Tagebuch Donnerstag, 11. April 2019 – Noch mal After-Work-Konzert

Gearbeitet. Das gibt selten was her fürs Blog, wird mal wieder Zeit für die Diss!

Um halb fünf noch einen Spontanjob reingebrieft bekommen, der auch heute schon abgegeben werden muss. Dazu sage ich ja nicht nein, aber ausgerechnet gestern hatte ich mir abends ein Konzert vorgenommen. Die Müncher Symphoniker spielen ab und zu sogenannte After-Work-Konzerte im Technikum, das heißt: Die gehen um 19 Uhr los, man kommt also direkt nach Feierabend und muss sich nicht erst zuhause wie ein Pinguin verkleiden, ab 18 Uhr ist die Bar geöffnet, man kann sich sein Getränk mit in den Saal nehmen, und überhaupt ist alles etwas lässiger. Und günstiger: Für 21 Euro kriegt man fast zwei Stunden Klassik – und ein Begleitprogramm. Beim letzten Mal ging es um Musik aus den 1920er Jahren, gestern wurde uns das Dirigieren näher gebracht. Denn ich arbeitete konzentriert ein gutes Stündchen, dann stieg ich in U- und S-Bahn und kam um halb sieben im Technikum an, wo eh alle noch an der Bar rumlungerten und ich mir einen guten Platz im Saal suchen konnte. Dann arbeite ich eben nach dem Konzert weiter, aber das wollte ich sehen und hatte mich vorgefreut.

Das Orchester arbeitet, laut Intendantin, die wieder durch den Abend führte, schon 30 Jahre mit dem musikalischen Nachwuchs zusammen, und deshalb durften gestern drei junge Menschen dirigieren, die sich teilweise noch in der Ausbildung befanden. Auch die Soloparts an der Harfe und der Geige wurden von Studierenden übernommen. Ich fand es spannend, den Damen und Herren dabei zuzugucken, wie sie Dinge tun, die sie eben noch nicht so ewig lange tun wie der Rest der Menschen auf und vor der Bühne. Denn der Intendantin stand ein Professor der Musikhochschule bei, der uns ein bisschen was zum Dirigieren erläuterte.

Angeblich ist Mendelssohn-Bartholdy die Blaupause gewesen für das, was wir uns heute unter einem Dirigenten (m/w/x) vorstellen, also die fuchtelnde Person mit dem Stock. Wir erfuhren auch, dass der kleine Taktstock aus einem viel größeren entstanden ist, mit dem früher, wie der Name schon sagt, der Takt geklopft wurde (es gab Todesfälle). Was ich schon geahnt hatte: Ein Taktstock ist deutlich preiswerter als ein professionell genutztes Instrument, man hat also den günstigsten Job im Orchester – und auch das Reisen damit ist eher angenehm. Gelernt habe ich, dass es Schlagfiguren gibt, worauf ich im Folgenden versucht habe zu achten, aber ich konnte es nicht wirklich erkennen. Beim nächsten klassischen Konzert dann. So richtig erklären, was die vielen Handbewegungen denn nun bedeuten oder was genau einen guten von einem halbguten Dirigenten unterscheidet, weiß ich immer noch nicht, aber ich habe mir die schöne Phrase „das ist wie über ein gemaltes Mittagessen reden“ gemerkt, die ich abs sofort für „kann ich jetzt auch nicht so wirklich erläutern“ benutzen werde.

Als kleinen Gag durfte sich auch jemand aus dem Publikum versuchen, den Hochzeitsmarsch haben wir ja alle drauf, und das sah schon sehr lustig aus, wie eine mutige Dame mit einer großen Stricknadel ins Orchester wedelte; scheint doch nicht so ganz beliebig zu sein, was man da vorne macht. Sie wurde recht schnell erlöst und wir lauschten Beethovens Ouvertüre zu Coriolan, Debussys Danse sacrée et danse profane für Harfe und Streicher (hat mich in seiner Tolligkeit überrascht, hätte ich nicht gedacht, dass ich das mag, Debussy ist mir meist zu verkuschelt), Camille Saint-Saëns’ Rondo capriccioso (vermutlich eines der Angeberstücke für Violinist*innen, hat bei mir jedenfalls funktioniert) und zum Schluss den schon angesprochenen Mendelssohn-Bartholdy mit Ouvertüre, Notturno, Intermezzo und Hochzeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum. Ich weiß gar nicht, ob ich den Hochzeitsmarsch jemals außerhalb eines Hollywoodfilms gehört habe. Jetzt ja. (Hach!)

Der andere Hochzeitsmarsch („Treulich geführt“) kommt übrigens aus dem Lohengrin. Aber das wisst ihr ja alle. Der Clip ist eine Bayreuth-Inszenierung, die ich sehr gut fand. Die YouTube-Kommentatoren eher nicht so, welche Überraschung.

Mein liebster Twitter-Thread gestern: REMEMBER THE LESBIANS, STEVE!

Und mein liebster Artikel:

Watching Shelley Winters Go Rogue in Debbie Reynolds’s 1983 Exercise Video, “Do It Debbie’s Way”

Es beginnt mit Carrie Fisher und ihrem äußerst unbequemen, bescheuerten Star-Wars-Bikini, dann kommt ihre Mutter Debbie Reynolds vor, die sich 1983 mit 51 zu einem Fitness-Video überreden ließ, das sie selbst nicht so ganz ernst nimmt. Aber dann:

„Still, the real star of the video is Reynolds’s longtime friend (and sometimes foil) Shelley Winters. Once a studio-system regular herself, Winters decided to leave the strictures of contract work behind in order to return to New York and focus on method acting. By the nineteen-eighties, she was a famously irascible character, unabashedly herself at all times. (In her memoir, “Unsinkable,” Reynolds recalled how, when the two co-starred in the 1971 horror film “What’s the Matter with Helen?,” Winters once “ripped off all her clothes, stomped out of the fitting room stark naked, and left the set” after a row with the costume designer.) In Reynolds’s video, Winters shows up wearing sweatpants and a sweatshirt that reads “I’m Only Doing This for Debbie,” and then refuses to do exercises with the rest of the group. Instead, she sits in the back, behind rows of Olivia Newton-John look-alikes, goofing off and heckling Reynolds. “Hey, Debbie, are your bulges supposed to hurt?” she asks. During some thrusting exercises, she jokes that she used to do similar moves in a motel; at another point, she asks how many of the women have slept with Howard Hughes. (Several, including Reynolds, casually raise their hands.) During an ab routine, she opts simply to lie on her belly.“

Tagebuch Dienstag/Mittwoch, 9./10. April 2019 – Keynote und Numbers

Ich hatte meiner neuen Kundin (aka der Beraterin der neuen Kundin) für Mittwoch vormittag die ersten Entwürfe für eine neue Website plus Probetext zugesagt. Mit dem Nachdenken hatte ich Freitag begonnen, am Wochenende den Kopf woanders hingesteckt, damit er am Montag alles aus dem Unterbewusstsein rausprokeln konnte und mich neu inspirierte. Das klappte ganz gut; am Dienstag machte ich dann aus dem langen Word-Dokument, in das ich erstmal alles reingetippt hatte, was mir so einfiel, ein Numbers-, ein Keynote und ein neues Word-Dokument.

Ich bin zu faul, endlich mal Excel zu lernen, ich kapiere es einfach nicht und ich habe keine Lust, mich weiter mit dem Rotz auseinanderzusetzen. Also öffnete ich zum ersten Mal in meinem Leben Numbers, um dort ohne große Schwierigkeiten drei Tabellen anzulegen, die drei Varianten einer Sitemap darstellten. Normalerweise male ich sowas mit Stift auf Schmierpapier. Zur Info: Im Moment sind die Rückseiten der ausgedruckten Stoffsammlung für mein Anselm-Kiefer-Referat aus dem ersten Mastersemester mein Schmierpapier. Ich scheine, seit das Studium durch ist, nicht mehr so viel zu verbrauchen, produziere aber auch nicht mehr so viel.

In Keynote bastelte ich eine Art Präsentation. Keine richtige zur Beamervorführung mit Dramatik und Cliffhanger zur nächsten Folie, sondern eher eine Erklärung für die Sitemaps sowie Erläuterungen zu den sieben Bildwelten, die ich mir für die Site überlegt hatte. Dann lud ich mir von Getty Images dutzende von schicken Bildern runter, die ich in die Präse einfügte. Natürlich alle mit Wasserzeichen, sind ja nur Moods, keine endgültigen Bilder, darum kümmert sich dringend die Arterin. Aber wir wissen ja alle: Man versteht Dinge besser, wenn man was Buntes dazu hat. Ich auch.

Das machte mir alles viel Freude, und natürlich inspirierten mich die Bilder, nach denen ich gezielt suchte, zu anderen Ideen, die aufpoppten, als ich die Suchergebnisse sah. Einer der Nebeneffekte des Studiums – neben meinem tollen angehäuften Wissen – ist die wiedergefundene Lust an der Werbung. Das freut mich immer wieder, wenn ich merke, was ich noch kann, was ich neu kann, was ich vielleicht anders mache als vorher.

Aus dem langen Word-Dokument copypastete ich die Headlines und Copys raus, die mir gefielen und ließ alles dann eine Nacht rumliegen. Gestern guckte ich morgens noch einmal drüber, korrigierte noch kurz was und schickte es dann ab.

Die Beraterin meldete sich ein wenig später und war überrascht, was ich alles schon gemacht hatte, war aber gleichzeitig sehr zufrieden damit. Die Texte trafen den gewünschten Ton, und von meinen Ideen mochte sie auch genau die am liebsten, dir mir am besten gefielen. Mal sehen, was die Kundin sagt.

Für einen weiteren Kunden textete ich in den vergangenen Tagen in der Mittagspause bzw. nach Feierabend noch ein paar Stündchen, schickte es gestern weg, und auch der war glücklich mit dem Ergebnis.


