Tagebuch Montag, 8. April 2019 – „Wir sind aus Augsburg, wir sind aus Schwaben …

… rot-grün-weiß sind uns’re Farben …“

(Wenn Sie sich diesen Kurvengesang aus Augschburg bitte mal bis zum Ende des Blogeintrags merken könnten?)

Gut geschlafen, gut wachgeworden, schöne Dusche, toller Kaffee, danach toller Tee, gut gearbeitet, alles super, gerne wieder.

In der Mittagspause Zeug erledigt: Zahnarzttermin gemacht, beim Optiker vorbeigeschaut, Steuerunterlagen in den Briefkasten geworfen, in der Apotheke Interdentalbürstchennachschub besorgt (ich bin zu doof für Zahnseide), Reste vom Samstag aufgewärmt (Butterreis und Köfte, leider nicht mehr viel Korianderchutney dagewesen), FAZ wenigstens angelesen, und dann war die Mittagspause total überraschend schnell rum.

Toller Tee, gut gearbeitet, alles super, gerne wieder.

Neue Folge Veep geguckt; ich vermisse die Serie jetzt schon, obwohl es noch sechs (?) Folgen gibt, bevor sie uns wieder mit Trump alleine lässt. Neue Folge Bob’s Burger geguckt. Der Untertan von Heinrich Mann ausgelesen, vier Sterne auf Goodreads vergeben. Zum Schluss konnte sich Mann dann doch nicht so recht von Diederich trennen, dachte ich mir so. FAZ ausgelesen, weiter im Kendi-Buch gelesen und wie immer schlechte Laune bekommen. Eigentlich weiß man ja, wie scheiße wir alle sind, aber wenn man das auf 500 Seiten ungefähr zweimal pro Seite an einem Beispiel erläutert bekommt, macht das wirklich keinen Spaß. So ein Satz zum Beispiel, S. 259: „Someone was lynched, on average, every four days from 1889 to 1929.“

Ich mache hier mal einen Absatz zum Durchatmen. Herrgottnochmal.

Oder sowas, wir sind inzwischen am Ende des 19. Jahrhunderts angekommen, die Reconstruction wurde zurückgedrängt, Jim-Crow-Laws und separate but equal war auf dem Vormarsch, und selbst schwarze Vordenker fielen auf rassistische Ideen hinein, geht ja kaum anders, sie wuchsen in einem Klima von Rassismus auf: „Somehow, some way, [W. E. B. Dubois] maintained his faith that American racism could be persuaded and educated away. ‚The ultimate evil was stupidity‘ about race by ‚the majority of white Americans,‘ he theorized. ‚The cure for it was knowledge based on scientific investigation.‘” Womit er dem gleichen Irrglauben aufgesessen war wie heute Kolumnisten und Nervensägen, die glauben, man könnte mit Rechten reden und sie davon überzeugen, dass sie falsch lägen. Rassisten hassen Nicht-Weiße, weil sie Rassisten sind, nicht weil sie dumm sind. AfD-Wählerinnen wählen die AfD nicht, weil sie nicht wissen, was die Partei will, sondern weil sie ganz genau wissen, was die Partei will. Maskulisten hassen Frauen nicht, weil sie sie nicht verstehen, sondern weil sie ihre eigene überlegene Stellung nicht aufgeben wollen. Wir müssen mit derartigen Leuten nicht reden, wir sollten dafür sorgen, dass der Ziel ihres Hasses vor ihnen geschützt wird.

Und noch ein Absatz.

Abends kam F. vorbei, nachdem er mit den üblichen Verdächtigen die neue Zirbelnuss aufgenommen hatte. Wir erzählten uns unseren Tag nach, dann ging’s schon ins Bett. Aber erst musste ich sehr lachen, als ich ins Schlafzimmer kam. Schlechte Laune wieder weg, guter Mann, gerne wieder.

Tagebuch Samstag/Sonntag, 6./7. April 2019 – Pancakes, Kunst und versöhnendes Helles

Der Herr @bimbeshausen war in der Stadt und übernachtete bei F., weswegen man sich Samstag vormittag in etwas größerer Runde im Café Puck traf. Ich hatte fürchterlich geschlafen, warum auch immer, und war um 11 Uhr auch nach Flat White und Dusche fies müde; das American Breakfast half etwas, auch wenn die Pancakes schon mal deutlich besser waren. Für einen weiteren Milchkaffee reichte unsere Geduld nicht, der Laden wurde anscheinend spontan überrannt und wir warteten ewig, woraufhin wir lieber zahlten, als endlich jemand für uns Zeit hatte, anstatt noch mehr zu bestellen und genossen daher noch ein Eis beim Ballabeni um die Ecke. (Vanille-Tonka-Bohne, Créme d’Orange, Probierlöffel weiß ich schon nicht mehr.)

