Hausarbeit „Die Berichterstattung über Amnesty International in der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ 1961–1979“

Oder wie meine Geschichtsdozentin meinte: „Das wäre ein schöner Untertitel gewesen – ich hätte mir eine These als Titel gewünscht.“ Da hat die Dame recht.

Das war dann auch das bisschen Beef, das sie mit der Arbeit hatte: Generell wären ein paar Thesen nett gewesen. Sie bescheinigte mir eine Riesenfleißarbeit, die für eine Hausarbeit schon fast zu viel war, aber wenn ich schon so tolle Dinge rausfinde wie: Die Leserbriefe waren konservativer als der redaktionelle Inhalt, dann wäre es nett gewesen, dazu eine These aufzustellen und das nicht einfach so hinzuschreiben. Daher ist die Arbeit eine 1,3 geworden und keine 1,0. Sprachlich und formal herausragend. (Duh.)

Das war meine letzte Amtshandlung in Geschichte. Gestern hatte ich mein letztes Referat im Studium; ich präsentierte unserem Kolloquium meine Masterarbeit. Nach dem Vortrag klopfte mir meine Prüferin auf die Schulter, was mich seltsam gerührt hat, und meinte, ich solle aufpassen, keine Dissertation zu schreiben. Das habe ich auch seit einigen Tagen im Hinterkopf, keine Bange. In einem Kurs, in dem wir unsere Ausstellung in Rosenheim im September vorbereiten, sitze ich nur noch freiwillig und übernehme keine Aufgaben mehr; das heißt, da werde ich eher sporadisch hingehen, so wie ich mich kenne. Ansonsten habe ich jetzt nur noch die Masterarbeit runterzuschreiben und sie bis zum 10. Juli abzugeben.

Der lange Abschied vom viel zu kurzen Studium beginnt: jetzt.

Stir-Fry: Rindfleisch mit leicht scharfem Brokkoli

Dieses Rezept habe ich in den letzten Wochen mehrfach zubereitet, und ehe ich jedesmal wieder umrechnen muss, wieviel nun eine halbe cup Wasser ist, schreibe ich es schnell auf. Ich weiß auch gar nicht, ob es wirklich ein Stir-Fry ist, ich weiß nur, dass es verdammt gut schmeckt und in 30 Minuten auf dem Tisch steht, was ziemlich super ist, wenn man hungrig aus der Bibliothek kommt.

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Für zwei Personen.

450 g mageres Rindfleisch in mundgerechte Stücke schneiden.

60 ml Sojasauce mit
2 EL frisch geriebenem Ingwer (vulgo: ein daumengroßes Stück),
1 EL braunem Zucker (am besten Muscovado oder Demerara, aber Rohrzucker tut’s auch) und
2 TL Speisestärke vermischen. Das Rindfleisch darin für 20 Minuten marinieren.

In einer großen Pfanne oder einem Wok
1 EL Pflanzenöl erhitzen (ich nehme gerne Erdnussöl). Das Fleisch darin bei mittlerer Hitze anbraten; ich lasse es eher medium. Wieder ins Sojasaucenschüsselchen kippen und in der gleichen Pfanne

1 Kopf Brokkoli, in mundgerechte Röschen zerteilt, anbraten, bis er beginnt, braun zu werden. Das dauert nur wenige Minuten. Mit
120 ml Wasser ablöschen, schnell umrühren und sofort einen Deckel auf die Pfanne setzen. Den Brokkoli zwei, drei Minuten dämpfen, bis er weicher geworden, aber noch bissfest ist. (Guck selber, wie lange das Ding braucht.)

Den Deckel beiseite legen und

3 Knoblauchzehen, gehackt,
1 TL geröstetes Sesamöl und
Chiliflocken in die Pfanne geben. Das Originalrezept will einen viertel Teelöffel, aber selbst ich als totale Scharfmemme mache hier nix unter einem Teelöffel.

Das ganze weiterbraten lassen, bis der Knoblauch zu duften beginnt – dauert laut Buzzfeed 30 Sekunden, ich gebe ihm meist eine Minute –, dann das Fleisch kurz unterrühren und zügig auf den Teller damit. Bei mir gibt’s dazu Reis, den man entspannt aufsetzen kann, während das Fleisch mariniert; es schmeckt aber auch einfach so.

Was schön war, Dienstag/Mittwoch, 2./3. Mai 2017 – Unizeug

Im Februar des vergangenen Wintersemesters schrieb ich meine letzte Vorlesungsklausur. Die Ergebnisse sind eigentlich immer nach wenigen Tagen online, auch weil wir die Möglichkeit einer Nachholklausur haben. Meine Vorlesung – die zur osmanischen Architektur – wurde allerdings nicht vom kunsthistorischen, sondern vom Institut für den Nahen und Mittleren Osten angeboten; daher machte ich mir keine Gedanken, dass in meinem Transcript of Records, das ich online einsehen kann, ewig „Angemeldet“ bei der Klausur stand und nicht „Bestanden“, denn das kannte ich schon von meinen Geschichtsvorlesungen. (Ein „Nicht bestanden“ entsprach nicht meinem Bauchgefühl.)

Der Notenschluss war nun allerdings Mitte April, wenn ich mich richtig erinnere, und noch immer tauchte kein Ergebnis auf. Ich meldete mich vorsorglich für eine weitere Vorlesung in diesem Semester an, falls ich wider Erwarten doch durchgefallen war, denn das wäre jetzt arg ärgerlich: Die Master-Arbeit ist fertig, aber mir fehlen noch drei lausige ECTS-Punkte von 120, weil ich eine Vorlesung zu wenig habe. Unser Semester begann letzte Woche, aber ich war zu bockig, um zur ersten Sitzung zu gehen, denn ich war mir sicher, bestanden zu haben. Ich fragte stattdessen mal bei uns im Institut nach, wo es hieß, keine Ahnung, ich müsste beim anderen Institut fragen oder beim Prüfungsamt. Ich mailte also irgendwen beim Nahen und Mittleren Osten an, denn die E-Mail-Adresse meiner Dozentin stand nicht mehr auf der Website; die Dame war eine Gastdozentin der TU Istanbul und hat vermutlich gerade andere Sorgen. Beim Osten reichte mich ein Professor an einen Mitarbeiter weiter, von dem ich aber die ganze letzte Woche nichts hörte. Ich richtete mich seelisch darauf ein, Dienstag morgen vorm Prüfungsamt rumzulungern, guckte aber trotzdem noch mal online nach, bevor ich mich aufs Fahrrad setzte – und sah ein „Bestanden“.

