Pretty when you cry

Das Nichtmädchen hat ihren Jahresrückblick gemacht und dabei auch ihre fünf Lieblingsblogs aufgezählt. Ich habe es nach Frau Lu auf einen ehrenwerten zweiten Platz geschafft, allerdings mit dem Zusatz: „auch wenn sie nachlässt – oder täuscht das?“

Das frage ich mich seit einigen Wochen oder Monaten auch. Ich habe seit längerem das Gefühl, wieder und wieder das Gleiche zu schreiben. Agenturkleinkram, Filmartikel, mal kommentiert, mal nicht, wie geht’s mir heute, was macht der Kerl … die Filmkritiken sind viel weniger geworden, seitdem ich jemanden habe, mit dem ich regelmäßig meine Abende verbringe anstatt alleine ins Kino zu gehen. Ich habe deswegen ein schlechtes Gewissen, aber gleichzeitig sehe ich nicht ein, deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben, weil es ziemlich klasse ist, nicht mehr allein zu sein. Aber genau dieses Nicht-mehr-allein-Sein hat bei mir dazu geführt, anders zu schreiben. Oder bilde ich mir nur ein, anders zu schreiben?

Ist etwa doch was an der Theorie dran, dass man besser schreibt, wenn man schlecht gelaunt ist? Wenn ich mich durch meine alten Einträge klicke, gerade die, die zu Therapiezeiten entstanden sind, klingt des Öfteren eine Suche durch, ein Sehnen, ein Wunschdenken, Fantasie, Bilder, Unfassbares. Wenn ich meine momentanen Einträge lese, klingt alles nach geordnet, fertig, passt schon. Was sich in meinem realen Leben ganz, ganz wundervoll anfühlt, sorgt in meinem „Zweitleben“, nämlich dem, das ich in der Öffentlichkeit führe, dafür, dass sich dieses Leben anscheinend immer langweiliger liest.

Andererseits gibt es Weblogs, die trotz glücklicher Beziehung und geregeltem Alltag der Schreiber stets gut sind, immer Neues bieten, täglich ungewöhnlich bleiben. Also kann man die Theorie des „Nur gut, wenn scheiße drauf“ getrost in die Tonne treten. Was ist es dann?

Meine Faszination mit dem Medium ist nicht mehr ganz so groß wie am Anfang. Obwohl ich nicht zu den ganz early adopters gehöre, deren Weblogs noch in kleinen finnischen Clubs gespielt haben, bin ich doch schon etwas länger dabei. Das Neue ist inzwischen nicht mehr neu, die „Szene“ viel unübersichtlicher geworden, die Leserschaft vielleicht etwas fordernder. Die Alternativen sind nur einen Klick entfernt; wo es mir nicht gefällt, verweile ich gerade noch zwei Sekunden, bevor mich diese Seite nie wieder sieht. Man muss lauter brüllen, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Oder man muss anders brüllen als der Rest, einen eigenen Inhalt haben, eine eigene Stimme.

War meine Stimme jemals unverwechselbar? War ich jemals „anders“ und doch so gefällig, um eine konstante Leserschaft an mich zu binden? Ich kann es nicht sagen, ich konnte noch nie über meinen eigenen Kram urteilen. Ich erinnere mich daran, fünfzehn verschiedenen Leuten meine Textauswahl für das Blogs!-Buch vorgelegt zu haben, einfach, weil ich nicht sagen konnte, welcher Text buchwürdig war und welcher zu persönlich, zu banal, zu langweilig. Und selbst jetzt, wo das Buch raus ist und die Texte damit unveränderlich, bin ich mir nicht sicher, ob ich nicht den dämlichsten Grütz im ganzen Buch geschrieben habe.