Direkt gegenüber vom Ballabeni liegt das Museum Brandhorst, wo noch Alex Katz läuft, den ich schon ewig sehen wollte, aber wie es halt so ist: Wenn’s direkt vor der eigenen Nase ist, gehe ich erst vor Schluss hin, ich hab ja Zeit (ich Depp). Der Kassenmensch mussste erstmal meinen Studiengang auf dem neuen Studiausweis suchen – Kunstgeschichtler*innen kommen umsonst rein –, fand ihn aber schließlich. Zur Not hätte ich auch noch eine Immatrikulationsbescheinigung dabei gehabt, man weiß ja nie. Immerhin habe ich jetzt verstanden, warum der neue Ausweis eine gute Idee ist: Der läuft eben nicht nach einem Semester ab, sondern kann immer neu validiert werden. Und wer wirklich eine Immatrikulationsbescheinigung braucht, kann sie sich von der LMU-Website herunterladen und selbst ausdrucken. Das bedeutet: 50.000 Briefe pro Semesteranfang weniger für die Uni. Well played.

Im Brandhorst sprintete ich quasi an allen Porträts vorbei, die ich sonst mag, die mir hier aber nicht so recht gefallen wollten. Stattdessen verguckte ich mich in drei Bilder, die eher Natur zeigten. Auf dem Bild Forsythia sieht man auf gefühlt drei mal vier Metern nur ein quietschend türkises Blau, auf dem hellgelbe Farbflecken an die titelgebenden Sträucher erinnern. Ich mochte das sehr, schlicht durch das Format und die sehr reduzierte und gleichzeitig irre dramatische Farbwahl. Weeping Cherry zeigte den Blick durch graubraune Äste auf einen milchigen Mond, dessen Umriss nie ganz klar zu sehen war; sein Licht waberte durch die Zweige und malte sie teilweise weißgelblich an. Auch hier war das Format spannend, die genauen Maße kenne ich nicht, aber es war sehr hochkant. Dritter Liebling: Cityscape, ein ebenfalls großformatiges Werk (sind sie ja eh fast alle), das dunkle Baumstämme vor dunklem Hintergrund zeigte. Man musste recht lange auf das Bild schauen, bis alles sichtbar war – als ob man in einem dunklen Raum steht und sich die Augen erst an das fehlende Licht gewöhnen müssen.

Wenn man die Titel googelt, kommen übrigens gerne unterschiedliche Bilder oder genau die, die ich nicht meine, sonst hätte ich die hier schon verlinkt.

Die anderen guckten sich des Rest des Hauses noch an, den ich aber schon kannte und nicht noch einmal sehen wollte. Stattdessen fuhr ich nach Hause, muckelte die üblichen Wochenenddinge runter (putzen, Wäsche waschen), verschlief wie fast immer ein Drittel der Bundesligakonferenz, holte dann am späten Nachmittag das Geschenk aus der Packstation, über das ich gestern schrieb, bereitete mir abends Butterreis, Korianderchutney und Köfte zu und ging recht früh ins Bett, um noch stundenlang zu lesen.

(Instagram/newyorkercartoons)

Gestern vormittag schlief ich daher viel zu lange, las noch schnell die Zeitung und trank einen Kaffee, bis ich schon wieder losmusste: Augschburg spielte gegen Hoffenheim, weswegen der Herr @bimbeshausen unter anderem im der Gegend war (er ist ernsthaft der einzige Hoffenheim-Fan, den ich kenne). Ich möchte zu dem Spiel eigentlich nichts sagen außer: Immerhin war das Wetter schön. Dann aber doch: Dieses Scheiß-Pokalspiel am Dienstag hat soviel Kraft und vor allem Konzentration gekostet, dass das gestern kaum was hätte werden können. Wurde es auch nicht, die Mannschaft verlor mit 0:4 und hatte nie den Hauch einer Chance. Selbst ich war vom Dienstag noch so erschlagen, dass ich im Kopf kaum beim Spiel war, und ich musste nur rumsitzen und Apfelschorle trinken anstatt Bundesligafußball zu spielen und zwar möglichst so, dass das eigene Team nicht absteigt. Genau dafür hatte aber niemand auf dem Platz noch Kräfte oder Kopf, das Passspiel war extrem übel, ich war schon froh, dass wenigstens die Pässe vom Torwart auf den letzten Verteidiger ankamen, so schlimm sah das alles aus. Auch die eigentliche Augsburger Stärke – eng verteidigen, keine Räume lassen, immer dreimal so viel laufen wie der Gegner – war gestern nicht auf den Platz zu bringen. Die Jungs waren sichtbar fertig und leer, und genauso fühlten wir uns nach 90 Minuten auch.

Immerhin konnten die Augsburger Panther, die Eishockeymannschaft, im dritten Playoff-Spiel gegen die Dosen aus München gewinnen, und nach dem Leipzig-Spiel finde ich gerade alles von Red Bull so scheiße, dass ich mich sogar über einen Sieg in einer Sportart gefreut habe, die mir sonst völlig egal ist.

Außerdem kann ich vermelden, dass mein Lieblingsärgernis beim FCA sich anscheinend erledigt hat: Es gibt das bescheuerte Schild für die „Damen mit Handtaschen“ am Fraueneinlass noch, aber es stellt sich jede da an, wo sie will, und auch die Abtasterinnen haben anscheinend keine Anweisung mehr, Leute mit Taschen, die in der falschen Schlange stehen, wieder nach hinten zu schicken.