Mittags bekam ich dann auch endlich die Leo-von-Welden-Hausarbeit wieder und sah die schöne 1,0 auf dem Deckblatt, die natürlich auch noch nicht online gewesen war. Ich DMte das freudig an F., der mir das hier zurückschickte, worüber ich seitdem gackere:

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Für meine fußball-unaffine Timeline: Das ist der Herr Bobadilla vom FC Augsburg, der sich nach seinem 4:0 gegen Hamburg vor der Fankurve in Pose wirft. Quasi direkt vor meiner Nase. Der gute Mann!

Gestern saß ich den ganzen Tag im ZI und bastelte endlich mein Referat fertig, das ich am Freitag halten muss. Der erste Probedurchgang war natürlich viel zu lang, weil ich natürlich wie immer viel zu viel Zeug habe, aber ach, nach neun Semestern wundere ich mich darüber nicht mehr. Allerdings habe ich jetzt schon wieder Panik, dass meine 120.000 Zeichen nicht ausreichen werden. Was müssen Lüpertz und Kiefer auch so viel malen, herrgottnochmal.

In other news: Masterchef Australia hat wieder angefangen und ich bin ein kleiner glücklicher Puschel.

Hausarbeit „Rainer Zimmermanns Expressiver Realismus. Das Fallbeispiel Leo von Welden“

In meiner ersten Hausarbeit zu Leo befasste ich mich mit seiner Zeit im Nationalsozialismus, da diese weitgehend unerforscht war. Für meine zweite wollte ich mich eigentlich mit seinem Wirken in der Nachkriegszeit auseinandersetzen, mein Dozent meinte aber, es wäre ganz schlau, noch einen weiteren Aspekt mit in die Arbeit zu nehmen – nicht dass das Prüfungsamt noch was zu meckern hätte, denn eigentlich sollen wir nicht zweimal über den gleichen Gegenstand schreiben. Was ich im Master, wo man sich ja spezialisieren soll, für eine eher quatschige Idee halte, aber nun gut.

So nahm ich fachgerecht Rainer Zimmermanns Idee des sogenannten Expressiven Realismus auseinander, den sein Erfinder für eine Stilrichtung hält, den ich aber gerne völligen Kappes nenne. Danach überprüfte ich, ob Leo von Welden, wenn es diese Stilrichtung denn gäbe, ein expressiver Realist wäre, was er natürlich nicht ist, weil Kappes. Damit könnt ihr euch die Lektüre meiner Forschungsarbeit eigentlich schenken, aber natürlich kann ich das alles ganz herrlich begründen und habe auch wieder viele tolle Fußnoten aus vielen tollen Archiven dabei. Insofern: Enjoy.

(1,0.)

Was schön war, Montag, 1. Mai 2017 – Mein erstes Wagyu

Akute Unlust, am Referat weiterzuarbeiten. Ich gab mich hemmungslosem Konsum von Serien und einem neuen Roman hin, bis ich abends zu F. fuhr, um mit ihm im Theresa essen zu gehen.

Das Theresa ist so ein bisschen „unser Laden“ – so wie andere „unser Lied“ haben, haben wir halt „unser Steak-Restaurant“ –, und daher hatten wir uns sehr gefreut, dort mal wieder essen zu gehen. Es ist nicht ganz günstig, weswegen wir das nicht alle vier Wochen machen. Was schön war: die freundliche Begrüßung, der Tisch in unserer Lieblingsecke, sofortiges Jackenwegbringen und Nach-Wasser-Fragen sowie die Beratung zum aktuellen Fleischangebot und den passenden Beilagen. Wir entschieden uns für ein Stück Wagyu-Flank und ein Stück Hanging Tender, die uns gleich auf zwei Portionen verteilt serviert wurden. Im Theresa gibt es keine festen Portionsgrößen, es wird angeboten, was da ist und das dann wild verteilt; mir gefällt das sehr gut. Auch die Beilagen teilten wir uns, wobei ich die dick geschnittenen, knusprigen Pommes fast alleine verzehrte, während F. seine geliebten Speckbohnen für sich behielt. Die knackigen Pariser Erbsen mit Kopfsalat gab’s für uns beide. Dazu ließen wir uns einen Ribero del Duero schmecken, der zunächst nur nach Barrique-Vanille schmeckte und recht dünn daherkam, im Laufe des Abends aber zu einem vanillefreien breitschultrigen Holzfäller wurde. Und ich genoss mein erstes Stück Wagyu-Rind und war sehr angetan.

