. In Ocean’s Twelve dürfen Kommissare ermitteln, es gibt Formulare, die unterzeichnet werden müssen, es gibt sogar eine Rede von Zeta-Jones vor Europol. Dadurch, dass man plötzlich einen staatlichen verbeamteten Gegner hat und nicht mehr nur ein paar Überwachungsmonitore in einem Casino, kriegt das Ganze einen sehr schweren Anstrich.

Vor allem: Es geht ja eigentlich gar nicht um die klassische Räuber-und-Gendarm-Posse. Es geht viel mehr darum, dass ein Meisterdieb namens Nightfox (nett: Vincent Cassel) den Jungs um George beweisen will, dass er ein viel tollerer Dieb ist, ätschibätsch. Deswegen lässt sich George auf eine Wette ein: Die beiden versuchen, das Gleiche zu klauen, um ein für allemal festzustellen, wer nun der Bessere sei. Und weil man in Europa ist, klaut man kein schnödes Geld, sondern ein Fabergé-Ei. Vive la culture.

Nebenbei spielt übrigens auch noch der verschollene Daddy von Catherine eine Rolle, welche vor Jahren eine Affäre mit Brad Pitt hatte, und es geht noch um den großen, geheimnisvollen Mentor des Meisterdiebs und wahrscheinlich auch noch um den Kennedy-Mord, aber da habe ich schon nicht mehr zugehört. Das waren mir eindeutig zu viele kleine Geschichtchen, die sich zu einer großen zusammenfügen sollten, aber die stattdessen alle unbefriedigend aufgelöst wurden, weil sie eben blöderweise aufgelöst werden mussten; das gehört sich schließlich so. Ich für meinen Teil hätte auf sie verzichten können. Es wäre so einfach gewesen, das Rezept des ersten Teils zu wiederholen: Garcia will sein Geld zurück, George und Gang klauen irgendwas, fertig. Aber stattdessen musste wahnsinnig viel Ballast um die Grundidee rumgestrickt werden. Und ich habe mich zwei lange Stunden gefragt: warum?

Aber selbst den überladenen Plot hätte ich Ocean’s Twelve verzeihen können, wenn er mich wenigstens unterhalten hätte. Aber all das, was an Ocean’s Eleven so charmant war, hat hier nicht geklappt. Angefangen bei der Bande: Was für ein Genuss war es im ersten Teil, Brad und George zuzuschauen, wie sie ihre Spießgesellen rekrutieren. Und welche Fähigkeiten sie alle hatten! Jeder durfte zeigen, was er kann, und alles, was sie uns im Vorfeld vorführten, tauchte elegant und clever im großen Raubzug wieder auf. Diesmal hatte ich das Gefühl, es waren nur zufällig die gleichen Schauspieler dabei. Es hätten auch komplett andere sein können – keiner von ihnen macht irgendetwas Besonderes; eigentlich stehen sie alle nur gut gekleidet in der Gegend rum, reden über einen tollen Bruch, und dann ist der Film vorbei. Die meisterhaften Fähigkeiten haben diesmal der Silverfox und die Zuträger der Bande, die Hologramme basteln und wichtige Informationen haben. Die Jungs selbst dürfen stattdessen über Georges Alter spekulieren oder Matt Damon verarschen.

Einziger Lichtblick im Film und die Viertelstunde, die wirklich Spaß gemacht hat: als Julia Roberts einen Filmstar doubeln soll, um so ins Museum und zum Ei zu kommen. Und der von ihr gedoubelte Filmstar ist: Julia Roberts. Viele kleine Gags und Anspielungen machen hier jede Minute zum Vergnügen, angefangen von der tatsächlichen Namensgleichheit ihrer beiden Ehemänner: Filmgatte Ocean und Wirklichgatte Moder heißen beide Danny. Natürlich trifft die falsche Julia auch noch einen echten Star, und zwar keinen geringeren als Bruce Willis, dem sie, ganz weiblicher Fan, kreischend in die Arme fällt. Hier macht der Film wieder Spaß, hier kommt ein wenig von der ironischen Leichtigkeit durch, die den ersten Teil so schön dahinplätschern ließ.

Ich habe vieles aus Ocean’s Eleven vermisst: die plüschige und glitzernde Falschheit von Las Vegas, durch die der Film von vornherein eine nicht ernstzunehmende Grundstimmung bekommen hat. Das spielerische Tresorknacken, was wie ein Lausbubenstreich aussah und den ganzen Millionen von Dollar etwas Spielgeldhaftes gab. Und das Gruppengefühl der elf Panzerknacker, das aus den einzelnen Akteuren ein Dreamteam gemacht hat.

Ocean’s Twelve sollte wohl eine Neuauflage dieses spielerischen Gefühls sein. Stattdessen ist der Film schwerfällig und wirkt in vielen Szenen wie ein bewusstes Zitat. Jedesmal, wenn Brad Pitt isst, soll man sich daran erinnern, dass er sich in Ocean’s Eleven auch die ganze Zeit den Bauch vollgeschlagen hat. Aber woran man sich stattdessen erinnert, sind die Spiellust und die gute Laune, die der erste Teil gemacht hat. Und deshalb wird einem in jeder dieser „geklauten“ Szenen bewusst, wie bemüht und vor allem langweilig der zweite Teil geworden ist.

Und dann war da noch …

… die Urlauberin in Phuket, die willigen RTL-Reportern ihr Leid klagt, dass niemand von den Einheimischen dafür sorgen würde, dass die Strände aufgeräumt würden. Da könne ja wirklich keine Urlaubsstimmung mehr aufkommen. Wo man doch so schön Devisen ins Land bringe.

Deutsch ist katholisch. Englisch ist evangelisch.

Olaf Nicolai
Interieur / Landschaft. Ein Kabinett 1996–97.
Steine, Pflanzen, Licht, Tapeten, Fotografien.
Installation documenta X, Kassel

(via 18. Oktober)

Zur freundlichen Beachtung

The Fernsehratgeber blogs again. Welcome home.

(Edit: Und die Nebenstelle ist auch wieder da. Weihnachten.)