Foto aus dem Handgelenk für F.. Wenn ich’s fürs Blog gemacht hätte, stünden da hinten auf das Tablett noch Omis Teekanne und das Milchkännchen im selben Muster, aber die waren noch nicht wieder vom täglichen Teegenuss abgewaschen. Jetzt möchte ich aber doch die Weidenkätzchen und die 50 Jahre alten Holzeier im Blog haben.

Am Dienstag gab’s nur Salamibrot und Yogurette, weil ich keine Lust zu kochen hatte, gestern dann mal wieder den libanesischen Butterreis, nach dem ich anscheinend süchtig geworden bin. Dazu warf ich aus Gurke, Minze, Koriander, Knoblauch und griechischem Jogurt einen simplen, aber köstlichen Salat zusammen und briet noch Räuchertofu knusprig an, der weg musste. Das war eine Marke, die ich noch nicht kannte, und die werde ich auch nicht wieder kaufen. Selbst mit dunklem Sesamöl, das eigentlich alles rettet, schmeckte der Tofu nach Styropor und hatte dazu auch ein doofes Mundgefühl. Festgestellt, dass Reis und Salat alleine auch super sind. Keine Fleisch- oder Pseudofleischbeilage nötig.

Dienstagabend kam F. noch spontan spätabends vorbei, womit ich gar nicht gerechnet hatte, weil er verabredet gewesen war. Das hat mich sehr gefreut. Überhaupt freute ich mich quasi dauernd über irgendwas: die nicht zu warmen und damit für mich genau richtigen Temperaturen draußen (F. so: „Ah, wir haben den Korridor der zwei Grad erreicht, mit denen du dich wohlfühlst!“), meine Espressomühle, die so wunderbar funktioniert, mein grinsendes Mainzelmännchen auf dem Schreibtisch, die Lichterkette am Balkon meiner Nachbarn. Oh, und dass gegenüber gerade ein riesiger Kran steht, weil ein Dachgeschoss ausgebaut wird. Ich kam vorgestern mittag genau zu dem Zeitpunkt an, an dem am Kran eine komplette Dachgaube hing, die langsam aufs Dach abgesenkt wurde. Und ich stand fünf Stockwerke weiter unten und glotzte minutenlang interessiert nach oben. Wusste ich nicht, dass es die vorgefertigt gibt. Und dann war da noch dieses Video zur Kunst des Milchaufschäumens, mit dem ich endlich wirklich mal richtig guten und nicht nur akzeptablen Schaum hinbekommen habe. Pro Tipp: zeitnah auf den Espresso gießen und nicht erst die Maschine putzen, denn schon nach 30 Sekunden trennen sich Flüssigkeit und Fluff wieder. Das war der Tipp, der mich weit nach vorne gebracht hat. Internetliebe!

Einziger Wermutstropfen der letzten beiden Tage: die Entlassung des Augsburger Trainers Manuel Baum, der mich trauriger machte als erwartet – und die vielen, vielen, vielen Baum-Wortspiele in meiner Twitter-Timeline. Aber das musste wohl so. Ich bin gespannt auf Martin Schmidt – was ich bisher von ihm in Mainz mitbekommen habe, gefiel mir gut. Auf der gestrigen Pressekonferenz schmeichelte er sich erstmal gekonnt ein: „‚Als der Spielplan rauskam, fiel der erste Blick bei mir immer auf den ersten Spieltag, den letzten, dann auf die Bayern und dann – wann muss ich nach Augsburg? Das kann ich euch sagen, das kam immer an vierter Stelle.‘“ Eben weil Augsburg so ein unangenehmer Gegner war. Das war das erste, was selbst mir Blindguckerin aufgefallen ist: Das sieht lange nicht so hübsch aus wie bei Bayern, aber dafür anscheinend sehr anstrengend für den Gegner. „Deshalb wolle er jetzt auch nicht ‚drei neue Systeme abrufen”‘, sondern bei den Spielern ‚den richtigen Hebel ansetzen, Motivation und Begeisterung reinbringen‘. Dazu ein simpler Ansatz für die kommenden Partien: ‚Wie greifen wir an? Wie verteidigen wir? Was passiert dann? Ein einfacher Plan, der zum Team passt.‘“ Klingt gut für mich. Am Dienstag auf der Pressekonferenz, auf der die Entlassung Baums bekannt gegeben wurde, kam auch dessen Ausbeute zur Sprache: 45 Punkte aus 42 Spielen. So schlecht war mir das nicht vorgekommen. Ich gucke Fußball anscheinend immer noch mit dem Bauch.

Gestern gab’s noch einen Zahnarzttermin, auf den ich aber länger hinter dem Empfang warten musste als er selbst dauerte. Danach ging ich Glühbirnen kaufen (so aufregend), dann holte ich vom Optiker die neue Brille mit den überarbeiteten Gläsern ab. Spontan kommen sie mir deutlich besser vor als der erste Versuch, mit dem ich wochenlang gehadert hatte. Und weil direkt neben dem Optiker ein kleiner Blumenladen ist, ging ich auch dort kurz hinein, denn ich hatte Ranunkeln erspäht. Drinnen war ich kurz hin- und hergerissen, denn da stand auch eine Vase mit weißen Calla, meinen absoluten Lieblingsblumen, aber jetzt wollte ich Ranunkeln, meine absoluten Zweitlieblingsblumen.

Und wieder was, worüber ich mich freuen konnte.

Äh: „Als Symbol für Unsterblichkeit ist die weiße Calla eine beliebte Blume für Beerdigungen.“

Äh: „In der Blumensprache des Viktorianischen Zeitalters stand die Calla als Symbol für Erotik. Eine Calla als Blumengeschenk für eine unverheiratete Frau war gleichbedeutend mit einem Heiratsantrag.“

In Year of Wonder gab’s gestern Mozarts Klavierkonzert Nr. 7, KV 242. Das war auch schön.

Ein schwarzes Loch als dunkler Schatten

So halbwegs habe ich verstanden, warum das erste Foto eines schwarzen Lochs so ein tolles Ding ist. Ich kann nur kein Zitat rauskopieren, weil alles vorher und nachher wichtig ist. Die Filme sind auch hilfreich!

1000 Fragen, 181 bis 200

(Ich paraphrasiere Christian: „Die Fragen stammen ursprünglich aus dem Flow-Magazin, Johanna von pink-e-pank.de hat daraus eine persönliche Blog-Challenge gemacht, und Beyhan von my-herzblut.com hat das PDF erstellt.“)

181. Würdest du gern in eine frühere Zeit zurückversetzt werden?

In meinem eigenen Leben? Nö, da freue ich mich mehr auf die Zukunft.

So generell Zeitreisen? Nö. Ich weiß die moderne Medizin und die, haha, Gleichberechtigung, was haben wir gelacht, in unserer heutigen Zeit sehr zu schätzen. In jeder Zeitreiseserie, gerade vor allem Outlander, denke ich dauernd: Ja, große Liebe, okay, aber möchtest du im Mittelalter Zahnschmerzen haben? Oder gebären? Nee, möchtest du nicht.

182. Wie egozentrisch bist du?

Ich schreibe (so ziemlich) jeden Tag ins Internet, und zwar fast ausschließlich über MICH, MICH, MICH. Also auf einer Skala von 1 bis 10 vielleicht ne 3.

183. Wie entspannst du dich am liebsten?

Sofa, Serie, Kaltgetränk. Saisonal: F., Urlaubsort, Kaltgetränk.

184. Fühlst du dich manchmal ausgeschlossen?

Nicht richtig ausgeschlossen, aber mir wird des Öfteren bewusst, dass mein Körper nicht der Norm entspricht. Eigentlich sollte der eigene Körper nichts sein, über das man den ganzen Tag nachdenkt, und solange ich auf bequemen Bibliotheksstühlen sitze, tue ich das auch nicht. Aber in jedem Flugzeugsitz bemerke ich ihn, in jedem Café, in dem die Tische so eng stehen, dass ich nicht zwischen ihnen durchpasse, um auf die Bank an der Wand (mein Lieblingsplatz) zu kommen, in Klamottenläden, die meine Größe nicht haben, bei Konzerten, die eng bestuhlt sind, in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei denen die Armlehnen an den Sitzen nicht hochklappbar sind, so dass ich meinem Nachbarn nicht in den Gang ausweichen kann, in schicken Restaurants, die gerne Stühle mit Armlehnen haben, was nett ist, aber oft beengend.

185. Worüber grübelst du häufig?

Über beengendes Mobiliar. Ernsthaft, das ist jetzt keine launige Folgeantwort im Fragebogen. Ich gehe auch deshalb immer in die gleichen Läden und Cafés anstatt etwas Neues auszuprobieren, weil ich bei den bekannten weiß, dass ich gut und bequem sitzen kann und nicht im Vorfeld stundenlang grübeln muss, ob der Abend schön oder nur aushaltbar wird.

186. Wie siehst du die Zukunft?

Ich verkneife mir jede schnippische Antwort mit Kristallkugeln, sondern sage stattdessen: wird schon irgendwie passen.

187. Wann bist du deinem Partner zuerst aufgefallen?

F. hat mein Blog gelesen, das heißt, er kannte mich, bevor ich ihn kannte, dann haben wir uns irgendwann auf dem legendären Fußballstammtisch #tpmuc unterhalten – wir wissen beide nicht mehr, wann das war –, danach auch mal privat, anschließend dauernd und das war dann das.

188. Welchem Familienmitglied ähnelst du am meisten?

Optisch komme ich eher nach meinem Papa und meine Schwester nach meiner Mama bzw. deren Mutter. Es gibt ein Konfirmationsfoto meiner Omi, das schon fast unheimlich nach meiner Schwester aussieht.

189. Wie verbringst du am liebsten deinen Abend?

Sofa, Serie, Kaltgetränk.