Der Prozess des Buchmachens hat meine Faszination für das Thema Weblog auch ein wenig verändert. Die Zusammenarbeit mit so vielen Autoren schafft Reibungspunkte; nicht jeder kann mit allen anderen etwas anfangen. Einige haben sich von Anfang an relativ bedeckt gehalten, andere haben sich an die vorderste Front geschmissen; ich habe das gemacht, was mir zum jeweiligen Zeitpunkt richtig erschien. Aber je länger alles gedauert hat, desto weniger sicher war ich mir mit dem, was ich tat, schrieb, in die Öffentlichkeit brachte. Zum Schluss habe ich nur noch brave, politisch korrekte Platitüden abgeliefert oder es zumindest versucht, weil ich keine Angriffsfläche bieten und einfach nur in Ruhe schreiben wollte, ohne immer „eine von diesen Blogs!-Schreibern“ zu sein. So wie vorher auch.

Dass es nicht wieder so werden konnte wie vorher, ist mir inzwischen klar geworden. Niemand kann es allen recht machen, keiner schreibt in einen luftleeren Raum hinein. Ich habe mehrmals unbewusst einen schönen Flame losgetreten, weil ich nicht weiter als bis zur Nasenspitze gedacht und geschrieben habe. Ich habe sicherlich einige Leser, die mich so richtig schön scheiße finden und die sich jeden Tag davon überzeugen möchten, dass ich immer noch richtig schön scheiße bin. Whatever floats your boat. Aber warum kommen die anderen wieder? Die, die mich gerne lesen? Was ist besonders an meinem Weblog? Oder auch: Warum lese ich selbst eigentlich Weblogs?

Ich lese Weblogs aus einem Grund: Der Inhalt desselben überrascht mich, rührt, begeistert, informiert, fasziniert mich und das konstant über einen längeren Zeitraum. Kann ich das mit meinen Zeilen auch? Kann ich qualitativ bestehen neben den anderen Weblogs, die zum Beispiel bei Blogstats mit mir die oberen Ränge bekleiden? Gerade Blogstats sagt mir: Ja, das kann ich anscheinend. Aber wenn ich mich selbstkritisch frage, kann ich es nicht sagen. Ich weiß nicht, warum mich Leute lesen. Ich weiß auch nicht, warum sie mich irgendwann nicht mehr lesen. Und ich weiß nicht, warum mir mein Weblog im Moment nicht mehr ganz so gut gefällt wie vor einem Jahr.

Komischerweise hat das neue Layout und das dazugehörige Redaktionssystem dieses Gefühl nur noch verstärkt, anstatt (wie geplant) ein „frischer“ Neuanfang zu sein. Das Layout gefällt mir immer noch und auch jeden Tag besser, aber mit WordPress habe ich meine Schwierigkeiten. Früher hatte ich ein HTML-Dokument für jede Woche, das ich „händisch“ jeden Abend befüllt habe. Ich hatte tagsüber, bei der Arbeit, keinen Zugriff auf meinen Rechner zuhause und konnte daher nichts zwischendurch posten, selbst wenn ich manchmal gewollt hätte, um aktuell zu sein. Und jetzt, wo ich den Vergleich habe zum Jederzeit-spontan-posten-Können, stelle ich fest, dass ich meine alte Seite vermisse. Ich schreibe nicht befreiter, sondern gehetzter. Ich vermisse den wöchentlichen Rhythmus, mit dem ich das Dokument selbst ins Archiv gestellt habe, das Monatsarchiv gestaltet habe, meine Lieblingseinträge in die jeweiligen Unterkategorien verschoben habe. WordPress macht alles alleine, und ich habe das Gefühl, dass meine Einträge nur noch an mir vorbeirauschen. Alles fließt, nirgends ein Anfang, nirgends ein Ende, ich kotze meine Buchstaben fast mechanisch aus.

Ich weiß, dass diese Stimmung nicht lange anhält – bald gibt es wieder einen Film, zu dem ich etwas schreiben kann (wenn ich denn ins Kino gehe) oder ich finde einen wunderbaren Artikel, zu dem ich meinen Senf dazugeben möchte oder es entsteht mal wieder eine Alltagsbegebenheit, die sich interessanter anfühlt als der Rest meiner unanstrengend gleichförmigen Tage. Aber darauf zu warten, ist zäh. Und ich finde es im Moment selbst schwierig, die Faszination für dieses Weblog aufrecht zu erhalten.