Was leider nicht so schön war, und das ist das erste Mal, das wir das im Theresa erlebten: Der Service nahm sich anscheinend eine lange Pause oder hatte seine Augen nicht mehr ganz so auf. Bei kleinen Tischen wie unseren steht die Weinflasche gerne auf einem langen Servicetisch, und der Kellner gießt einem dauernd nach. Das ist schön, aber nur, wenn’s funktioniert. Nachdem ich das erste Mal fünf Minuten vor meinen leeren Glas gesessen hatte, schenkte mir F. nach und stellte die Flasche wieder ab; beim nächsten Mal holten wir sie uns und bunkerten sie danach. Nachdem unser Geschirr abgeräumt wurde, dauerte es ewig, bis mal jemand nachfragte, ob wir vielleicht noch was wollten, dann dauerte es ewig, bis wir die Karte hatten, dann dauerte es ewig, bis Dessert (für F.) und Käse (für mich) kamen, und dann war die Käseauswahl auch noch total lachhaft. Vier nichtssagende Stückchen, aber immerhin leckerer Feigensenf. Ich tunkte etwas missmutig mein Brot in den Senf und aß die Weintrauben und die Erdbeeren. Eigentlich wollten wir noch einen Espresso trinken, waren inzwischen aber so genervt, dass wir zahlten (was ewig dauerte) und dann gehen wollten – wenn wir unsere Jacken gehabt hätten. Auch darauf mussten wir warten, während ein Bro-Kellner noch mal kurz mit einem Kumpel schnackte, bevor er sich dazu herabließ, uns unser Zeug zu bringen. Der blöde Abschluss, aber dafür kann das Theresa natürlich nichts: Wir hatten unsere nassen Regenschirme in den Schirmständer am Eingang platziert, und irgendein Idiot hatte sich den Schirm von F. gegönnt, den dieser gerade einen Tag lang besessen hatte.

Leider etwas missgelaunt stapften wir durch den Regen heim, konnten uns aber immerhin noch über die beiden Damen am Nachbartisch amüsieren, die in einem der besten Fleischläden Münchens vor zwei Caesar Salads und Pommes saßen, weil die eine Dame anscheinend gerade Vegetarierin geworden war.

Was schön war, Sonntag, 30. April 2017 – HEIMFUCKINGSIEG

Bei einem 4:0 gegen den direkten Konkurrenten HSV sind Versalien mehr als angebracht.

Vor dem gestrigen Spieltag stand der FC Augsburg auf dem drittletzten Tabellen- und damit Relegationsplatz. Da möchte niemand hin, auch der HSV nicht, der ein Pünktchen vor dem FCA lag. F. und ich fuhren ziemlich schweigsam von München nach Augschburg, weil wir beide widerlich nervös waren. Ich quatschte mich selbstoptimistisch in ein 2:0 rein, aber F. konnte nicht aufgeheitert werden. Dieses Mal saßen wir nicht zusammen, weil seine Beisitzer alle schön an ihren Dauerkarten festhielten. Daher suchte ich mir ein Plätzchen weiter unten am Rasen. Bisher hatte ich immer weit oben gesessen; das mag ich, weil man so schön den Überblick hat, aber unten ist halt alles etwas unmittelbarer, darauf hatte ich mal wieder Lust. Ich richtete mich seelisch auf Regenjacke ein, die ich ja seit einigen Tagen besitze, aber gestern war herrliches Sommerfußballwetter – also für alle anderen. Ich finde Sonne ja nur von drinnen durch Bibliotheksfenster schön, packte aber brav Sonnenbrille und Basecap ein und wusste, es sind nur 16, 17 Grad, keine 29, das wird schon gehen. Dass ich vergaß, mich einzucremen und heute nicht besonders attraktiv aussehe, nehme ich als wiederholtes Lehrgeld. Wenn ich mir irgendwann mal was aufs Handgelenk tätowieren lasse, was ich nie werde, weil ich es nicht mag, wenn mich von da aus irgendwas anbrüllt, dann wird dort „CREM DICH EIN, DU NUSS!“ stehen.

Der Spielverlauf ließ mich aber eh vergessen, dass ich in der Sonne sitze, weil ich mit Anfeuern, Klatschen und Brüllen beschäftigt war. Der Block, in dem ich saß, grenzt fast an die Heimkurve, daher wurde bei uns auch stets mitgesungen. Ich sang nicht – ich kenne peinlicherweise immer noch nur die Bayerngesänge und wollte wirklich nicht unangenehm auffallen, bei gleicher Melodie den komplett falschen Text zu singen –, sondern freute mich die ganze Zeit darüber, dass Augsburg endlich mal wie jemand spielte, der weiß, wie Fußball geht und ebenfalls weiß, dass er mit einem Bein in der zweiten Liga steht, wenn er sich jetzt nicht endlich mal zusammenreißt.

Spon schreibt, dass das der höchste Heimsieg in der Bundesligageschichte des FCA war, und so fühlte sich die Atmosphäre nach dem Spiel rund ums Stadion auch an. Überall standen noch Grüppchen, tranken noch was, klatschten sich ab – oder kauften den Fan-Shop leer wie F. Ich stellte mich in den Schatten und las mein Stadionsuhrkamp, bis der Herr im neuen Trikot wiederkam. Auf der Rückfahrt gab’s ein Siegerbierchen, danach beendeten wir den Abend bei Spargel und Weißwein. (Und ich begann sinnlos zu cremen.)

Ein kleiner Nicht-Tagebuch-Hinweis: Tanja Praske, die derzeit bei uns an der LMU einen Lehrauftrag für digitale Kunstgeschichte hat, stellte mir ein paar Fragen zu meinem Berufswechsel, zu Social Media und wie ich so über Bloggen denke. Bei Interesse bitte mal rüberklicken; ich habe recht lange über die vielen, spannenden Fragen nachgedacht.

Mir ist natürlich erst nach Abgabe meiner Antworten mein Standardsatz eingefallen zur Frage, was mir Bloggen bedeutet, daher hier ein kleiner Nachtrag: Bloggen ist für mich inzwischen so selbstverständlich, dass ich es überhaupt nicht mehr hinterfrage. Ich ahne, dass ich hier ewig weiter vor mich hinschreiben werde, einfach weil ich es schon so lange mache. Und weil ihr da draußen mitlest, wer immer ihr auch seid.

Was schön war, Samstag, 29. April 2017 – Menschen, Biere, Sensationen

(Sorry, das ist der Restalkohol, der diese Überschrift formulierte.)

