Tagebuch, Dienstag, 30. Januar 2018 – Wie üblich

Getextet. Gehustet.

Ein recht unaufregender Tag am Schreibtisch. In der Mittagspause Tomatensauce für eine Pizza angerührt; den Hefeteig dazu habe ich nicht selbstgemacht, sondern faul auf ein TK-Produkt zurückgegriffen. Wenn ich schreibe, kümmere ich mich ungern um Teige, das mache ich lieber am Wochenende. Happy-Desk-Lunch daher Pizza mit Tomatensauce, roten Zwiebeln und ein bisschen zuviel Käse. Das Alibi-Basilikumblatt war auch super.

Zu Jahresbeginn war ich in einer B2B-Agentur gebucht und erzählte davon im ungläubigen Flüsterton meinen Werberfreund*innen: „Die machen da fast alle um 18 Uhr Feierabend!“ Das konnte F. nicht so recht würdigen, bis ich ihm gestern abend spontan absagen musste, weil ich um kurz nach 17 Uhr noch einen Schwung an Zeug auf den Tisch bekam, der bitte heute morgen abgearbeitet sein musste. DAS ist die Werbung, die ich kenne!

Der Husten hält sich hartnäckig, aber der Kopf ist wieder klar. Das heißt, ich konnte nach tagelanger Pause endlich im Ulysses weitermachen, für den mein Hirn die ganze letzte Woche gefühlt zu matschig gewesen war. Ich beendete das neunte Kapitel.

In den Kapiteln zuvor folgte ich Bloom und meckerte innerlich rum, dass ich viel lieber Dedalus folgen würde und zack, durfte ich das im neunten Kapitel tun. Schon nach den ersten Seiten fiel mir ein, warum ich lieber über Stephen lesen wollte: Bisher sind die Dedalus-Kapitel die fiesen, bei denen man quasi nichts versteht, aber dafür lesen sie sich für meinen Geschmack viel spannender, eben weil man quasi nichts versteht. Wobei das falsch formuliert ist: Ich lese viel neugieriger, viel aufmerksamer, weil ich stets versuche, doch irgendwas mitzukriegen. Ich kann die Worte erfassen, die mir begegnen, aber sie ergeben keinen für mich bekannten Sinneszusammenhang. Es liest sich wie der irre zweite Wein, den wir im Tantris hatten, es liest sich wie ein Twombly-Gemälde. Man wird irgendwo reingeworfen und muss sehen, wie man mit den Umständen klarkommt. Ich kann verstehen, dass das nicht jedermanns Sache ist, ich habe, wie beschrieben, auch drei Anläufe für dieses Buch gebraucht, aber jetzt sitze ich mitten drin und lasse mich durch die Wortwellen schaukeln.

Außerdem habe ich seit gestern die perfekte Reply auf alles auf Twitter: „I know. Shut up. Blast you. I have reasons.“ (Kapitel 9, Zeile 847, Gabler-Edition.)

Und eine wunderbare Beschreibung des Zustands, wenn man aus der Bibliothek kommt: „Stephen, greeting, then all amort, followed a lubber jester, a wellkempt head, newbarbered, out of the vaulted cell into a shattering daylight of no thought.“ A shattering daylight of no thought. <3 (Kapitel 9, Zeilen 1110–1113, Gabler-Edition.)

(Wenn ihr nach „Wilhelm Meister“ sucht, seid ihr direkt am Anfang des neunten Kapitels.)

Tagebuch, Montag, 29. Januar 2018 – Dissgespräch

Meine erste Diss-Idee hatte sich Crash-and-burn-mäßig schon vor Monaten verabschiedet. An einer zweiten bastelte ich seitdem herum, aber von der wusste mein geschätzter Doktorvater noch nichts, denn bevor ich wieder bei ihm im Büro saß, wollte ich dieses Mal in Vorleistung gehen und schon erste Fragestellungen oder Ansätze oder Ergebnisse oder die ersten 80 Seiten (ich scherze) mitbringen können, ehe ich nochmal falle und brenne.

Bevor ich überhaupt den ersten Handschlag für die Diss tat, dachte ich naiverweise, ha, endlich kann ich machen, was ich will, keine Deadlines, keine Seminarvorbereitung mehr, einfach schön vor mich hinforschen. Dass mich dieser Satz irgendwann in den Hintern beißen würde, war fast klar. Natürlich fehlt mir jetzt genau das Korsett eines Seminars, in dem Dinge durch andere geradegerückt werden, an denen man sich selbst vielleicht doof festbeißt, mir fehlt eine Deadline, bei der ich weiß, an jenem Zeitpunkt müsste ich liefern, also muss ich genau JETZT dafür in die Bibliothek, und mir fehlt vor allem der konstante Input, den ich sonst an der Uni immer hatte. Aus jedem Seminar und jeder Vorlesung habe ich irgendwelche Wissensbröckchen mitgenommen, die meiner Arbeit zugutekamen. Die einzigen Bröckchen, die ich jetzt noch kriege, sind die, die ich mir selber zusammensuche. Und wenn man sich ein Thema vorgenommen hat, zu dem es nicht so irre viel Literatur gibt und man auch gerade eher mit Akquise und sich selbst beschäftigt ist anstatt mit Kunstgeschichte, dann bleibt von den geplanten 80 Seiten oder auch nur den ersten Ansätzen nicht viel übrig. Deswegen traute ich mich ewig nicht zu meinem Papi, bis F., der schon einen Doktortitel besitzt und immer gute Ratschläge hat, mich irgendwann sehr drängelte, und wenn er nicht so höflich wäre, hätte er vermutlich irgendwann „GEH ENDLICH ZU DEINEM BETREUER, DAFÜR IST DER MANN DA, DAS SAGT SCHON DER BEGRIFF BETREUER!“ in meine Richtung gebrüllt.

Gestern war der Termin da, ich hustete im Treppenhaus des ZI noch mal schön ab und betrat die Höhle des Löwen. Dort gestand ich, dass ich mich von meiner tollen theoretischen Idee hatte einlullen lassen, sie sich aber beim ersten ernsthaften Bearbeiten als eher blöd herausgestellt hatte. Dann kam ich allerdings gar nicht mehr dazu, davon zu erzählen, dass ich schon auf einer anderen Idee gearbeitet hatte, denn mein Doktorvater hing noch an der alten Fragestellung und kam nun auf neue Quellen (das war mein Hauptproblem gewesen – meine Quellenidee war schlicht doof). Er sinnierte vor sich hin, ich hörte zu und vor meinem Auge enstand eine wunderschöne neue Dissertationsidee. Erst als ich zwei Seiten meines Notizbuchs vollgeschrieben hatte und er vermutlich dachte, das Gespräch wäre durch und ich gut versorgt, erzählte ich von meiner Alternatividee. Woraufhin alles nochmal von vorne losging: Wir diskutierten, tauschten Literaturtipps aus, und im Endeffekt ging ich nach 90 Minuten mit zwei wunderschönen neuen Dissertationsideen. (Und hustete weiterhin in der Gegend rum.)

Zur Erklärung: Ich hatte mir während der Masterarbeit angewöhnt, einige Bilder nicht nur als Titel irgendwo abzulegen, sondern auch mit Beschreibung. Der liebe Anselm Kiefer nutzte Namen, die er mochte, nämlich gerne mehrfach, auch im gleichen Entstehungszeitraum, weswegen ich des Öfteren Dinge wie „braunweißer Vordergrund, bläulicher Horizont“ im Vergleich zu einem anderen, gleichnamigen Bild notierte, zu dem ich „ockerbeigeweißer Vordergrund, Horizont mit Lücke“ aufschrieb. Irgendwann begann ich, auch zu den Büchern und vor allem Katalogen, die ich nutzte, Notizen zu machen. Leider des Öfteren Dinge wie „kompliziertes Geschwurbel“, aber netterweise auch „grundlegend“, „viele Querverweise“, „süffisante Abrechnung, liest sich super“. Das habe ich für die Diss, bei der ich einen weitaus größeren Literaturapparat erwarte, von Anfang an übernommen, und ich war gestern sehr erfreut, ein Buch anscheinend korrekt eingeschätzt zu haben.

