Tagebuch 22. September 2015 – Rumpuzzeln

Nach dreieinhalb Maß auf der Wiesn am Montagabend ganz hervorragend geschlafen. Dienstagmorgen ohne Wecker entspannt erwacht, der Hamburgbesuch besorgte Frühstückszeug und wir lungerten bis 13 Uhr in der Gegend rum.

Den Peanut-Generator ausprobiert. Ich besitze wirklich Turnschuhe in genau der Farbe und meine Oberkörperform ist perfekt wiedergegeben, aber Haarfarbe und Brillenform sind leider nur Näherungswerte.

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Dann machte sich der Besuch auf den Weg zum Bahnhof und ich mich auf den ins kunsthistorische Institut, wo ich mir eine durchaus aufschlussreiche Einführungsveranstaltung zum Masterstudiengang ansah. Nein, ich habe immer noch keine Zusage, aber ich gehe weiterhin davon aus, dass sie noch kommt.

Nach Hause geradelt, weiter in der Wohnung Zeug hin- und hergeräumt. Angefangen, den Wäscheberg der letzten zwei Wochen abzutragen. In der vorletzten Woche konnte ich nicht waschen, weil ich in Hamburg war, wo ich einfach die Schmutzwäsche in meinen Koffer geworfen habe. Letzte Woche konnte ich nicht waschen, weil meine Wohnung zuerst voller Kisten und dann voller Besuch war. Jetzt habe ich Zeug für ungefähr vier Maschinen angehäuft plus Bettwäsche.

Das vorgestern abgeholte BA-Zeugnis eingescannt und der Studiengangskoordinatorin geschickt. MA-BewerberInnen, die zum Zeitpunkt der Bewerbungen (15. Juli) noch kein Zeugnis vorlegen konnten, können die Dokumente zu zwei Terminen nachreichen. Der erste war letzten Freitag, den ich quasi um einen Arbeitstag verpasst habe. Das nervt mich sehr, denn dieser Termin hätte es mir fast sicher garantiert, noch eine Zulassung zu bekommen, mit der ich die Kurse fürs nächste Semester bequem online belegen hätte können. Der zweite Nachreichtermin ist der 21. Oktober und der ist jenseit von Gut und Böse. Wenn ich Glück habe, schaffe ich die Online-Belegungsphase noch (sie endet am 6. Oktober), wenn ich Pech habe, darf ich irgendwann zwischen dem 6. und dem 12. Oktober, unserem Semesterbeginn, mit den Studiengangskoordinatoren Kurse für mich finden, die noch nicht voll sind. Ganz supi.

Im Supermarkt spontan Sushilust bekommen. Die gekaufte Packung nach zwei Stücken wegen völliger Geschmacklosigkeit entsorgt (ja, das hätte ich wissen müssen). Nölig ein Sandwich verspeist.

F. als Peanut entdeckt und gleich viel weniger nölig gewesen.

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Tagebuch 21. September 2015 – Next!

Gestern um 11.15 Uhr schlug endlich die Mail des Prüfungsamtes bei mir auf, auf die ich seit Wochen gewartet hatte, und die mir mitteilte, dass meine Abschlussdokumente nun abholbereit wären. Das Amt hat bis 12 geöffnet. Ich überschlug kurz: Noch 24 Stunden warten und brav um 9 aufschlagen, um die Mappe abzuholen? Oder jetzt blitzschnell aus den Schlumpfklamotten schälen, die Wärmflasche vom Bauch nehmen (Frauenkram, Sie wissen schon) und aufs Fahrrad schwingen, um so gerade noch vor Schluss aufzulaufen? Die offensichtliche Antwort war die zweite, und so war ich um 11.40 im Prüfungsamt. Das uninahe Wohnen hatte sich mal wieder ausgezahlt.

Ich nannte meinen Namen und bat um meine Abschlussdokumente. Dafür musste ich ein Formular ausfüllen und unterschreiben: Name (krieg ich hin), Studiengang (klar), Matrikelnummer … konnte ich noch nie auswendig, aber ich hab ja immer meinen Studiausweis dabei. … Nicht. … Fürs Oktoberfest am Sonntag abend hatte ich mein Portemonnaie ausgeräumt und nur ein bisschen Geld, die EC-Karte, Perso und mein Semesterticket dringelassen. Nix Studiausweis. Aber, und ich bin sehr froh, dass mir das noch eingefallen ist, bevor ich den Besuch anrief, um ihn zu bitten, mir mal eben telefonisch meine Matrikelnummer aufzusagen vom Ausweis, der irgendwo in der Küche liegt, die im Moment eher dem Bermudadreieck ähnelt, aber, wie gesagt: das musste ich nicht machen, denn auf dem Semesterticket steht die Nummer auch drauf. Wenn man in München kontrolliert wird, muss man Ticket, Studiausweis und Perso vorzeigen. Okay, musste ich noch nie, aber das ist die offizielle Ansage. (Jetzt beim Schreiben fällt mir auf, dass ich dann gestern und vorgestern auch nicht alle Dokumente für die ordnungsgemäße Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs dabei gehabt hätte. Ups.)