Ich hatte mein kleines Täschchen dabei, weil ich Brillenträgerin meine Sonnenbrille im Case irgendwie transportieren muss, die ich spätestens ab der zweiten Halbzeit brauche, und die partout nicht in Hosentaschen passen will. Und ja, ich Untertanin stand in der Handtaschenschlange, die natürlich länger brauchte, auch wenn in den anderen Schlangen ebenfalls Taschen zu sehen waren, was diese Schlange, WIE VON MIR EWIG VORAUSGESEHEN UND ANGEPÖBELT, so absurd und unfair sein lässt.

Herr Bimbes, F. und ich ließen zurück in München den Abend dann im Obacht, unserer Stammkneipe, ausklingen, wo wir sehr anders behandelt wurden als im Puck. Auch dort war von jetzt auf gleich der ganze Laden dicht, wir kriegten den letzten Tisch in der Ecke, uns wurde aber gleich bei der Bestellung gesagt, dass unser Essen vermutlich ne halbe Stunde dauern würde, falls wir doch lieber woanders … wir blieben, und kurz bevor unsere Teller kamen, gab’s eine Runde Getränke aufs Haus, eben weil’s so lange gedauert hatte. So geht guter Service. Wie immer zufrieden kugelte ich maultaschensatt und bierselig heim, während die Herren vermutlich noch ein weiteres Kaltgetränk bei F. zu sich nahmen. Ich war aber einfach müde und wollte nach so viel Gesellschaft wieder alleine sein und meine Nase in ein Buch stecken.

How “Good Design” Failed Us

Kurzer Artikel, der eigentlich eine Ausstellung im MoMA über Design bespricht, aber dann doch eine Wendung nahm, die ich nicht erwartet hatte:

„The debate in Europe and the U.S. goes back at least to William Morris, the Victorian proponent of the decorative arts and one of the founders of the English Socialist movement, who rued the shoddiness of industrial products, but also the fact that good work, which ought to have the status of art, was increasingly a luxury. Extending this critique, some designers within the modern movement tried to articulate their dissent through the things they produced. “The Value of Good Design” has a number of starkly beautiful objects from Dieter Rams, the German designer whose renowned work for Braun has become emblematic of non-American gute Form: cool, understated, low-impact. The pastel coloration, transparency, and minimal decor of his electronics had enormous influence; his products, and his various laconic mission statements on behalf of design, suggested that Cold War consumer societies could still advance a sense of moral clarity.

But the dialectic of anti-consumer design took a few more turns of the screw. Max Bill, whose minty kitchen clock hangs alongside the work of Rams, founded a “new Bauhaus” in Ulm, intending, like Rams, to create objects that were durable, quiet, and lasting. The Ulm School of Design was massively influential, but Bill’s work became the subject of an attack by the Danish artist Asger Jorn. Jorn, who was involved in founding the school, saw it finally as another betrayal of the radical Bauhaus, which (at least initially) was about the union of the arts, crafts, and architecture, not product design. Ulm eventually fell apart, partly due to the radicalization of the students against the project that they were ostensibly involved in. They described the consumer society for which they made objects as a form of “Kommerzterror,” and at one point sought to rename the school Karl Marx College. It closed in 1968. This end to the “good design” narrative isn’t played out in the exhibit. Instead, in the final room of the show, moma asks you to consider Jasper Morrison’s plastic stacking chairs as heirs to good design—a prelude to the moment when, retrieving your coat, you receive a text message saying, “Don’t miss our Design Store across 53rd street!”“

Ein architektonisches Dankeschön …

… an Stefanie, die mich mit Magnus Brechtkens Albert Speer: Eine deutsche Karriere überraschte.

Albert Speer kennt ihr ja alle, wenn nicht, ist hier der Wikipedia-Eintrag … ich warte … okay. Der Herr hatte in der Haftzeit in Spandau seine Autobiografie Erinnerungen verfasst, die sich in der Bundesrepublik hervorragend verkaufte und in der es Speer verstand, zwischen sich und diesen seltsamen Nazi-Schergen eine Distanz zu schaffen. Ich behaupte, es verkaufte sich auch deshalb so gut, weil viele andere Deutsche ebenfalls eine Distanz schaffen wollten.

Dieses Buch habe ich mir im Weihnachtsurlaub aus dem elterlichen Bücherregal mitgenommen, weil ich ahne, dass ich daraus für die Dissertation zitieren könnte. Speer übernahm nämlich 1942, nach dem Tod von Fritz Todt, den ihr euch alle aus dem letzten Blogeintrag gemerkt habt, dessen Ämter und war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nur Reichsbauleiter, sondern auch Reichsminister für Bewaffnung und Munition. Todt war seit der Gründung dieses Ministeriums ab 1940 in diesem Amt gewesen. Die Bauten an den Reichsautobahnen wurden ungefähr zu diesem Zeitpunkt im alten Reichsgebiet eingestellt, während vor allem in den besetzten Ostgebieten der Straßenbau teilweise noch fortgeführt wurde – hier im Hinblick auf Truppentransporte und nicht mehr, um den geplanten Käufern des KdF-Wagens einen schönen Sonntagsausflug auf den „Straßen des Führers“ zu ermöglichen, wie die Autobahnen seit 1933 genannt wurden.