Gemeinsam aufgewacht und den Tag geplant. Ich setzte mich brav an den Schreibtisch und arbeite am Referat weiter, während F. Spargel besorgte. Dann entstand aber doch noch eine Verabredung, mit der wir gar nicht mehr gerechnet hatten, und so ließ ich das Referat liegen und kaufte ein, F. wickelte den Spargel in Papier und lagerte ihn in seinem Kühlschrank, damit wir ihn heute abend verzehren können, und dann stellte ich mich an den Herd und bastelte mal wieder Ottolenghis wunderbare Knoblauchtarte. Die verzehrten wir dann abends mit dem ehemaligen Mitbewohner, der fieserweise einen kleinen Crémant dabei hatte. Ich hatte Bier kaltgestellt, aber da war dann halt dieser Blubber, und wenn irgendwo Blubber ist, trinkt Frau Gröner den auch aus. Und dann noch einen. Und dann eskalierte alles etwas, wir hörten Manfred Krug und Hildegard Knef und waren erst um 3 im Bett. (Ohne den ehemaligen Mitbewohner.)

Keine Laufrunde heute. Ähem. War ja klar. Sobald man über irgendwas bloggt, ändert sich wieder alles.

Was schön war, Freitag, 28. April 2017 – Kommst du mich besuchen, backe ich nen Kuchen

Die Hamburg-Besucherin, auf die ich mich seit Wochen vorgefreut hatte, erwischte für ihre Fahrt nach München leider einen Zug, der mit 135 Minuten Verspätung ankam. Daher hatten wir nicht ganz so viel Zeit wie geplant, aber es reichte, um einen halben Apfelkuchen zu vertilgen und uns entspannt zu unterhalten. Mir fiel erst danach auf, dass ich die Dame live zuletzt vor einem Jahr gesehen hatte – es fühlte sich gestern aber an, als wären es zwei Wochen gewesen.

Kuchen. Erwähnte ich den Kuchen?

Morgens war ich wieder laufen, worüber ich vermutlich irgendwann mal bloggen werde, weil es mit das Schönste ist, was ich derzeit tue, weswegen ich eigentlich seit Wochen darüber schreiben müsste. So ganz traue ich meinem Spaß an der Sache aber noch nicht. Sport war in den letzten 30 Jahren immer mit dem Gedanken „Kalorien verbrennen“ verknüpft, weswegen er irgendwann zur Pflicht wurde, um ja nicht wieder dicker zu werden, jetzt, wo ich mal wieder dünner war. Und wie das so ist mit Pflichten, für die ich kein Geld bekomme, habe ich sie irgendwann vernachlässigt, weil ich dann doch lieber mit einem Buch auf dem Sofa sitze, und auf Croissants werde ich in diesem Leben auch nie wieder verzichten. Daher verstehe ich selbst nicht, wieso ich derzeit so viel Spaß daran habe, früher als gewohnt aufzustehen und draußen rumzuwalken, am Mittwoch in strömendem Regen, gestern bei feinem Schneefall, jeweils ungefähr eine Stunde. F. hat dazu eine Theorie, der ich zustimmen möchte: „Du machst zum ersten Mal Sport, nicht um anders auszusehen, sondern um dich anders zu fühlen.“ Und dieses „anders fühlen“ hatte sich bereits nach drei, vier Einheiten eingestellt, weswegen ich alle weiteren mit der Sicherheit beginne: Mir geht’s dabei gut, mir geht’s danach gut und es geht mir generell besser als wenn ich nicht laufe. Und weil ich das alles so früh morgens mache, habe ich auch genug Zeit, mit Büchern UND KUCHEN auf Sofas zu sitzen.

Ich möchte außerdem eine Ode an Funktionskleidung wie Lauftights (in FUCKING GROSSEN GRÖSSEN DANKE NIKE) oder Regenjacken schreiben.

Was schön war, Donnerstag, 27. April 2017 – Gespräche

Morgens klagte F. über das verlorene Bayernspiel gegen Dortmund, und wir erwähnten kurz den FC Augsburg, der gegen den Abstieg kämpft.

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Nachmittags telefonierte ich zum ersten Mal seit Monaten wieder mit Kai, und es war das erste Gespräch seit unserer Trennung vor jetzt gut zwei Jahren, nach dem ich nicht traurig oder genervt oder angespannt war. Es war einfach ein Gespräch mit einem guten Freund. Das war sehr schön, darüber habe ich mich sehr gefreut.

Was schön war, Mittwoch, 26. April 2017 – Glühbirnen, die über Köpfen leuchten (okay, eine Birne, die über meinem Kopf leuchtet, aber die andere Headlinevariante klingt besser)

Ich verbrachte ein paar ertragreiche Stunden im Zentralinstitut für Kunstgeschichte, wo ich mich weiterhin hauptsächlich an Markus Lüpertz abarbeitete. Meine Masterthese, die sich mit dem Frühwerk von Lüpertz und dem von Anselm Kiefer befasst, klingt inzwischen (noch etwas ungelenk) so: Ich sehe bei Kiefer eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Nachkriegszeit bzw. dem Umgang der Bundesdeutschen mit der NS-Vergangenheit. Ich sehe bei Lüpertz hingegen genau das nicht – stattdessen sehe ich hier eine Auseinandersetzung mit seiner eigenen Tätigkeit als Maler: Was darf man als deutscher Maler zeigen? Was ist überhaupt ein deutscher Maler? Darf man wieder figürlich werden? Muss man? Ich sehe bei Lüpertz eher einen fast hilflosen Fragenkatalog, den er pseudo-selbstbewusst und großspurig auf die Leinwand bringt, indem er den Fundus der europäischen Kunstgeschichte der letzten 2000 Jahre plündert und ihn mit NS-Ikonografie aktualisiert.

Seit gestern kann ich ein paar meiner eigenen Fragen beantworten, die diese vermutlich ebenfalls großspurige These aufgeworfen hat. Dazu versank ich sehr lange im niederländischen Vanitas-Stillleben des 17. Jahrhunderts, Emblemdarstellungen des Barock und Triumphzügen im römischen Reich der Zeitenwende. Viel gelesen, viel gelernt.

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Außerdem postete ich um kurz nach 7 Uhr morgens dieses Bild auf Instagram, was ich eigentlich nur F. schicken wollte, dann aber doch dachte, ach, egal, raus damit, mir geht’s grad so gut, ich zeig das der Welt. Ich weiß immer noch nicht, ob das schlau war.

