Was schön war, Dienstag, 14. Juni 2016 – Konzentration

Der Dozent des Esskulturenseminars spendierte polnischen und kroatischen Käse: Es gab Oscypek und Turoš zu probieren. Der Oscypek quietschte lustig zwischen den Zähnen und schmeckte wie ein torfiger Scamorza, sehr angenehme Konsistenz, aber mir ein bisschen zu rauchig. Der Turoš war eher mein Ding: eine brockige Konsistenz wie Parmesan, nur noch härter, zunächst fast geschmacklos, dann eine ganz leichte Schärfe und ein bisschen Paprika – und der Geschmack bleibt eine Stunde lang im Mund. Ich hätte mir ein Gürkchen dazu gewünscht.

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Nach dem Seminar erwischte ich wieder meinen Lieblingsplatz in der Historicums-Bibliothek: direkt neben Treebeard. Ich fand schöne Zahlen zur Wohnungssituation in Deutschland während der Weimarer Republik, die ich als Hintergrund zur Frankfurter Küche (1926) haben wollte. Außerdem las ich noch ein bisschen bei Ute Frevert zu Bürger*innen im 19. Jahrhundert, um eine Gegenposition zu Rebekka Habermas zu haben.

Danach radelte ich nach Hause und probierte das Küchenreferat einmal durch: 22 Minuten. Da muss ich noch ein bisschen kürzen, aber inhaltlich bin ich jetzt zufrieden.

Anschließend kümmerte ich mich um das Handout, schickte meine im Historicum gescannte Leseprobe aus Habermas‘ Bürger*innenbuch an die Dozentin, damit sie es für das Biografieforschungsseminar ins Internet stellt, schickte ein PDF meiner Leo-von-Welden-Präse an eine Kommilitonin, die sie gerne haben wollte und las weiter Habermas.

Abends briet ich meine restlichen Semmelknödel von vorgestern an, machte einen Salat dazu und guckte Fußball. Sehr unaufregender, aber produktiver und angenehm konzentrierter Tag.

Was schön war, Montag, 13. Juni 2016 – Uni, Lesen, Fußball

Neben F. aufgewacht. Das ist immer schön.

Tolles Biografieseminar gehabt. Das ist auch immer schön, und ich will alle Biografien lesen, die ich vorgestellt bekomme. Am Ende des Semesters werde ich vielleicht mal einen Sammeleintrag dazu machen, dann wollt ihr die auch alle lesen.

Das Referat zur Frankfurter Küche quasi fertiggekriegt. Ein paar Bilder muss ich noch scannen (wie immer), aber inhaltlich habe ich das jetzt, glaube ich. Dabei war auch eine Mail einer Leserin sehr hilfreich, die mich mit einem eigenen Aufsatz versorgt hat, den ich noch nicht kannte und der ein paar schöne Details enthielt, die ich sofort ins Referat eingebaut habe. Von hier aus vielen Dank dafür; meine Mailbeantwortungsfrequenz ist gerade mal wieder ganz weit unten.

Wenigstens ein Fußballspiel von dreien sehen können.

Apropos Fußballspiel: Hier hat Fotograf Shawn Thew die Geschichte hinter seinem grandiosen Foto aufgeschrieben, auf dem Boateng zu sehen ist, wie er im Rückwärtsflug einen Ball der ukrainischen Mannschaft von der Torlinie holt. Das Bild tauchte bereits während des Spiels in meinem Twitter-Stream auf. Zu Recht. (via @presroi)

#12von12 im Juni 2016

Alle anderen Zwölfvonzwölfer wie immer bei Caro.

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Ich ging am Samstag um Mitternacht ins Bettchen und stellte den Wecker auf 7.30 Uhr, denn ich wollte um 9 in der Historiums-Bibliothek sein, quasi bei Türöffnung. So langsam neigt sich das Semester dem Ende entgegen, in der Stabi kriegt man schon keinen Platz mehr, und obwohl das im Historicum nicht so schlimm ist, wollte ich möglichst früh da sein, auch damit der Tag möglichst lang ist, denn ich habe – ich weiß, ihr könnt es schon nicht mehr hören – gerade viel zu tun.

Ich schlief auch sofort ein, wachte aber gegen 2 Uhr wieder auf. Die üblichen Einschlaftaktiken halfen nicht – auf die andere Seite drehen, mal auf den Rücken legen, Decke umdrehen, damit es kühler wird, Fenster auf oder zu, je nachdem wie es vorher war, aufs Klo gehen, stumpf mit geschlossenen Augen im Bett liegen und im Kopf die Hochzeit mit dem Promischnucki du jour durchplanen; normalerweise schlafe ich ein, sobald ich anfange, über Blumenschmuck und die Musik für den ersten Tanz nachzudenken.

Gestern nicht. Als ich um 3 immer noch wach war, spielte ich zunächst ein bisschen Hay Day, und als auch das mich nicht müde machte, setzte ich mich an den Schreibtisch und las.

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Gegen 5 war ich müde genug, um wieder ins Bett zu gehen und den Wecker auf 8 vorzustellen.

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Ich erwachte weniger gerädert als ich dachte, hatte aber keine Lust auf mein übliches Flat-White- und Saft-Frühstück, sondern schmierte mir schnell ein bisschen Himbeermarmelade aufs Lieblingsweißbrot und schüttete heißes Wasser auf den Instantkaffee, den ich im Schrank habe, weil ich ihn gerne zu Mokkasahne und ähnlichem verwandele.

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Um kurz nach 9 ging ich aus dem Haus. Aus Gründen wollte ich nicht wie sonst mit dem Fahrrad zur Uni, sondern mit dem Bus. Der schaukelte auch in die richtige Richtung, aber kurz vor meiner Haltestelle bog er in die Barer Straße ab, anstatt weiter die Schellingstraße langzufahren und hielt erst an der U-Bahn-Station Giselastraße. Ich erinnerte mich dunkel, tagelang an Halteverbotsschildern an der Ludwigstraße vorbeigeradelt zu sein, die anzeigten, dass man dort am 12. nicht parken dürfe. Zur geistigen Leistung, dass dann vermutlich auch der Bus dort nicht langfahren wird, hat es gestern nicht mehr gereicht. Ich stieg also in der Giselastraße in die U-Bahn, um eine Station zur Uni zu fahren.

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Endlich angekommen.