Das bringt mich natürlich immer noch nicht weiter, wenn es darum geht, mich für eine der beiden schönen Ideen zu entscheiden. Aber ich neige bereits zur zweiten, mit der fange ich einfach mal an. Bzw. mache mit dem weiter, was ich eh seit Monaten mache, nur mit einer leicht veränderten Zielsetzung und einer neuen Quellengrundlage. Betreuung rockt. Das hätte mir mal jemand sagen sollen.

(„ICH HAB DOCH GESAGT, DU SOLLST ENDLICH … ach so, du benutzt mich mal wieder als Punchline für deine Blogeinträge. Na gut.“)

Tagebuch, Freitag bis Sonntag, 26. bis 28. Januar 2018 – Noch mehr Husten

Da bei mir netterweise gerade eine Buchung von der nächsten abgelöst wurde, konnte ich unnetterweise meine aufkommende Erkältung nicht anständig auskurieren. Das ist doof, das weiß ich auch, aber jetzt gerade muss dringend das Konto aufgefüllt werden. Hurra für den Kapitalismus!

Daher verbrachte ich nach zwei etwas zähen Tagen am Schreibtisch wenigstens endlich das komplette Wochenende im Bett und das auch so oft es ging schlafend. Das ging leider nicht immer, gerade nachts plagte der Husten mich sehr. Und ich ahne, dass meine Nachbarn mich inzwischen hassen, denn ich glaube, ich huste sehr laut.

Wenn ich wach war, schaute ich kurz auf Twitter und retweetete, dann fielen mir wieder die Augen zu. Ab und zu las ich etwas, das mit der Dissertation zu tun hat, was mich noch mehr freut als es mich generell freut, etwas für die Diss zu lesen. Mitte Dezember hatte ich den Kopf bewusst aus dem ganzen Nazikram gezogen, um Abstand zu gewinnen. Der war anscheinend nötig; jetzt macht es wieder Spaß (diesen Begriff bitte immer in Anführungszeichen denken, wenn ich mich mit der NS-Zeit befasse). Ich lese immer noch eine Dissertation von 1987, die damals in Ost-Berlin abgegeben wurde. Man muss erstmal eine Menge sozialistische Sauce wegwischen, um an den eigentlichen Textinhalt zu kommen, aber das klappt auch nicht immer. Je länger ich den Kram las, desto mehr war ich der Meinung, Marx mal wieder lesen zu müssen. Könnte aber auch daran liegen, dass ich gerade krank arbeite, um ein Dach über dem Kopf zu haben.

Wegen der derzeit günstigen Buchungssituation gab ich meiner sinnlosen Sehnsucht nach mehr Geschirr nach und bestellte mir zwei Pastateller und zwei flache Teller, um die ich seit ungefähr einem Jahr rumschleiche, sie mir aber immer brav verkniffen habe, weil ich genug Geschirr besitze. Jetzt gehören sie aber doch mir, und sie machen mich sehr glücklich. Hurra für den Kapitalismus!

Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen

Diesen schönen Sammelband gibt es für lau als Open-Access-Dokument auf der Verlagsseite. Ich habe bisher erst einen Aufsatz überflogen, nämlich „Eine ethische Herausforderung. Der Zugang zu nationalsozialistischer Propagandaliteratur in Hochschulbibliotheken“ von Hermann Rösch (hier als direktes PDF). Das Thema beschäftigt mich derzeit dauernd und ich amüsierte mich bereits im Blog über die verschiedenen Gebaren, wenn es darum geht, NS-Schriftgut einsehen zu können. Einiges konnte ich entspannt nach Hause entleihen, anderes ist nur im Lesesaal zugänglich, da aber ohne weitere Kontrolle oder Einschränkung. Für einen Zeitschriftensammelband musste ich allerdings meinen Namen, meine Adresse und mein Forschungsfeld angeben sowie bestätigen, dass ich ihn nur für wissenschaftliche Zwecke einsehen will, denn nur dafür ist er freigegeben. Er lag auch nicht in meinem üblichen Abholfach in einem kleinen Lesesaal, sondern ich musste ihn persönlich bei der Aufsicht abholen und auch dort wieder abgeben.

(via @VDKunsthistorik)

How a Library Handles a Rare and Deadly Book of Wallpaper Samples

Um auf die Gefahr von Arsen in der häuslichen Umgebung aufmerksam zu machen, bastelte Dr. Robert M. Kedzie 1874 einhundert Bücher, in denen er handelsübliche Tapetenmuster band, die damals zu gut 65 Prozent arsenbelastet waren. Dieses Buch schickte er an hundert Bibliotheken mit der Anweisung, so die Öffentlichkeit über diese unterschätzte Gefahr zu informieren. Von diesen hundert Büchern existieren noch vier, und heutige Bibliotheken sehen sich mit der Frage konfrontiert, wie man ein Buch konserviert, das einen krankmachen könnte.

„The Victorians knew that arsenic was poisonous when eaten, of course—it had gained a reputation as an “inheritance powder” that could be used, for example, to bump off elderly aunts with large fortunes—but most saw little risk in plastering their homes with the stuff. Kedzie argued (correctly, we now know) that arsenical wallpapers shed microscopic dust particles that can be inhaled or ingested. In the preface to Shadows, he warns that arsenic can kill not only by “sudden and violent destruction of life” but by slow, chronic poisoning, a mysterious and lingering illness that might baffle sufferer and physician alike. He wrote of women taking ill and withdrawing into their wallpapered bedrooms to recover, not knowing that all the while they were inhaling “an air loaded with the breath of death.”“

(via @v_i_o_l_a)

Rosie the Riveter

Ein schöner Twitter-Thread über Norman Rockwells Rosie the Riveter. Ich kannte den Titel, aber nicht das eigentlich Bild und war sehr erstaunt, eine breitschultrige, kurzhaarige Frau zu sehen – die einem Werk Michelangelos ähnelt, wie hier zu sehen ist.

(via @mmiedl)

Rezension Vermacht. Verfallen. Verdrängt. Kunst und Nationalsozialismus

Unser Katalog zur Ausstellung in Rosenheim ist freundlich besprochen worden, was mich sehr freut.

„Wie in einem Vexierspiegel bildet die Sammlung der Städtischen Galerie Rosenheim daher die NS-konforme Kunst in ihrer intimen Verfasstheit, aber auch in ihren tiefen Widersprüchen ab. Über drei Semester konnten gemeinsam mit Studenten der LMU vor Ort Archivarbeiten angestellt, Arbeiten geschrieben und eine Ausstellung vorbereitet werden, die diese Ambiguität aus den Rosenheimer Beständen heraus demonstriert. Zugleich ist diese Initiative eingebunden in ein breites Spektrum neuerer Aktivitäten: die Dauerausstellungen großer Museen beginnen gerade damit, NS-Kunst zu integrieren und dies in Tagungen zu diskutieren, zuletzt besonders in München und in Halle. Zudem wanderte im letzten Jahr die Ausstellung Artige Kunst über drei Stationen durch Deutschland. 2017 scheint tatsächlich neuer Schwung in das problematische Forschungsfeld der NS-Kunstgeschichte gekommen zu sein. […]

Was hier nun vorliegt, ist daher kein klassischer Ausstellungskatalog, sondern eher ein wissenschaftlicher Sammelband, der die höchst verdienstvolle Projektarbeit dokumentiert. In den insgesamt vier Abteilungen werden die Ergebnisse der studentischen Recherchen zu Rosenheim präsentiert und mit übergreifenden Perspektiven kontrastiert.“

Tagebuch, Donnerstag, 25. Januar 2018 – Husten

Getextet. Gehustet. Das war’s.