Katherina Dalton, 1919–2004

Das NYT Magazine veröffentlicht in seiner heutigen Ausgabe einen Rückblick auf die Toten des Jahres 2004. Neben den bekannteren Namen wie Marlon Brando, Rick James, Helmut Newton und Elisabeth Kübler-Ross findet sich auf der illustren Liste auch Katherina Dalton, die „Entdeckerin“ von PMS: The Prophet of PMS.

Dalton and Greene coined the term PMS in a pivotal paper they wrote in 1953. And it was Dalton’s tireless efforts that put PMS on the map. She wrote up case studies of women brought back from the brink by progesterone therapy. She did large-scale studies that showed schoolgirls’ grades declined by 10 percent premenstrually, followed by a 20 percent increase postmenstrually. She found that half of all female suicides in England in the 50’s and 60’s occurred in the four days before menstruation, as did half of crimes committed by women. Her best-selling books were revered by readers, but the medical establishment was ambivalent about her findings. Dr. John Studd, a British contemporary, called her methods the biggest medical scandal of the 20th century. Anne Walker, a feminist psychologist, questioned whether cramps and moodiness amounted to “disease.” Still, women surged toward Dalton for help.

Springfield/Slough

Ricky Gervais, verantwortlich für das wundervolle Office, schreibt eine Episode für die wundervollen Simpsons:

Having originally agreed to follow Tony Blair, Paul McCartney, Bill Clinton and countless others by voicing a character, he has now agreed to go one stage further at the behest of the show’s creator. Matt Groening, a fan of British comedy in general and The Office in particular, asked Gervais to write an episode after meeting him in Los Angeles last year when the British comedy won two Golden Globe awards. “It was embarrassing, because he was saying how much he loved The Office and I was saying how much I loved The Simpsons. It turns you into a nerd because I was quoting bits of the show back at him,” said Gervais.

The pair met for lunch before Wednesday’s British Comedy Awards in London, where Groening was given an outstanding contribution award. Gervais and co-writer Stephen Merchant also won a prize for their work on The Office. Having agreed to write the script with executive producer Al Jean, Gervais said he had already completed a first draft. “I bang it down, give it to them, they make it funny and I claim the credit,” he said. “I feel like I know Homer. It’s a joy.”

Darf ich erwähnen, dass es unter der Motorhaube eines BMW viel üppiger aussieht als unter der eines Fiat Uno? Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich eben ziemlich ratlos vor meinem Schatz gestanden habe und mich nicht entscheiden konnte, ihn vollzufluchen oder vollzujammern, weil er nicht anspringt, obwohl er das doch gestern brav und mehrmals getan hat. Die Batterie geht (Test: Autoradio läuft), der Anlasser funktioniert (Test: gibt Laut), also hoffe ich, dass es nur ein doofes Kabel ist, das die Lichtmaschine nicht mehr findet. Mein Problem ist, dass ICH die Lichtmaschine auch nicht finde und deswegen nicht überprüfen kann, ob meine grandiose Laientheorie stimmt. Was anderes fällt mir nicht ein, denn andere Probleme hatte ich in meinem Autofahrerleben noch nicht. Wenn irgendjemand noch eine weitere Idee hat oder (viel besser) einen Kumpel/eine Kumpelin, die Sonntags total wild drauf ist, fremden Bloggerinnen zu helfen, DIE DOCH NUR MAL EBEN ZU MCDONALD’S WOLLTEN, dann bitte flugs melden, ehe der Kerl einen Nervenzusammenbruch bekommt, weil ich hier nölend im Bettchen sitze und hungrig bin und NICHT SISSI GUCKEN KANN, weil Herr Kerl Sport sehen will.