190. Wie unabhängig bist du in deinem Leben?

Eine große Frage. Finanziell geht es mir gerade gut, ging schon mal besser, aber geht. (Studentin halt.) Persönlich muss ich mich um keine Kleinkinder kümmern und (noch) nicht um alte Eltern, das passt also. Generell bin ich natürlich vom Goodwill meiner Kunden abhängig, wie aber vermutlich jede*r, der oder die Geld verdient. Ich habe aber das luxuriöse Gefühl, eigentlich recht unabhängig zu sein. Sachzwänge ja, aber das Grundgefühl ist schon: was geht’s mir gold.

191. Ergreifst du häufig die Initiative?

Wenn es darum geht, dem anderen Geschlecht zu zeigen, welchen Vertreter ich davon gerade sehr gerne habe, vermutlich zu sehr. Bei allem anderen halte ich mich vornehm im Hintergrund, glaube ich. Ich schnappe mir jedenfalls keine Karaokemikrofone oder melde mich in Meetings als erste.

192. An welches Haustier hast du gute Erinnerungen?

Da ich nur zwei Katzen hatte, bevor die Tierhaarallergie dieses Kapitel recht schnell beendete, an diese beiden. (Nacheinander, nicht gleichzeitig.)

193. Hast du genug finanzielle Ressourcen?

Momentan ja. Mal sehen, wie sich der Münchner Mietmarkt entwickelt, haha. *knurr*

194. Willst du für immer dort wohnen bleiben, wo du nun wohnst?

Ich neige vorsichtig zu einem Nein. Manchmal fehlt mir der Norden doch arg. Sie wissen schon, da wo keine Berge sind, aber man quasi fast am Meer ist, wenn man ein Stündchen fährt. Andererseits: Brezn und Biergärten. Es ist kompliziert.

195. Reagierst du empfindlich auf Kritik?

Von Menschen, die besser Bescheid wissen als ich: nein. Von allen anderen: aber hallo.

196. Hast du Angst vor jemandem, den du kennst?

Da fällt mir netterweise niemand ein.

197. Nimmst du dir oft Zeit für dich selbst?

Für mich mehr als für jeden anderen.

198. Worüber hast du dich zuletzt kaputtgelacht?

Die Augsburger Hasen.

199. Glaubst du alles, was du denkst?

Nein. Manchmal denke ich bewusst Zeug, von dem ich weiß, dass es Quatsch ist, aber dafür habe ich mein Hirn ja: zum rumspinnen.

200. Welches legendäre Fest wird dir in Erinnerung bleiben?

Ich weiß nicht, wie es meinen Gästen ging, weil ich gefühlt für jeden nur 30 Sekunden Zeit hatte, aber meine Geburtstagsfeier im März war für mich eins der schönsten Feste – nicht nur der von mir gegebenen (das kommt nicht so oft vor), sondern auch generell der, auf denen ich war (denn das kommt auch nicht oft vor). Plötzlich war es drei Uhr morgens und ich hatte das gar nicht bemerkt. Und auch wenn mir drei Tage lang die Füße wehgetan haben – das war toll.

Tagebuch Montag, 8. April 2019 – „Wir sind aus Augsburg, wir sind aus Schwaben …

… rot-grün-weiß sind uns’re Farben …“

(Wenn Sie sich diesen Kurvengesang aus Augschburg bitte mal bis zum Ende des Blogeintrags merken könnten?)

Gut geschlafen, gut wachgeworden, schöne Dusche, toller Kaffee, danach toller Tee, gut gearbeitet, alles super, gerne wieder.

In der Mittagspause Zeug erledigt: Zahnarzttermin gemacht, beim Optiker vorbeigeschaut, Steuerunterlagen in den Briefkasten geworfen, in der Apotheke Interdentalbürstchennachschub besorgt (ich bin zu doof für Zahnseide), Reste vom Samstag aufgewärmt (Butterreis und Köfte, leider nicht mehr viel Korianderchutney dagewesen), FAZ wenigstens angelesen, und dann war die Mittagspause total überraschend schnell rum.

Toller Tee, gut gearbeitet, alles super, gerne wieder.

Neue Folge Veep geguckt; ich vermisse die Serie jetzt schon, obwohl es noch sechs (?) Folgen gibt, bevor sie uns wieder mit Trump alleine lässt. Neue Folge Bob’s Burger geguckt. Der Untertan von Heinrich Mann ausgelesen, vier Sterne auf Goodreads vergeben. Zum Schluss konnte sich Mann dann doch nicht so recht von Diederich trennen, dachte ich mir so. FAZ ausgelesen, weiter im Kendi-Buch gelesen und wie immer schlechte Laune bekommen. Eigentlich weiß man ja, wie scheiße wir alle sind, aber wenn man das auf 500 Seiten ungefähr zweimal pro Seite an einem Beispiel erläutert bekommt, macht das wirklich keinen Spaß. So ein Satz zum Beispiel, S. 259: „Someone was lynched, on average, every four days from 1889 to 1929.“

Ich mache hier mal einen Absatz zum Durchatmen. Herrgottnochmal.

Oder sowas, wir sind inzwischen am Ende des 19. Jahrhunderts angekommen, die Reconstruction wurde zurückgedrängt, Jim-Crow-Laws und separate but equal war auf dem Vormarsch, und selbst schwarze Vordenker fielen auf rassistische Ideen hinein, geht ja kaum anders, sie wuchsen in einem Klima von Rassismus auf: „Somehow, some way, [W. E. B. Dubois] maintained his faith that American racism could be persuaded and educated away. ‚The ultimate evil was stupidity‘ about race by ‚the majority of white Americans,‘ he theorized. ‚The cure for it was knowledge based on scientific investigation.‘” Womit er dem gleichen Irrglauben aufgesessen war wie heute Kolumnisten und Nervensägen, die glauben, man könnte mit Rechten reden und sie davon überzeugen, dass sie falsch lägen. Rassisten hassen Nicht-Weiße, weil sie Rassisten sind, nicht weil sie dumm sind. AfD-Wählerinnen wählen die AfD nicht, weil sie nicht wissen, was die Partei will, sondern weil sie ganz genau wissen, was die Partei will. Maskulisten hassen Frauen nicht, weil sie sie nicht verstehen, sondern weil sie ihre eigene überlegene Stellung nicht aufgeben wollen. Wir müssen mit derartigen Leuten nicht reden, wir sollten dafür sorgen, dass der Ziel ihres Hasses vor ihnen geschützt wird.

Und noch ein Absatz.

Abends kam F. vorbei, nachdem er mit den üblichen Verdächtigen die neue Zirbelnuss aufgenommen hatte. Wir erzählten uns unseren Tag nach, dann ging’s schon ins Bett. Aber erst musste ich sehr lachen, als ich ins Schlafzimmer kam. Schlechte Laune wieder weg, guter Mann, gerne wieder.

Tagebuch Samstag/Sonntag, 6./7. April 2019 – Pancakes, Kunst und versöhnendes Helles

Der Herr @bimbeshausen war in der Stadt und übernachtete bei F., weswegen man sich Samstag vormittag in etwas größerer Runde im Café Puck traf. Ich hatte fürchterlich geschlafen, warum auch immer, und war um 11 Uhr auch nach Flat White und Dusche fies müde; das American Breakfast half etwas, auch wenn die Pancakes schon mal deutlich besser waren. Für einen weiteren Milchkaffee reichte unsere Geduld nicht, der Laden wurde anscheinend spontan überrannt und wir warteten ewig, woraufhin wir lieber zahlten, als endlich jemand für uns Zeit hatte, anstatt noch mehr zu bestellen und genossen daher noch ein Eis beim Ballabeni um die Ecke. (Vanille-Tonka-Bohne, Créme d’Orange, Probierlöffel weiß ich schon nicht mehr.)

Direkt gegenüber vom Ballabeni liegt das Museum Brandhorst, wo noch Alex Katz läuft, den ich schon ewig sehen wollte, aber wie es halt so ist: Wenn’s direkt vor der eigenen Nase ist, gehe ich erst vor Schluss hin, ich hab ja Zeit (ich Depp). Der Kassenmensch mussste erstmal meinen Studiengang auf dem neuen Studiausweis suchen – Kunstgeschichtler*innen kommen umsonst rein –, fand ihn aber schließlich. Zur Not hätte ich auch noch eine Immatrikulationsbescheinigung dabei gehabt, man weiß ja nie. Immerhin habe ich jetzt verstanden, warum der neue Ausweis eine gute Idee ist: Der läuft eben nicht nach einem Semester ab, sondern kann immer neu validiert werden. Und wer wirklich eine Immatrikulationsbescheinigung braucht, kann sie sich von der LMU-Website herunterladen und selbst ausdrucken. Das bedeutet: 50.000 Briefe pro Semesteranfang weniger für die Uni. Well played.

Im Brandhorst sprintete ich quasi an allen Porträts vorbei, die ich sonst mag, die mir hier aber nicht so recht gefallen wollten. Stattdessen verguckte ich mich in drei Bilder, die eher Natur zeigten. Auf dem Bild Forsythia sieht man auf gefühlt drei mal vier Metern nur ein quietschend türkises Blau, auf dem hellgelbe Farbflecken an die titelgebenden Sträucher erinnern. Ich mochte das sehr, schlicht durch das Format und die sehr reduzierte und gleichzeitig irre dramatische Farbwahl. Weeping Cherry zeigte den Blick durch graubraune Äste auf einen milchigen Mond, dessen Umriss nie ganz klar zu sehen war; sein Licht waberte durch die Zweige und malte sie teilweise weißgelblich an. Auch hier war das Format spannend, die genauen Maße kenne ich nicht, aber es war sehr hochkant. Dritter Liebling: Cityscape, ein ebenfalls großformatiges Werk (sind sie ja eh fast alle), das dunkle Baumstämme vor dunklem Hintergrund zeigte. Man musste recht lange auf das Bild schauen, bis alles sichtbar war – als ob man in einem dunklen Raum steht und sich die Augen erst an das fehlende Licht gewöhnen müssen.