Vormittags in der Gegend rumkonzipiert, dann in der Mittagspause zur Packstation gegangen. Die wurde allerdings gerade von einem Mitarbeiter befüllt, der Pakete aus seinem LKW an der Packstation aufgestapelt hatte. (LKW!) Ich fragte, ob ich mich kurz dazwischendrängeln könne, aber er meinte freundlich, dass er nicht mittendrin abbrechen könne, wenn er einmal angefangen habe, Pakete einzulegen. Ich weiß nicht, ob das korrekt ist, ich meine, ich hätte mich schon einmal irgendwo dazwischendrängeln können, aber so wichtig war das Päckchen jetzt nicht, ich ging einkaufen und dachte mir, kommste halt abends noch mal rum. Was ich dann natürlich vergaß, und jetzt bin ich einer von diesen schlimmen Menschen, die ihr Paket nicht gleich abholen und die Station verstopfen.

Mir ging es körperlich ganz gut, aber je länger der Tag dauerte, desto mehr kam mein Husten aus der Hölle. Er ist nicht schmerzhaft, sondern nur lästig und gefühlt irre laut. Ab 17 Uhr kommunizierten meine Art-Direktorin und ich nur noch per Mail, weil ich kein Gespräch mehr führen konnte und auch keinem zuhören, weil ich alles zerhustete. Kommunizieren mussten wir aber, denn das Briefing wurde gestern mittag von „Wir müssen Montag was zu den Fotografen schicken“ auf „Wir müssen morgen was zu den Fotografen schicken“ geändert. Kein Ding, kriegen wir hin. (Ich musste grinsend an meine kleinen Kommilitoninnen denken, die nach vierwöchiger Vorbereitung mit miesen Referaten aufliefen, weil sie es echt nicht geschafft hätten, öfter in die Bibliothek blablabla.)

Morgens nur ein Glas Saft zum Frühstück getrunken, weil ich noch keinen Hunger hatte. In der Mittagspause eingekauft, wie beschrieben, wo ich eigentlich mein übliches Müsli essen wollte. Ich hatte noch ein bisschen Zeit, also begann ich einen langen Blogeintrag zum Gomringer-Gedicht, aber dann war meine Pause plötzlich rum, ich musste arbeiten, hatte noch nichts gegessen und auch der Blogeintrag war noch längst nicht fertig. Um kurz nach vier konnte ich mir dann doch noch ein Müsli-Schüsselchen anrühren, hatte deswegen abends zur gewohnten Essenszeit aber noch keinen Hunger. Ich belegte mir ein Brot mit Käse und Gürkchen und war zufrieden. Auf den Blogeintrag hatte ich dann doch keine Lust mehr, aber so wie ich die Erregungszustände derzeit kenne, ist das Thema am Wochenende eh durch. Aber so konnte ich mal wieder, wenn auch nur für mich, über Kunst und was sie darf und soll, nachdenken.

Nachts weckte mich der blöde Husten um 3 und ließ mich bis 6 nicht mehr schlafen.

*sehr müde, sehr langsam und sehr hungrig getippt*

Tagebuch, Dienstag/Mittwoch, 23./24. Januar 2018 – Snif

Den Dienstag verbrachte ich im Halbschlaf vor Netflix und Amazon Prime. Bin jetzt bei Mrs. Maisel, Frankie und Grace auf dem neuesten Stand, jedenfalls bis auf die Teile, die ich verschlafen habe.

Gestern ging es mir etwas besser, auch wenn mein Husten vermutlich gerade Tote weckt. Halbschlaf war nicht drin, denn eine Agentur, die mich am Dienstag optiert hatte, buchte mich netterweise ab Mittwoch, und jetzt habe ich bis mindestens Anfang März etwas zu tun. Also etwas, wofür ich Geld bekomme.

Eigentlich wollte ich diese Woche nochmal ins ZI, um mein Gespräch am Montag mit dem Doktorvater anständig vorzubereiten, aber die Öffnungszeiten der Lieblingsbibliothek lassen das nicht so recht zu, jetzt wo ich wieder für die Konkurrenz am Schreibtisch sitze. Ich hoffe, ich kann dem Herrn trotzdem ein bisschen meine Grundidee erläutern, auch ohne die Belege dafür schon gescannt zu haben.

Mehrere Avocados auf Brot mit vielen Körnern drin und dran, noch mehr Koriander drauf. Müsli mit Weintrauben und Birnen. Viel Tee. Hustenbonbons.

Tagebuch, Montag, 22. Januar 2018 – Fiftyfifty

Den ganzen Tag latent angekränkelt gefühlt, nicht richtig fit, aber auch nicht wirklich krank. Ein bisschen Gliederschmerzen, ab und zu ein Hüsterchen, ein Hals, der manchmal kratzt. Für die Arbeit am Schreibtisch hat’s gereicht, die Mittagspausen-FAZ las ich aber unter der Bettdecke, die Müslischüssel balancierend. Viel Tee, aber den trinke ich neuerdings ja eh literweise. Abends einen Rösti gemacht, dazu Paprika angebraten und ein Spiegelei.

Eigentlich sollte Paprika und Spiegelei was fotogenes werden, nämlich dicke Paprikaringe, in denen ich Rührei stocken lassen wollte. Nailed it, selbstverständlich. Ähem. Die Paprikaringe konnte ich immerhin noch kleinschneiden und in Stücken braten, das Rührei, das halb gestockt und halb angebrannt war, nur noch entsorgen und ein stattdessen ein Spiegelei machen. Ich musste wieder an die schicken Tasty-Filme denken, in denen immer alles klappt, weswegen ich diesen Clip sehr genossen habe, in dem auch mal gezeigt wird, wie oft eben nicht alles klappt. (Hier klappt’s dann wieder.)

Abends lauschte ich ein wenig dem Livestream der Walküre aus der Staatsoper. Bis heute nacht ist der Stream noch abzurufen. Ich genoss auch das Gezwitscher drumherum; jetzt weiß ich, auf welchem Bild das riesige Gemälde im zweiten Aufzug beruht – und dass Harfen Pedale haben.

Was schön war, Sonntag, 21. Januar 2018 – „Fruitarian“

Schon am Freitag begann ich das achte Kapitel im Ulysses, las es aber nicht fertig, das kam erst gestern, und es ist bisher mein liebstes Kapitel gewesen. Dabei grinste ich über einen Absatz, der sich mit „Du bist, was du isst“ beschäftigt. Das Buch wurde 1922 veröffentlicht, nur zu Erinnerung.

„His eyes followed the high figure in homespun, beard and bicycle, a listening woman at his side. Coming from the vegetarian. Only weggebobbles and fruit. Don’t eat a beefsteak. If you do the eyes of that cow will pursue you through all eternity. They say it’s healthier. Windandwatery though. Tried it. Keep you on the run all day. Bad as a bloater. Dreams all night. Why do they call that thing they gave me nutsteak? Nutarians. Fruitarians. To give you the idea you are eating rumpsteak. Absurd. Salty too. They cook in soda. Keep you sitting by the tap all night.

Her stockings are loose over her ankles. I detest that: so tasteless. Those literary etherial people they are all. Dreamy, cloudy, symbolistic. Esthetes they are. I wouldn’t be surprised if it was that kind of food you see produces the like waves of the brain the poetical. For example one of those policemen sweating Irish stew into their shirts you couldn’t squeeze a line of poetry out of him. Don’t know what poetry is even. Must be in a certain mood.“

Die Idee, dass man durch Ernährung einen besonderen Geisteszustand erreichen könnte. Die Idee, dass Menschen, die sich fleischhaltig ernähren, kulturell nicht so bewandert wären. Oder die heutige Variante: dass man ein besserer Mensch ist, wenn man a isst und b nicht – oder umgekehrt oder mit Ergänzung durch x. Ich musste an Ernährungsratgeber denken, die sich in den letzten Jahrzehnten gerne mal geändert haben, an Ernährungspyramiden oder -teller oder welche Diagramme man sonst noch basteln kann. Ich musste an Instagramstreams denken voller Buddhabowls, die ich gerne weiter „Schüsseln mit Zeug drin“ nenne, oder die Hashtags zu #cleaneating, die so dermaßen voller Distinktionsbedürfnis und/oder Fettpanik stecken, dass ich die Posterinnen (meist sind es Damen) in den Arm nehmen möchte. Oder sie sanft, aber bestimmt schütteln. Ich musste an meine eigene Essgeschichte denken, in der Nahrung gut 30 Jahre lang eben das nicht mehr war, sondern eine Strafe, eine Sünde, etwas Verbotenes, etwas Schlimmes, selten etwas Gutes oder Freudvolles. Und ich musste an die letzten Jahre denken, in denen ich all das über Bord werfen konnte und Genießen gelernt habe.