Formular ausgefüllt und unterschrieben, Mappe in die Hand gedrückt bekommen, die Dame im Amt wünschte mir alles Gute, und dann konnte ich draußen im Gang endlich meine Endnote angucken, von der ich noch nicht wusste, wie sie lautete.

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Ich bin sehr stolz und glücklich. Hier könnt ihr nachlesen, womit ich mir die letzten drei Jahre die Zeit versüßt habe. Und ich warte weiterhin auf die MA-Zusage. Bis Mitte Oktober – vulgo: Semesterbeginn – hab ich noch Zeit. Knurr.

Tagebuch 19./20. September 2015 – Besuch

Den Vormittag des 19. verbrachte ich damit, die Wohnung halbwegs besuchsfertig zu machen. Das heißt, ich gab irgendwann auf, die Küche vernünftig zu organisieren oder das Expedit im Flur sinnvoll zu befüllen, sondern warf alles, was noch rumlag, einfach in Körbe und Kästen, damit alles oberflächlich aufgeräumt wirkt. Den Wiesn-Anstich um 12 Uhr verpasst, weil ich mit Badputzen beschäftigt war.

Am frühen Nachmittag den Hamburgbesuch vom Bahnhof abgeholt. Die Vertrachtung der Stadt ging erstaunlich schnell vor sich.

Abends mit dem Besuch antizyklisch Raclette gemacht (da wusste ich immerhin, wo das Set steht), danach zu F. gegangen, um uns durch seine Whiskys zu trinken. Ich gab bereits nach zwei Schlucken auf, der Besuch hielt länger durch und ging irgendwann zu mir nach Hause, während ich bei F. übernachtete. Nach mehreren viel zu kurzen Nächten aufgrund von nervöser Schlaflosigkeit endlich mal wieder tief und entspannt geschlafen.

Am Sonntag morgen auf dem Weg nach Hause Croissants und Brezn besorgt. Nach dem Frühstück radelten der Besuch und ich meine Münchner Lieblingsplätze ab, ich konnte wie immer auf die verschiedenen Säulenordnungen auf dem Königsplatz hinweisen, zeigte die nach dem Zweiten Weltkrieg genial restaurierte Alte Pinakothek – und vergaß dann völlig den Trachtenumzug zum Oktoberfest, weswegen wir natürlich nicht auf die Ludwigstraße radeln konnten, wo ich noch mit der Stabi protzen wollte.

Stattdessen Spaziergang über den Alten Nordfriedhof gemacht.

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Ab 17 Uhr hatte F. einen Tisch auf der Oidn Wiesn, und für den Hamburgbesuch war auch noch Platz. Wir schlenderten zunächst über den Rest der Theresienwiese, wo ich alles nacherzählte, was Herr probek mir vor vier Jahren erzählt hatte, als ich zum ersten Mal auf der Wiesn war.

Auf der Oidn Wiesn gab’s dann endlich die erste Oktoberfestmaß 2015.

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Und knapp fünf Stunden später bekam ich ein Lebkuchenherz.

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Tagebuch 18. September 2015 – Aus 3 mach 17

Das Tolle an einem Umzug ist, dass man eine leere Wohnung vollstellen kann. Das Doofe an meinem Umzug war, dass ich das zwar im Wohn-/Schlafzimmer machen konnte – da stand außer Bett, Expedit und einem Sessel auch nix drin und das ist jetzt alles im Keller –, in der Küche aber nicht. Da koche ich schließlich seit drei Jahren und hatte mir dafür logischerweise eine gewisse Ausstattung zugelegt. Und zu dieser Ausstattung (3 Töpfe) kam jetzt mein ganzer Hamburg-Kram (17 Töpfe). Okay, die 3 und die 17 sind wild geschätzt, aber so schien es mir.