Wenn man die Titel googelt, kommen übrigens gerne unterschiedliche Bilder oder genau die, die ich nicht meine, sonst hätte ich die hier schon verlinkt.

Die anderen guckten sich des Rest des Hauses noch an, den ich aber schon kannte und nicht noch einmal sehen wollte. Stattdessen fuhr ich nach Hause, muckelte die üblichen Wochenenddinge runter (putzen, Wäsche waschen), verschlief wie fast immer ein Drittel der Bundesligakonferenz, holte dann am späten Nachmittag das Geschenk aus der Packstation, über das ich gestern schrieb, bereitete mir abends Butterreis, Korianderchutney und Köfte zu und ging recht früh ins Bett, um noch stundenlang zu lesen.

(Instagram/newyorkercartoons)

Gestern vormittag schlief ich daher viel zu lange, las noch schnell die Zeitung und trank einen Kaffee, bis ich schon wieder losmusste: Augschburg spielte gegen Hoffenheim, weswegen der Herr @bimbeshausen unter anderem im der Gegend war (er ist ernsthaft der einzige Hoffenheim-Fan, den ich kenne). Ich möchte zu dem Spiel eigentlich nichts sagen außer: Immerhin war das Wetter schön. Dann aber doch: Dieses Scheiß-Pokalspiel am Dienstag hat soviel Kraft und vor allem Konzentration gekostet, dass das gestern kaum was hätte werden können. Wurde es auch nicht, die Mannschaft verlor mit 0:4 und hatte nie den Hauch einer Chance. Selbst ich war vom Dienstag noch so erschlagen, dass ich im Kopf kaum beim Spiel war, und ich musste nur rumsitzen und Apfelschorle trinken anstatt Bundesligafußball zu spielen und zwar möglichst so, dass das eigene Team nicht absteigt. Genau dafür hatte aber niemand auf dem Platz noch Kräfte oder Kopf, das Passspiel war extrem übel, ich war schon froh, dass wenigstens die Pässe vom Torwart auf den letzten Verteidiger ankamen, so schlimm sah das alles aus. Auch die eigentliche Augsburger Stärke – eng verteidigen, keine Räume lassen, immer dreimal so viel laufen wie der Gegner – war gestern nicht auf den Platz zu bringen. Die Jungs waren sichtbar fertig und leer, und genauso fühlten wir uns nach 90 Minuten auch.

Immerhin konnten die Augsburger Panther, die Eishockeymannschaft, im dritten Playoff-Spiel gegen die Dosen aus München gewinnen, und nach dem Leipzig-Spiel finde ich gerade alles von Red Bull so scheiße, dass ich mich sogar über einen Sieg in einer Sportart gefreut habe, die mir sonst völlig egal ist.

Außerdem kann ich vermelden, dass mein Lieblingsärgernis beim FCA sich anscheinend erledigt hat: Es gibt das bescheuerte Schild für die „Damen mit Handtaschen“ am Fraueneinlass noch, aber es stellt sich jede da an, wo sie will, und auch die Abtasterinnen haben anscheinend keine Anweisung mehr, Leute mit Taschen, die in der falschen Schlange stehen, wieder nach hinten zu schicken.

Ich hatte mein kleines Täschchen dabei, weil ich Brillenträgerin meine Sonnenbrille im Case irgendwie transportieren muss, die ich spätestens ab der zweiten Halbzeit brauche, und die partout nicht in Hosentaschen passen will. Und ja, ich Untertanin stand in der Handtaschenschlange, die natürlich länger brauchte, auch wenn in den anderen Schlangen ebenfalls Taschen zu sehen waren, was diese Schlange, WIE VON MIR EWIG VORAUSGESEHEN UND ANGEPÖBELT, so absurd und unfair sein lässt.

Herr Bimbes, F. und ich ließen zurück in München den Abend dann im Obacht, unserer Stammkneipe, ausklingen, wo wir sehr anders behandelt wurden als im Puck. Auch dort war von jetzt auf gleich der ganze Laden dicht, wir kriegten den letzten Tisch in der Ecke, uns wurde aber gleich bei der Bestellung gesagt, dass unser Essen vermutlich ne halbe Stunde dauern würde, falls wir doch lieber woanders … wir blieben, und kurz bevor unsere Teller kamen, gab’s eine Runde Getränke aufs Haus, eben weil’s so lange gedauert hatte. So geht guter Service. Wie immer zufrieden kugelte ich maultaschensatt und bierselig heim, während die Herren vermutlich noch ein weiteres Kaltgetränk bei F. zu sich nahmen. Ich war aber einfach müde und wollte nach so viel Gesellschaft wieder alleine sein und meine Nase in ein Buch stecken.

How “Good Design” Failed Us

Kurzer Artikel, der eigentlich eine Ausstellung im MoMA über Design bespricht, aber dann doch eine Wendung nahm, die ich nicht erwartet hatte:

„The debate in Europe and the U.S. goes back at least to William Morris, the Victorian proponent of the decorative arts and one of the founders of the English Socialist movement, who rued the shoddiness of industrial products, but also the fact that good work, which ought to have the status of art, was increasingly a luxury. Extending this critique, some designers within the modern movement tried to articulate their dissent through the things they produced. “The Value of Good Design” has a number of starkly beautiful objects from Dieter Rams, the German designer whose renowned work for Braun has become emblematic of non-American gute Form: cool, understated, low-impact. The pastel coloration, transparency, and minimal decor of his electronics had enormous influence; his products, and his various laconic mission statements on behalf of design, suggested that Cold War consumer societies could still advance a sense of moral clarity.

But the dialectic of anti-consumer design took a few more turns of the screw. Max Bill, whose minty kitchen clock hangs alongside the work of Rams, founded a “new Bauhaus” in Ulm, intending, like Rams, to create objects that were durable, quiet, and lasting. The Ulm School of Design was massively influential, but Bill’s work became the subject of an attack by the Danish artist Asger Jorn. Jorn, who was involved in founding the school, saw it finally as another betrayal of the radical Bauhaus, which (at least initially) was about the union of the arts, crafts, and architecture, not product design. Ulm eventually fell apart, partly due to the radicalization of the students against the project that they were ostensibly involved in. They described the consumer society for which they made objects as a form of “Kommerzterror,” and at one point sought to rename the school Karl Marx College. It closed in 1968. This end to the “good design” narrative isn’t played out in the exhibit. Instead, in the final room of the show, moma asks you to consider Jasper Morrison’s plastic stacking chairs as heirs to good design—a prelude to the moment when, retrieving your coat, you receive a text message saying, “Don’t miss our Design Store across 53rd street!”“

Ein architektonisches Dankeschön …

… an Stefanie, die mich mit Magnus Brechtkens Albert Speer: Eine deutsche Karriere überraschte.

Albert Speer kennt ihr ja alle, wenn nicht, ist hier der Wikipedia-Eintrag … ich warte … okay. Der Herr hatte in der Haftzeit in Spandau seine Autobiografie Erinnerungen verfasst, die sich in der Bundesrepublik hervorragend verkaufte und in der es Speer verstand, zwischen sich und diesen seltsamen Nazi-Schergen eine Distanz zu schaffen. Ich behaupte, es verkaufte sich auch deshalb so gut, weil viele andere Deutsche ebenfalls eine Distanz schaffen wollten.

Dieses Buch habe ich mir im Weihnachtsurlaub aus dem elterlichen Bücherregal mitgenommen, weil ich ahne, dass ich daraus für die Dissertation zitieren könnte. Speer übernahm nämlich 1942, nach dem Tod von Fritz Todt, den ihr euch alle aus dem letzten Blogeintrag gemerkt habt, dessen Ämter und war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nur Reichsbauleiter, sondern auch Reichsminister für Bewaffnung und Munition. Todt war seit der Gründung dieses Ministeriums ab 1940 in diesem Amt gewesen. Die Bauten an den Reichsautobahnen wurden ungefähr zu diesem Zeitpunkt im alten Reichsgebiet eingestellt, während vor allem in den besetzten Ostgebieten der Straßenbau teilweise noch fortgeführt wurde – hier im Hinblick auf Truppentransporte und nicht mehr, um den geplanten Käufern des KdF-Wagens einen schönen Sonntagsausflug auf den „Straßen des Führers“ zu ermöglichen, wie die Autobahnen seit 1933 genannt wurden.

Das Werk von Brechtken, der stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte hier in München ist, wurde überwiegend gut besprochen, gerade weil es mit diesem falschen Speer-Bild aufräumt. Ich bin gespannt und habe mich sehr über das Geschenk und die Widmung gefreut, vielen Dank!

Und nebenbei hält der Mann im Sommersemester die Vorlesung „Von der ‚Okzidentalen Moderne‘ zum ‚Kampf der Kulturen‘: Eine Problemgeschichte des ‚Westens‘ vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart“ an der LMU, in die ich mich mal setzen werde. Auch darauf freue ich mich – und hoffe, dass er die vielen Anführungszeichen auflöst.

Tagebuch Freitag, 5. April 2019 – Musenkuss

Tagsüber für Geld gearbeitet, abends dann spontan an die Diss gesetzt. Wie ich launig twitterte: Wenn einen die Muse küsst, knutscht man halt mit.