Ich erfreue mich an Kunstwerken, an Büchern, an Musik, an Rumlungern und Fußball, aber es ist heute, und damit hätte ich vor zehn Jahren nie gerechnet, Essen und Bewegung, die mich am glücklichsten machen. Bewegung, die mir Spaß macht und bei der es scheißegal ist, wieviele Kalorien sie verbrennt. Bewegung, bei der ich merke, was mein dicker Körper alles kann und wie gut er sich anfühlt, nicht die Bewegung, bei der ich in irgendwas reinarbeiten muss oder Schmerzen ignorieren soll, überhaupt: Arbeit am Körper, geh mir weg. Ich habe lieber Freude am Körper und wenn das bedeutet, zu gehen, radzufahren oder im Schneckentempo ein Stündchen durch die Gegend zu schlendern, dann reicht mir das.

Und Essen. Oh du mein Essen. Die erste Nase vom frisch entkorkten (oder aufgeschraubten) Wein. Käse in allen Variationen. Die ersten Erdbeeren im Sommer. Kleine Kartoffeln in Butter mit Salz. Überhaupt Salz! Das musste ich auch erst lernen, das zu dosieren und nicht nur so eine Alibiprise über alles zu hauen. Frischer Pfeffer. Ein medium gebratenes Steak, schön ausgeruht. Selbstgemachtes Pesto. Der Duft, wenn man Zwiebeln anbrät. Ein simpler Rührkuchen, so gerade abgekühlt. Selbstgebackenes Brot (wieder mit Butter und Salz, es geht überhaupt alles mit Butter und Salz). Erbsen aus der Schale pulen. Die Freude, einen elastisch-weichen Hefeteig zu kneten. Immer besser und präziser mit Messern umgehen zu können. Suppen passieren, Torten dekorieren, Gemüse dämpfen. Salate zubereiten, die nicht nur kalorienlos vor sich hindarben, sondern mit Nüssen, Beeren, verschiedenen Blättern und Kräutern, fetter Avocado und einem ordentlichen Dressing aufgepeppt werden. Senf! Tee! Whisky! Karamell! Spargel, Kürbis, grüne Bohnen. Zitronen! Weintrauben, Blaubeeren, Johannisbeeren, Himbeeren. Und natürlich Schokolade, der ewige Glücklichmacher.

Immer wenn ich in traurigen Momenten auf die alte Lüge reinfalle „Hey, wenn ich dünner wäre, wäre ich glücklicher, wenn ich disziplinierter wäre, wäre ich besser“, fällt mir auf, dass ich gar nicht unglücklich und undiszipliniert bin. Dass ich mein Studium nicht besser gemacht hätte, wenn die Zahl auf der Waage kleiner gewesen wäre, dass ich meine Beziehung nicht anders gestalten würde, wenn ich eine andere Kleidergröße hätte und dass ich nicht besser schreiben könnte, wenn ich weniger essen würde. Vermutlich eher das Gegenteil, weil ich kein anderes Thema mehr hätte als mir die verdammte Nahrung so einzuteilen, dass ich in einem bestimmten Rahmen bleibe. Ich weiß, wie es mir ging zu den Zeiten, in denen ich abgenommen habe, auch wenn das nicht Diät hieß, sondern Ernährungsumstellung blablabla. Ich habe in meinem Job funktioniert und vermutlich auch im Zwischenmenschlichen, aber wenn ich nicht gerade mit Arbeiten beschäftigt war, habe ich über Essen nachgedacht, den ganzen verdammten langen Tag, was darf ich essen, was darf ich alles nicht essen, wieviel Sport muss ich noch machen, um eine Scheibe Käse mehr aufs Brot legen zu dürfen. Ich habe nie nicht an Essen denken können und es kann mir niemand mehr erzählen, dass das nicht essgestört ist.

Heute denke ich an Essen, wenn ich hungrig bin. (Oder traurig, das geht anscheinend nicht mehr weg.) Ich esse, was ich möchte und nicht, was ich darf. Ich kann vermutlich niemandem klarmachen, was für eine unglaubliche Veränderung das neue Verhältnis zum Essen und zu meinem Körper in meinem Leben war. Aber eigentlich reicht es ja, wenn ich das weiß. Und ich kurz glücklich daran denke, wenn mich ein Buch zufällig auf das Thema stößt.

Was schön war, Samstag, 20. Januar 2018 – Samstags gehört Anke mir

Ewig geschlafen, erst um kurz vor 10 aus dem Bett geschält.

Äpfel und Nüsse zum Frühstück. Ich probiere seit einiger Zeit eine Alternative zu meinem gewohnten morgendlichen Milchkaffee und das gefällt mir bisher sehr gut. Ich frage mich jeden Morgen: Obst oder Käffchen? und neuerdings sagt mein Magen immer: Obst. Kriegst du alles, Hase.

Zum weiter entfernt gelegenen Supermarkt spaziert, um ein bisschen Bewegung zu kriegen – das Walking-Programm will im neuen Jahr noch nicht so recht in die Puschen kommen, ich schlafe derzeit lieber. Beim Spaziergang den Soundtrack zu Dear Evan Hansen gehört, aus dem mir Spotify Waving through a window in meinen Mix der Woche gespült hatte.

Ben & Jerry’s Peanut Butter Cup zur neuen Folge Grey’s Anatomy.

(Hier hätte jetzt so schön noch ein Sieg vom FC Augsburg in Gladbach stehen können, aber nein. Mpf.)

In Ruhe Zeitung gelesen, auch die von Freitag, die ich vorgestern nicht geschafft habe. Nach einer Rezension wieder mal ein Buch auf meine Merkliste gepackt, in das ich in der Bibliothek reinschauen möchte.

Weiter Ulysses gelesen, dazu belegte Brote gegessen.

Abends zu F. spaziert, noch ein Glas Riesling genossen, gemeinsam eingeschlafen.

Was schön war, Freitag, 19. Januar 2018 – Hach und Hojotoho

Den Vormittag verbrachte ich endlich mal wieder in der Bibliothek des ZI. Mitte Dezember war meine Laune auf einem Tiefpunkt angekommen, weil mich ausbleibende Jobs und eine immer chaotischere Verstrickung in meine Diss-Frage mich mürbe gemacht hatten; ich legte einen zweiwöchigen Urlaub von meinem eigenen Kopf ein und das hat sehr gut getan. Im Hintergrund arbeitete mein Hirn weiter und ich ahne wieder so langsam, wo ich hinwill, und eine Buchung ist netterweise auch dabei rausgekommen (was vermutlich nicht an meinem Urlaub lag, aber es bestätigt mein kindliches Wunschdenken, dass man das Universum auch einfach mal machen lassen darf).

Jedenfalls war ich gestern nach vierwöchiger Pause endlich mal wieder zwischen den Regalen unterwegs, weil ich für den Kunden, für den ich gerade arbeite, etwas nachschlagen wollte. Ich war also eigentlich als Werbetexterin da und fühlte mich ein bisschen schuldig, als ob ich mein eigentliches Herzblatt betrüge but a girl’s gotta eat! Trotzdem kam natürlich die Kunsthistorikerin durch, sobald ich den ersten Stapel an meinen Platz getragen hatte und las. Und beim Zusammensuchen des zweiten Stapels, als ich mit Büchern im Arm – bekanntlich eine meiner Lieblingsgesten – gemächlichen Schrittes durch die hohen Regale ging, holte mich auch dieses seltsame ZI-Gefühl wieder ein. Ich kann es vermutlich nur schwer vermitteln, aber immer wenn ich in Bibliotheken rumwühle, fühle ich mich, wie andere sich vielleicht in Fangopackungen oder bei einer Massage fühlen: unglaublich entspannt, ruhig und gleichzeitig hellwach, um alles zu genießen. Manchmal bleibe ich einfach zwischen den Regalen stehen, lege den Kopf schräg und lese ein paar Buchrücken durch, auch wenn ich dort gar nichts suche. Ich fasse die Bücher an, die im Regal stehen, umarme die, die ich mit mir herumtrage und fühle mich so unglaublich wohl, dass es mir fast peinlich ist. Es ist nicht nur das Gefühl von Papier, das ich gerne mag, oder die schiere Menge an Büchern. Es ist das Wissen, dass um mich herum noch irrwitzig viel mehr Wissen steht, und wenn ich nur lange genug hierbleibe, ich mir das alles erlesen kann.