Natürlich passen nicht alle Töpfe und Pfannen, die ich jetzt habe, in die Schublade, in der bisher alle Pfannen und Töpfe prima reinpassten. Natürlich habe ich auf einmal viel zu viele Tupperdosen, Tischläufer, Kerzenhalter (wieso habe ich so viele Kerzenhalter? Ich habe doch schon kiloweise weggeschmissen?), Kuchenformen, Schüsseln und Messer.

Daher sortiere ich seit drei Tagen meinen Kücheninhalt von einer Seite auf die andere, räume Zeug in Körbe, räume es auf verschiedene Regalbretter, schmeiße Zeug weg, räume Körbe wieder aus und deren Inhalt auf andere freie Regalbretter und dann fange ich wieder von vorne an. Irgendwie passt das alles noch nicht. Und ausgerechnet jetzt bekomme ich Besuch aus Hamburg, der eventuell bekocht werden will. Wenn ich Glück habe, finde ich Brot und Käse wieder, ansonsten bestellen wir vier Tage Pizza. Wobei: Am Sonntag haben wir einen Tisch auf der Oidn Wiesn, da bleibt die Küche eh kalt. (Vorfreude!)

Im Flur hängen jetzt wieder die Fotos meiner FreundInnen und Verwandten, die ich in Hamburg im Schlafzimmer hängen hatte, und das gefällt mir sehr gut. In der Küche hängen zwei Gemälde, die bisher im Wohnzimmer hingen, aber das gefällt mir irgendwie nicht. Hm. Mal gucken, was wir mit dem Bildprogramm in der Küche machen.

Leere Umzugskisten in den Keller geschleppt, mehrere Tüten Müll verklappt, 15 Kochbücher in die hauseigene „Zu verschenken“-Ecke gepackt. Abends von einer Freundin zu Ikea chauffiert worden, um zwei Wandregale und vier Körbe zu kaufen, damit ich noch mehr Zeug in der Küche hin- und herräumen kann. Zum Abendessen Brot und Käse.

Tagebuch 17. September 2015 – Zwischenstopp

Ich hatte morgens einen Termin bei meiner Hausärztin, der eigentlich nur ein normaler Kontrollbesuch werden sollte, dann aber etwas ausartete. Plötzlich war die Rede von Krankheiten, die ich ganz dringend nicht haben wollte, und mir wurde Blut abgenommen, was bis auf meine unsichtbaren Venen nicht so schlimm ist, aber danach ist mein Kreislauf gerne memmig, und so war es auch gestern. Zur körperlichen Schlappheit kam die Nervosität durch die medizinischen Vermutungen, die Traurigkeit darüber, dass F. gerade nicht da ist, um mich mit sonorer Stimme zu beruhigen, und als ich eh schon angeknockt auf dem Sofa lag, kam alles hoch, wozu ich in den letzten Tagen keine Zeit hatte, weil ich schließlich ein Bücherregal zu befüllen hatte.

Ich war schon beim Kisteneinpacken in der letzten Woche nah am Wasser. Beim Umzug habe ich in Etappen den ganzen Montag verheult – morgens beim Abschied vom Kerl, vormittags während die Umzugsjungs das Wohnzimmer leerräumten, nachmittags auf dem Weg zum Flughafen Hamburg, abends in der S-Bahn vom Flughafen in Richtung Maxvorstadt und dann nochmal spätabends bei F., als ich endlich zur Ruhe gekommen war. Es war ein Abschied auf Raten, denn der Kerl und ich haben uns schließlich schon im März getrennt und ich unternahm mehrere Versuche, einen Strich unter Hamburg zu kriegen, aber erst in dem Moment, wo der Möbellaster unten stand, wurde mir so richtig klar, dass es das jetzt war.

Dienstag überwog dann die Vorfreude darauf, dass endlich mein ganzes persönliches Zeug in München ankommt. Die Münchner Wohnung hat sich nie so richtig wie ein Zuhause angefühlt, sondern immer wie ein Ferien-Appartement. Auch, weil mein Studium mir wie Ferien vorkommt (ich schrieb darüber). Jetzt packte ich meine Lieblingsvasen aus, meine Lieblingskaffeetasse, die Knoblauch- und die Zitronenpresse, die ich in Hamburg in viel tolleren Versionen hatte als hier, weswegen ich endlich die M-Versionen wegschmeißen konnte, die Zweierbettwäsche (ich hatte nach M nur Singleversionen mitgenommen) und eben meine ganzen Bücher.