Das Werk von Brechtken, der stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte hier in München ist, wurde überwiegend gut besprochen, gerade weil es mit diesem falschen Speer-Bild aufräumt. Ich bin gespannt und habe mich sehr über das Geschenk und die Widmung gefreut, vielen Dank!

Und nebenbei hält der Mann im Sommersemester die Vorlesung „Von der ‚Okzidentalen Moderne‘ zum ‚Kampf der Kulturen‘: Eine Problemgeschichte des ‚Westens‘ vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart“ an der LMU, in die ich mich mal setzen werde. Auch darauf freue ich mich – und hoffe, dass er die vielen Anführungszeichen auflöst.

Tagebuch Freitag, 5. April 2019 – Musenkuss

Tagsüber für Geld gearbeitet, abends dann spontan an die Diss gesetzt. Wie ich launig twitterte: Wenn einen die Muse küsst, knutscht man halt mit.

Ich wollte eigentlich ein Buch exzerpieren, klickt zur Vorbereitung auf einen Aufsatz als PDF, der schon länger bei mir rumliegt, las, las den nächsten, und begann etwas unerwartet und sehr ungeplant das Kapitel zu den Autobahnen bzw. zur Malerei dazu. Eine meiner Nebenthesen ist, dass es andere Maler gegeben hatte, die sich deutlich öfter an den Stoff gesetzt haben als Protzen und vielleicht auch in der Ästhetik eher dem NS-Klischee entsprochen haben. Einer von diesen Malern ist Erich Mercker, der 32 Autobahnbilder gemalt haben soll – wobei aus diesem Artikel nicht klar wird, ob die alle vor 1945 entstanden sind, und mein Doktorvater und ich stehen diesem Verfasser auch einen Hauch skeptisch gegenüber, aus Gründen, wie es so schön heißt, das führt jetzt zu weit. In eben diesem Artikel las ich, dass Merckers Atelier in München dem Wohnhaus von Fritz Todt gegenüberlag, dem Generalbaumeister für das Straßenwesen, der sich nicht nur um den Ausbau der RAB kümmerte, sondern auch darum, dass sie in Bildern, Gedichten und Filmen verewigt wurde.

Was ich außerdem fand, wonach ich gar nicht gesucht hatte: die Adresse dieses Ateliers. 1944 lag es in der Franz-Joseph-Straße in Schwabing, ich weiß allerdings nicht, ob Mercker da auch schon in den 1930er Jahren gearbeitet hat. Warum mich diese Straße kurz die Luft anhalten ließ? Weil die Weiße Rose genau da ihre Flugblätter entwarf. Only in Munich.

Are the Humanities History?

Der Abgesang auf die Geisteswissenschaften ist nicht neu, und es wird gerne erwähnt, dass MINT-Absolvent*innen mehr verdienen und sich deshalb mehr Studienanfänger*innen für diese Fächer interessieren. Was ich ihnen nicht mal verdenken kann; ich möchte aber auch anmerken, dass selbst der bestbezahlteste Bankjob einen nicht 40 Jahre lang glücklich machen kann, wenn man ihn nicht gerne macht.

Michael Messing hält in der New York Review of Books diesem Argument entgegen – dass Geisteswissenschaftler nichts ökonomisch Vorzeigbares erzeugen und erwähnt diverse Fernsehshows und Serien, Kunstmessen, Podcasts, den Einfluss von Bohos auf die Stadtentwicklung und: Hamilton.

„A good place to begin in chronicling the material benefits of the humanities is the musical Hamilton. It began as a 900-page biography by Ron Chernow (who studied English at both Yale and Cambridge). At an airport while on vacation, Lin-Manuel Miranda (who studied theater at Wesleyan) bought a copy. Several chapters in, he got the idea for a stage adaptation. After a two-and-a-half-month sold-out run at the Public, the show moved to the Richard Rodgers Theater on Broadway, and its vision of America as a nation of hard-working, striving immigrants has been playing to packed houses ever since. Ten months in, The New York Times offered a breakdown of its finances headlined “‘Hamilton’ Inc.: The Path to the Billion-dollar Broadway Show.” The Hamilton album had by then sold 428,000 copies, and a companion book sold more than 100,000 copies in less than two months. In 2017, the show began a national tour that took it to more than a dozen cities, creating jobs for thousands of actors, dancers, choreographers, costume providers, set designers, stage managers, lighting and sound engineers, and agents. Chernow’s book, meanwhile, has sold more than a million copies—a bonanza for his publisher, Penguin.

Thanks in part to Hamilton, the 2018 season was Broadway’s best ever, with more than $1.8 billion in revenue and 14.37 million attendees. Other fixtures include The Lion King, now in its twenty-second year, which was created by Julie Taymor (who studied mythology and folklore at Oberlin); Wicked, now in its sixteenth year, which is based on a novel by Gregory Maguire (who studied literature at the State University of New York and Tufts); and Frozen, which is based on the 2013 Disney film whose screenplay was written by Jennifer Lee (who studied English at the University of New Hampshire and got an MFA from Columbia). No algorithms were used in the making of these shows.“

Er erwähnt aber auch, was ich ebenfalls gerne vor mir hertrage und weswegen da oben schon wieder was über mein Fachgebiet steht, auch wenn’s einem kurz das Frühstück verdirbt: Wir müssen zugänglicher werden.