(Ihr müsst euch jetzt vorstellen, wie ich auf dem Sofa sitze und tippe und gerade von meinen eigenen Worten und Erinnerungen so gerührt bin, dass ich jetzt dringend Peniswitze oder ähnliches einstreuen möchte, damit das hier nicht zu memmig wird. Ähem. Wir räuspern uns jetzt alle kurz und reden mit tiefer, starker Stimme weiter.)

Am frühen Nachmittag war dann für mich bereits Feierabend, denn F. und ich hatten Karten für die Walküre, die um 17 Uhr begann. Ich mochte es sehr, dass die Staatsoper den Klassiker von Monaco Franze selbst vertwitterte und warnte F. auch, dass er, wenn er nach der Aufführung irgendwas von „altmodisch bis provinziell“ twittern würde, was auf die Nase bekäme.

Ich mag die Kriegenburg-Inszenierung sehr gerne, aber anscheinend hat sich das Münchner Publikum immer noch nicht an die „Pferde“ am Beginn des dritten Aufzugs gewöhnt, die seit 2012 bekannt sein sollten. Eigentlich geht der dritte Akt mit dem Walkürenritt los, aber bei Kriegenburg dürfen erstmal zwölf (?) langhaarige Damen stampfend und schnaubend die Pferde der Walküren imitieren, bevor das Orchester einsetzt. Als ich vor fünf Jahren das Stück zum ersten Mal sah, wurde noch gepfiffen, gestern wurde mittendrin applaudiert, vermutlich um den Pfeifern die Lust zu nehmen, aber als die Damen mit ihrer Performance fertig waren, kamen die ersten Buhrufe, die natürlich niedergeklatscht werden mussten – und darüber versäumte man dann ganz toll die einsetzende Musik. Deppen.

(Ihr könnt euch die Pferde übrigens am Montag selbst angucken, die Staatsoper streamt live. Müsste so gegen 21 Uhr losgehen, der letzte Akt.)

Das Ende des Stücks, den Feuerzauber, ruinierten dann die üblichen „Bravo“-Brüller, die mir fast genauso auf die Nerven gehen wie die Buhrufer, jedenfalls wenn sie NICHT MAL EINE VERFICKTE ZEHNTELSEKUNDE WARTEN KÖNNEN, bis sie nach der letzten langen Note ihr individuelles Urteil zu den vergangenen fünf Stunden loswerden dürfen. Einmal, EINMAL möchte ich nach einer Aufführung kurz durchatmen und zu mir kommen können. Hmpf. Komischerweise ging das am Mittwoch bei den Symphonikern eher. Vielleicht liegt’s echt am Opernpublikum.

Wobei dieses Publikum mich auch durchaus versöhnen kann:

Ich sprach die Dame im Bus an: „Auch zur Walküre?“ Sie lachte und meinte, ja, sonst würde sie nicht so rumlaufen. Wir scherzten dann noch: „Ich geh sonst so zur Arbeit.“ „Ich putze sonst so – man kommt zwar nicht an alles ran, sieht aber super dabei aus.“

Dieser Ausblick fiel mir gestern auch zum ersten Mal auf. Wir haben übrigens für den ganzen Ring unfassbar gute Plätze im ersten Rang, erste Reihe, fast in der Mitte, in den Pausen gab’s den clever vorbestellten Sekt, ich bewunderte wie immer die Kronleuchter, und bis auf die eben bemängelten Schreier war das ein wunderschöner Abend. Ich freue mich schon auf Siegfried und die Götterdämmerung.

Links von Freitag, 19. Januar 2018

Raising a Social-Media Star

Über Eltern, deren Kinder auf YouTube oder Instagram plötzlich mehr verdienen als sie und deren Fans Selfies bei Familiengeburtstagen in der Öffentlichkeit verlangen.

„John Rivera, the father of Brent Rivera, a former Vine star with 6.6 million followers on Instagram and over 3 million on YouTube, says he didn’t think much of the time Brent was spending on social media until he attended a local hockey game with his two sons.

They were sitting on the bleachers when a fellow parent approached. The woman sat down next to them and said, “Are you Brent?” His son answered “yes” and she asked, “Can you look up there?” gesturing a few rows up behind them. “My daughters are having a birthday party.” Brent turned his head, looked at the girls, and they began screaming. His father gawked.“

Souring World Views of Trump Open Doors for China and Russia

Das ist neu.

„With 41 percent approval, Germany has replaced the United States as the top-rated global power. China at 30 percent has reached nearly even footing, and Russia is barely trailing with 27 percent.

The survey conflicts with Mr. Trump’s oft-stated assertion that the world is respecting the United States more under his leadership. Instead, the Gallup reported concluded, Mr. Trump’s foreign policy and his words “have sowed doubt about the U.S. commitment to its partners abroad and called its reliability into question.”

Ein völlig unauffälliges Gehirn und andere Geschenke

Judith Holofernes schreibt auf, was sie durch ihre Krankheit in den letzten Jahren gelernt hat.

„Ach so, und: ich hatte eine entzückende, innige, stille, furchteinflößende, liebevolle Zeit mit meinen Lieben. Ich möchte da hier gar nicht viel zu schreiben, aber: wer rausfinden möchte, mit was für einem geilen Typen er verheiratet ist, muss mal ein bisschen krank werden.“

Da muss man jetzt durch.

Der Blogeintrag ist schon älter, wurde mir aber gestern in die Timeline gespült (sorry, vergessen, von wem).

„45 Jahre sind sie zusammen, haben zwei Kinder groß gezogen und ein Haus gebaut. Es war nicht immer einfach.

Jetzt ist das Haus abbezahlt, die Kinder groß, beide sind in Rente.

Und sie sitzt allein abends auf der Terrasse und weiß, dass er nicht mehr heim kommt. Das es ab jetzt nur noch schlechter werden wird. Noch kann er sprechen und essen, laufen klappt schon lange nicht mehr. Sie sagt ihm nicht, wie ernst seine Werte wirklich sind, sie kennt den Arzt und gemeinsam tauschen sie ein paar Zahlen.

Es war nicht immer einfach und hätte jetzt alles so schön sein können.

Ist es aber nicht.

Da muss sie jetzt durch.“

Und dann habe ich wieder ein Kapitel vom Ulysses durchschritten. Hätte nicht gedacht, dass dieses Buch lustig sein kann. Dear dirty Dublin.

Was schön war, Mittwoch, 17. Januar 2018 – 100 Metronome

Gestern abend saß ich im Herkulessaal und lauschte den Münchner Symphonikern sowie ihrem Gast Alexej Gerassimez, einem Percussionisten.

Ich war noch nie im Herkulessaal und freute mich erstmal über die Nachkriegsarchitektur, die meiner Meinung nach nur haarscharf an der NS-Architektur vorbeigeschrammt war. Dann freute ich mich über die bequemen Stühle und die Beinfreiheit im Parkett, wo ich endlich mal wieder saß. Und dann freute ich mich über die Gelbe Couch, eine kleine viertelstündige Gesprächsrunde, die bei einigen Konzerten der Symphoniker angeboten wird. Dabei erzählt der Gast dann gerne was, jedenfalls war das gestern so. Gerassimez wurde gefragt, ob er ein bisschen was zeigen könnte, woraufhin der charmante und eloquente Herr sein Smartphone zückte und erzählte, dass er gerne Rhythmen oder Klänge aufnehme. Das erste, was er uns vorspielte, waren die klackenden Schaltungen an Fußgängerampeln. Dann kam ein Geräusch, was ich nicht identifizieren konnte, aber ich glaube, das ging allen im Saal so. Ich habe es mir vermutlich nicht ganz korrekt gemerkt, aber es war etwas Ähnliches wie eine klickernde Zeitschaltuhr im Bad eines Hotelzimmers. Das letzte hielt ich für einen nicht anspringenden Trabant, aber es war der Drucker seines Freundes.