Da mir das Wohlfühlen in der eigenen Wohnung sehr wichtig ist, begann ich direkt nach dem Ausladen durch die Jungs, Regale aufzubauen und sie einzuräumen. Innerhalb von anderthalb Tagen waren alle Kisten leer und mein Wohn-/Schlafzimmer sieht bis auf winzige Details schon so aus, wie ich es haben will. Ich habe es Mittwochabend sehr genossen, alleine auf meiner Riesencouch zu lümmeln, eine Flasche Le 7 zu leeren und mich rundum zuhause zu fühlen. Ja, Küche und Bad sehen noch sehr chaotisch aus, aber ich habe schon eine kleine Oase aus Büchern und gemütlichen Sitzgelegenheiten. Mehr brauche ich eigentlich gar nicht.

Den Schwung vom Dienstag und Mittwoch wollte ich gestern eigentlich mitnehmen, um den Rest der Wohnung fertigzukriegen. Nach dem Arzttermin reichte es aber nur noch zum Gang in den Feinkost- und in den Blumenladen, denn gutes Essen und Blumen retten immer den Tag. Das hat gestern nicht ganz funktioniert. Ich konnte und irgendwann wollte ich mich nicht mehr aufraffen. Ich wollte nur hier liegen und an die Decke gucken. Nicht an Hamburg denken, nicht an den Kerl, nicht an F., der meinen Trennungsschmerz uneifersüchtig und liebevoll begleitet, dann doch an F., weil ich mich gerne in ihn verkrochen hätte, nicht an die noch fehlende Studienplatzzusage und vor allen Dingen nicht an die wilden Vermutungen meiner Ärztin. Nicht mal ein paar Folgen Friends konnten mich aufheitern; die Serie steckt leider doch voller schlimmer Geschlechterklischees, was mir erst mit dem Abstand von 20 Jahren (und viel Internetlektüre) klargeworden ist.

Ich habe den Tag schließlich verstreichen lassen. Mir noch das gute Essen gegönnt, Fußball geguckt und darauf gewartet, dass der Tag einfach vorbeigeht.

Tagebuch 16. September 2015 –
Eine Wand voller Bücher (I’m in love)

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Dienstag nachmittag. Kleine Pause beim Ausräumen von über 50 Kisten.

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Mittwoch morgen. Mein geliebtes Metalltablett ist jetzt endlich hier. Ich nutze es für mein erstes Frühstück in der gefühlt neuen Wohnung. Neben mir die noch eingepackte, kopfstehende Luise, die hoffentlich am Wochenende ihren Platz an der Wand kriegt.

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Mittwoch, gegen 13 Uhr. Ich sage mir zum hundertsten Mal das Alphabet auf, weil ich nie weiß, wann welcher Buchstabe kommt. Daher muss ich auch dauernd komplette Regalbretter eins rauf oder eins runter räumen, weil zwischen M und O total überraschend noch N kommt.

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Mittwoch, gegen 18 Uhr. Alle Bücher sind eingeräumt, und alle, die nicht hier im Regal stehen, stehen in der Küche, weil sie Kochbücher sind, oder liegen in Einkaufstüten im Flur und werden in den nächsten Tagen verklappt, weil ich schlicht keinen Platz mehr für sie habe – weder im Regal noch im Herzen. (Hier Geigenmusik in moll vorstellen.)

Heute wird aus dem Krisengebiet nebenan hoffentlich eine Küche. Es ist übrigens alles heil angekommen, auch Omis Teeservice, meine geliebte dünnwandige Wasserkaraffe aus der DDR, die so super zu den rauchgrauen Ikea-Wassergläsern passt, und der teure Wein. Ich freue mich sehr und empfehle mal eben meine tollen Umzugsjungs weiter.

Tagebuch 15. September 2015 – Coming home (with a lot of stuff)

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Tagebuch 14. September 2015 – Going, going, gone

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Tagebuch 13. September 2015 – Abschied

Der letzte Tag in Hamburg.

Da ich Freitag den Akkuschrauber nicht aufgeladen hatte, musste ich das Samstag erledigen und konnte so am Sonntag noch bequem ein Wandregal abmontieren sowie die letzten Schrauben aus den Billy-Aufsätzen klauben. Den Christbaumständer und das Racletteset (überlebenswichtige Gegenstände!) in einer blauen Ikea-Tüte verstaut, weil sie in keine Kiste passten. Die letzten Weine eingewickelt, um sie zu verschenken. Einen Zettel an die Tür geklebt, auf dem FAHRRAD! steht, damit ich bloß nicht vergesse, eben dieses aus dem Fahrradhäuschen zu hieven, damit die starken Jungs es in den Umzugslaster laden. Die letzten Bilder abgehängt und eingepackt.