Wenn ich nicht im ZI sitze, wo alles toll ist, sitze ich am liebsten in der Historicumsbibliothek, wo fast alles toll ist. Gut, der Fahrstuhl durch die insgesamt fünf Stockwerke voller Bücher könnte schneller sein, aber sonst habe ich nur an den Stühlen was zu meckern. Deren Sitzfläche ist leicht nach hinten geneigt, weswegen die Oberschenkel immer ein bisschen zum Knie hin nach oben zeigen, was ich fürchterlich finde. Nach spätestens 20 Minuten schläft ein Bein ein. Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, ist, immer vorne auf der Sitzkante zu hocken, was ich aber auch doof finde, weil mein armer, alter Rücken sich gerne anlehnt. Meistens hibbele ich hin und her, damit weder der Rücken weh tut noch mein Bein einschläft, und vermutlich hassen mich meine Sitznachbar*innen sehr.

Ich arbeite gerade an zwei Referaten gleichzeitig, denn ich muss sie nächsten Montag und Dienstag halten. Gestern stand die Biografieforschung auf dem Plan bzw. das Buch von Rebekka Habermas zu bürgerlichen Frauen und Männern Anfang des 19. Jahrhunderts. Was ihr Buch so toll macht, ist, dass sie die beiden Geschlechter nicht getrennt voneinander betrachtet, sondern die Dynamik aufzeigt, die sich zwischen beiden entwickelt. Für mich war das Buch teilweise ein sehr großer Augenöffner und ich hoffe, ich kriege das Referat anständig hin.

Vorgestern bibliografierte ich ein bisschen rum, packte mir fünf, sechs Bücher auf den Merkzettel und kletterte gestern von Stockwerk zu Stockwerk, um sie einzusammeln. Erst zwei Bücher über Biografien aus dem zweiten Stock, dann eins aus dem dritten und zuletzt noch drei aus dem vierten. Das war mir sehr recht, denn dann konnte ich im vierten Stock sitzenbleiben, wo ich eh am liebsten sitze. Von dort hat man einen schönen Ausblick über die grünen Baumkronen und es ist etwas ruhiger, weil man nur noch eine Treppe nach unten hat anstatt zwei nach oben und unten, die sehr frequentiert sind. Es war herrlich leer, ich ging zu den schönen Zweiertischen am Fenster, stöpselte mein MacBook ein und begann zu lesen – bis ich aus den Augenwinkeln eine Fehlermeldung meines Rechners sah: Batterie fast leer, gib mir Strom.

Der Akku meines MacBook Air ist seit mindestens einem Jahr Schrott, aber da ich eh dauernd in Kabelnähe bin, war mir das egal. Neuerdings nervt’s mich aber doch; vor ein paar Wochen saß ich im ZI und musste an einen der Institutsrechner, weil nur dort eine Lizenz für eine Auktionsdatenbank vorhanden war. Ich nahm meinen Laptop mit, um etwaige Erkenntnisse gleich einzutragen, fand aber keine Steckdose. Bzw. die vorhandene wurde natürlich vom Institutsrechner belegt. Ich klickte rum und sah nebenbei meinem MacBook beim Sterben zu. Der Akku hält gefühlt noch fünf Minuten, dann ist das Ding leer.

Vor Kurzem dachte ich über Läden nach, die eventuell einen Akku innerhalb einer Stunde austauschen so wie ich das von meinem schmerzlich vermissten Apple-Laden in Hamburg gewöhnt war. Ich erinnerte mich an einen kleinen Laden in der Adalbertstraße, an dem ich dauernd vorbeiradele, wenn ich zur Uni fahre. Beim nächsten Unitrip hielt ich dort an, öffnete die Ladentür – und stand in einem ein Meter breiten Gang, neben dem rechts und links Rechner bzw. Pappkartons mit Rechnern standen. Vom Laden selbst konnte ich nichts sehen, auch keine Werkstatt oder irgendwas. Nun gut. Hinter einer kleinen Theke freute sich jemand, dass ich da war, meinte auch, Akku sei kein Problem, komm in einer Stunde wieder. Ich rückte erfreut mein MacBook raus, er fragte nach meiner Telefonnummer, falls was sein sollte, ich nannte sie – und er schrieb sie mit Edding auf. mein. MacBook.

(Hier bitte mein innerliches AAAAAAAAHHHHH! vorstellen. ALTER!)

Natürlich war der Stift abwaschbar, aber HEY, niemand schmoddert auf meinem arschteuren Arbeitsgerät rum. Geht’s noch?

Ich war zu überrumpelt, um ihm den Rechner wieder aus den Händen zu reißen, ging und nahm mir vor, nie wieder zu kommen, wenn mein Rechner repariert wäre. Man ahnt schon, was kommt: Ich war eine Stunde später im Laden, der Akku war doch nicht vorrätig (warum rufst du mich dann nicht an?), ich solle doch in zwei Tagen wiederkommen. Keine Chance, du Spinner. Rechner geschnappt, nie wieder hingefahren.

Einen Tag später probierte ich es bei Gravis, die auf der Website davon fantasierten, dass man Akkus blitzschnell austauscht. War natürlich auch nicht so, Techniker ist überlastet, drei bis sieben Tage. Ich ging wieder und quengele seitdem in mich rein.

Zurück ins Historicum: Ich hatte also viel zu tun, einen schönen Sitzplatz – aber anscheinend keinen Strom. Ich probierte die zweite Steckdose am Tisch – nichts. Ich probierte die beiden am Tisch hinter mir – nichts. Kurz bevor ich panisch wurde, weil nun anscheinend auch mein Netzteil kaputt war, sah ich eine Kommilitonin, die auch gerade von Tisch zu Tisch ging und Steckdosen testete – könnte das ganze Stockwerk gerade keinen Strom haben? Mir egal, Rechner und Korb mit Büchern geschnappt, ins deutlich vollere dritte Stockwerk gegangen (jetzt weiß ich auch warum), Platz gefunden, Rechner eingestöpselt – es ging. Puh.

Drei Stunden konzentriert und gut gelaunt gearbeitet. Dabei wieder Zeug gefunden, für das ich gerade keine Zeit habe, aber ich hab den Aufsatz mal gescannt.

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Als ich mit den Bibliotheksbüchern durch war, wechselte ich an den heimischen Schreibtisch, bei dem die Sitzgelegenheit besser und die Getränkeauswahl größer ist.