„It seems paradoxical that the interest in history is surging just as enrollments in it are plunging. Wyman’s comment hints at an explanation. The problems facing the humanities are in part self-inflicted by the academy. Historians and philosophers, literature profs and art historians too often withdraw into a narrow niche of specialization, using an arcane idiom that makes their work inaccessible to the uninitiated.

An obvious remedy would be to place more stress on good writing; courses on how to write for the informed laity should be central to all humanities instruction. But the humanities need a more thorough overhaul, drawing on the tools developed by the tech world to capture and convey the complex, tortured, confounding, and inspiring story of human cultures and civilization. The vogue-ish term “digital humanities” usually refers to the use of computing to archive and analyze texts and records, but practitioners could apply digital technologies to create works that appeal beyond the ivory tower.“

Tagebuch Donnerstag, 4. April 2019 – Dostojewski, Auma und Fosse

Vormittags Telefonkonferenz mit der neuen Kundin gehabt, die eine Beraterin und mich durch die Firmenpräsentation führte. Bei sowas finde ich diese moderne Technik (TM) immer wieder toll. Die beiden sitzen in Hamburg, ich in München, jeder wählt sich telefonisch (oder per Rechner) in einen Raum ein, wir können miteinander reden, und gleichzeitig sehen wir auf unseren Bildschirmen nach einem Log-in alle die gleichen Präsenfolien.

Kurz mit Kai gemailt, weil seit ein paar Tagen mein Mailserver Schluckauf hat; alles wieder in Ordnung.

Mein Kopf war dann leider nicht mehr im Dissertationsmodus, sondern im Neuer-Job-Modus, obwohl wir eigentlich erst Montag offiziell starten; ich wartete auch noch auf ein paar weitere Infos. Aber das kann man meinem Kopf nie klar machen, der fängt halt zu denken an, der kleine Racker.

Ich ließ ihn also rackern und denken, notierte ein paar Ideen, und gönnte mir dann Lesezeit auf dem Sofa, weil ich partout nicht in die Diss reinkam.

Davor ging ich noch schnell einkaufen, woran ein bisschen F.s Mütterchen Schuld ist, die uns, ich schrieb darüber, Leberkassemmeln für die Autofahrt nach Augschburg am Dienstag zubereitet hatte. An denen lernte ich, dass es Leberkäse nicht nur in fingerdicken Scheiben gibt, sondern auch als Aufschnitt. Das war bisher völlig an mir vorbeigegangen, aber seit Dienstag wollte ich das wieder essen. Also mal wieder Aufschnitt gegönnt und zuhause sehr zufrieden verspeist. Das ganze auf frischem Brot, das ich beim Höflinger am Nordbad kaufte, und ich hoffe, die Dame hinter der Theke verdient richtig gutes Geld, denn sie war gefühlt 80, singsangte in einer Tour freundlich zu den Kundinnen, die Namen der bestellten Gebäcke, das gegebene Geld, das zu erwartende Rückgeld, „einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch“, singsang, singsang. Ich musste an „So zärtlich war Suleyken“ denken und hatte danach stundenlang gute Laune.

F. und ich sprachen abends über Freundlichkeit von Fremden und dass ja gerne über die falsche gute Laune in amerikanischen Einkaufsmöglichkeiten gelästert wird. Wir waren uns einig, dass wir eindeutig lieber sinnloses, aber nett geflötetes „Hey, was darf’s bei dir sein?“ beantworten als ein gebelltes „JA WAS DENN?!?“

Da wir beide gerade ein bisschen von Allergien geplagt werden, schliefen wir getrennt – es hat doch Vorteile – und ich las im Bett noch ein bisschen Dostojewski. Also Der Idiot, nicht die Gesamtausgabe, die vor ein paar Tagen im Hausflohmarkt stand. Inzwischen weiß ich übrigens, dass sie von meiner Nachbarin kam, die mir auch schon beim Umzug geholfen hat und mit der ich vorgestern einen kleinen Feierabendespresso getrunken habe, zu dem sie mir gleich noch ein Buch von Herlinde Koelbl mitbrachte, nachdem sie im Blog gelesen hatte, dass ihre Geschenke fast alle bei mir gelandet waren. (Die Bölls hatte ich liegengelassen, die habe ich alle selber.)

Der Idiot ist neu von Swetlana Geier übersetzt worden und er liest sich wirklich herrlich. Ich bin jetzt auf Seite 112 und eigentlich ist noch nicht viel passiert: Drei Männer treffen sich in einem Zug, fahren gemeinsam nach St. Petersburg, wo einer von ihnen eine Verwandte aufsucht. Wir hören viele biografische Details aus der Vergangenheit, und im Moment sitzt der Herr mit seiner Tante und ihren drei Töchtern am Esstisch und erzählt aus der Schweiz. Mehr war noch nicht, aber ich bin schon sehr verliebt in dieses Buch, von dem ich noch überhaupt nicht weiß, wo es hinwill. Nein, ich habe den Wikipedia-Eintrag nicht gelesen, ich weiß wirklich noch nicht, was in diesem 150 Jahre alten Buch passiert.