Mich abends mit zwei liebenswerten Damen weinselig von Hamburg losgesagt. Im Laufe des Abends gemerkt, dass ich jetzt wirklich durch bin. Die Abschiede der letzten Tage haben an mir genagt, aber ich freue mich, dass alle Menschen, die ich noch mal sehen wollte, für mich Zeit hatten.

Ich geh dann jetzt.

Tagebuch 12. September 2015 – #12von12

Das waren gestern recht monothematische 12 von 12.

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Einer der eher unspektakulären Ausblicke aus unserem Wohnzimmer. Es war das vorvorletzte Mal, das ich in Hamburg aufwachte. Ich schlafe derzeit auf meinem geliebten Riesensofa, das vermutlich in München die Hälfte meines Zimmers einnehmen wird.

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Cappuccino zum Frühstück.

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Gebloggt. Neben mir die fast schon leeren Billy-Regale, an der Schiebetür lehnt ein zusammengerollter Teppich, und dahinter stapeln sich die Kisten.

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Diese Kisten, um genau zu sein.

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Unter den Bibeln liegen politische Lexika. In die nächste Kiste kommt der Talmud, zusammen mit lauter Atlanten und Wörterbüchern, wobei ich von denen sehr viele verklappt habe. Ich gucke wirklich nie ins Bankenlexikon, auch wenn ich als Werberin viel für Finanzdienstleister geschrieben habe. Was ich gestern außerdem weggeworfen habe: Belege aus 15 Jahren Autotexterei. Viele Audi-, Mercedes- und VW-Kataloge, opulente, großformatige (und schwere) Messemittel. Hab ich digital, muss jetzt weg. Ebenfalls in die Tonne: meine ganzen Schulbücher und -Reclams. Ja, die wären leicht gewesen, aber mal ehrlich: Ich gucke dann vermutlich doch nicht mehr in meinen zerfledderten Don Carlos. Insgesamt füllten meine weggeschmissenen Bücher drei der sechs Tonnen im Müllraum. Entschuldigung, liebe Nachbarn! Kommt garantiert nicht wieder vor.

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Von einigen Werbeerinnerungen kann ich mich aber doch nicht trennen. Bei S&J bekam man nach der Probezeit den silbernen Pistolenfön, den man bei Präsentationen vor Kunden ansteckte. Das Ding ist der Grundriss der ersten Agenturräume und diente als eine Art Erkennungszeichen für uns Hansel. Wer bei S&J im Guten ging, bekam den eisernen Pistolenfön, so dass man immer zurückkehren konnte. Falls es die Agentur noch geben würde, that is.

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Den wollte ich eigentlich wegschmeißen, aber jetzt liegt er doch noch in einem meiner vielen Tagebücher, die ich natürlich nicht verklappe.

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Nach drei Tagen und 49 Kisten waren sechs Billys plus Aufsätze leer. Nein, in den Kisten sind natürlich nicht nur Bücher. Irgendwer muss das ja noch tragen. Ich allerdings nicht; ich bezahle Menschen für ihre Körperkraft und bin sehr dankbar für sie. (Sowohl für die Menschen als auch für ihre Kraft.)

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Gegen 13.30 Uhr war es dann soweit: Ich habe fertig. Das bisschen Kleinkram, die wenigen Klamotten und das Körperpflegezeug, das ich morgen und übermorgen noch brauche, landet im Koffer, den ich Montag zum Flughafen zerren werde. Im Koffer transportiere ich auch alle Regalbretthalternupsis, die ich aus den Billys gezogen habe. Hoffentlich geht mein Gepäck nicht verloren.

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Nach einer Dusche und einem Sandwich ging’s aufs Sofa zum Fußballgucken. Dabei bin ich natürlich eingeschlafen. Sorry, Bayern.

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Im vorletzten Bild zu erkennen: meine zwei leergeräumten Weinregale, die ihre neue Heimat in meinem Münchner Keller finden werden, weil ich leider keinen Platz in der Wohnung für sie habe. Ihren Inhalt habe ich aufgeteilt: Meine Lieblingsflaschen sind hoffentlich bruchfest eingepackt, der Rest wird verschenkt. Vorgestern wollte ich schon meinem besten Freund ein paar Flaschen in die Hand drücken, aber der Mann hatte unfassbarerweise keinen Rucksack und keinen Korb für seinen Gepäckträger dabei. Dann muss er sich die Weine halt abholen. Heute, Sonntag abend, sehe ich meine beiden besten Freundinnen, die natürlich auch was Hübsches in die Hand bekommen. Und Samstag schleppte ich sechs Flaschen zu meinen liebsten Kolleginnen, von denen ich mich bei Sushi und Fisch mit Tomatensalsa und Avocadocreme verabschiedete.