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Zwischendurch ruhte ich kurz den Kopf bei der neuen Folge Masterchef Australia aus, wo eine Kandidatin gerade Heuschrecken-Karamell zubereitete. Warum auch nicht.

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Dann las ich Texte für das heutige Biografieseminar.

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Und dann war endlich Feierabend. Ich begann zu kochen, während im Hintergrund das Spiel Polen gegen Nordirland lief.

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Mit fertig zubereiteten und äußerst wohlschmeckenden Laugensemmelknödeln, Zwiebelgemüse und dunkler Bierrahmsauce setzte ich mich vor den Rechner und sah das einzige Tor des Spiels. Perfektes Timing.

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Den restlichen Abend verbrachte ich bei F., mit dem ich zusammen das Spiel Deutschland – Ukraine schaute und mich kurz vor Schluss sehr laut über das Tor von Schweinsteiger freuen konnte. Nur über ein Tor von Gomez hätte ich mich mehr gefreut. Guter Tag.

Was schön war, Freitag, 10. Juni 2016 – Bürgertum und Fußball

Endspurt für mein vorletztes Referat in diesem Semester. Die Familienfeste und Leo sind abgearbeitet bzw. werden noch zu Hausarbeiten, vor mir liegen noch die Frankfurter Küche und das Referat im Biografieforschungsseminar. In diesem Kurs stellen wir Referent*innen jeweils eine Biografie vor und ordnen sie in den Kontext der anderen Biografien ein, die wir schon kennengelernt haben bzw. beziehen uns auf Texte, die sich mit der Schreibaufgabe Biografie beschäftigen.

Als olle Werbetante habe ich bei den Referatsvorschlägen in der ersten Sitzung sofort Synergiepotenziale festgestellt, denn ein Thema war das Buch Frauen und Männer des Bürgertums von Rebekka Habermas, das ich vermutlich auch im Kurs über die Kindheit und Jugend im 19. Jahrhundert gut würde brauchen können. Ich bekam das Thema, las das Buch auch schon auszugsweise für das Festreferat, begann aber erst gestern damit, es mal anständig von vorne anzufangen. Also brav mit Forschungsstand, Forschungsvorhaben, was soll das eigentlich usw. Damit hatte ich gestern den ganzen Tag sehr viel Spaß, denn das Buch ist nicht nur aufschlussreich, sondern auch sehr lesbar geschrieben.

In der Rezension von hsozkult wird beschrieben, dass Habermas die zu erforschenden Egodokumente in drei Teile gliederte; einer davon ist die Arbeit. Ich habe gestern minutiös am Tag einer bürgerlichen Hausfrau teilgenommen, weiß nun, welches Obst und Gemüse angebaut wurde, wieviel Arbeit es machte, Kleidung herzustellen und welche Wege dafür nötig waren. Sehr grinsen musste ich über die Essenszubereitung. Das war seit langer Zeit eine reine Frauendomäne, aber Anfang des 19. Jahrhunderts begannen Bürger und Bürgerinnen, Nahrung auch als Konversationsstoff zu entdecken. Es wurde also nicht mehr schlicht gegessen, was auf den Tisch kommt, sondern es wurde erstmal darüber diskutiert. Und obwohl Männer (laut Habermas) nicht die geringste Ahnung davon hatten, wie man jetzt Birnen einweckt oder Fleisch anständig anbrät, mussten sie ihre Meinung dazu abgeben. Mansplaining in Reinform. Im 19. Jahrhundert. Tolles Buch.

Abends endlich mal wieder beim ehemaligen Mitbewohner auf der Couch rumgelungert, gut verköstigt worden und gemeinsam Fußball geguckt. Das haben wir viel zu lange nicht mehr gemacht.

Entspannt über den Königsplatz nach Hause geradelt.

Was schön war, Donnerstag, 9. Juni 2016 – Nazikunst, 19. Jahrhundert, Küchen-
architektur

Quasi mitten in der Nacht (7 Uhr 55) auf dem Weg ins kunsthistorische Seminar „8-Uhr-Seminare müssen sterben, damit wir leben können“ vor mich hingemurmelt. Dann aber doch froh gewesen, so früh aufgestanden zu sein, denn das Rosenheim-Seminar war wie immer eine Freude.

Nach kurzer Frühstückspause ins Historium gefahren – mit dem Bus, denn es regnete in Strömen. Dort ebenfalls froh gewesen, denn das Kindheitsseminar ist schlicht großartig. Auch wenn mich die 2,0 fürs Referat noch zehn Jahre wurmen wird – ich mag den Kurs sehr gerne. Die Texte zur Vorbereitung sind stets aufschlussreich und überraschen mich jedesmal. Immer wenn ich denke, so, das 19. Jahrhundert hast du drauf, kommt so ein Text um die Ecke und sagt mir, nee, ich hab da ne Gegenposition zum bisher Gelernten, denk mal drüber nach. Die Kursteilnehmer*innen scheinen die Texte auch stets zu lesen, denn bis auf eine Dame diskutieren alle engagiert mit, der Dozent hat gute Fragen und leitet die Diskussion genau richtig. Ich komme aus jeder Sitzung mit dem Gefühl raus, etwas gelernt zu haben – und das habe ich nicht schon an der Historicumstür wieder vergessen, sondern ich merke bei den nächsten Texten, Referaten und Diskussionen, auf was ich alles zurückgreifen kann.

(Stupid 2,0.)

Nachmittags die letzte Folge der derzeitigen Staffel The Americans gesehen. Falls ihr die Serie noch nicht guckt, solltet ihr damit anfangen. Für mich war die jetzige Staffel die beste, weil allmählich klar wird, was alles auf dem Spiel steht.

Zum Runterkommen zwei Folgen Bob’s Burgers. Damit hätte ich schon viel früher anfangen sollen. Überhaupt sollte man alles gucken, was mit Kristen Schaal zu tun hat. Wegen ihr ertrage ich sogar Will Forte in The Last Man On Earth.

