Wie immer am 12. des Monats: Zwölf Bilder machen, instagrammen und sie dann zu einem Blogeintrag zusammenfassen. Das Kännchen sammelt alle Beiträge. Ich hatte gestern sehr fotolustige Finger und habe gefühlt 20 Bilder instagramt; hier eine Auswahl.
Ich sollte mir abgewöhnen, im Dämmerlicht zu fotografieren. Auf dem iPhone in der App sieht’s okay aus, so groß im Blog natürlich fürchterlich, aber das müssen wir jetzt durch. Das ist mein momentaner Blick aus dem Bett. Nach fünf Monaten in der Münchner Wohnung mit den Hamburger Möbeln habe ich jetzt, glaube ich, den Platz gefunden, an dem ich schlafen möchte.
Seit ein paar Tagen esse ich mit Goldrand und Silberbesteck, und das war eine der besten Ideen, die ich hatte bzw. zu der mich ein Blog inspiriert hat (zweiter Absatz). Jede Mahlzeit fühlt sich seitdem wie ein Festessen an, und das schöne Geschirr steht jetzt zum Teil offen im Regal und nicht mehr in einer Umzugskiste in der Abstellkammer. Der Anblick der Teller erfreut mich genauso wie das Essen von ihnen. Win-win!
Nach dem Frühstück fuhr ich zu meiner Ärztin für die vierteljährliche Blutabnahme. Ich hatte im Kopf den #wazifubo (für alle Uneingeweihten: Wartezimmerfußboden) schon als Bild eingeplant, aber: Ich musste nicht warten, sondern kam gleich dran. Deswegen instagramte ich den Treppenaufgang zu meiner Ärztin, als ich gut gelaunt (Ärztinhelferin traf beim ersten Versuch die Vene, wie immer; ich weiß schon, warum ich mit meinen unsichtbaren Adern dorthin gehe) und verpflastert die Treppe herunterkam. Das Bild ist aber unspektakulär, deswegen steht es hier nicht.
Blick durchs Sendlinger Tor auf St. Matthäus, eine meiner Lieblingskirchen in München. Alles in Laufweite meiner Ärztin. Ich stapfe selten direkt zum U-Bahn-Eingang, sondern gehe fast immer durchs Tor, weil ich gerne durch mittelalterliche Stadttore gehe.
Das sofortige Drankommen bei der Ärztin ruinierte total meinen Tagesplan:
Ich lungerte also noch 20 Minuten in der warmen U-Bahn-Station Universität rum und las Carol auf dem iPhone, bevor ich zur Stabi schlenderte, um weitere Bücher für die Stadion-Hausarbeit auszuleihen. Vorbereitet war ich auf ein Buch, im Regal lagen aber noch zwei weitere, mit denen ich noch gar nicht gerechnet hatte. Damit war mein Rucksack voll und schwer, denn in ihm lag bereits mein Rechner, das Netzteil, mein Wasserfläschchen und der übliche Kram, den man halt so mit sich rumschleppt. Damit knickte ich einen Termin, den ich mir eigentlich vorgenommen hatte: Ich wollte zur TU fahren, um mir dort eine Bibliothekskarte ausstellen zu lassen. Denn in der TU stehen deutlich mehr Bücher über Architektur als bei den KuGis oder dem Zentralinstitut und auch, wer hätte es gedacht, der allwissenden Stabi. Für die TU gilt aber mein LMU-Bibliotheksausweis nicht und daher muss ich da wohl mal vorbeifahren. Allerdings nicht mit einem kiloschweren Rucksack. Termin auf Montag verschoben.
Ich ging zur Bushaltestelle Von-der-Tann-Straße, wo gerade ein Bus der Museumslinie 100 anfuhr, in den ich sprang, denn ich wollte zum Zentralinstitut. Ich hatte blöderweise nicht richtig auf die Busbeschriftung geachtet: Ziel Nordbahnhof fährt zum Königsplatz, wo ich hinwollte, Ziel Ostbahnhof logischerweise in die andere Richtung. Das vergesse ich aber gerne, weil ich diesen Bus nicht oft benutze – ich bin normalerweise auf dem Fahrrad unterwegs, aber gestern war ich frostköttelig und wollte Öffis fahren. Ich dachte mir aber, fifty-fifty, notfalls steigste halt wieder aus.
Der Bus fuhr natürlich in die falsche Richtung und ich stieg am Haus der Kunst um.
Der richtige Bus spuckte mich am Königsplatz aus, wo das wunderschöne Lenbachhaus steht.