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Beim Nachhausekommen der zweite Heulflash des Tages. Der erste ereilte mich, als die Bücherregale leer waren. Jetzt wohne ich wirklich nicht mehr hier – hier sind keine Bücher mehr von mir.

Der zweite kam abends, als ich die Badezimmertür schloss. Unser Bad … ich stolpere seit Tagen über „unser“, wenn es um die Wohnung geht, weil es „uns“ ja nicht mehr gibt. Also noch mal: Das Bad ist innenliegend und aus welchen Gründen auch immer haben die ErbauerInnen damals eine Öffnung in die Wand gekloppt, die zur Küche geht. In einer Nachbarwohnung ist diese Öffnung mit einem Fenster temporär verschlossen, bei uns hängt ein kleines Stoffrollo davor, das man hochziehen kann, falls man mal wieder zwei Stunden gebadet hat und das Bad ein einziges Feuchtgebiet ist, das nach Sauerstoff schreit. Wenn man die Badezimmertür schließt, entsteht ein Luftzug, der das Rollo kurz anhebt und es dann wieder an die Wand drückt. Dabei dengelt die Leine, mit der man das Rollo öffnet, kurz an die Wand und der Metallpröppel am unteren Ende des Bandes erzeugt ein Geräusch. Gestern ist mir nach fast neun Jahren Zusammenwohnens aufgefallen, dass ich dieses Geräusch nur noch wenige Male hören werde, weil ich dann nicht mehr in diesem Badezimmer sein werde. Ich kann in diese Wohnung nicht mehr zurückkehren. Ich habe mich so daran gewöhnt, immer wiederzukommen, auch wenn ich so oft weggefahren oder -geflogen bin, aber jetzt ist damit Schluss. Jetzt komme ich nicht mehr wieder. Und obwohl ich das wusste und mich ängstlich, aber hoffnungsvoll auf einen neuen Lebensabschnitt freue, hat mich das gestern sehr schmerzhaft erwischt.

Tagebuch 11. September 2015 – Zerrupft

Dass es der 11. September ist – vulgo: Nine Eleven –, merkte ich erst anhand einiger Twitterbilder, zum Beispiel von der New York Times, auf denen das World Trade Center zu sehen war. Es dauerte ein paar Momente von der Frage „Wieso twittern die das World Trade Center“ bis zu „Ach stimmt“.

Weiter Kisten gepackt. Bei einem normalen Umzug, bei dem man alles einpackt, um alles woanders wieder auszupacken, knülle ich Kleidungsstücke rund um mein Lieblingsgeschirr. Fast alle Klamotten, die ich gerne anziehe, sind aber bereits in München, weswegen ich jetzt T-Shirts eingepackt habe, die ich vermutlich nie wieder tragen bzw. in München wegschmeißen werde, nur damit mein geliebtes Teeservice von Omi heil ankommt. (Ich packe für sechs Personen, die Teile für die restlichen 18 Gäste bleiben erst mal in Hamburg und landen dann beim Umzug Teil II wieder bei meinen Eltern, die deutlich mehr Platz haben als ich gerade.)

Den ganzen Tag über latent traurig gewesen. Am Donnerstag habe ich fast nur Bücher und mein eigenes Zeug eingepackt; gestern ging es in die Eingeweide der gemeinsamen Wohnung. Ich teilte das Geschirr in „meins“ und „seins“, die Töpfe und Pfannen, die Tupperdosen, die Handtücher im Bad, selbst den Inhalt unserer Medikamentenbox konnte ich aufteilen. Auf einmal sieht die Wohnung zerrupft aus, und das hat mich sehr traurig gemacht.

Abends vom besten Freund verabschiedet, mit dem ich bisher drei Wohnorte in 30 Jahren geteilt habe. Nach München wird er wohl aber nicht kommen. Ich trank einen Liter Apfelschorle, weil ich nicht in Stimmung für Wein war. Das kommt hoffentlich in nächster Zeit erstmal nicht wieder vor, dieses Nicht-in-Stimmung-für-Wein-Sein.

Mich auf der Rückfahrt im Bus gefreut, dass ich die blöde HVV-Ansagestimme bald nicht mehr hören werde. „Nächste Haltestelle: Kottwitz … straße.“ Macht mich seit Jahren wahnsinnig, diese Pause.

Tagebuch 10. September 2015 – Anke Gröner, B. A.