Danach ging’s wieder an den Schreibtisch, wo ich mein Wissen über Küchenarchitektur des 20. Jahrhunderts erweiterte. In der Referatsvorbesprechung am Dientag hatte der Dozent mein Konzept abgenickt, das bisher so aussah: Kurzer Überblick über Küchen im 19. Jahrhundert, vor allem der Unterschied zwischen Arbeiter- und Bauernküche vs. Küche im Bürgertum, vulgo Wohnküche (meist nur ein Wohnraum mit offener Feuerstelle, in dem gekocht, gearbeitet und geschlafen wurde) vs. Arbeitsküche, wo hauptsächlich das Dienstpersonal zu Gange war und die neben repräsentativen Räumen existierte, in denen gewohnt wurde. Dann Schwenk ins 20. Jahrhundert, wo vor allem nach dem 1. Weltkrieg viele neue Wohnungen in Städten entstanden, die schnell und günstig hochgezogen wurden.

Dafür wurde unter anderem die Frankfurter Küche konzipiert, die eine reine Arbeitsküche war (kein Aufenthaltsraum mehr). Der Gedanke von Architektin Margarete Schütte-Lihotzky (den Lebenslauf müsst ihr euch durchlesen) hinter dem kleinen Raum war eine möglichst effiziente und ergonomische Arbeit, die den Hausfrauen viele Wege ersparte. Sie wollte die Tätigkeit einer Hausfrau aufwerten, indem sie die Küche zu einem reinen Arbeitsplatz gestaltete; ihr war klar, dass Hausarbeit eben nicht mal so nebenbei erledigt wird, sondern genau das ist, was das Wort schon sagt: Arbeit. Deswegen verzichtete sie auf die damals üblichen breiten und schweren Buffets mit Glaseinsätzen, in denen das gute Geschirr präsentiert wurde, die aber schwer zu reinigen waren, und auf bestickte Handtücher, die ebenfalls gereinigt und gepflegt werden mussten, ohne eine weitere Funktion zu haben (in Arbeiterküchen waren sie allerdings nicht nur Schmuck, sondern dienten auch dazu, die nicht gekachelten Wände vor Fettspritzern zu schützen) und reduzierte alles auf das bestmögliche Minimum.

Heute sind uns Einbauküchen vertraut; bei ihrer Einführung in Frankfurter Siedlungen waren die Bewohner*innen größtenteils nicht überzeugt, obwohl es für diese neuartige Küche Informationsveranstaltungen gab, Vorträge und sogar Radiosendungen. Die Bewohner*innen störten sich daran, dass ihre eigenen Möbel keinen Platz mehr hatten, dass die Hausfrau nun alleine und abgeschieden vor sich hinwerkelte ohne die Möglichkeit, mit ihrer Familie zu interagieren. Und auch die neue Elektrizität traf nicht überall auf Begeisterung: Viele Bewohner*innen kochten auf kleinen Gaskochern, entweder weil ihnen die Elektrizität zu teuer war oder sie schlicht nicht damit arbeiten wollten.

Ich verkürze jetzt etwas; wenn ich das Referat gehalten habe, schreibe ich das länger auf. Zurück zum Konzept: Nach der ausführlichen Vorstellung der Frankfurter Küche und ihrer Innovationen wollte ich damit enden, welche Details wir heute noch nutzen bzw. wie sehr diese Küche die weitere Entwicklung von Küchenarchitektur beeinflusst hat. Der Dozent wünschte sich explizit einen Ausblick auf die Bundesrepublik und die DDR der 50er und 60er Jahre, denn das zweite Referat der Sitzung befasst sich mit den Aktivitäten dieser beiden Länder in dieser Zeit in Bezug auf den dicken Körper. Anfangs war ich etwas missgelaunt, dass ich dieses Thema nicht bekommen hatte, aber ich habe viel zu viel Spaß mit den Küchen, um darüber noch zu quengeln.

Daher suchte ich gestern gezielt nach diesen beiden Ländern und fand auch einiges. Blöderweise bekam ich nach zwei Stündchen am Schreibtisch fiese Kopfschmerzen, die auch nicht durch Tabletten, viel Wasser, anderes Licht und mal ohne Brille lesen wieder weggingen. Also knipste ich überall Licht aus, verließ den Schreibtisch, setzte mich aufs Sofa und guckte ohne Brille nach draußen ins dunkle München, bis F. vorbeikam und wir gemeinsam einschlafen konnten.

Tagebuch, 8. Juni 2016 – Alltag

Morgens bei der Hausärztin ein neues Rezept geholt; ohne vorherigen Anruf nach einer Minute wieder draußen gewesen. Auf dem Weg zu ihr wieder den U-Bahn-Aufgang genommen, von dem aus ich durchs Sendlinger Tor gehen kann, obwohl das ein kleiner Umweg ist, aber ich gehe so gerne kurz ins mittelalterliche München.

Danach beim Paketzentrum eine Sendung abgeholt, die eigentlich in eine neue Packstation hätte gehen sollen. Scheint langsam egal zu sein, in welche Packstation ich mir Dinge schicken lasse, sie kommen eh meist woanders an. Ich habe 300 Meter vor meiner Haustür eine, dahin kam im Dezember die letzte Sendung. Manchmal gehen sie in eine Postfiliale, die nur wenige Meter weiter weg ist und deren Öffnungszeiten mir als Studi nichts ausmachen, aber ich muss halt doof in einer Schlange stehen. Alle anderen Sendungen gingen an eine Station zwei Kilometer von meiner Heimadresse weg. Das ist auch nicht schlimm, die Ecke ist sowohl mit Öffis als auch mit dem Rad gut für mich zu erreichen. Mit dem Fahrrad bin ich in zehn Minuten da, mit Bus und Tram in 20. Aber sie liegt überhaupt nicht auf meinem normalen Weg, es ist immer ein Umweg.

Daher kam ich neulich auf die Idee, mal eine Packstation anzutesten, die nur mit einem winzigen Umweg verbunden ist, wenn ich von der Uni nach Hause radele. Die ersten beiden Sendungen kamen wunschgemäß dort an, die dritte und gestrige landete im Paketzentrum – und das ist über fünf Kilometer von Zuhause entfernt. Da es gestern auch noch regnete, nahm ich U-Bahn und Tram und war mit Wartezeit im Paketzentrum eine knappe Stunde unterwegs. Ich glaube, ich werde wieder meine alte Packstation nutzen und gottergeben einen Umweg radeln.