Gut gelaunt wartete ich dann auf den Beginn des Konzerts. Am Bühnenrand standen bereits 100 Metronome für das erste Stück: Poème symphonique – Musikalisches Zeremoniell für 100 Metronome von György Ligeti. Auf YouTube gibt es mehrere Versionen, ich habe mal die hier genommen. Dort werden alle Metronome gleichzeitig in Gang gesetzt (oder halbwegs gleichzeitig), es gibt auch Versionen, in denen das nach und nach passiert. Die Dinger sind auf eine bestimmte Dauer eingestellt, irgendwann hört man 100, dann ganz allmählich nur noch eins, bis auch das verstummt. Mir wurde gestern erzählt, dass bei der Uraufführung 1962 eine Panne passierte und das verdammte letzte Metronom partout nicht aufhören wollte. You go, girl!

Bei uns traten gestern acht Menschen an den Bühnenrand und setzten die Metronome halbwegs gleichzeitig in Gang. Das Publikum verstummte leider nicht so schnell wie ich es mir gewünscht hätte, obwohl das stille Orchester, das hinter den Metronomen schon Platz genommen hatte, doch deutlich machte, dass das Konzert jetzt losgeht. Ich fand es sehr spannend, welche Dynamik 100 klackernde Kästchen entwickeln; ich musste an Vogelschwärme denken (murmurations), die sich zusammenfinden, scheinbar eine Formation bilden und sie sofort wieder verlassen. So ging es mir auch, mein Gehirn wollte immer eine Struktur im Geklacker finden, ich bildete mir auch ein, für einen winzigen Augenblick eine erfasst zu haben, aber da war sie schon wieder weg. Nach und nach klickten immer weniger Metronome, ich meinte, nur noch rechts etwas zu hören, aber da war plötzlich links wieder was, aber schließlich war es wirklich nur noch eins.

In diesem Moment kamen der Dirigent und Gerassimez auf die Bühne und letzterer schlug, wenn ich das aus der 23. Reihe richtig erkannt habe, mit einem Drumstick auf ein Klangholz ein, schön im Takt vom Metronom, gefühlt minutenlang. Ich fragte mich irgendwann, wie man aus dieser Nummer jemals wieder rauskommen könnte, als er plötzlich den Takt veränderte. Wo er eben noch synchron mit dem Metronom war, spiele er jetzt quasi dagegen an. Ein kleines Metronom und ein Klangholz und der ganze Saal war ruhig. Irre meditativ und gleichzeitig hochspannend.

Dann trug die Indendantin das arme kleine klackernde Metronom hinter die Bühne, während Gerassimez weiter den Takt hielt – und plötzlich begann das zweite Stück, Frozen in Time von Avner Dorman. Das war dann eine halbe Stunde, in der ich überhaupt nicht zum Denken kam, sondern nur staunte und zuhörte. Ich war überrascht davon, wie sehr Percussion den gewohnten Klang eines klassischen Orchesters verändern kann. Mittendrin konnte ich Instrumente gar nicht mehr erkennen; irgendwann kam eine Stelle, die für mich nach Morsezeichen klang, und ich hätte nicht sagen, wer diesen Klang gerade erzeugte.

In der Pause war mein Gehirn dann wieder da und ich dachte darüber nach, was Gerassimez auf der Gelben Couch noch gesagt hatte: dass er seinen Arbeitsplatz quasi für jedes Stück neu aufbauen müsse, je nachdem, ob nun mehr Schlagzeug, mehr Vibraphon oder mehr Cowbells darin vorkämen. (Bei „Cowbells“ ging bei mir kurzfristig nichts mehr, ist klar.) Ich fand es sehr spannend, ihm beim Arbeiten zuzusehen, denn natürlich war sein Bewegungsradius größer als der der anderen Musiker*innen hinter und neben ihm, konnte dem Stück aber nicht so folgen wie ich gewohnter klassischer Musik folge. Aber genau das fand ich so toll; ich wusste nie, was in der nächsten Sekunde passierte und konnte es auch nicht vorausahnen – im Gegensatz zum Haydn, der nach der Pause kam und wo man, wenn man ein paar klassische Stücke gehört hat, grundsätzlich ahnte, wie es weitergeht. Das hier war eine klingende Wundertüte und ich habe sie sehr genossen.

Auch die Zugabe, eine Eigenkomposition Gerassimez’, war spannend; ich wusste nicht, wieviele unterschiedliche Klänge man aus einer Snare Drum herausbekommen kann.

In der Pause las ich mein neues Buch, das sich als sehr pausenkompatibel herausstellte: Es hat perfektes Handtaschenformat, und weil in ihm einzelne Aufsätze sind, kann man es in Häppchen lesen. So erfuhr ich schlaue Dinge über Ulysses, die sogar zum Konzert passten. Genau wie das Klangmeer, in das ich eben unvorbereitet geworfen wurde, lese ich Ulysses: ahnungslos, aber neugierig. Und so wie Ligeti und Dorman aus bekannten Noten etwas völlig Neues bastelten, nutzte Joyce die Sprache. Das Buch ist „eine große Chance, das Lesen wieder einzuüben, schon weil darin die Sprache selber auch zum Gegenstand wird. Ulysses wandelt die Möglichkeiten der Sprache ab, die subjektiven Versuche, die Welt und sich selbst zu benennen und mitzuteilen.“ (Fritz Senn: Nichts gegen Joyce. Aufsätze 1959–1983, hrsg. von Franz Cavigelli, Zürich 1983, S. 33/34.)

Der zweite Teil des Konzerts war dann etwas blasser. Die Uhr von Haydn plüschte so vor sich hin, und ich konnte im Kopf den Blogeintrag vorformulieren, aber die Rosenkavalier-Suite von Richard Strauss konnte mich dann wieder fesseln.

Auf dem Weg nach Hause stand ich an einer Bushaltestelle, wo das City Light Poster knarzend durchwechselte. Mein erster Gedanke war: Meine Güte, machst du Krach. Mein zweiter war allerdings: Gerassimez würde jetzt vermutlich sein Smartphone zücken. Und so lauschte ich grinsend diesem neuen Klang, bis mein Bus kam.

Tagebuch, Dienstag, 16. Januar 2018 – Wärmflasche und Selbstkonditionierung

Gestern war ich für das Home Office sehr dankbar, denn ich konnte vom Schreibtisch aufs Sofa wechseln und dort tippen, mit einer Wärmflasche auf dem schmerzenden Bauch.

Ich trenne berufliches/universitäres Schreiben strikt vom persönlichen; nicht nur thematisch (natürlich), sondern unter anderem auch räumlich. Ich blogge gemütlich auf dem Sofa, gerne in Klamotten, in denen mich nicht mal F. zu sehen bekommt, neben mir eine stets gefüllte Wasserflasche, die an einem Kissen lehnt, vielleicht noch Kaffee oder Tee auf einem Tablett, sehr oft eine Tafel Schokolade in verschiedenen Verzehrstadien. Um mich herum ungeordnete Bücher und Zeitungen, das iPad für die Zwischendurchrunde Hay Day, das iPhone für Candy Crush. Genussvolles Rumlungern halt.