Seit einigen Wochen stehe ich nämlich morgens jeden zweiten Tag sehr früh auf, um noch vor dem ersten Kaffee durch die Gegend zu gehen. Ich sage zwar immer, „Ich geh morgen früh wieder laufen“, weil es schlicht nicht so doof klingt wie „Ich geh morgen früh wieder walken“, aber es ist dann doch überwiegend letzteres. Das ganze mache ich aus Gründen, von denen Abnehmen keiner ist, aber das Thema ist natürlich trotzdem daran angedockt, wenn man sich als dicker Mensch bewegt. Und genau damit hadere ich die ganze Zeit, und seitdem ich das Foto gepostet habe, schon wieder, weswegen ich überlege, es wieder zu löschen. Ich kommentierte selber unter dem Bild, dass ich es wichtig finde, die Zustände „dick“ oder „fett“ in den Zusammenhang mit Sport zu bringen, frage mich inzwischen aber, warum eigentlich. Eigentlich wäre es ganz schön, wenn mein Körper mal nichts aussagen müsste, sondern einfach nur mein Körper sein dürfte.

Generell wäre es ganz schön, wenn dicke Körper keine politischen oder sozialen Konnotationen mehr hätten, wenn sie kein Sinnbild mehr wären für Menschen, die RTL2 schauen, ihren Kindern nicht beibringen, wie Gemüse schmeckt oder als Schreckensvision für unbezahlbare Krankenkassen. Es wäre ein Traum, wenn von einer Körperform nicht mehr auf die Persönlichkeit geschlossen werden würde. Ganz tief in mir ahne ich, dass ich den Doktortitel auch deshalb will, um mit einem Wort – Doktor Gröner – wettzumachen, was in meinem Gegenüber durch einen Blick – oh, eine dicke Frau – vielleicht an Assoziationen aufgerufen wurde.

Netterweise denke ich über all das nicht nach, wenn ich morgens über Kieswege marschiere. Erst wenn ich diesen Zustand des Laufens fotografisch festhalte, ihn ins Internet werfe und ihn damit zur Diskussion stelle, macht er – und mache ich – all diese Fässer auf. Und eigentlich will ich das gar nicht, weil ich es so genieße, morgens den Kopf auszuschalten und einfach nur zu laufen.

(noch nicht zuende gedacht)

Tagebuch, Dienstag, 25. April 2017 – Abschied

Ich muss in diesem Semester, meinem letzten, nur noch meine Masterarbeit schreiben und dreimal in einem Kolloqium sitzen, dann bin ich durch. Gleichzeitig möchte ich aber unsere Rosenheim-Ausstellung natürlich noch bis zur Eröffnung im September begleiten, da ich jetzt seit einem Jahr mit Herrn von Welden und dem ganzen Umfeld beschäftigt bin. Also meldete ich mich nicht offiziell über unser Online-Tool, sondern nur per Mail an den Dozenten für die Übung an, in der wir in den nächsten Wochen vermutlich Pressetexte erstellen, uns um den Katalog kümmern und uns Führungen überlegen. Ich sitze da nur freiwillig und muss nichts mehr machen, weswegen sich die Anwesenheit im Kurs gestern seltsam anfühlte. Ich gehöre eigentlich schon gar nicht mehr hier her. Das wird ein fürchterlicher Abschied auf Raten von der Uni. Schnell ins ZI radeln, um nicht mehr traurig zu sein.

Tagebuch, Montag, 24. April 2017 – eBook-Kauf

Frau Kaltmamsell schrieb gestern über ihre erneute Lektüre von The Handmaid’s Tale (1985) von Margaret Atwood. Ich habe das Buch noch nie gelesen, hatte aber damals die Schlöndorff-Verfilmung im Kino gesehen. An den Film erinnere ich mich bis auf wenige Szenen kaum, aber ich weiß noch, wie entsetzlich ich mich nach dem Kinobesuch fühlte. Ich weiß auch noch, dass meine männlichen Begleiter längst nicht so fertig waren; für sie war die Story eben eine Dystopie, interessant, aber kann man jetzt abhaken, Bierchen? Während ich noch stundenlang damit zu kämpfen hatte, welche unfassbaren Ungerechtigkeiten ich gerade mitangesehen hatte, die der Protagonistin alleine deswegen geschehen, weil sie eine Frau ist. Das ist jetzt sehr schwarzweiß gezeichnet, aber dieser Kinobesuch machte mir zum ersten Mal klar, dass man Filme anscheinend anders sehen und empfinden kann, je nachdem, ob man männlich oder weiblich sozialisiert wurde.

Dem Buch bin ich danach weiträumig aus dem Weg gegangen, weil diese Zukunftsvision mir Angst machte. Nun wurde es erneut verfilmt und zwar für eine zehnteilige Hulu-Serie (Trailer), die morgen in den USA startet. In meiner feministischen oder TV-Timeline ist die Serie seit Wochen ein großes Thema, auch weil man natürlich prima Parallelen ziehen bzw. darauf hinweisen kann, dass alle Rechte verhandelbar sind und nichts in Stein gemeißelt ist, was ich als gegeben ansehe. Auch nicht meine körperliche Unversehrtheit und meine Selbstbestimmung.

The New Republic schreibt, dass die Serie als Warnung an konservative Frauen gesehen werden kann, sich nicht an ihr kleines Stückchen Macht zu klammern und währenddessen andere Frauen zu unterdrücken, was für mich aber auch darauf hinweist, dass das vermutlich ein sehr menschliches Motiv ist. In einer Gesellschaft, in der Frauen längst nicht die Macht haben, über die Männer verfügen, greift man eben zu allem, was da ist. Das zeigte sich besonders perfide in der Wahl Trumps, wo sich weiße Frauen eher mit weißen Männern solidarisierten als mit schwarzen Frauen.