Für meine beiden letzten Referate rumgelesen, leider nicht gut konzentriert gewesen. Für das heutige Kindheitsseminar Texte gelesen. Ich hätte gerne mal zwei, drei Tage am Stück eine Pause, ich merke, dass ich ein bisschen in den Seilen hänge. Zum innerlichen Trost ein neues Rezept ausprobiert und erstmals Eclairs gebacken, die vorgestern in Masterchef Australia dran waren. Der Teig schmeckte gut, meine Füllung mit Zitronensahne war auch gut (keine Lust auf Guss oben drauf gehabt), aber sie sahen überhaupt nicht nach Eclairs aus. Werde neue Versuchsreihe starten müssen.

Was schön war (obwohl ich wieder heulen musste, aber das muss ich ja dauernd), Dienstag, 7. Juni 2016 – Musike

Ich bin kein Riesenfan von James Cordens Carpool Karaoke, aber die neueste Ausgabe hat mich total erwischt:

Mit Hamilton und Lin-Manuel Miranda kann ich auch nicht so viel anfangen, was vermutlich daran liegt, dass ich mit Hip Hop nicht viel anfangen kann. Aber sobald die weiteren Gäste Audra McDonald, Jesse Tyler Ferguson und Jane Krakowski auf dem Rücksitz saßen und vor allem, als die ersten beiden Akkorde von Seasons of Love erklangen, saß ich awwwwend vor dem Rechner. Nach Can’t Take My Eyes Off You sangen die fünf, die offensichtlich richtig Spaß hatten, noch One Day More aus Les Misérables, und da konnte ich mich nicht mehr wehren, fiepste zum Rechner mit, öffnete danach Spotify und hörte den kompletten Soundtrack durch. Bei On My Own hörte ich dann auch auf zu fiepsen und sang laut mit – was ich schon länger nicht mehr gemacht habe.

Ich habe vor ungefähr anderthalb Jahren mit dem Gesangsunterricht aufgehört. Der war eh zerstückelt, weil ich nicht mehr dauernd in Hamburg war, weswegen ich meiner Lehrerin des Öfteren unbegleitet in meiner Münchner Küche am Telefon was vorgesungen habe und nur in den Semesterferien neben ihr am Klavier stehen konnte. Ich habe da schon gemerkt, dass ich immer wackeliger werde – heißt: immer näher am Wasser bin –, je mehr ich mir stimmlich zutraue und je lauter ich singe. Um laut zu singen, muss ich nämlich alles an Beherrschung fallenlassen, was mich sonst zusammenhält und dafür sorgt, dass ich ein braves, produktives Mitglied der Gesellschaft bin. Wenn ich so richtig stimmlich die Sau rauslassen will, muss ich loslassen. Und das bedeutet bei mir leider: Es kommt eine Menge hoch, das ich seit Jahren mit mir rumschleppe, aber irgendwo in mich reingestopft habe und festhalte, damit es nicht weh tut. Wenn ich aber nun schutzlos am Klavier stehe und fiese Musicalballaden schmettere, kriecht alles an die Oberfläche, was da runten rumlungert, und dann dauert es bis zur nächsten Songzeile, die irgendwas mit Liebe, Schutz, Vertrauen oder persönlichem Wachstum zu tun hat und ich fange an zu heulen.

Je länger ich in München war und je mehr sich zeigte, dass ich wohl noch etwas länger hier bleibe, was auch hieß, dass sich meine Beziehung ändern wird, desto schwerer fiel es mir, durch einen einzigen Song zu kommen. What I did for love? Ha! („Nothing’s Gonna Harm You“) Not While I’m Around? Pffft. Never Give All the Heart? Isklar. Über Beautiful müssen wir gar nicht reden oder Moon River („There’s such a lot of world to see“) und auch nicht über On My Own („I love him / But every day I’m learning / All my life / I’ve only been pretending / Without me / His world will go on turning“). Ich wollte immer weniger ins Telefon singen und heulend in meiner Küche stehen, und im fünften BA-Semester kam dazu auch noch der vollgepackteste Stundenplan des ganzen Studiums, weswegen ich irgendwann um eine Pause bat. Sie hält bis heute an.

Ich will meiner Gesangslehrerin seit Monaten eine Mail schreiben, um mich bei ihr zu bedanken, dass ich bei ihr wachsen durfte, lernen, lachen und ja, auch weinen. Ich hatte nie das Gefühl, fehl am Platz zu sein, ich hatte immer das Gefühl, dass jede Träne sein musste und durfte. Ich habe in einer 45-Minuten-Stunde vermutlich des Öfteren nur 30 Minuten gesungen, aber das war immer richtig so. Vielleicht schicke ich ihr stattdessen den Link zu diesem Blogeintrag, denn gestern habe ich mich nach erstem zaghaften Fiepsen in Pose gestellt und On My Own laut mitgesungen, scheiß auf ein paar wackelige Töne, scheiß auf die dünnen Wände zu den Nachbarn, die garantiert zuhause waren. Das war schön.

Okay, danach habe ich meinen Liebling What I Did For Love angestimmt und bin bis zur dritten Zeile gekommen, aber gut. In mir wohnt ja auch noch ganz viel, über das ich weinen muss. Dann mach ich das. Und singe ein bisschen dazu.

Tagebuch, Montag, 6. Juni 2016 – Rumdenken

Wieder eine schöne Sitzung im Biografieforschungsseminar gehabt. Wir sprachen zunächst über das Habitus-Konzept Bourdieus, das ich allmählich verinnerlicht habe, weil wir auch im Esskulturenseminar darüber diskutierten. Gestern setzten wir es in einen Bezug zu einem Buch von Morten Reitmayer über Bankiers im Kaiserreich. Das Referat zum Thema wurde von einem nicht-deutschen Studenten gehalten – anhand seines Namens tippe ich auf irgendwas in Osteuropa –, der damit begann, dass er selbst versuche, seinen Habitus an den seiner deutschen Umgebung anzupassen: „Ich bin immer pünktlich und arbeite gewissenhaft.“ Das war einerseits niedlich, sowas gesagt zu bekommen, auf der anderen Seite aber auch irgendwie seltsam. Allmählich glaube ich, Pünktlichkeit und Pflichtbewusstsein sind keine Klischees – wir sind anscheinend wirklich so.