In den letzten Tagen las ich abends Kendis Stamped from the Beginning, aber das kann man nur in 20-Seiten-Schritten lesen, bevor man der ganzen Welt eine reinhauen will für ihre Blödheit.

In diesem Zusammenhang vielleicht ein Hinweis auf dieses PDF von Maureen Maisha Auma: Rassismus. Eine Definition für die Alltagspraxis (2018). Ich wurde durch einen Thread von Sharon Dodua Otoo darauf aufmerksam gemacht.

The Rise of Coffee-Connoisseur Culture

Ein 8-Minuten-Video und ein kurzer Artikel vom New Yorker.

There’s Gotta Be Something Better Than This

Lange Leseempfehlung über Bob Fosse und die Macht in zwischenmenschlichen und beruflichen Beziehungen: „moral immunity has been rescinded for geniuses.“

„Fosse, in earlier years, had shown a rare empathy with women; this affinity, in fact, gave rise to his gifts as choreographer and director. He could relate to his dancers and actresses; he could also render their experiences with care and attention.

Fosse’s first self-conceived Broadway show, Sweet Charity, had transposed Fellini’s Nights of Cabiria—about a woman who works as a prostitute in Rome, hopes for true love, but who is defrauded by the men in whom she trusts—to a Times Square dance hall. The protagonist is drawn with real identification, as well as real cynicism: It’s not her line of work, dancing with men by the song, that sources the pathos—Fosse, refreshingly, mostly avoided “fallen women” tropes—but the fact that she’s stuck in a dead-end gig she hates, with no prospects. She was partly inspired, as Fosse biographer Kevin Winkler notes, by the female dancers Fosse worked with, who made great physical and emotional sacrifices for their craft, only to see their opportunities steeply limited with age.

From his earliest years as a performer, women were Fosse’s mentors, closest collaborators, eminences grise, and fodder for his vision. As a capability and a resource, his empathy was double-edged: It made his work powerful and humane, and allowed him to direct star-making performances by talents such as Liza Minnelli; but, like Snider, he learned very early how to use it to his advantage. […]

As Fosse accrued more psychic weight, and more power, his girlfriends got younger and younger—from peers and mentors to girls in their early 20s, without established careers of their own. “I like to take these young girls and mold them,” he told American Film. “I guess it’s a Pygmalion complex.” Younger women were easier to take lightly, and to discard. Wasson relays an anecdote: sitting in a van scouting locations for Star 80, the film’s director of photography, Sven Nykvist, asked the director why he preferred girls so green. “Their stories are shorter,” he replied.“

1000 Fragen, 161 bis 180

(Ich paraphrasiere Christian: „Die Fragen stammen ursprünglich aus dem Flow-Magazin, Johanna von pink-e-pank.de hat daraus eine persönliche Blog-Challenge gemacht, und Beyhan von my-herzblut.com hat das PDF erstellt.“)

161. Bist du ein Hundetyp oder ein Katzentyp?

Katzen. KATZEN. OMG KATZEN GEH MIR WEG MIT HUNDEN!

Aber eure Hunde sind bestimmt alle toll! Ich like die sogar auf Insta.

162. Wie zeigst du, dass du jemanden nett findest?

Ich like ihn auf Insta.

163. Isst du eher, weil du Hunger oder Appetit hast?

Ich esse, weil’s schmeckt.

164. Tanzt du manchmal vor dem Spiegel?

Ich tanze nicht und ich habe keinen Ganzkörperspiegel mehr, also nein, so gar nicht. Ich übe aber natürlich Oscarreden vor dem Badezimmerspiegel.

165. In welcher Hinsicht bist du anders als andere Menschen?

Wir sind alle einzigartige Schneeflocken. Ich bin die dicke mit der Brille, dem Buch vor der Nase und den Schokoflecken auf drei von meinen sechs Dendritenärmchen. (Ja, das habe ich gegoogelt.)

166. Welchen Jugendfilm würdest du Kindern empfehlen?

Sollten Kinder nicht Kinderfilme gucken? Ich habe ja keine Ahnung, aber Disney und Pixar gehen vermutlich immer. Was ist mit der Welle oder Saltkrokan?

167. Bleibst du bei Partys bis zum Schluss?

Meistens gehe ich nicht mal hin.

168. Welchen Song hast du in letzter Zeit am liebsten gehört?

Da ich ja gerade auf dem Klassiktrip bin: irgendwas von Martinů oder Randall Thompson.

169. Bereitest du dich auf bestimmte Telefongespräche vor?

Ich bereite mich auf fast alle Telefongespräche vor. Bei Kunden sind immer alle wichtigen Dokumente auf dem Rechner offen und ich habe den Stift und das Notizbuch im Anschlag, bei Hotlines habe ich vorher alle Kunden- und Bestellnummern rausgesucht. Nur bei Ärztinnen rufe ich ohne große Vorbereitung an, da will ich ja meist nur einen Termin oder ein Rezept.