Weihnachtssteno

Schokolade, Schokolade, Schokolade mit Sprachschnitzern („Valrhona ladet Sie ein“), Elfriede Jelinek (mit kleinem „Nobelpreis für Literatur 2004“-Aufkleber), Ingeborg Bachmann, einen kleinen Unkostenbeitrag von meinen großzügigen Eltern und eine (yeah! meine alte ist seit einem Jahr kaputt) Lavalampe. Zu essen gab’s klare Tomatensuppe mit Kräutercroutons, Rinderfilet in Mandelparmesankruste mit Backkartoffeln und grünen Bohnen, pochierte Birne mit Zimtsahne, Aldi-Rotwein. In der Kirche haben wir Oh du fröhliche, Stille Nacht, heilige Nacht, Lobt Gott, ihr Christen allzugleich und noch ein Lied, das ich nicht mal kannte, gesungen (schön), aber die Predigt war grottenlangweilig (doof). Hinfahrt: eine knappe Stunde, in der wir per Radio erfahren haben, dass die Arche Noah von Playmobil leider ausverkauft ist; Rückfahrt: knapp eineinhalb Stunden, in denen wir unter anderem Rudolph the Red-Nosed Reindeer in einer Fassung von Ray Charles gehört haben. Dazwischen haben wir Papa seinen DVD-Player erklärt, meine Schwester hat die Geschenke von ihren Firmenlieferanten für eBay-tauglich befunden und meine Mama hat ihren neuen Schmuck präsentiert. Christmas as usual, nur diesmal mit Kerl. Schön war’s und ist es immer noch. Ich probiere jetzt die nächste Schokolade.

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Euch allen von Herzen ein fröhliches, friedliches, besinnliches, schönes, warmes, lustiges, gesegnetes Weihnachtsfest.

my life is a stereo
how loud does it go

Articles of Note

„Im Grunde ist das Problem, das man beim Reden hat, dasselbe wie beim Schreiben. Man weiß ja nie, was die Menschen interessiert, und das, was sie todsicher interessiert, will man nicht erzählen.“

(Mein Lesebühnenvorlesetext, Reisenotizen aus der Realität)

„Ich habe so ein silbern glänzendes Monster, typisch amerikanisch eben. Einen Kasten, wie sie Tag für Tag all die Jungrapper den Hausbesichtigungen des Musikkanals vorführen müssen, ein Umstand, für denich mich so schäme, daß ich schon sehen kann, wie ich eines Tages auf einer Couch liegend einem Nickelbrillenpsychologen beschreiben werde, warum der Monolith des Pseudowohlstandes der Ursprung allen Übels gewesen sein muß.“

(Die Eiswürfelverschwörung, siebenviertel)

„Als sie sich zurück dreht hat sie ein kleines, erleichtertes Lächeln auf den Lippen und für einen Moment kenne ich genau ihr Gesicht während eines Orgasmus.“

(Fast Food Lunch, dekaf)

Das Gemeine an den Geschichten von Judith Hermann ist, dass man nicht mehrere von ihnen hintereinander weglesen kann. Man liest eine Geschichte, taucht ein in ihre Welt, verweilt, taucht wieder auf und muss sich dann erst einmal umgucken, wo man ist, muss ihre Figuren loswerden und ihr Leben, muss erstmal fernsehen oder DVDs anschauen oder im Netz surfen oder eben irgendetwas anderes lesen, bevor man sich die nächste Geschichte vornimmt, weil man weiß, dass man sich in ihr und ihren Figuren und ihrem Leben genauso verlieren wird wie in der vorigen.

Taxi Driver Wisdom

„Du wirst alt wie ne Kuh und lernst immer noch dazu.“

Wieder ein Taxifahrer mehr, der jetzt weiß, wo das Paketamt vom Zoll ist, wo die Päckchen von amazon.com immer hängenbleiben.

Deppentod

Sich das Firmenlogo-Pin durch das Revers in die Herzgegend pieken.

(Ich glaube, ich trage das doch lieber rechts.)