Nach dem Seminar brachte ich einen Schwung Bücher in die Bibliothek und lieh mir zwei neue (kein Gang mit leeren Händen, alte Kellnerinnenregel). In einem davon las ich einen Aufsatz von Detlev Mares und Ute Schneider über ein interessantes Projekt der TU Darmstadt: „‚So habe ich das nicht in Erinnerung …‘ Seniorenstudierende als Zeitzeugen der Geschichte. Ein Projektbericht.“ Darin wird erzählt, dass gerade Geschichte ein beliebtes Fach für Senior*innen an der Uni ist (ich würde Kunstgeschichte auch ganz oben in die Liste packen), aber eher ältere und antike, weniger neue und neueste Geschichte. In diesen Seminaren und Vorlesungen finden sich allerdings auch ältere Menschen, und die TU nutzte diese Gelegenheit, um daraus ein Seminar um Zeitzeugenschaft zu basteln. Einige Senior*innen ließen sich über die Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg ausfragen, und die Studis führten Interviews und werteten sie aus.

Was mich dabei faszinierte, war die Art des Erzählens und des Nachfragens. Einige Senior*innen hatten sich eine Biografie gebastelt (machen wir ja alle – this is my truth, tell me yours), die mit gelernten Geschichtsbildern übereinstimmte, andere wichen davon ab und berichteten zum Beispiel von unangenehmen Begegnungen mit amerikanischen Soldaten, die in der allgemeinen Erinnerung als „die Guten“ abgespeichert sind. Auch wichtig: die persönliche Sympathie der Fragenden, die sie teilweise davon abhielt, nachzuhaken oder unangenehme Fragen zu stellen.

Darüber denke ich auch seit kurzem nach, denn ich hoffe, dass ich mit der Tochter von Leo von Welden (sie ist jetzt 80) sprechen kann, um über die Werke ihres Vaters mehr zu erfahren. Mein anfängliches Bild von von Welden hat sich schon geändert, was ich versucht habe im Blick zu behalten und es nicht einfach so hinzunehmen. Anfangs war ich darüber verärgert, dass seine Mitwirkung in der GdK in der Literatur offensiv verschwiegen wurde und war bestrebt, diese Ausstellung als einen großen Teil seiner Biografie anzusehen; inzwischen stehe ich auf dem Standpunkt, dass es unfair ist, ihn anhand von fünf Bildern, die stilistisch und motivisch nicht seinem Restwerk entsprechen, zu verurteilen. Ich frage mich allerdings, ob ich damit nicht genau das tue, was alle nach 1945 getan haben: Strich drunter, Stunde Null. Ich will objektiv an den Künstler und sein Werk herangehen, aber ich ahne langsam, dass das schlicht nicht möglich ist. Also versuche ich immerhin, mir über meine Subjektivität klar zu sein, bevor ich das Gespräch mit Frau Schwaiger-Welden beginne. Ich weiß aus meiner Erfahrung mit Interviews aber auch, dass ich gerne dem Faden folge, den mir die Interviewten hinlegen; ich bin immer dankbar für ein Narrativ, das ich unhinterfragt aufschreiben kann – und genau das darf mir in diesem Fall natürlich nicht passieren. Mein Dozent warnte mich auch schon vor dem Gefühl des Eingeweihtseins, der Freude über diesen Zugang zu Werken, den nicht jeder bekommt – da sollte ich vorsichtig sein und kritisch bleiben. Auch aus diesem Grund habe ich den Aufsatz über die Seniorstudis gerne gelesen. (Und mich von ein paar Vorurteilen verabschiedet.)

Wovon ich mich vermutlich auch verabschiede, sind die beiden Vorlesungen in diesem Semester. Mit den vier Seminaren bin ich absolut zufrieden, mit den Vorlesungen überhaupt nicht. Beide Themen klangen vielversprechend, aber ich merke, dass ich in jeder Sitzung damit kämpfe, nicht dauernd auf Twitter nachzugucken, was die Welt macht oder einzuschlafen. Die beiden Dozentinnen haben leider beide einen recht anstrengenden Vortragsstil, aus Zeitgründen habe ich bereits jeweils ein bis zwei Sitzungen ausfallen lassen, und so wirklich Lust habe ich auf beide nicht mehr.

Andererseits will ich nicht zwei Vorlesungen ins dritte Semester mitschleppen; die eine hätte ich bereits im ersten MA-Semester abhaken müssen, was ich nicht geschafft habe (auch hier: Langeweile). Ganz eventuell kommt hier die Taktik zum Tragen, mit der ich eine Geschichtsklausur im fünften BA-Semester bestanden habe: Nur drei von zwölf Sitzungen besuchen, aber die Folien akribisch auswendig lernen. So will ich eigentlich nicht studieren, aber wenn’s nicht anders geht, dann eben so.

Was schön war, Freitag bis Sonntag, 3. bis 5. Juni 2016 – Rumkochen

Am Freitag verordnete ich mir einen Tag ohne Uni- oder Auftragsschreibarbeit und hielt das auch brav bis 18 Uhr durch. Vorher kochte ich ein wenig in der Gegend rum.

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Normalerweise mache ich Pfannkuchen nach Augenmaß: Ich verrühre ein Ei mit einem ordentlichen Schuss Milch und kippe dann solange Mehl nach, bis mir die Teigkonsistenz gefällt (eher zäh als flüssig). Freitag mittag dachte ich aber, guckst du doch mal in dein geliebtes, uraltes Löffelkochbuch mit den tausend Grundrezepten, wie die eigentlich Pfannkuchen machen.

Für sechs Crêpes hätte das Buch gerne 1/8 l Milch, mit einem Ei verrührt. Dazu dreieinhalb Esslöffel Mehl (man merkt, ich habe das Rezept halbiert) und einen Esslöffel Zucker, nach und nach mit der Eiermilch verrührt. Dazu eine Prise Salz. Das ergibt einen sehr flüssigen Teig, der hauchdünn in die leicht gefettete Pfanne gegossen werden soll; beim Eingießen die Pfanne drehen und wenden, damit der ganze Boden bedeckt ist. Hab ich alles brav gemacht und eine haftbeschichtete Pfanne verwendet – trotzdem habe ich den Crêpe nicht mal wenden können geschweige denn dass ich ihn heile aus der Pfanne gekriegt hätte. Das könnte aber auch an der zickigen Pfanne gelegen haben. Die ist schon recht alt, kleiner als meine normalen, und immer, wenn ich sie verwende, weil ich mal eine kleine Pfanne brauche, fällt mir ein, dass an ihr gerne Zeug kleben bleibt, trotz Fett und Beschichtung.