Ich schreibe aber deutlich lieber Mails als irgendwo anzurufen.

170. Wann hast du zuletzt vor jemand anderem geweint?

Neben dem üblichen Geheule, weil irgendeine Darbietung auf der Bühne oder der Leinwand so toll war, habe ich bei meiner Geburtstagsfeier beim Abschied von Kai geweint, weil ich mich so gefreut habe, dass er dagewesen ist.

171. Mit wem verbringst du am liebsten einen freien Tag?

Mit F. oder mit mir alleine. Ich bin sehr unterhaltsam und nicke alle meine Vorschläge ab.

172. Was war der beste Rat, den du jemals bekommen hast?

„Du darfst alles essen, was du willst.“ Ich habe sogar ein Buch über den Rat geschrieben.

Ich habe bestimmt auch total tolle Ratschläge zur weiteren Lebensgestaltung bekommen, wie man Blusen bügelt, wie eine gute Headline funktioniert, damit ich mit ihr Geld verdienen kann oder wie man eine vernünftige Hausarbeitseinleitung schreibt, damit ich ne 1 kriege. Aber der Rat da oben war der, der mein Leben verändert hat. Und zwar zum so viel Besseren, wie ich es selbst nie erwartet hätte. Aber das können vermutlich nur Menschen nachvollziehen, die selber 25 Jahre lang mit sich, ihrem Körper und ihrem Essverhalten und allem, was dazugehört, Krieg geführt haben.

173. Was fällt dir ein, wenn du an Sommer denkst?

Der Geruch von Sonne auf Haut, den ich total schön finde. Ohne Jacke fahrradfahren. BIERGÄRTEN! Erst dann fällt mir ein, wie scheiße heiß es im Sommer immer ist und dass mir Frühling eigentlich auch reicht.

174. Wie duftet dein Lieblingsparfum?

In der Kopfnote nach Mandarine, Bergamotte, Kaktus- und Orangenblüte, in der Herznote nach Gardenie, Freesie, Lilie, Jasmin, Kamelie und Rose und in der Basisnote nach Sandelholz und Moschus. Sagt zumindest Douglas. Ich meine, es riecht sehr unblumig-leicht, aber immer frisch.

175. Welche Kritik hat dich am stärksten getroffen?

Irgendwas zu meinem Körper, der niemanden außer mir etwas angeht. Finde ich im Nachhinein interessant, dass ich echt erst 40 werden musste, um das als übergriffig und verletztend einzuordnen. Ja, doofe Kommentare im Blog haben genervt, nein, es macht keinen Spaß, wenn du negatives Feedback auf einen Job kriegst, aber Bemerkungen zu meinem Gewicht taten wirklich alle weh. Vor allem, wenn sich gerade Ärzt*innen nicht mal bemühen, es einem freundlich nahezubringen, sondern einen sehr deutlich spüren lassen, wie widerlich sie dich finden, einfach nur weil du dick bist. Selbst wenn du vor ihnen sitzt, weil du Bronchitis hast.

176. Wie findest du dein Aussehen?

Akzeptabel bis okay. Ich denke nicht mehr oft darüber nach, nur wenn ich neue Leute kennenlernen muss und mir im Vorfeld zurechtlege, wie ich mit dem ersten Satz und dem ersten Eindruck alle Vorurteile über dicke Menschen vernichten kann.

Auch deswegen will ich den blöden Doktortitel haben. Im Perso eingetragen, verdammt nochmal. In jedem verfickten Dropdown-Menü werde ich ihn anwählen, du Scheißwelt.

177. Gehst du mit dir selbst freundlich um?

Inzwischen sehr. Früher dachte ich, warum auch immer, dass es total motivierend ist, sich den ganzen Tag zu beschimpfen, wie undiszipliniert und verfressen ich sei. Inzwischen klopfe ich mir dauernd für irgendwas auf die Schulter. Vielleicht auch, um wiedergutzumachen, wie gemein ich jahrzehntelang zu mir war.

178. Würdest du dich einer Schönheitsoperation unterziehen?

Nein. Ich halte Narkosen, die nicht nötig sind, für eine sehr blöde Idee. Außerdem habe ich die tollste Nase der Welt, finde meine Brüste in Ordnung, und an mein Fett lasse ich eh niemanden mehr. Inzwischen aus Bockigkeit.

179. Welchen Film hast du mindestens fünf Mal gesehen?

Flatliners. (Ja, sorry.) Dave. Vermutlich die Blues Brothers und diverse Monty Pythons. Oh, und Beauty and the Beast! Hach! FROZEN! Alle Disneys und Pixars! (Bis auf Cars. Bäh.)

180. Füllst du gern Tests aus?

Smooth, Fragebogen, echt.

Tagebuch Mittwoch, 3. April 2019 – Snooze

Typical Viertelfinalniederlage-Hangover-Day.

Tagebuch Dienstag, 2. April 2019 – Mpf

Wenn ich den Blogeintrag gestern vorgeschrieben hätte, bevor wir nach Augsburg zum Pokalviertelfinale gegen die Dosen aus Leipzig gefahren sind, klänge er vermutlich netter, aber ich bin immer noch gnatzig.