Mein Tag begann, wie der letzte aufgehört hatte: mit Umzugsvorbereitungen. Der freundliche Mensch der Umzugsfirma lieferte Kartons und legte für lau nicht angefordertes, aber sehr gerne gesehenes Einwickelpapier für Geschirr dazu, und ich verbrachte die Zeit bis ca. 16 Uhr damit, sowohl die Kartons als auch das Papier zu nutzen … und mich nach 24 gepackten Kartons zu fragen, wo zur Hölle bloß das ganze Zeug in München hin soll? Ich sehe mich schon Storage anmieten, in dem dann Weihnachtsdeko, selten getragene Opernklamotten und die Bildbände lagern, in die ich zwar nicht mehr reingucke, von denen ich mich aber auch nicht trennen will.

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Aus Spaß schaute ich dann mal wieder in unser LMU-Online-Tool, in dem wir unseren Notenspiegel ansehen können. Das mache ich seit dem 31. August, dem Notenschluss für die AbsolventInnen, quasi zweimal täglich, weil ich halt fucking neugierig bin und nicht auf die Mail vom Prüfungsamt warten will. Wer weiß, wann die kommt. Ich erwartete wie immer nix, aber: Da stand die Note meiner Bachelor-Arbeit, und damit sind alle ECTS-Punkte eingefahren. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben ein Studium beendet und musste darob einige wenige Zähren der Rührung vergießen.

Die Gesamtnote habe ich noch nicht, kann sie auch nicht ausrechnen (ein Kommilitone twitterte, dass das niemand könne), aber die BA-Arbeit hat eine schöne 1,3 gekriegt. Dafür, dass ich zum Schluss nicht mehr wusste, ob ich gerade totalen Quatsch fabriziere, ist das ziemlich klasse, und ich trank ein kleines Pikkolöchen auf ex.

Hier könnt ihr die Arbeit lesen.

Der Kerl und ich hatten ein gutes Gespräch. (Dieser Satz ist eine kleine Gedächtnisstütze für mich. Bitte gehen Sie weiter.)

Abends war ich im Lieblingsrestaurant mit der Lieblingshamburgerin verabredet, und Hamburg, die kleine Drecksperle, zeigte sich noch mal so richtig schön, um mir zu vermitteln, selbst schuld, dass du wegziehst, das haste jetzt davon. Keinen Blick mehr auf die Elbphilharmonie ohne Kräne, wo du jahrelang auf eben diese gucken musstest und dir immer eine unverstellte Aussicht gewünscht hast.

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Noch ein Grund mehr, ins Trific zu gehen: der schöne Blick, den man auf dem Weg vom Rödingsmarkt zum Restaurant hat. Aber das Essen hat auch was.

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Crémant mit Himbeergeist und Zitrone zur Feier des Tages.

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Schwertfischcarpaccio mit Crevettenöl.

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Der Trific-Klassiker: das Backhendl mit vier Salaten. Das musste zum Abschied noch mal sein.

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Schokoladenmousse mit Mango und Kirsche.

Tagebuch 9. September 2015 – Umzugsvorbereitung

Tagebuch 8. September 2015 – Heimweh

Als ich noch zwischen Hamburg und München pendelte, war die S-Bahn-Fahrt zum Münchner Flughafen immer Vorfreude auf zuhause, die Rückfahrt immer Vorfreude auf die Uni. Jetzt ist es nur noch eine nervige Stunde, die mich vom Boarding trennt, während die Rückfahrt Vorfreude auf zuhause ist, wie ich vorgestern nach dem Amsterdamtrip merken durfte.

Die S-Bahn- und Busfahrt vom Hamburger Flughafen in die ehemals gemeinsame Wohnung ist dagegen schon fast Tourismus. Ich komme nur noch zu Besuch, ich beschaue mir das Draußen vor dem Fenster und habe keine Bindung und kein Heimatgefühl mehr.

Bisher sind meine Wohnungen immer größer geworden, wenn ich umgezogen bin. Das ist dieses Mal anders und ich erstickte den ganzen Tag lang in ZEUG. Wenn mir jemand einen Container unters Fenster stellen würde, würde ich freudig diverse Quadratmeter Erinnerungen und ZEUG wegwerfen. Brauche ich wirklich noch die US-Flagge, die ich mir damals aus den USA mitgebracht habe? Die 30 Gesellschaftsspiele, die niemand mehr anfasst? Die Platten, die ich seit 20 Jahren nicht mehr aufgelegt habe? Die Klamotten, die seit drei Jahren hier sind und nicht in München und die ich dementsprechend wohl nicht vermisst habe? Die selbst aufgenommenen Tapes aus der Pubertät, die auch nur noch aus Sentimentalität in einer großen Kiste liegen und wahrscheinlich beim ersten Einlegen in ein Abspielgerät reißen würden? Wenn ich unbedingt The Fanatic hören will, mache ich YouTube oder Spotify an.