Ich nahm also meine normale große Pfanne, kippte Teig in sie – und merkte, da kommt jetzt ein anständiger und ein halber Crêpe bei rum, also kippte ich einfach alles an Teig, was noch da war, in die Pfanne und guckte dem Wunderwerk beim Festwerden zu. Das Wenden ging dann auch einwandfrei.

Normalerweise gebe ich keinen Zucker in meinen Pfannkuchenteig, weil ich Pfannkuchen grundsätzlich mit süßer Marmelade beschmiere und sie eingerollt esse. Oder ich werfe süßes Obst auf sie und falte sie komisch zusammen. Ahornsirup ist auch ein gerngesehener Gast auf Pfannkuchen. Im Crêpe war aber Zucker, und ich knabberte bereits begeistert Teigfetzen des ersten Crêpes ohne alles, während der zweite noch buk. Zucker halt.

Weil ich ja Zeit hatte, dachte ich mir außerdem: schlägst du doch mal Sahne von Hand, einfach nur mal um auszuprobieren, ob’s geht. Ich goß Sahne in eine große Schüssel anstatt in meinen hohen Becher, in dem ich sonst immer Sahne mit dem Handmixer schlage, den ich grundsätzlich mit einem Handtuch abdecke, weil sonst die halbe Küche Sahnespritzer abkriegt. Dann nahm ich meinen herrlichen WMF-Schneebesen, der so schön in der Hand liegt und genau die richtige Griffdicke hat und schlug vor mich hin. Das ging besser als erwartet; trotzdem tat mein Ärmchen relativ schnell weh, auch wenn ich mir immer sagte, locker aus dem Handgelenk, wie ne Zabaione. Handwechsel war sinnlos, mit links bin ich zum Sahneschlagen komplett unbegabt. Aber: nach wenigen Minuten hatte ich wunderbar steife Sahne (und einen schmerzenden Unterarm). Wenn also die Apokalypse kommt und wir keinen Strom mehr haben, aber noch kühle Sahne – ich stehe bereit.

In einer weiteren Schüssel zerquetschte ich mit meinem ebenso geliebten WMF-Kartoffelstampfer ein paar Erdbeeren und gab einen winzigen Schuss Orangenlikör dazu, ich hab frei, ich darf vor vier Alkohol zu mir nehmen, verrührte das Erdbeermus mit der Sahne, gab sie auf den Pfannkuchen, faltete ihn wirr und schmierte weiter lustig Erdbeersahne zwischen die Teigschichten. Die Sahne schmolz natürlich auf dem heißen Pfannkuchen wieder, aber sie war mal wunderbar steif.

Es schmeckte ganz hervorragend. Ich sollte öfter Zucker in den Teig geben. (Und ich hätte mir diesen Eintrag von WMF sponsern lassen sollen. Stattdessen gibt’s Amazonlinks, aber das kennt ihr ja.)

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Bei Risotto bin ich normalerweise Puristin: Zwiebel und Knoblauch in Butter andünsten, Reis dazu, kurz mitbraten, bis er glänzt, mit Weißwein aufgießen und dann stetig Hühnerbrühe nachgießen und rühren. Ja, ich bin eine von den Rührerinnen. Muss man nicht, weiß ich auch, mache ich aber. Zum Schluss Parmesan unterrühren und sofort essen. Keine Pilze rein, kein Schnickschnack – ich liebe diese Kombination aus Wein, Zwiebeln und Käse sehr, ich will da gar keine weiteren Sondergeschmäcker haben.

Ich hatte am Donnerstag abend aber meine geliebten Lauch-Bohnen-Puffer gemacht und etwas Lauch übrig. Außerdem lag Bärlauchbutter im Kühlschrank. Und deswegen dünstete ich Lauch statt Zwiebeln in Bärlauchbutter an und verzichtete auf den Knoblauch. Dann rührte ich wieder ein Viertelstündchen und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

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Am Samstag kaufte ich Pilze, die ich eher selten esse, weil mir ihre Konsistenz nie so richtig gefällt. Aber im neuen Kochbuch hatte mich ein Rezept für Polenta mit Pilzragout angelacht und deswegen brauchte ich Pilze.

Ich aromatisierte die Milch, in der ich die Polenta kochen wollte, mit einem Lorbeerblatt, einer halben Zwiebel, einer angedrückten Knoblauchzehe und ein paar Thymianzweigen und kochte sie auf. Nebenbei schnitt ich die Pilze in Scheiben, weil ich ja schließlich multitaskingfähig bin. Dachte ich jedenfalls, bis mir ein Zischen und Blubbern signalisierte, dass meine Milch gerade überkochte. Ich zog den Topf von der Herdplatte, säuberte diese so gut es ging, quengelte vor mich hin (bzw. öffentlich) und schnitt weiter Pilze. Die briet ich dann in Olivenöl und Butter scharf an, salzte, pfefferte, würzte zusätzlich mit Rosmarin, Thymian und Knoblauch, goß alles schließlich mit Rotwein und Gemüsebrühe auf und ließ es einkochen. Nebenbei kochte ich die Milch wieder auf und gab Polenta dazu.

Blöderweise hatte ich bei der Menge Polenta vergessen, dass ich nicht mehr die gesamte Milchmenge im Topf hatte, denn einiges davon klebte ja jetzt am Herd. Deswegen wurde die Polenta leider nicht so cremig wie erhofft, sondern eher brockig. Schmeckte aber trotzdem sehr gut, wobei ich zum Schluss noch Olivenöl über alles gab, weil es doch ein winziges bisschen zu trocken geworden war. Polenta bekomme ich selten so richtig, richtig cremig hin. Vielleicht mal die Flüssigkeitsmenge erhöhen und die Packungsangabe ignorieren? Oder erst zubereiten und dann noch Milch runterrühren? (Edit: Per Mail kam der Hinweis, es mal nicht mit Instantpolenta zu versuchen. Das könnte wirklich das Problem sein, denn genau die habe ich natürlich im Schrank.)

Reis kriege ich inzwischen prima für eine Person hin, aber Polenta mache ich immer zu viel – so war es auch gestern, aber die Reste werde ich heute anbraten und mit Parmesan bestreuen.