Ich wollte eigentlich ein Buch exzerpieren, klickt zur Vorbereitung auf einen Aufsatz als PDF, der schon länger bei mir rumliegt, las, las den nächsten, und begann etwas unerwartet und sehr ungeplant das Kapitel zu den Autobahnen bzw. zur Malerei dazu. Eine meiner Nebenthesen ist, dass es andere Maler gegeben hatte, die sich deutlich öfter an den Stoff gesetzt haben als Protzen und vielleicht auch in der Ästhetik eher dem NS-Klischee entsprochen haben. Einer von diesen Malern ist Erich Mercker, der 32 Autobahnbilder gemalt haben soll – wobei aus diesem Artikel nicht klar wird, ob die alle vor 1945 entstanden sind, und mein Doktorvater und ich stehen diesem Verfasser auch einen Hauch skeptisch gegenüber, aus Gründen, wie es so schön heißt, das führt jetzt zu weit. In eben diesem Artikel las ich, dass Merckers Atelier in München dem Wohnhaus von Fritz Todt gegenüberlag, dem Generalbaumeister für das Straßenwesen, der sich nicht nur um den Ausbau der RAB kümmerte, sondern auch darum, dass sie in Bildern, Gedichten und Filmen verewigt wurde.

Was ich außerdem fand, wonach ich gar nicht gesucht hatte: die Adresse dieses Ateliers. 1944 lag es in der Franz-Joseph-Straße in Schwabing, ich weiß allerdings nicht, ob Mercker da auch schon in den 1930er Jahren gearbeitet hat. Warum mich diese Straße kurz die Luft anhalten ließ? Weil die Weiße Rose genau da ihre Flugblätter entwarf. Only in Munich.

Are the Humanities History?

Der Abgesang auf die Geisteswissenschaften ist nicht neu, und es wird gerne erwähnt, dass MINT-Absolvent*innen mehr verdienen und sich deshalb mehr Studienanfänger*innen für diese Fächer interessieren. Was ich ihnen nicht mal verdenken kann; ich möchte aber auch anmerken, dass selbst der bestbezahlteste Bankjob einen nicht 40 Jahre lang glücklich machen kann, wenn man ihn nicht gerne macht.

Michael Messing hält in der New York Review of Books diesem Argument entgegen – dass Geisteswissenschaftler nichts ökonomisch Vorzeigbares erzeugen und erwähnt diverse Fernsehshows und Serien, Kunstmessen, Podcasts, den Einfluss von Bohos auf die Stadtentwicklung und: Hamilton.

„A good place to begin in chronicling the material benefits of the humanities is the musical Hamilton. It began as a 900-page biography by Ron Chernow (who studied English at both Yale and Cambridge). At an airport while on vacation, Lin-Manuel Miranda (who studied theater at Wesleyan) bought a copy. Several chapters in, he got the idea for a stage adaptation. After a two-and-a-half-month sold-out run at the Public, the show moved to the Richard Rodgers Theater on Broadway, and its vision of America as a nation of hard-working, striving immigrants has been playing to packed houses ever since. Ten months in, The New York Times offered a breakdown of its finances headlined “‘Hamilton’ Inc.: The Path to the Billion-dollar Broadway Show.” The Hamilton album had by then sold 428,000 copies, and a companion book sold more than 100,000 copies in less than two months. In 2017, the show began a national tour that took it to more than a dozen cities, creating jobs for thousands of actors, dancers, choreographers, costume providers, set designers, stage managers, lighting and sound engineers, and agents. Chernow’s book, meanwhile, has sold more than a million copies—a bonanza for his publisher, Penguin.

Thanks in part to Hamilton, the 2018 season was Broadway’s best ever, with more than $1.8 billion in revenue and 14.37 million attendees. Other fixtures include The Lion King, now in its twenty-second year, which was created by Julie Taymor (who studied mythology and folklore at Oberlin); Wicked, now in its sixteenth year, which is based on a novel by Gregory Maguire (who studied literature at the State University of New York and Tufts); and Frozen, which is based on the 2013 Disney film whose screenplay was written by Jennifer Lee (who studied English at the University of New Hampshire and got an MFA from Columbia). No algorithms were used in the making of these shows.“

Er erwähnt aber auch, was ich ebenfalls gerne vor mir hertrage und weswegen da oben schon wieder was über mein Fachgebiet steht, auch wenn’s einem kurz das Frühstück verdirbt: Wir müssen zugänglicher werden.

„It seems paradoxical that the interest in history is surging just as enrollments in it are plunging. Wyman’s comment hints at an explanation. The problems facing the humanities are in part self-inflicted by the academy. Historians and philosophers, literature profs and art historians too often withdraw into a narrow niche of specialization, using an arcane idiom that makes their work inaccessible to the uninitiated.

An obvious remedy would be to place more stress on good writing; courses on how to write for the informed laity should be central to all humanities instruction. But the humanities need a more thorough overhaul, drawing on the tools developed by the tech world to capture and convey the complex, tortured, confounding, and inspiring story of human cultures and civilization. The vogue-ish term “digital humanities” usually refers to the use of computing to archive and analyze texts and records, but practitioners could apply digital technologies to create works that appeal beyond the ivory tower.“

Tagebuch Donnerstag, 4. April 2019 – Dostojewski, Auma und Fosse

Vormittags Telefonkonferenz mit der neuen Kundin gehabt, die eine Beraterin und mich durch die Firmenpräsentation führte. Bei sowas finde ich diese moderne Technik (TM) immer wieder toll. Die beiden sitzen in Hamburg, ich in München, jeder wählt sich telefonisch (oder per Rechner) in einen Raum ein, wir können miteinander reden, und gleichzeitig sehen wir auf unseren Bildschirmen nach einem Log-in alle die gleichen Präsenfolien.

Kurz mit Kai gemailt, weil seit ein paar Tagen mein Mailserver Schluckauf hat; alles wieder in Ordnung.

Mein Kopf war dann leider nicht mehr im Dissertationsmodus, sondern im Neuer-Job-Modus, obwohl wir eigentlich erst Montag offiziell starten; ich wartete auch noch auf ein paar weitere Infos. Aber das kann man meinem Kopf nie klar machen, der fängt halt zu denken an, der kleine Racker.

Ich ließ ihn also rackern und denken, notierte ein paar Ideen, und gönnte mir dann Lesezeit auf dem Sofa, weil ich partout nicht in die Diss reinkam.

Davor ging ich noch schnell einkaufen, woran ein bisschen F.s Mütterchen Schuld ist, die uns, ich schrieb darüber, Leberkassemmeln für die Autofahrt nach Augschburg am Dienstag zubereitet hatte. An denen lernte ich, dass es Leberkäse nicht nur in fingerdicken Scheiben gibt, sondern auch als Aufschnitt. Das war bisher völlig an mir vorbeigegangen, aber seit Dienstag wollte ich das wieder essen. Also mal wieder Aufschnitt gegönnt und zuhause sehr zufrieden verspeist. Das ganze auf frischem Brot, das ich beim Höflinger am Nordbad kaufte, und ich hoffe, die Dame hinter der Theke verdient richtig gutes Geld, denn sie war gefühlt 80, singsangte in einer Tour freundlich zu den Kundinnen, die Namen der bestellten Gebäcke, das gegebene Geld, das zu erwartende Rückgeld, „einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch“, singsang, singsang. Ich musste an „So zärtlich war Suleyken“ denken und hatte danach stundenlang gute Laune.

F. und ich sprachen abends über Freundlichkeit von Fremden und dass ja gerne über die falsche gute Laune in amerikanischen Einkaufsmöglichkeiten gelästert wird. Wir waren uns einig, dass wir eindeutig lieber sinnloses, aber nett geflötetes „Hey, was darf’s bei dir sein?“ beantworten als ein gebelltes „JA WAS DENN?!?“

Da wir beide gerade ein bisschen von Allergien geplagt werden, schliefen wir getrennt – es hat doch Vorteile – und ich las im Bett noch ein bisschen Dostojewski. Also Der Idiot, nicht die Gesamtausgabe, die vor ein paar Tagen im Hausflohmarkt stand. Inzwischen weiß ich übrigens, dass sie von meiner Nachbarin kam, die mir auch schon beim Umzug geholfen hat und mit der ich vorgestern einen kleinen Feierabendespresso getrunken habe, zu dem sie mir gleich noch ein Buch von Herlinde Koelbl mitbrachte, nachdem sie im Blog gelesen hatte, dass ihre Geschenke fast alle bei mir gelandet waren. (Die Bölls hatte ich liegengelassen, die habe ich alle selber.)

Der Idiot ist neu von Swetlana Geier übersetzt worden und er liest sich wirklich herrlich. Ich bin jetzt auf Seite 112 und eigentlich ist noch nicht viel passiert: Drei Männer treffen sich in einem Zug, fahren gemeinsam nach St. Petersburg, wo einer von ihnen eine Verwandte aufsucht. Wir hören viele biografische Details aus der Vergangenheit, und im Moment sitzt der Herr mit seiner Tante und ihren drei Töchtern am Esstisch und erzählt aus der Schweiz. Mehr war noch nicht, aber ich bin schon sehr verliebt in dieses Buch, von dem ich noch überhaupt nicht weiß, wo es hinwill. Nein, ich habe den Wikipedia-Eintrag nicht gelesen, ich weiß wirklich noch nicht, was in diesem 150 Jahre alten Buch passiert.

In den letzten Tagen las ich abends Kendis Stamped from the Beginning, aber das kann man nur in 20-Seiten-Schritten lesen, bevor man der ganzen Welt eine reinhauen will für ihre Blödheit.

In diesem Zusammenhang vielleicht ein Hinweis auf dieses PDF von Maureen Maisha Auma: Rassismus. Eine Definition für die Alltagspraxis (2018). Ich wurde durch einen Thread von Sharon Dodua Otoo darauf aufmerksam gemacht.

The Rise of Coffee-Connoisseur Culture

Ein 8-Minuten-Video und ein kurzer Artikel vom New Yorker.

There’s Gotta Be Something Better Than This

Lange Leseempfehlung über Bob Fosse und die Macht in zwischenmenschlichen und beruflichen Beziehungen: „moral immunity has been rescinded for geniuses.“

„Fosse, in earlier years, had shown a rare empathy with women; this affinity, in fact, gave rise to his gifts as choreographer and director. He could relate to his dancers and actresses; he could also render their experiences with care and attention.