Vor einigen Wochen war ich schon mal hier und wollte den Umzug organisieren, aber damals hat mich das hier alles überfordert und ich habe außer fünf Tagen Rumheulen nichts gebacken gekriegt, bevor ich zurück nach München geflüchtet bin. Das war wohl der emotionale Abschied; in der Zwischenzeit habe ich anscheinend genug Abstand gewonnen und mich mit vollem Herzen für München entschieden. Der Kerl und ich gehen wie WG-Bewohner miteinander um. Wir haben uns schon so weit voneinander entfernt, dass sich unsere Gespräche wie Smalltalk anfühlen. Das macht mich einerseits traurig, aber es zeigt mir andererseits, dass die Entscheidung für die Trennung die richtige war.

Ein letztes Augustiner im Kühlschrank gefunden. Ein Foto davon per SMS an F. geschickt, der mir per fotografiertem Augustiner aus einem Lokal zurückprostete. Ich will nach Hause.

Tagebuch 7. September 2015 – Platz schaffen

Nach vier Tagen fast ständiger Zweisamkeit mal wieder im eigenen Bett geschlafen und alleine aufgewacht. Seltsam, wie schnell man sich an andere Menschen gewöhnen kann und wie schnell sie fehlen. Trotzdem schön, mal wieder so richtig Platz im Bett zu haben. Zum letzten Mal allerdings, denn im Laufe des Tages wurden aus dem Bett Einzelteile.

Tagsüber die Münchner Wohnung auf den anstehenden Umzug vorbereitet. Meine bisherigen Umzüge waren einfacher, da galt es: alles einpacken und woanders in einer leeren Wohnung auspacken. Hier steht aber schon Zeug aus drei Jahren, wenn auch recht wenig, und dazu kommt jetzt der Kram, den ich seit 40 Lebensjahren anhäufe. Gestern habe ich vieles in den Keller getragen, einiges weggeschmissen oder im Treppenhaus in die „Zu verschenken“-Ecke gelegt (eine prima Einrichtung, wie ich finde).

Abends haben F. und ich dann mein Bett auseinandergebaut und die Einzelteile ebenfalls in den Keller getragen. Meine Wohnung sieht jetzt halb bewohnt und halb leergefressen aus, ein komischer Zustand. Die Küche ist gefühlt ein bisschen zusammengeschrumpft, weil ich den Tisch zusammengeklappt und den Bürocontainer an seinen neuen Platz gerollt habe. Im Bad sieht alles aus wie immer, sehr sympathisch. Meine Abstellkammer ist deutlich leerer geworden, genau wie der Flur, aus dem Teile nun für einige Tage in der Küche stehen, damit nächste Woche die starken Jungs nicht dauernd gegen Zeug rennen, wenn sie Kisten und Möbel durch den Flur schleppen. In meinem Zimmer steht ein aufrechtes Expedit voller Bücher, die demnächst in Billys umziehen; dann kommt das Expedit in den Flur. Außerdem liegt hier noch eine einsame Matratze. Ich bekomme drei Tage nach dem Umzug Übernachtungsbesuch, was im Nachhinein vielleicht eine doofe Planung war, aber mei, man kann sich den Oktoberfesttermin ja nicht aussuchen. Und außerdem freue ich mich sehr auf den Gast.

Ab heute bin ich wieder in Hamburg, wo ich nochmal wegschmeiße oder verschenke (dazu gründe ich jetzt eine „Zu verschenken“-Ecke im Hamburger Haus) oder in Kisten packe. Ich kann immer noch nicht einschätzen, ob ich zu viel oder zu wenig mitnehme, ob alles so passt, wie ich mir das vorstelle oder ob ich in München in einer völlig zugestellten Wohnung ende. Momentan weiß ich gar nicht, wo die vielen Kisten hinsollen, die die Umziehjungs anschleppen werden, aber das sehe ich dann. Macht mich überhaupt nicht nervös, nein, nein. Ich stehe ja total auf Überraschungen und Ungeplantes.

Moment, ich muss kurz in eine Papiertüte atmen.

Weil ich kein Bett mehr habe, bei F. übernachtet und Fußball geschaut. In der zweiten Halbzeit erschöpft von allem eingeschlafen.