Und ich ging – erstmalig in über drei Jahren München – durch die Propyläen anstatt um sie herum. Dabei ist das ja eigentlich das Tolle an ihnen: dass sie begehbar sind. Vorbild waren die Athener Propyläen.
Über den Königsplatz ging ich zum Zentralinstitut für Kunstgeschichte. So sieht mein derzeitiger Handapparat aus. Wir dürfen uns für eine Woche bis zu sieben Bücher zurücklegen, was einerseits toll ist, weil man wichtige Werke quasi reserviert, aber andererseits doof, weil wichtige Werke gerne auch in anderen Handapparaten liegen und man nicht an sie drankommt, obwohl man vielleicht nur mal zwei Minuten was nachgucken will. Ich suche gerade von Charles Jencks The Iconic Building, das quasi die Grundlage des Kurses war. Davon gibt es in ganz München allerdings nur ein einziges Exemplar, nämlich das im ZI, wo es aber nie im Regal ist, wenn ich da bin. Das wird in einem Handapparat festsitzen. Deswegen habe ich es per Fernleihe kommen lassen und hoffe, dass es am Montag in der UB liegt.
Nach drei konzentrierten und ertragreichen Stunden, was meine Stoffsammlung angeht, fuhr ich nach Hause und guckte Grey’s Anatomy, die nach acht Wochen aus der Winterpause zurück sind.
Abends fuhr ich zum Werkraum der Kammerspiele, wo ich mit F. Reichstheaterkammer schaute, ein Projekt des dritten Studienjahrgangs der Otto-Falckenberg-Schule. Ich copypaste mal für alle, die zu faul sind, den Link zum Stück zu klicken:
„1943 feierte München, die „Hauptstadt der Bewegung“, den 70. Geburtstag des Kammerspiele-Intendanten Otto Falckenberg. 2016 wird die nach ihm benannte Schauspielschule ebenso alt. Die Studierenden des dritten Jahrgangs begeben sich auf eine spielerische Recherchereise in die Ära Falckenberg: Widerstand das Theater in der Nazizeit als Ort des Humanismus oder wurde es zum Erfüllungsgehilfen einer „nationalen Pflicht“? In welcher Verantwortung sahen sich KünstlerInnen damals und sehen wir uns heute?“
Unter der Beschreibung konnte ich mir erstmal nichts vorstellen und war daher gespannt. Das Stück hatte mich dann auch gleich mit dem ersten Satz, der sinngemäß lautete: „Am 9. November 1938 wurde in den Münchner Kammerspielen Schillers Kabale und Liebe gegeben.“ Alles drin: worum geht’s, wo sind wir, das Datum weist auf den nationalsozialistischen Terror hin, der Stücktitel auf das deutsche Kulturgut, Dicher und Henker in einem Satz. Sehr gut.
Im Stück selbst wurden unter anderem Briefe wiedergegeben, die sich mit Schauspieler*innen befassten, die an den Kammerspielen agierten oder eben nicht mehr durfen, wie eine jüdische Darstellerin, deren Namen ich leider nicht kannte. Zwischendurch gab es Videos oder Szenen, in denen sich die jungen Schauspieler*innen mit dem Ort befassen, an dem sie ihr Handwerk lernen. Zum Schluss wurde gefragt, wer würde den Namen der Schule ändern (Mehrheit, wenn ich richtig gezählt habe), wer nicht, wer enthält sich. Ich fand das Stück spannend, weil es viele Ebenen miteinander verschachtelt und nicht in der Vergangenheit verharrt, sondern sich auch kurz mit der heutigen Situation befasst: Menschenverachtung und Ausgrenzung sind ja gerade wieder aktuelle Themen. Insgesamt war mir das Stück aber zu einseitig, auch wenn ich mich mit dieser Meinung auf einen schmalen Grat begebe. Ich ahne, dass nicht alle Menschen damals absolut pro NS oder total dagegen waren, sondern dass man sich eben einrichtete, mitmachte, sich wegduckte, was auch immer. Ich maße es mir nicht mehr an, den Stab über allen zu brechen, die damals gelebt haben. Mit Mitte 20 habe ich aber genau das getan, und so klang das Stück gestern auch: Es gibt ein einziges Richtig und ein einziges Falsch. Das hatte manchmal ein bisschen sehr die Arroganz der Spätgeborenen. Trotzdem eine klare Anguckempfehlung.
Das übliche Nach-Theater-Futter im Blauen Haus.
Vom Theater gingen wir zu Fuß zum Marienplatz, wobei wir am Hofbräuhaus und einem weiteren beliebten Tourimotiv vorbeikamen. Ich fotografiere das besinnungslos alles immer noch. Mein München. (Läuft.)