Spaßverschiebung

Noch zwei Tage arbeiten und dann hab ich zeeeeeehn Tage lang frei und heute wird gewichtelt auf meiner dritten Agenturweihnachtsfeier (so ne große Agentur hat auch was für sich) und gestern hab ich meinen Weihnachtsbaum geschmückt und Freitag schnappe ich mir meinen Kerl und wir fahren zu meinen Eltern und zu meiner Schwester und kochen und dann werde ich die nächsten Tage nur noch rumliegen und lesen und Silvester gibt’s nen gemütlichen Spieleabend mit Freunden und Fondue und wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich das toll finden würde, meine Eltern zu bekochen und einen Weihnachtsbaum zu haben, hätte ich gekotzt ob des Spießeridylls, das vor mir liegt, aber jetzt sitze ich hier brummsummzufrieden und grinse über beide Backen und freue mich, weil’s mir mopsfidelschweinegut geht. Scheiß auf die Coolness. Und nächstes Jahr lerne ich Keksebacken.

Frage an die Kinogötter:

WAS ZUR HÖLLE IST FILM 3?

(Danke an Herrn Unsinn für diesen Link. Ich kenne die 3, verdammt, ich KENNE SIE! Das ist genauso eklig wie eine Songzeile im Ohr zu haben und ums Verrecken nicht draufzukommen, wie der Song heißt, von wem er ist oder wie er weitergeht.)

Schönheitsfarm/Tonhaus ist übrigens eine nette Hütte. Da hat Frau Gröner auch schon den einen oder anderen Fernsehspot verbrochen. Im Making of läuft sogar ihr Lieblingstoningenieur des Öfteren durchs Bild. Niedlich.

Das Duden-Experiment

Ich mag kein Tipp-Ex. Tipp-Ex ist was für Leute, die sich beim Schreiben nicht konzentrieren wollen, für Schnelltipper, deren Buchstaben dann kaltblütig weggeext werden, ohne ihnen die Chance zu lassen, ihre sperrige Schönheit spielen zu lassen. Denn: Muss jedes Wort eigentlich richtig geschrieben werden? Sollte man nicht Tippfehler einfach stehen lassen und so dem Empfänger des Schreibens die Chance geben, die Entstehungsgeschichte eben dieses Schreibens hautnah mitzuerleben? Wäre das nicht eine völlig neue Art des Lesens, wenn nicht mehr der reine Inhalt zählen würde, sondern auch die Art, wie dieser Inhalt zustandegekommen ist?

Müssten Sprachschulen sich dieser neuen Art des Rezipierens anschließen und Sprachen anders vermitteln? Sollten wir Vokabeln nicht mehr nach Buchkapiteln lernen (erst die Gemüsesorten, dann alles, was sich in der Küche befindet, dann alles, was im Büro so rumliegt), sondern nach täglichem, ja minütlichem Gebrauch? Wir sagen einen Satz in unserer Muttersprache und übersetzen ihn dann einfach und unbefangen und ohne pädagogischen Ballast, und genau diese Vokabeln werden dann gelernt. Gerade jetzt zum Beispiel frage ich mich, was Rhesusfaktor wohl auf Englisch heißen mag. Ein Klick ins Netz … unglaublich, Rhesusfaktor heißt rhesus factor. Mal eben ein neues Wort gelernt. Die Methode funktioniert! Nieder mit Tipp-Ex!

(Jetzt atmen wir kurz durch und überlegen, was uns Frau Gröner mit diesem Schmonz sagen wollte. Also: atmen. Alle mitgemacht? Brav.)

Sie waren soeben Zeuge eines Experiments. Ich habe wahllos auf fünf Worte im Duden (Band 1 (vulgo: „der gelbe“), 21. Auflage, Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich, 1996) getippt und diese in einem Blogeintrag verwurstet. Die Worte waren mag, Tipp-Ex, Sprachschule, unbefangen, Rhesusfaktor. Falls Sie keinen Unterschied zur Qualität meiner sonstigen Blogeinträge festgestellt haben, will ich das auf keinen Fall wissen, weil ich sonst die Qualität meiner sonstigen Blogeinträge stark anzweifeln müsste.

(Ja, mir war während Big Brother sehr, sehr langweilig.)