Wenn ich für Geld oder ECTS-Punkte schreibe, sitze ich am Schreibtisch und bis auf die bequeme Stoffhose in einem Outfit, in dem ich auch vor die Tür gehen würde; Stichwort BH, der eigentlich nach den Schuhen das erste Kleidungsstück ist, das ich ausziehe, sobald ich nach Hause komme. Neben mir steht ein Stövchen, auf dem meine Teekanne steht, davor meine Lieblingsteetasse. Links von mir, oben in der Tischecke, das Milchkännchen (statt der ollen Tüte aus dem Kühlschrank) und die Zuckerdose; je nachdem, welchen Tee ich trinke, bediene ich mich daraus. Solange ich noch für Klausuren gelernt habe, habe ich mir das mit einem Keksteller versüßt. Dabei habe ich nicht einfach die Kekse aus der Packung gegessen, sondern einen schönen Teller aus dem Schrank geholt und sie darauf drapiert. Im Moment steht auf meinem Küchentisch, der auch mein Schreibtisch ist, noch eine Blumenvase mit Tulpen. Um mich herum geordnete Unterlagen, mein Notizbuch, das iPhone, das iPad bleibt auf der Couch. Ich sitze vernünftig auf einem arschteuren und herrlich rückenfreundlichen Schreibtischstuhl anstatt mich auf Sofakissen zu fläzen und arbeite. Und so soll sich das auch anfühlen. Nach Arbeit, aber in einer angenehmen Umgebung.

Da ich kein Arbeitszimmer habe, bemühte ich mich von vornherein sehr, mir einen Teil meiner 1-Zimmer-Wohnung so einzurichten, dass er „Arbeit“ sagt und sich deutlich von dem Teil unterscheidet, der „Freizeit“ sagt. Ich finde es wichtig, nicht nur geistig irgendwann abzuschalten und Mittagspause oder Feierabend zu machen, sondern auch körperlich. Deswegen die räumliche Trennung, sofern sie möglich ist.

Ich mochte meine Wohnung schon in dem Moment, in dem ich sie das erste Mal sah, weil ich wusste, dass die Küche groß genug für einen anständigen Tisch ist, der nicht nur mein Ess-, sondern auch mein Arbeitsplatz ist. Ich finde kaum etwas ungemütlicher als einen Schreibtisch im Schlafzimmer haben zu müssen. Mein Zimmer ist mein Freizeitraum mit Bettsofa und 1000 Büchern und Kerzen und indirektem Licht, meine Küche ist mein Arbeitsplatz mit anständigem Bürostuhl und guter Schreibtischlampe. Unter dem Tisch liegt ein Teppich, der diesen Bereich damit gefühlt von der mit Linoleum ausgelegten Küche trennt. Auch die Wandfarbe ist eine andere, weiß für den Arbeitsbereich, grau für die Küche. Deswegen fühlt sich meine Wohnung für mich auch nach mehr als nach einer 1-Zimmer-Wohnung an. Alles richtig gemacht.

Seit Montag grummelt leider mein Bauch vor sich hin, was ich gestern aber halbwegs in den Griff bekommen habe. Trotzdem fiel es mir schwer, aufrecht am Tisch zu sitzen, weil ich meine geliebte Wärmflasche nicht vernünftig am Körper befestigen konnte, weswegen ich erstmals in dieser Wohnung die heilige Regel – hier wird gearbeitet, dort wird rumgelungert – brach. Das war irgendwie okay, aber ich hatte die ganze Zeit auf dem Sofa ein schlechtes Gewissen. Das habe ich ja schön hingekriegt mit meiner Selbstkonditionierung: den ganzen Tag gearbeitet, aber dauernd gedacht, ich arbeite ja gar nicht.

Ein total aktuelles Dankeschön …

… an eine/n anonyme/n Schenker oder Schenkerin, der oder die mich mit Fritz Senns Nichts gegen Joyce überrascht hat. Das „aktuell“ in der Überschrift bezieht sich natürlich darauf, dass ich gerade den Ulysses durchschreite, anders kann ich dieses Leseerlebnis nicht bezeichnen. Ich mag Geschenke, die auf irgendwas reagieren, was ich im Blog veranstalte. (Ich mag auch alle anderen Geschenke.)

Das Päckchen kam von Momox, bei denen man, soweit ich weiß, keine lustigen Grußbotschaften mitschicken kann, daher weiß ich nicht, wer es freundlicherweise für mich bestellt hat. Das Buch ist von 1983, sieht noch ziemlich gut aus, und was mich besonders gefreut hat, weil ich so was genauso gerne mag wie Geschenke, die auf irgendwas reagieren, was ich im Blog veranstalte: Es lag noch ein Zeitungsausschnitt im Buch, vermutlich mal als Lesezeichen benutzt. Der stammt übrigens vom gleichen Autoren wie der unter der Titelnennung verlinkte Zeit-Artikel. Ich musste sofort an meine Mutter denken, die auch bis heute wild Dinge aus Zeitungen ausschneidet, man weiß ja nie.

Der Artikel aus dem Buch stammt vom 28. August 1985 und es geht um die Gründung der Joyce-Stiftung in Zürich, die Fritz Senn bis heute leitet. Die Zeitung ist nicht erkennbar, aber wenn ich an meine Wühlaktionen in der Stabi in alten Zeitschriftenbänden denke, tippe ich vom Schriftbild her sehr auf die Süddeutsche. Auf der Rückseite des Artikels stehen Kleinanzeigen, die auch alle auf München hindeuten. Ich hoffe, der Leopold-Coiffeur hat seine Rezeptionistin gefunden, die „zentral gelegene internationale Reitsport-Boutique“ ihren „creativen Mitarbeiter“ und Herr Möges seine „gelernte Wurstverkäuferin“. Ich habe schon Spaß mit diesem Buch, ohne es überhaupt angefangen zu haben. Vielen Dank für das Geschenk, ich habe mich sehr gefreut.

Beef Wellington

Das untenstehende Rezept ist eine Mischung aus diesem hier von Buzzfeed und diesem hier von Essen & Trinken. Bitte entschuldigt die Fotoqualität; das sind Schnappschüsse aus der Hüfte, bevor F. und ich das Fleisch als Silvesterfestessen genossen haben, und mir war eine warme Mahlzeit wichtiger als ein tolles Bild. Da mir das Gericht aber prima gelungen ist, ahne ich, dass ich es noch mal zubereiten werde, und dann kommt eventuell auch ein Bild bei Tageslicht ins Blog.

Vorweg: Es ist einfacher als ich dachte, und sich die Videos bei Buzzfeed und das dort verlinkte zu Gordon Ramsay anzuschauen, hat mir sehr geholfen. Überhaupt liebe ich die ganzen Futtervideos auf Facebook. Eigentlich bin ich nur noch wegen denen da drüben.

Für drei bis vier Personen, die nicht mehr irre viel Nachschlag wollen.

700 g Rinderlende am Stück gründlich mit
Salz und
schwarzem Pfeffer würzen und in
Butterschmalz rundherum scharf anbraten, auch die Endstücke. Noch warm mit
englischem Senf bestreichen. Ich Memme habe deutschen mittelscharfen benutzt. Das Fleisch vollständig abkühlen lassen.

In der gleichen Pfanne wie eben die Duxelles herstellen, eine Farce aus Champignons, Schalotten und Knoblauch. Ich habe den Knoblauch weggelassen, mir war nicht danach.

350 g Champignons,
2 Schalotten und
5 Knoblauchzehen sehr fein hacken oder, wie Ramsay es macht, einfach in der Küchenmaschine pulverisieren. Mit Salz und Pfeffer würzen und in der Pfanne in
1 EL Butter so lange braten, bis die Masse nicht mehr feucht ist. Das hat mir bei ungefähr 20 Minuten gedauert.
3 EL gehackte Petersilie unterrühren. Die Duxelles ebenfalls abkühlen lassen.

Auf eine Lage Frischhaltefolie
8 bis 10 Scheiben rohen Schinken, je nach Fleischgröße, überlappend nebeneinander legen. Darauf die Duxelles geben und verstreichen, darauf das Fleisch legen. Alles möglichst fest zusammenrollen, so dass der Schinken sich vollständig um das Fleisch legt. Die Rolle danach für 15 Minuten im Kühlschrank parken.

Auf einer weiteren Lage Frischhaltefolie
400 g Tiefkühlblätterteig (bei mir haben 350 auch gereicht) zu einem Quadrat ausrollen. Das Fleisch aus der ersten Lage Folie befreien und auf den Blätterteig legen. Damit fest einwickeln, überschüssigen Blätterteig abschneiden. Darauf achten, dass die Enden gut eingepackt sind. Nochmal in Folie wickeln und weitere 15 Minuten im Kühlschrank parken. Oder – bis zu einem Tag. Bis hierhin kann man das Festessen nämlich schon am Vortag vorbereiten, wie praktisch.