Fosse’s first self-conceived Broadway show, Sweet Charity, had transposed Fellini’s Nights of Cabiria—about a woman who works as a prostitute in Rome, hopes for true love, but who is defrauded by the men in whom she trusts—to a Times Square dance hall. The protagonist is drawn with real identification, as well as real cynicism: It’s not her line of work, dancing with men by the song, that sources the pathos—Fosse, refreshingly, mostly avoided “fallen women” tropes—but the fact that she’s stuck in a dead-end gig she hates, with no prospects. She was partly inspired, as Fosse biographer Kevin Winkler notes, by the female dancers Fosse worked with, who made great physical and emotional sacrifices for their craft, only to see their opportunities steeply limited with age.

From his earliest years as a performer, women were Fosse’s mentors, closest collaborators, eminences grise, and fodder for his vision. As a capability and a resource, his empathy was double-edged: It made his work powerful and humane, and allowed him to direct star-making performances by talents such as Liza Minnelli; but, like Snider, he learned very early how to use it to his advantage. […]

As Fosse accrued more psychic weight, and more power, his girlfriends got younger and younger—from peers and mentors to girls in their early 20s, without established careers of their own. “I like to take these young girls and mold them,” he told American Film. “I guess it’s a Pygmalion complex.” Younger women were easier to take lightly, and to discard. Wasson relays an anecdote: sitting in a van scouting locations for Star 80, the film’s director of photography, Sven Nykvist, asked the director why he preferred girls so green. “Their stories are shorter,” he replied.“

1000 Fragen, 161 bis 180

(Ich paraphrasiere Christian: „Die Fragen stammen ursprünglich aus dem Flow-Magazin, Johanna von pink-e-pank.de hat daraus eine persönliche Blog-Challenge gemacht, und Beyhan von my-herzblut.com hat das PDF erstellt.“)

161. Bist du ein Hundetyp oder ein Katzentyp?

Katzen. KATZEN. OMG KATZEN GEH MIR WEG MIT HUNDEN!

Aber eure Hunde sind bestimmt alle toll! Ich like die sogar auf Insta.

162. Wie zeigst du, dass du jemanden nett findest?

Ich like ihn auf Insta.

163. Isst du eher, weil du Hunger oder Appetit hast?

Ich esse, weil’s schmeckt.

164. Tanzt du manchmal vor dem Spiegel?

Ich tanze nicht und ich habe keinen Ganzkörperspiegel mehr, also nein, so gar nicht. Ich übe aber natürlich Oscarreden vor dem Badezimmerspiegel.

165. In welcher Hinsicht bist du anders als andere Menschen?

Wir sind alle einzigartige Schneeflocken. Ich bin die dicke mit der Brille, dem Buch vor der Nase und den Schokoflecken auf drei von meinen sechs Dendritenärmchen. (Ja, das habe ich gegoogelt.)

166. Welchen Jugendfilm würdest du Kindern empfehlen?

Sollten Kinder nicht Kinderfilme gucken? Ich habe ja keine Ahnung, aber Disney und Pixar gehen vermutlich immer. Was ist mit der Welle oder Saltkrokan?

167. Bleibst du bei Partys bis zum Schluss?

Meistens gehe ich nicht mal hin.

168. Welchen Song hast du in letzter Zeit am liebsten gehört?

Da ich ja gerade auf dem Klassiktrip bin: irgendwas von Martinů oder Randall Thompson.

169. Bereitest du dich auf bestimmte Telefongespräche vor?

Ich bereite mich auf fast alle Telefongespräche vor. Bei Kunden sind immer alle wichtigen Dokumente auf dem Rechner offen und ich habe den Stift und das Notizbuch im Anschlag, bei Hotlines habe ich vorher alle Kunden- und Bestellnummern rausgesucht. Nur bei Ärztinnen rufe ich ohne große Vorbereitung an, da will ich ja meist nur einen Termin oder ein Rezept.

Ich schreibe aber deutlich lieber Mails als irgendwo anzurufen.

170. Wann hast du zuletzt vor jemand anderem geweint?

Neben dem üblichen Geheule, weil irgendeine Darbietung auf der Bühne oder der Leinwand so toll war, habe ich bei meiner Geburtstagsfeier beim Abschied von Kai geweint, weil ich mich so gefreut habe, dass er dagewesen ist.

171. Mit wem verbringst du am liebsten einen freien Tag?

Mit F. oder mit mir alleine. Ich bin sehr unterhaltsam und nicke alle meine Vorschläge ab.

172. Was war der beste Rat, den du jemals bekommen hast?

„Du darfst alles essen, was du willst.“ Ich habe sogar ein Buch über den Rat geschrieben.

Ich habe bestimmt auch total tolle Ratschläge zur weiteren Lebensgestaltung bekommen, wie man Blusen bügelt, wie eine gute Headline funktioniert, damit ich mit ihr Geld verdienen kann oder wie man eine vernünftige Hausarbeitseinleitung schreibt, damit ich ne 1 kriege. Aber der Rat da oben war der, der mein Leben verändert hat. Und zwar zum so viel Besseren, wie ich es selbst nie erwartet hätte. Aber das können vermutlich nur Menschen nachvollziehen, die selber 25 Jahre lang mit sich, ihrem Körper und ihrem Essverhalten und allem, was dazugehört, Krieg geführt haben.

173. Was fällt dir ein, wenn du an Sommer denkst?

Der Geruch von Sonne auf Haut, den ich total schön finde. Ohne Jacke fahrradfahren. BIERGÄRTEN! Erst dann fällt mir ein, wie scheiße heiß es im Sommer immer ist und dass mir Frühling eigentlich auch reicht.

174. Wie duftet dein Lieblingsparfum?

In der Kopfnote nach Mandarine, Bergamotte, Kaktus- und Orangenblüte, in der Herznote nach Gardenie, Freesie, Lilie, Jasmin, Kamelie und Rose und in der Basisnote nach Sandelholz und Moschus. Sagt zumindest Douglas. Ich meine, es riecht sehr unblumig-leicht, aber immer frisch.

175. Welche Kritik hat dich am stärksten getroffen?

Irgendwas zu meinem Körper, der niemanden außer mir etwas angeht. Finde ich im Nachhinein interessant, dass ich echt erst 40 werden musste, um das als übergriffig und verletztend einzuordnen. Ja, doofe Kommentare im Blog haben genervt, nein, es macht keinen Spaß, wenn du negatives Feedback auf einen Job kriegst, aber Bemerkungen zu meinem Gewicht taten wirklich alle weh. Vor allem, wenn sich gerade Ärzt*innen nicht mal bemühen, es einem freundlich nahezubringen, sondern einen sehr deutlich spüren lassen, wie widerlich sie dich finden, einfach nur weil du dick bist. Selbst wenn du vor ihnen sitzt, weil du Bronchitis hast.

176. Wie findest du dein Aussehen?

Akzeptabel bis okay. Ich denke nicht mehr oft darüber nach, nur wenn ich neue Leute kennenlernen muss und mir im Vorfeld zurechtlege, wie ich mit dem ersten Satz und dem ersten Eindruck alle Vorurteile über dicke Menschen vernichten kann.

Auch deswegen will ich den blöden Doktortitel haben. Im Perso eingetragen, verdammt nochmal. In jedem verfickten Dropdown-Menü werde ich ihn anwählen, du Scheißwelt.

177. Gehst du mit dir selbst freundlich um?

Inzwischen sehr. Früher dachte ich, warum auch immer, dass es total motivierend ist, sich den ganzen Tag zu beschimpfen, wie undiszipliniert und verfressen ich sei. Inzwischen klopfe ich mir dauernd für irgendwas auf die Schulter. Vielleicht auch, um wiedergutzumachen, wie gemein ich jahrzehntelang zu mir war.

178. Würdest du dich einer Schönheitsoperation unterziehen?

Nein. Ich halte Narkosen, die nicht nötig sind, für eine sehr blöde Idee. Außerdem habe ich die tollste Nase der Welt, finde meine Brüste in Ordnung, und an mein Fett lasse ich eh niemanden mehr. Inzwischen aus Bockigkeit.

179. Welchen Film hast du mindestens fünf Mal gesehen?

Flatliners. (Ja, sorry.) Dave. Vermutlich die Blues Brothers und diverse Monty Pythons. Oh, und Beauty and the Beast! Hach! FROZEN! Alle Disneys und Pixars! (Bis auf Cars. Bäh.)

180. Füllst du gern Tests aus?

Smooth, Fragebogen, echt.

Tagebuch Mittwoch, 3. April 2019 – Snooze

Typical Viertelfinalniederlage-Hangover-Day.

Tagebuch Dienstag, 2. April 2019 – Mpf

Wenn ich den Blogeintrag gestern vorgeschrieben hätte, bevor wir nach Augsburg zum Pokalviertelfinale gegen die Dosen aus Leipzig gefahren sind, klänge er vermutlich netter, aber ich bin immer noch gnatzig.

Vormittags saß ich in der Stabi, wo ich mir drei Filmrollen mit dem Völkischen Beobachter zurücklegen hatte lassen – noch ins alte Abholregal, yay. Ich habe gar keine Gedenkminute beim Abholen eingelegt, wie mir jetzt auffällt. Der schöne, der einzige Platz im hellen großen Lesesaal an den komischen Filmabspielgeräten, deren Name ich nicht kenne, war leider besetzt, also musste ich ins fiese Kabuff unter der Treppe hinter den Klos, und ja, da ist es genauso gemütlich wie das jetzt klingt. Die Stühle dort sind richtig mies, und ich hasse Film eh, weil man 20 Zentimeter vom Bildschirm wegsitzt, um die Rollen weiterzubewegen, aber eigentlich einen Meter Abstand bräuchte, um vernünftig lesen zu können. Das ist immer ein bisschen nervige Gymnastik.