„But The Handmaid’s Tale does more than present a possible future: It asks us to consider how we’d end up there. A form of feminism that celebrates power for power’s sake, instead of interrogating how it is concentrated and distributed, will usher us into fascism. Feminism means something. Some choices oppress the women who make them, and some beliefs, if enforced, would oppress everyone else, too. Allow an antichoice woman to call herself a feminist, and you have ceded political territory that you cannot afford to lose. Stripped of political meaning, “feminist” becomes an entirely subjective term that anyone with any agenda can use.“

Margaret Atwood schreibt in der NYT, was der Roman heute bedeutet. Sie erwähnt auch ihren kleinen Auftritt in der Hulu-Serie:

„In this series I have a small cameo. The scene is the one in which the newly conscripted Handmaids are being brainwashed in a sort of Red Guard re-education facility known as the Red Center. They must learn to renounce their previous identities, to know their place and their duties, to understand that they have no real rights but will be protected up to a point if they conform, and to think so poorly of themselves that they will accept their assigned fate and not rebel or run away.

The Handmaids sit in a circle, with the Taser-equipped Aunts forcing them to join in what is now called (but was not, in 1984) the “slut-shaming” of one of their number, Jeanine, who is being made to recount how she was gang-raped as a teenager. Her fault, she led them on — that is the chant of the other Handmaids.

Although it was “only a television show” and these were actresses who would be giggling at coffee break, and I myself was “just pretending,” I found this scene horribly upsetting. It was way too much like way too much history. Yes, women will gang up on other women. Yes, they will accuse others to keep themselves off the hook: We see that very publicly in the age of social media, which enables group swarmings. Yes, they will gladly take positions of power over other women, even — and, possibly, especially — in systems in which women as a whole have scant power: All power is relative, and in tough times any amount is seen as better than none. Some of the controlling Aunts are true believers, and think they are doing the Handmaids a favor: At least they haven’t been sent to clean up toxic waste, and at least in this brave new world they won’t get raped, not as such, not by strangers. Some of the Aunts are sadists. Some are opportunists. And they are adept at taking some of the stated aims of 1984 feminism — like the anti-porn campaign and greater safety from sexual assault — and turning them to their own advantage. As I say: real life.“

Ich habe mir gestern, 27 Jahre nachdem ich einen aufwühlenden Film gesehen hatte, die Buchvorlage dazu gekauft und werde nun vermutlich ein paar Tage schlechte Laune haben.

Was schön war, Sonntag, 23. April 2017 – Ägyptisches Museum

F. und ich hatten schon vor längerer Zeit einen Urlaubstag in der eigenen Stadt eingeplant. Uns war aufgefallen, dass wir uns hier zwar dauernd sehen, dass aber natürlich immer einer von uns irgendwo hin muss, irgendwas machen muss, früher als der andere aufstehen muss etc., während wir im Urlaub gemeinsam den Tag verbringen, uns durch die Stadt treiben lassen, irgendwo einkehren, um was zu essen, und meistens mindestens ein Museum am Tag erkunden. Also nahmen wir uns das für diesen Sonntag vor.

Das mit dem Treibenlassen hat überhaupt nicht geklappt; stattdessen lungerten wir beide bis Mittag im Bett rum, lasen, redeten, dösten wieder kurz weg oder daddelten nebeneinanderliegend an unseren iPhones. Ich fand es ganz herrlich.

Dann rafften wir uns auf, verzichteten aber aufs Frühstück, sondern gingen gleich auswärts Mittag essen. Wir testeten das Bami House an, in dem vietnamesisches Streetfood serviert wird, und ließen uns jeweils ein Sandwich und einen Mango-Eistee schmecken. Der Laden ist winzig und quietschbunt, was mir beides sehr gefiel, genau wie das Essen – man sollte allerdings Koriander mögen. (Mag ich. Hab ich mich brav in den letzten Jahren rangegessen.)

Als Nachtisch gab es eine Kugel Eis vom Ballabeni (cremigstes Eis der Stadt), die wir vor dem Brandhorst stehend genossen, damit ich mein Lieblingshaus von Sep Ruf in der Theresienstraße angucken konnte.

Danach schlenderten wir zum Ägyptischen Museum, in dem wir beide peinlicherweise noch nie waren. Wir rennen oder radeln dauernd daran vorbei, aber zum Reingehen hat es irgendwie noch nicht gereicht. Jetzt aber! Wofür sind Urlaubstage da?

Schon die Architektur fasziniert mich seit Jahren. Das Museum liegt komplett unterirdisch; eine flache Treppe führt auf eine sehr schmale Tür in einer breiten, betongrauen Front zu, so dass es sich anfühlt, als würde man eine Grabkammer betreten. Wir stellten freudig überrascht fest, dass auch das Ägyptische Museum am Sonntag nur einen Euro Eintritt kostet, was wir aus anderen staatlichen Museen kannten. Schwabentipp! Uns wurde auch gesagt, dass ein Pfeil auf dem Boden uns durch die gesamte Ausstellung führen würde, und dementsprechend gingen wir brav dem Pfeil nach, was schlau war, denn das Gebäude ist recht verwinkelt.

Gleich der erste Satz auf der Website des Museums macht klar, was einen erwartet: keine große Sammlung. Danach kommt aber gleich der Vorteil: „Die Kompaktheit der Ausstellung ermöglicht es dem Besucher, in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen einen Überblick über 5000 Jahre Kunst und Kultur des alten Ägypten zu erhalten – eindrücklicher als in manchem der ganz großen und daher unübersichtlichen Museen.“ Was ich vor dem gestrigen Besuch als notwendige Koketterie empfunden hatte, kann ich jetzt heftig nickend bestätigen. Man wird nicht mit Zeug zugeballert, sondern bekommt ausgewählte Stücke zu sehen, nach denen man aber wirklich den Eindruck hat, etwas mitnehmen zu können anstatt einfach nur Masse.