Nach der Ruhezeit auf ein gefettetes Bachblech legen. Mit dem restlichen Blätterteig verzieren – ich habe einfach ein paar Streifen kreuz und quer über die Rolle gelegt und mit einem Messerrücken ein Muster geschnitzt –, alles mit
1 Eigelb, verquirlt, bestreichen, nochmal salzen und im vorgeheizten Backofen bei 220°C für 25 Minuten backen. Damit wird das Fleisch medium.

Vor dem Anschneiden mindestens zehn Minuten ruhen lassen.

Eine Sauce ist nicht nötig, das Fleisch ist saftig genug. Das wusste ich vorher aber nicht, deswegen steht sie da rum.

Was schön war, Samstag/Sonntag, 13./14. Januar 2018 – Gude Launeee

Samstag morgen holte ich ein Päckchen aus einem Hermes-Shop ab. Ich hatte es mir, wie ich dachte, clevererweise an einen Shop in der Nähe einer U-Bahn-Station liefern lassen, die ich ohne Umsteigen erreichen konnte. Als ich aber an meiner Startstation vor der Haustür ankam, erinnerte ich mich, dass seit Monaten am Wochenende die U2 nicht mehr weiter als Hauptbahnhof fährt, weil die Station direkt dahinter (aus meiner Richtung gesehen), das Sendlinger Tor, gerade großflächig umgebaut wird. Während der Woche läuft alles normal, am Wochenende gibt es einen Pendelverkehr zwischen Bahnhof und Kolumbusplatz (drei Stationen hinter dem Bahnhof) und wieder zurück, der auf einem Gleis stattfindet, damit am anderen gebastelt werden kann.

Wahlweise hätte ich für meine Weiterfahrt am Bahnhof auch in eine Tram umsteigen können, aber für den Hinweg nahm ich die Pendel-U-Bahn. (Aber für den Rückweg die Tram, wo-hoo, gude Laune!) Auch wenn es ein winziges bisschen umständlicher war als einfach durchzufahren, war ich doch – wie seit Monaten – davon beeindruckt, wie großflächig die MVG die Umstiegsmöglichkeiten plakatiert (neongelb, mit Pfeilen), wie oft sie an den betreffenden vier Bahnsteigen durchsagt, welche Bahn jetzt von wo nach wo fährt (gefühlt alle 30 Sekunden) und wieviele Menschen in leuchtenden Westen sie an den Bahnsteigen platziert, die Fahrpläne in der Hand haben und die man offensichtlich ansprechen kann. Ich finde das alles sehr gut organisiert.

Trotzdem landen natürlich manchmal Menschen in der falschen Bahn, weil sie gar nicht mehr auf die Schilder oder die digitalen Anzeigen gucken – meine Bahn fährt von Gleis dings, also gehe ich da hin –, und so konnte ich ein älteres Paar noch schnell zum anderen Bahnsteig schicken, als sie direkt neben mir in der Bahn meinten, sie müssten ja nur eine Station bis Königsplatz. Das war nämlich genau die andere Richtung. Schön Karmapunkte gesammelt.

Im abzuholenden Päckchen war ein schwarzes Top, das für mein Opernoutfit unverzichtbar ist.

Vor ungefähr 1000 Jahren hatte ich mir einen rubinroten Anzug gekauft, um mich in Bayreuth im Hochsommer nicht totzuschwitzen. Unter diesem trug ich nur ein schwarzes Trägertop, sonst war auch der Anzug nicht auszuhalten. Den Anzug packte ich beim Hamburg-Auszug in die Kisten für München, das Top bräsigerweise in die Kisten, die immer noch bei meinen Eltern auf dem Dachboden liegen. Da Oper aber in der letzten Zeit für mich eh zu teuer war bzw. ich mir sie mir schlicht nicht gestattete, war das egal.

Letztes Jahr kündigte die Staatsoper an, den Ring des Nibelungen zweimal komplett in der Spielzeit aufzuführen, und F., der sich ja seit Jahren wundert, was am ollen Wagner so dran ist, entschied sich: Wenn ich schon Wagner verstehen will, dann gleich in der richtigen Dosis. Er fragte mich also, ob wir uns den ganzen Ring geben könnten. Von mir aus gerne, die Walküre hatte ich hier schon live gesehen, die Götterdämmerung immerhin im Fernsehen (oder als Livestream, ich weiß es schon gar nicht mehr). Insofern: bring on Rheingold und Siegfried. Für die Bildung von F. musste mein Sparplan kurz ausgesetzt werden.

Je näher der Termin rückte, desto nöliger wurde ich aber innerlich, denn ich hatte nichts zum Drunterziehen für meinen Anzug und sah mich schon in Kundenklamotten (schwarze Hose, schwarzer Blazer, geht halt immer) in der Oper sitzen. Netterweise bin ich ja seit ein paar Tagen wieder gebucht und traute mich daher, mir ein Top für 23 Euro zu ordern. Wir ignorieren mal, dass der Ring 300 460 (OMG) gekostet hat. Milchmädchen Gröner at her best.

Das Päckchen wurde angeblich am Dienstag verschickt, aber ich bekam erst Freitag abend die Nachricht, dass es angekommen sei. Daher fuhr ich gleich Samstag früh zum Shop, holte es ab, probierte es an – und freute mich sehr, dass es passte und sich sehr gut anfühlte. Gude Laune!

Mich freut es außerdem, dass der Anzug noch passt, dass ich jetzt wieder ein anständiges Opernensemble habe und dass ich überhaupt mal wieder in der Oper bin. Und dass F. nach seinem Eingriff am Freitag fit genug war, um sich zweieinhalb Stunden lang Rheingold anzugucken. (Im Nachhinein denke ich, ich hätte ihn ins Bett zwingen sollen, er war doch noch recht wackelig. Aber wenn der Mann Kultur gebucht hat, hält ihn nichts auf. Einerseits bewundernswert, andererseits seufz. Aber hey, zurück zu mir:)

Ich hatte außerdem gude Laune, weil der FCA nachmittags mit einszunull gegen den ollen HSV gewonnen hatte (nicht zweizunull, Kasper). Ich saß zwar nicht im Stadion, aber ich konnte schön dem Laptop zujubeln bzw. ihn bei vergebenen Torchancen anbrüllen. Endlich wieder Bundesliga. Leider bin ich erst am 4. Februar wieder live in Augsburg, denn die nächsten beiden Spiele sind auswärts.

Nach der Oper gab’s für F. Schmerztabletten und Wasser, für mich Riesling und Chips. Auf den eigentlich standesgemäßen Sekt musste ich verzichten, denn Rheingold hat keine Pause.

F. lungerte dann vor Football rum, während ich weiter Ulysses niederrang. Beim 6. Kapitel habe ich mich erstmals ein wenig gelangweilt. Auch schön, dass ein komplexes Werk kurz mal schnarchig wird.

In diesem Zusammenhang lege ich euch diesen Blogartikel ans Herz, der zum Bloomsday 2017 erschienen ist und der meiner noch nicht ganz ausgereiften Meinung nach gut beschreibt, wie man damit anfängt, Ulysses zu lesen. (via @Julia_MUC)

Gemeinsam eingeschla … nee, warte. Ich bin eingeschlafen, während noch Football lief. Wie immer.

Der Sonntagmorgen war so, wie ich Sonntagmorgende gerne habe. Ohne Wecker aufwachen, möglichst nicht so spät, dass der halbe Tag schon rum ist (bei uns war es gegen 8), rumkuscheln, Bundesliga-Nachberichterstattung im Bett gucken und irgendwann was Französisches frühstücken. Leider hat F. immer noch nichts im Haus, mit dem man Kaffee zubereiten kann, also ging ich zur Boulangerie Dompierre und erstand Brioche, Pain au chocolat und für mich einen Milchkaffee, während der Herr sich derweilen einen Tee kochte. Und wenn man eh schon gude Laune hat, freut einen auch eine Brötchentüte.

Respekt für diese ‘eadline.

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