Ich hatte den Beobachter schon mal auf Papier in der Stabi, ich weiß nicht, ob da eine Systematik drin ist, was auf Film und was auf Papier ist, egal, ich besonn mich auf uralte Filmvorführerinnenqualitäten und fieselte Plastik über Führungsrollen, natürlich immer erst einmal verkehrherum, dann auf dem Kopf, dann richtig, und bis dahin hatte ich schon Kopfschmerzen, weil ich so nah am Bildschirm saß. Außerdem hatten sich irgendwelche Pollen gegen mich verschworen und ich schniefte in einer Tour.

Dann fand ich auch nicht das, was ich gesucht hatte: Im Nachlass war ein Zeitungsausschnitt, der mit dem Zeitungsnamen und einem Datum im April 1936 beschriftet war; dazu wollte ich schlicht den Kontext haben, also welchen Artikel es bebildert hat. Ich fand weder in der süddeutschen noch in der Münchner Ausgabe etwas, die Reichsausgabe hatte ich mir gar nicht rauslegen lassen, und da das Bild von Henny ist und nicht von Carl Theodor, kommt das jetzt auf die Liste „Wenn ich fertig bin und noch Lust und Zeit habe“.

Die dritte Filmrolle enthielt den Beobachter Mitte 1940, da wollte ich gucken, ob die Große Deutsche Kunstausstellung erwähnt wird und vor allem Protzens „Straßen des Führers“, das der Dreh- und Angelpunkt meiner Arbeit ist. Ich hatte aber so gar keine Lust, durch die Filmrollen zu scrollen und gab sie erst einmal wieder ab. Auf die Liste.

Nachmittags weiter in Dateien und Unterlagen gewühlt, wenig geschrieben, leicht unkonzentriert gewesen. Schließlich aufgegeben, Brot gegessen und mich mal wieder in fünf Lagen Stadionklamotten gewürgt.

Gestern war es zwar knapp 20 Grad warm, aber abends sollten es in Augsburg nur so 8 bis 10 werden, und genau bei den Temperaturen hatte ich bei den Bayern-Damen letzte Woche arg gefroren. Also: Thermotights und -Oberteil, zwei Paar Socken und die dicke Winterwolljacke. Die nahm ich erstmal über den Arm, als ich schwitzend zur U-Bahn ging, um in den Südwesten von München zu fahren, wo mich F. mit dem Auto seiner Eltern aufgabelte. Denn das Pokalspiel fing erst um 20.45 Uhr an, und da es eben kein Bundesligaspiel ist, das brav nach 90 Minuten zu Ende ist, sondern eventuell noch 30 Minuten Verlängerung draufkommen oder sogar Elfmeterschießen, war die Regionalbahn raus – so spät kommt man unter der Woche nicht mehr nach München. F.s Mütterchen hatte uns sogar Verpflegung eingepackt, Getränke und Leberkassemmeln, und letztere musste ich natürlich sofort antesten. Als ich gerade mit dicken Backen vor mich hinfutterte, klingelte mein Handy: Die Kundin mochte mein Angebot, ich habe einen neuen Auftrag, geht vermutlich nächste Woche los. So fuhren wir gutgelaunt und entspannt nach Augschburg, wo uns das Spiel eigentlich egal war.

Erst im Stadion fiel mir auf, dass die Semmel vermutlich keine gute Idee war, denn ich musste, MUSSTE, schließlich meine heilige Pre-Game-Wurst essen, ohne die ist Fußball kein Fußball. Ehe Augsburg jetzt verliert, weil ich keinen FCA-Knacker in der Laugensemmel gegessen habe – es hilft ja nix. Dazu eine Apfelschorle.

Im Stadion waren um uns herum gefühlt nur die Hälfte der üblichen Dauerkarten-Besitzer (kein Femininum) am Platz, der Rest füllte sich aber auch gut. Zu meinem Schrecken nahm neben mir jemand Platz, der ungefähr 2 Meter 20 groß und fast so breit war. Der Herr war nicht dick, das übernahm ich für uns beide, aber bei der Größe war er halt stattlich. Das führte dazu, dass ich meine linke Schulter den ganzen Abend komisch nach vorne schob, um sie ihm nicht dauernd in die Rippen zu dengeln. Oder in die Niere. Er war wirklich sehr groß. Er versuchte sich aber schmal zu machen, genau wie ich, und so haben wir beide vermutlich eher unbequem gesessen.

War aber erstmal egal, denn die Choreo von Augsburg war ziemlich toll. Bei Sky kann man sie besser sehen als auf meinen Fotos, weil ich halt seitlich von der Kurve sitze.

Da ist die Augsburger Puppenkiste …

… jetzt geht sie auf …

… und da ist der Kasper mit dem DFB-Pokal im Arm, um ihn herum Ballons und Konfetti und ein laut klatschendes Stadion.

Wer will, kann sich den nichtssagenden Dreiminüter von Sky auf YouTube über das Spielgeschehen angucken. Für mich sah das im Stadion und TOTAL OBJEKTIV natürlich anders aus. Mir kam Leipzig deutlich unfairer vor als ich sie sonst gesehen hatte, gefühlt dauernd beschwerte sich irgendwer, und bei manchen Schiedsrichter-Entscheidungen (oder Nicht-Entscheidungen) bin ich mir auch nicht so sicher, aber was weiß denn ich. Ich meinte vor dem Spiel noch zu F.: „Wahrscheinlich wird’s ein schlimmes Gewürge, und in der 80. schießt dann halt irgendwer ein Tor.“ Fast richtig. Gewürge ja (Augsburg halt), aber Leipzig traf bereits in der 74. Minute zum 1:0. Zu diesem Zeitpunkt war ich griffig genug um zu pöbeln. Vor dem Spiel, ich schrieb es bereits, waren wir beide recht entspannt und erwarteten nichts. Nach der ersten nickeligen Halbzeit wollten wir Augsburg zum Sieg brüllen, denn sie waren absolut auf Augenhöhe.

Nach dem 0:1 warf der FCA auch noch alles nach vorne, aber die Minuten liefen fies und ohne Tor runter, die Nachspielzeit wurde angesagt, Leipzig tat, was alle Mannschaften tun, die kurz vor Schluss knapp führen, sie hielten den Ball, tanzten ewig um die Eckfahnen, wechselten, der übliche Kram halt. Aber als ich schon fast dabei war, den Schal in die Jackentasche zu stopfen, gab es einen Einwurf, einen schönen Doppelpass, und dann schlenzte der Herr Finnbogason mit seiner Fußspitze in letzter Sekunde noch den Ball ins Dosentor und das Stadion eskalierte total. Alles brüllte und jubelte, als ob der FCA schon gewonnen hätte, F. klatschte sogar mit den nervigen Labernasen hinter uns ab, es war so großartig! Fußball, ey. So geil! Und wie gut, dass wir mit dem verdammten Auto da waren!

In der Verlängerung ging es weiter hin und her, Chancen auf beiden Seiten, aber nichts, und wieder kurz vor Schluss, als wir alle schon im Kopf beim Elfmeterschießen waren, beging Gregoritsch im Strafraum ein Handspiel (aka der Ball sprang ihm an den Oberarm, als er zum Kopfball hochging und das ist dann halt Hand und ich hasse diese Handregel ja sowieso SCHON IMMER), dem Schiedsrichter blieb nicht anderes übrig, als auf den Elfmeterpunkt zu deuten, irgendein Leipziger verwandelte, und Augsburg war raus. Fußball, ey. So scheiße!

Wir sammelten noch unsere weitere Mitfahrerin ein, die mit dem Zug in die Stadt gekommen war, und nölten in einer Tour auf dem Weg zur Tram, wie vermutlich 25.000 um uns rum auch. Dann nölten wir im Auto noch bis kurz vor München, und erst dann redeten wir über nette Dinge, während ich die Getränke von F.s Mutter plünderte und mir eine Leberkassemmel für heute morgen zum Frühstück mitnahm. F. brachte mich vor die Haustür, ich war um halb zwei im Bett, meine Schulter tat weh, ich war heiser, und die Scheißpollen hatten auch abends keine Ruhe gegeben, weswegen meine Jackentaschen mit nassen Taschentüchern voll waren. Verschwitzt war ich natürlich auch; acht Grad im April sind anscheinend was anderes als acht Grad im März, ich war viel zu dick angezogen und beende jetzt hiermit offiziell die Winterklamottensaison im Stadion.

Heute morgen bin ich immer noch stinkig, was mich noch mehr stinkig macht. Wie gesagt, eigentlich war mir das Spiel egal, ich hatte eh mit einer Niederlage gerechnet, aber die Art und Weise war halt scheiße. Ich hätte nie mit dem Quatsch anfangen sollen. Sagte sie und legte schon mal den Schal für Sonntag raus, wenn Hoffenheim nach Augsburg kommt.

(VERFICKTE KACKSCHEISSE!)

Tagebuch Montag, 1. April 2019 – Schreibtischtag, Tofu und Kirschblüten

Gut geschlafen, gegen halb 6 aufgewacht und dann noch bis 7 gedöst bzw. gefühlt eine Stunde lang davon geträumt, den Wecker zu verpassen, ihn falsch gestellt zu haben, ihn zu lange auf Snooze gestellt zu haben, die Zeitumstellung vergessen zu haben und ähnlichen Quatsch.

Nebenbei: Ich mag die Zeitumstellung. Die eine Stunde weniger fällt mir nie auf, dafür freue ich mich über die geschenkte im Herbst sinnloserweise umso mehr. Es bleibt im Sommer abends länger hell und ich finde, wir sollten das so beibehalten. Ich habe auch bei der komischen Online-Umfrage mitgemacht und brav für „Remain Ja zur Zeitumstellung!“ gestimmt, aber das war anscheinend egal.

Nach zwei Wochen Rumspielen mal nichts am Mahlgrad der neuen Espressomühle verändert. Herrliche Crema! Ich lasse das jetzt so. Derzeit im Ausschank befindet sich Playground: Love, eins von hundert Mitbringseln von Kai zu meinem Geburtstag, der anscheinend in jeder Hamburger Rösterei eingekauft hat. Schmeckt fruchtiger als ich nach der Beschreibung vermutet habe und generell sehr gut.