Was schön war, Donnerstag, 2. Juni 2016 – Yay & Zzzz

Gutes Referat über Herrn von Welden gehalten. Dozent glücklich, Anke glücklich, Kurs hoffentlich auch glücklich. Hilfreiche Hinweise zur weiteren Recherche bekommen. Sehr zufrieden in nächste Seminar geradelt.

Dort weiter mit der Kindheit im 19. Jahrhundert beschäftigt, wie immer gute Texte zur Vorbereitung gehabt, gute Referate gehört, gute Diskussionen geführt. Sehr zufrieden nach Hause geradelt.

Dort eine Schüssel Cornflakes mit Weintrauben und Erdbeeren verspeist, aufs Sofa gesetzt und kurz die Augen zugemacht. Dreieinhalb Stunden später aufgewacht. Da waren Hirn und Körper wohl doch etwas ausgereizter als ich dachte.

Abends endlich mal wieder Zeit für F. gehabt. Gut gegessen, Sekt getrunken, gemeinsam eingeschlafen.

Was schön war, Mittwoch, 1. Juni 2016 – Diverses

Schön: mit einer lieben SMS geweckt worden.

Weniger schön: Sie kam in dem Moment, in dem ich hektisch und schlaftrunken nach dem iPhone suchte, das gerade im Weckmodus war. Der Tag fing also mit radikaler Überforderung an.

Schön: in der Stabi gewesen.

Weniger schön: wieder nicht das gefunden, was ich gesucht habe. Langsam glaube ich der Sekundärliteratur zu Herrn von Welden überhaupt nichts mehr. Ich suchte zwei Ausstellungsberichte über zwei Schauen in Berlin 1943 und in Stuttgart 1944. Über Berlin berichtete (laut meinem Buch) die Kölnische Zeitung. Ich ließ mir also das Konvolut in den Lesesaal legen und blätterte gestern zum zweiten Mal den kompletten Oktober durch. Nüscht. Wobei die Zeitung mit „Reichsausgabe“ übertitelt war. Ich frage mich nun, ob es auch eine andere Ausgabe gab, in der der Artikel stehen könnte? Aber wenn eine Kölner Zeitung über eine Ausstellung in Berlin berichtet, wäre da nicht die Reichsausgabe sogar logischer als eine eventuell vorhandene Lokalausgabe?

Dann blätterte ich den Februar 1944 des Stuttgarter NS-Kurier durch. In meinem Buch stand als Zitatnachweis nur „Erwin Bareis in einem unbezeichneten Zeitungsartikel vom Februar 1944“, was mich ja auch schon irre gemacht hatte. Durch wildes Googeln nach Herrn Bareis und freundliche Hinweise glaube ich, dass es sich bei dieser Zeitung um eben den NS-Kurier handeln müsste. Aber auch hier: nüscht.

Immerhin fand ich im Spiegel von 1975 eine Anzeige wieder, die ich vom Lenbachhaus bekommen hatte und für die ich keinen Kontext hatte. In der im Spiegel abgebildeten Anzeige aus dem Wall Street Journal wird ein Hitler-Porträt angeboten, angeblich von 1938, angeblich aus Berchtesgaden und signiert mit „Welden“. Leo signierte in den 1920er Jahre noch mit vollem Namen, ab den 1930ern dann nur noch mit „Welden“, manchmal mit einer Jahreszahl daneben. Das könnte also neben den fünf Bildern in der GdK noch ein weiteres sein, das sich kulturpolitisch auf NS-Linie bewegt und aus seinem sonstigen, eher zeitlosen Schaffen rausfällt. (In meinem Kopf habe ich natürlich längst eine extrem unwissenschaftliche Räuberpistole, wie ein GI das Bild von einer Wand des Berghofs klaut und 30 Jahre nach Kriegsende wieder loswerden will.)

Ich hatte gehofft, der Artikel wäre über Raub- und/oder Beutekunst, aber es war bloß der Hohlspiegel, also die Rubrik auf der letzten Seite, in der andere Zeitschriften mit seltsamen Artikeln zitiert werden. Meh. Allerdings ist das wenigstens mal eine Spur, die ich nachvollziehen konnte. Diese unauffindbaren Zitate machen mich sehr misstrauisch. Die wenige Sekundärliteratur ist ja eh groß darin, aus von Welden einen Quasi-Widerstandskämpfer zu machen, und dann sind die angeblichen Quellen nicht mal vorhanden, Herrgottnochmal. Oder ich bin zu blöd zum Suchen.

(Ja, ich weiß, ich mache mir schon wieder zu viel Arbeit. Aber ich mag diesen Spürnasenkram so gern.)

Ohne Einschränkung schön: eine Dame vom sonntäglichen Festessen wiedergetroffen und über Politik und Kunstgeschichte geplaudert. Dazu meinen liebsten Milchkaffee Münchens. Trocken zuhause angekommen. Referat nochmals probegehalten und zufrieden gewesen. Zwei Stunden Spielzeit für Candy Crush errungen und nebenbei Masterchef Australia laufen gelassen. Fürs Kindheitsseminar spannende Texte über Kinder- und Jugendliteratur des 19. Jahrhunderts gelesen. Erdbeeren.

Was schön war, Dienstag, 31. Mai 2016 – Bücherbücherbücher

Habe vormittags auf ein Seminar verzichtet, weil ich lieber im Zentralinstitut für Kunstgeschichte in der Bibliothek rumwühlen wollte. Das habe ich dann auch exzessiv gemacht, noch mehr schöne Details für das von-Welden-Referat gefunden und außerdem erstmals in der Auktionsdatenbank des ZI rumgeklickt. Jetzt kann ich sogar eine anständige Preisentwicklung der letzten 80 Jahre aufzeigen. Jedenfalls kurz anreißen, denn mein Referat soll laut Dozent möglichst nicht länger als 16 Minuten werden (ist er nicht niedlich?), weil wir morgen vier Referate in 90 Minuten durchprügeln müssen.

Also habe ich abends die fast letzten Folien in die Powerpointpräse gehauen (ein Bild muss ich noch scannen, das mache ich heute) und dann den ersten richtigen Probedurchlauf gemacht. Ergebnis: 16 Minuten.

Eine Tüte Edelnüsschen geöffnet und einen Gin Tonic gemixt. Und dann noch einen.