Schon im ersten Raum stellte ich an mir fest, dass ich Kunstwerke anders betrachte als früher (was nach neun Semestern auch armselig wäre, wenn dem nicht so wäre), aber mich überraschte es doch, dass dieses andere Sehen auch an ägyptischen Reliefs funktionierte. Zuerst der Gesamteindruck und dann das vertiefte Schauen auf einzelne Abschnitte des Werks; bei europäischer Kunst gucke ich nach mir bekannter Ikonografie, um mir das Werk zu erschließen, und ich stellte fest, dass all die wunderbaren Dinge, die ich mir als Kind mal über Ägypten angelesen hatte, wieder da waren. Ich erkannte den Falkengott Horus, ich sah den Schakal, der für Anubis steht, und den mumifizierten Osiris, das Schleifenkreuz, das Schilfrohr und das Seil, das für mich immer wie eine Zuckerzange aussieht. Ich erinnerte mich daran, wie unsere Studiosus-Führerin uns an Tempelwänden erklärt hatte, wie man Hieroglyphen lesen kann, was ich natürlich nicht kann, aber es war schön, wieder vor Fragmenten von Wänden zu stehen und die Zeichen anzuschauen. Nebenbei: In einem Raum des Museums, in dem es nur um Schrift und Textarten geht, ist ein Fragment Zeile für Zeile transkribiert worden. Davor stand ich recht lange.

Überhaupt war die Raumaufteilung sehr schlau: Man betrachtet die Objekte nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet. Der erste Raum holt einen mit schönen Statuen, steinernen Köpfen und Fragmenten ab und erklärt auch gleich an einem Touchscreen, welche Arten von Skulpturen die alten Ägypter so hatten. Ich kannte natürlich die Formen der Figuren – stehend, gehend oder sitzend –, aber dass es dafür auch Namen gibt, wusste ich nicht. Innerlich spulte ich im Kopf sofort die verschiedenen kunsthistorischen Begriffe für menschliche Abbildungen europäischer Provenienz ab (Porträt, Kniestück, Ganzkörperfigur etc.). Natürlich gibt es das auch für Skulpturen, und jetzt kenne ich ein paar der Begriffe für ägyptische. Und ich begegnete dem ersten Touchscreen, von denen in jedem Raum welche waren, die zum Rumklicken und Nachlesen einluden, immer intuitiv und mit genau der richtigen Textlänge. Vor diesen Screens standen mehr Kinder als Erwachsene und lasen auch, anstatt nur zu klicken. Überhaupt: viele Kinder, und anscheinend hatten alle viel Spaß. Ich hörte jedenfalls dauernd „Papa! Mama! Guckt mal!“ und sah Kinderhände, die an Erwachsenenärmeln zogen.

Ich mochte den Raum „Kunst und Zeit“ am liebsten, weil er die kunsthistorische Entwicklung der Reiche aufzeigte; man konnte schön ablesen, wie sich Darstellungen veränderten und entwickelten. Mitten im Raum stand eine Wand, die sich mit Echnaton befasste, dem einzigen Pharao, den man immer wiedererkennt, weil er nicht so idealisiert dargestellt wurde wie die anderen. Ich sah dort auf Grabreliefs eine weitere Eigenart, die ich mir aus Kinderbüchern gemerkt hatte: die Salbkegel, die sich die ägyptischen Damen auf die Perücke setzten, die dann im Laufe des Abends schmolzen. Außerdem erkannte ich die weiße und die rote Krone (für Ober- und Unterägypten) auf Reliefs wieder, lernte die blaue Krone kennen und erfreute mich an einer Vitrine voller Uschebtis (ich hatte F. gerade fünf Minuten vorher vorgeschwärmt, dass im Ägyptischen Museum in Kairo gefühlt dutzende von Vitrinen standen, in denen die Uschebtis von Tutanchamun auf ihren Einsatz warteten).

Sehr beeindruckt hat mich die kleine Sammlung an römischen Totenmasken. Ägypten wurde kurz vor unserer Zeitrechnung römische Provinz, so dass sich Sitten und Gebräuche mischten. Die Ägypter legten ihre Verstorbenen in dieser Zeit in bemalte Holzsärge und bedeckten das Gesicht mit einer Maske, die dem Toten ähnelte. In einer Vitrine waren nun hölzerne Totenmasken von römischen Verstorbenen abgebildet, die ikonografisch mit den Abbildungen übereinstimmten, die ich aus der Antike kannte, die aber trotzdem einen ägyptischen Einschlag hatten, was mich sehr faszinierte. Generell wurde ich in einem weiteren Raum, ich glaube, er hießt „Ägypten und Rom“ mal wieder daran erinnert, dass sich Epochen der Kunstgeschichte mischen und es nie ein klares Ende und einen klaren Anfang gab. Alles beeinflusst alles, und so ähnelten sich manche Darstellungen und waren doch ganz anders als erwartet. In diesem Raum gab es auch viele Schubfächer, die man aufziehen konnte, in denen Stoffreste zu sehen waren, was mich sehr erstaunte. Ich wusste, dass es sehr schwierig ist, textile Stoffe zu konservieren, und hier lagen die einfach vor mir und ich konnte ihre feine Webart aus nächster Nähe bewundern. Das hat mir fast mit am besten gefallen; auch dass ich selbst entscheiden konnte, was ich sehen möchte und was nicht und nicht willenlos an einer Vitrine nach der anderen vorbeigeschleust werde. (Nebenbei: großes Lob für ausreichend Sitzgelegenheiten.)

Ich staunte über einige Porträtköpfe, die ich in die total falsche Dynastie verortet hätte, grinste über römische Imitationen von ägyptischen Statuen, die aussahen wie aus einem schlechten Hollywoodfilm, erfreute mich über die gut gewählten Themen und die sinnvolle Besucherführung und genoss die schlichte, aber effektvolle Architektur. Während F. von den Sarkophagen für Spitzmäuse fasziniert war, bestaunte ich eine Doppelstatue und meinte noch, so was hätte ich noch nie gesehen, bis ich nach dem Besuch im Flyer las, dass diese Statue in ihrer Darstellung einzigartig ist.