Den Vormittag verbrachte ich mit Warten auf einen Kundenanruf; wir hatten keine Zeit ausgemacht, daher saß ich ab 9 halt am Rechner. Aber so lange noch niemand was von mir wollte, arbeitete ich weiter an der Diss. Die Grobgliederung, die ich meinem Doktorvater noch nachliefern wollte, steht jetzt, und sie ist dann doch etwas feiner geworden als noch vor einer Woche. Jetzt, wo ich das Ding vor mir liegen sehe, merke ich erst, was für einen Berg Arbeit ich mir aufgehalst habe. Und ich weiß jetzt auch, warum ich mit dem Schreiben anfangen sollte – weil’s viel zu schreiben gibt.

Steuer gemacht. #meinglamourösesleben

Kurz in die Uni gefahren, Bücher abgegeben und den neuen Plastik-Studierendenausweis abgeholt. Meine labbrige Papierbescheinigung, die gestern gerade erst einen Tag gültig war, musste ich abgeben, was ich schaffte, ohne zu wimmern, meine Daten wurden noch einmal abgeglichen und dann druckte mir ein freundlicher Herr die Karte aus. Die musste ich noch in ein schickes Validierungsgerät schieben, das die Gültigkeitsdauer aufdruckte. Ich nehme an, im Oktober fräst das Ding das jetzige Datum runter und druckt das neue drauf. Lassen wir uns überraschen.

Mit der Karte habe ich auch eine neue Bibliotheksnummer und damit zwei neue Abholregale in der Uni- bzw. der Staatsbibliothek bekommen. Vermutlich ist diese Plastikkarte nur dazu da, damit sich auch höhere Semester wieder wie als Ersti fühlen dürfen. Das wird super: 50.000 Studis suchen ihre neuen Regale.

Angenehmes Kundinnengespräch geführt, spannendes Projekt, würde ich gerne machen. Ich gebe heute ein Angebot ab, das wie gewünscht etwas unterhalb meines normales Tagessatzes liegt und gucke, was passiert.

Anschließend weiter an der Diss gepuschelt. Ich habe schon beim Archivlesen in der letzten Woche gemerkt, dass ich vermutlich, wie bisher in jeder wissenschaftlichen Arbeit, ernsthaft von vorne anfangen werde. Alles, was ich las, fügte sich in die Biografie oder die Ausstellungshistorie des Mannes ein, und damit wollte ich eh anfangen. Die Einleitung steht ja quasi, die war mein Exposé, das ich noch ändern und mit Forschungsstand und Quellenlage ausstatten werde und mit einer leicht veränderten Formulierung für meine These. Denn mein Doktorvater merkte schlau an: Und was folgt daraus, wenn Ihre These stimmt? Äh. Ja. Das sollte ich vielleicht auch noch erwähnen. Was haben wir denn alle davon, wenn ich hier 200 Seiten runterkloppe?

Nach dieser famosen Einleitung, nach der wir irre gespannt weiterlesen, kommt die Biografie, die, so wie ich meine derzeitige Quellenlage einschätze, noch nicht grundlegend über die bisherigen Lexikoneinträge hinausgeht, diese aber ordentlich unterfüttern kann. Im Moment überprüfe ich noch jeden Eintrag und frage mich, woher diese Info kommt, aber ich ahne, dass ich das irgendwann einfach abnicken werde – wer bin ich, ein Künstlerlexikon anzuzweifeln? Die werden das schon irgendwo her haben. Was ich aber anlegen kann: biografische Details, die vielleicht im Bezug auf seine künstlerische Laufbahn oder die als Gebrauchsgrafiker wichtig werden. Einträge aus seiner Spruchkammerakte. Ich zitierte gestern daraus gnadenlos alle Vereinsmitgliedschaften, auch die, die nichts mit der Kunst zu tun haben. Rausschmeißen kann ich die immer noch.

Dann kommt das Kapitel mit den Ausstellungsbeteiligungen, und da kann ich ein paar neue zu den bisher bekannten belegen. An die kann ich die ganzen Presseberichte andocken und so nicht nur sagen, ja, der Herr Protzen hat an der Sonderschau der Münchner Künstlergenossenschaft im Dezember 1933 teilgenommen, sondern auch, dass seinen Bildern zumindest von der Münchener Zeitung eine „festkonturierende Sachlichkeit“ bestätigt wurde. Das wollten wir ja alle schon mal wissen.

Damit war ich bis 18 Uhr beschäftigt, und dann meinte mein Magen, er hätte jetzt wirklich gerne mal was zu essen und außerdem liegt da noch die FAZ, die durchgelesen werden will. Es gab Harissa-Tofu nach Ottolenghi (chön charf) und Zucchinistreifen, einfach mit ein bisschen Erdnussöl angemacht. Danach Kinderschokolade.

Abends kam F. vorbei, der vorher bei seinen Eltern die üblichen Dinge erledigen musste (neues Telefon einrichten) und brachte einen Arm voll Kirschblütenzweige aus dem dortigen Garten mit (hier das Herzaugenemoji vorstellen). Außerdem fragte er mich, ob ich die Dostojewski-Gesamtausgabe unten im Hausflohmarkt gesehen hätte. Hatte ich nicht! Als ich mittags aus der Uni kam, war die noch nicht da! Während ich die Zweige auf Vasen verteilte, holte F. die Bücher, die jetzt hinter den Max Frischens stehen. Ich habe die Brüder Karamasow, wo-hoo! (In der klassischen Übersetzung von Elisabeth Kaerrick.) Auch diese Bücher sehen so aus, als hätte noch nie jemand reingeguckt.

Ich bin kurz davor, einen Zettel unten hinzulegen: „Hey, wer auch immer gerade sein oder ihr Bücherregal von den Klassikern befreit – DANKE!“ Am besten mit Namens- und Stockwerkangabe, dann kann man mir weitere Bücher einfach vor die Tür legen.


Tagebuch Sonntag, 31. März 2019 – Nochmal Fußball

Gemeinsam aufgewacht, rumgelungert, dann vom Hunger heimgetrieben worden. Sonntagscroissants geholt, perfekten Flat White produziert, wohlig auf dem Sofa gelegen und gelesen.

Um kurz nach eins machte ich mich dann zum zweiten Mal in dieser Woche auf den Weg zum FC Bayern-Campus. Die Frauen spielten im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg, worauf ich nach dem guten Mittwochspiel in der Champions League sehr gespannt war. Außerdem freute ich mich darauf, die derzeit weltbeste Frauenfußballerin Pernille Harder mal live zu sehen. Vielleicht hätte ich mich nicht ganz so vorfreuen sollen, denn die Dame schoss zwei Tore von den vieren, die der VfL den Bayerinnen einschenkte und das leider auch völlig verdient.

Die Bayern-Frauen kamen mir äußert unkonzentriert vor. Anfangs hatte ich wie immer bei solchen Spielen ein Zitat von Raphael Honigstein im Kopf, der das vor Jahren mal zu den Bayern-Herren getwittert hatte, die nach einem CL-Spiel in der Bundesliga rumwürgten: „typical Champions League hangover game.“ Dann fiel mir aber ein, dass auch Wolfsburg am Mittwoch CL gespielt hatte und dabei ausgeschieden war. Vielleicht war da schlicht die Motivation größer und es waren einige Fläschchen weniger Sekt geköpft worden, keine Ahnung. Die Bayerinnen brachten gefühlt nur Fehlpässe und Hail-Mary-Flanken nach vorne zustanden, wo selten jemand stand, um diese zu verwerten, die Genauigkeit im Spiel, die mir Mittwoch so gefallen hatte, war völlig weg, während Wolfsburg von der ersten Sekunde an entschlossen zum Tor strebte und es oft genug erreichte. Das Ergebnis hätte auch noch schmerzhafter ausfallen können.

Trotzdem war es ein netter Nachmittag, weil ich mit dem Herz nicht so an Bayern hänge. Das Stadion ist angenehm, demnächst teste ich mal die Leberkässemmel an, und irgendwann habe ich auch hoffentlich keine Oberchecker mehr in der Nähe, die alles besser wissen. Ich weiß nicht mehr, wer gesagt hat, dass wir in Deutschland 80 Millionen Nationaltrainer hätten, aber die Sorte von Meckernasen hatte ich gestern hinter mir. Neben ihrem Gemaule, wie scheiße die Bayerinnen spielen – ach was –, kamen dann noch Granaten wie „Heißt das jetzt Torwärterin?“ (Torfrau) und „Haben die hier Gendertoiletten?“ (Haben wir überall, derzeit nach Männlein und Weiblein getrennt. Noch Fragen, Vollhonk?) Was mir allerdings erst bei den Damen auffiel: Wie wir teilweise auf den Zuschauerrängen über die Spielenden sprechen, ist manchmal schon nicht mehr schlechte Kinderstube, sondern pure Arschigkeit. An den Tonfall habe ich mich bei den Herren schon so gewöhnt, dass er mir gar nicht mehr auffällt. Gestern bei den Frauen war ich teilweise entsetzt, wie hart da über spielerische Fähigkeiten gepöbelt wird, einfach weil es hier plötzlich um meine Geschlechtsgenossinnen ging.

Abends kam F. vorbei, der einen siegreicheren Nachmittag hinter sich hatte: Die Augsburger Panther hatten das letzte Playoff-Spiel gegen die Düsseldorfer keine Ahnung wie die heißen gewonnen und stehen im Halbfinale irgendeines Eishockey-Wettbewerbs. Nicht mein Sport. Aber dort treffen sie auf die Brausedosen aus München – vielleicht gucke ich mir nach 35 Jahren mal wieder eines dieser Spiele live an. (ESC Wedemark!)