Wir ließen uns viel Zeit und blieben fast zwei Stunden in den Räumen und hatten beide danach das Gefühl, dass man ruhig nochmal hingehen könnte. Falls das also bisher noch nicht klargeworden ist: großer Tipp.

F. gönnte sich danach ein Schläfchen, ich mir eine Folge Deep Space Nine, dann stellte ich mich an den Herd, und wir genossen zum Essen eine Flasche Wein, die sich als so komplex herausstellte, dass wir drei Stunden mit ihr beschäftigt waren.

Liebes Tagebuch, das war ein sehr schöner Ferientag.

Edit, 25. April: Ich wurde gebeten, diesen Beitrag bei der Blogparade #perlenfischen des Infopoints Museen & Schlösser in Bayern einzureichen. Erledigt – und hiermit natürlich auch der Hinweis an euch, auch die anderen Museen zu entdecken, die dort beschrieben wurden.

Was schön war, Samstag, 22. April 2017 – All of me

Morgens um 6 aufzustehen, um Dinge zu tun, die ich neuerdings gerne morgens um 6 tue und die ich irritierenderweise vermisst habe, als ich eine Woche erkältet rumliegen musste.

Weintrauben.

Kekse.

Bildschirmfoto 2017-04-23 um 10.33.42

(Von Loryn Brantz auf Buzzfeed.)

An der MA-Arbeit weiterzuarbeiten, selbst wenn man unter einen Gedanken sofort selbst „Zu weit hergeholt“ tippt. Erstmal aufschreiben, aus dem Kopf rausklopfen, dann weiterdenken.

Gemeinsam einzuschlafen.

(All of me)

Was schön war, Freitag, 21. April 2017 – Hasenpenis und Kinderkönigin

Ich erwachte immer noch genervt vom Donnerstag, wobei ich inzwischen eher von mir selbst als vom Auslöser der Genervtheit genervt war, weil ich einfach nicht aus ihr rauskam. F. hatte dazu eine Idee, die ich aber erst bemerkte, als ich mich auf den Weg in die Stabi machen wollte, um meine Stinkigkeit abzuschütteln. Ein Lerneffekt des Studiums (neben ein paar kunsthistorischen Erkenntnissen): Wenn’s mir scheiße geht, ich wütend oder traurig bin – ab in die Bibliothek. Hilft immer.

Ich machte mich also bibfertig und packte meinen Rucksack: Laptop, Netzteil, Moleskine, Federmäppchen – ich komme auch nach fünf Jahren nicht darüber hinweg, dass ich wieder ein Federmäppchen habe –, USB-Stick, Kopierkarte, Schließfachmünze und gestern meine gesamte ausgedruckte Stoffsammlung, die ich mit einem Textmarker bewaffnet durchgehen wollte. Außerdem packte ich sechs Bücher, die ich zurückgeben wollte, in meine Residenztheaterstofftasche, in der ich bevorzugt ausgeliehene Bücher transportiere. Dann öffnete ich die Wohnungstür – und entdeckte ein kleines Tütchen am Türgriff. Der Mann meines Herzens hatte mir nachts noch Nervennahrung (aka Schokolade) vorbeigebracht, damit mein Tag gut beginnt. Ich war so gerührt, dass ich aus dem Geschenk erstmal einen Penis basteln musste.

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(Das sind ein Schmunzelhase, ohne den Ostern für mich nicht Ostern ist (danke, Werbung) und zwei von diesen lustigen dicken Lindt-Schäfchen. Das Foto ist aus dem Handgelenk gemacht und daher unscharf. Sorry!)

Schlagartig gut gelaunt radelte ich zur Bibliothek und stellte auf dem Weg fest, dass die Springbrunnen an der LMU wieder vor sich hinplätschern.

In der Stabi hatte ich viel Spaß mit diesem Buch, das ich in gut zwei Stunden durcharbeitete. Noch eine Studiumserkenntnis: Man lernt irgendwann, sinnvoll querzulesen. Dann markierte ich wild durch meine Stoffsammlung und war sehr zufrieden. Inzwischen hatte die Ausleihe geöffnet, ich verstaute Rechner usw. im Schließfach und zerrte meine Rückgabebücher heraus. Nachdem ich sie losgeworden war, ging ich in den Abholbereich, um Nachschub aus meinem Regal zu holen. Plötzlich sprach mich ein offensichtliches Erstsemester an, wo es denn seine Bücher finden könnte und ob die überhaupt schon da wären; ich antwortete, wenn er noch keine Mail bekommen hätte, garantiert nicht. Daraufhin hatte eine weitere junge Dame auch noch eine Frage, worauf ich belustigt antwortete, dass ich hier gar nicht arbeiten würde. Die beiden entschuldigten sich, aber ich freute mich darüber noch stundenlang. Offensichtlich habe ich im zehnten Semester endlich einen allwissenden Gesichtsausdruck drauf.

Eigentlich wollte ich bei meinem Italiener um die Ecke nur Pastamehl kaufen, aber der Mann hatte Salsiccia in der Auslage, und das ist mein Schlüsselreiz. Sobald ich dieses herrliche Zeug irgendwo sehe, muss ich es kaufen. Also gab es Pasta mit Tomaten und Fenchelbrät zum späten Mittagessen.

Abends saß ich noch ein bisschen am Schreibtisch und klickte meinen Mix der Woche auf Spotify an. Gleich das erste Lied – Infanta von The Decemberists, eine Band, von der ich noch nie gehört hatte – lief danach noch zwanzigmal. Außerdem beging ich den Fehler, mal nach dem Wort Infantin zu googeln, das ich nur in Bezug auf Spanien kannte. Daraus entstand die übliche Wikipedia-Link-Kette (via @SonstHarmlos), die mich irgendwann zum Londoner Kutschenstreit führte, von dem ich auch noch nie gehört hatte. Ich liebe das Internet in solchen Momenten so sehr.