Vormittags saß ich in der Stabi, wo ich mir drei Filmrollen mit dem Völkischen Beobachter zurücklegen hatte lassen – noch ins alte Abholregal, yay. Ich habe gar keine Gedenkminute beim Abholen eingelegt, wie mir jetzt auffällt. Der schöne, der einzige Platz im hellen großen Lesesaal an den komischen Filmabspielgeräten, deren Name ich nicht kenne, war leider besetzt, also musste ich ins fiese Kabuff unter der Treppe hinter den Klos, und ja, da ist es genauso gemütlich wie das jetzt klingt. Die Stühle dort sind richtig mies, und ich hasse Film eh, weil man 20 Zentimeter vom Bildschirm wegsitzt, um die Rollen weiterzubewegen, aber eigentlich einen Meter Abstand bräuchte, um vernünftig lesen zu können. Das ist immer ein bisschen nervige Gymnastik.

Ich hatte den Beobachter schon mal auf Papier in der Stabi, ich weiß nicht, ob da eine Systematik drin ist, was auf Film und was auf Papier ist, egal, ich besonn mich auf uralte Filmvorführerinnenqualitäten und fieselte Plastik über Führungsrollen, natürlich immer erst einmal verkehrherum, dann auf dem Kopf, dann richtig, und bis dahin hatte ich schon Kopfschmerzen, weil ich so nah am Bildschirm saß. Außerdem hatten sich irgendwelche Pollen gegen mich verschworen und ich schniefte in einer Tour.

Dann fand ich auch nicht das, was ich gesucht hatte: Im Nachlass war ein Zeitungsausschnitt, der mit dem Zeitungsnamen und einem Datum im April 1936 beschriftet war; dazu wollte ich schlicht den Kontext haben, also welchen Artikel es bebildert hat. Ich fand weder in der süddeutschen noch in der Münchner Ausgabe etwas, die Reichsausgabe hatte ich mir gar nicht rauslegen lassen, und da das Bild von Henny ist und nicht von Carl Theodor, kommt das jetzt auf die Liste „Wenn ich fertig bin und noch Lust und Zeit habe“.

Die dritte Filmrolle enthielt den Beobachter Mitte 1940, da wollte ich gucken, ob die Große Deutsche Kunstausstellung erwähnt wird und vor allem Protzens „Straßen des Führers“, das der Dreh- und Angelpunkt meiner Arbeit ist. Ich hatte aber so gar keine Lust, durch die Filmrollen zu scrollen und gab sie erst einmal wieder ab. Auf die Liste.

Nachmittags weiter in Dateien und Unterlagen gewühlt, wenig geschrieben, leicht unkonzentriert gewesen. Schließlich aufgegeben, Brot gegessen und mich mal wieder in fünf Lagen Stadionklamotten gewürgt.

Gestern war es zwar knapp 20 Grad warm, aber abends sollten es in Augsburg nur so 8 bis 10 werden, und genau bei den Temperaturen hatte ich bei den Bayern-Damen letzte Woche arg gefroren. Also: Thermotights und -Oberteil, zwei Paar Socken und die dicke Winterwolljacke. Die nahm ich erstmal über den Arm, als ich schwitzend zur U-Bahn ging, um in den Südwesten von München zu fahren, wo mich F. mit dem Auto seiner Eltern aufgabelte. Denn das Pokalspiel fing erst um 20.45 Uhr an, und da es eben kein Bundesligaspiel ist, das brav nach 90 Minuten zu Ende ist, sondern eventuell noch 30 Minuten Verlängerung draufkommen oder sogar Elfmeterschießen, war die Regionalbahn raus – so spät kommt man unter der Woche nicht mehr nach München. F.s Mütterchen hatte uns sogar Verpflegung eingepackt, Getränke und Leberkassemmeln, und letztere musste ich natürlich sofort antesten. Als ich gerade mit dicken Backen vor mich hinfutterte, klingelte mein Handy: Die Kundin mochte mein Angebot, ich habe einen neuen Auftrag, geht vermutlich nächste Woche los. So fuhren wir gutgelaunt und entspannt nach Augschburg, wo uns das Spiel eigentlich egal war.

Erst im Stadion fiel mir auf, dass die Semmel vermutlich keine gute Idee war, denn ich musste, MUSSTE, schließlich meine heilige Pre-Game-Wurst essen, ohne die ist Fußball kein Fußball. Ehe Augsburg jetzt verliert, weil ich keinen FCA-Knacker in der Laugensemmel gegessen habe – es hilft ja nix. Dazu eine Apfelschorle.

Im Stadion waren um uns herum gefühlt nur die Hälfte der üblichen Dauerkarten-Besitzer (kein Femininum) am Platz, der Rest füllte sich aber auch gut. Zu meinem Schrecken nahm neben mir jemand Platz, der ungefähr 2 Meter 20 groß und fast so breit war. Der Herr war nicht dick, das übernahm ich für uns beide, aber bei der Größe war er halt stattlich. Das führte dazu, dass ich meine linke Schulter den ganzen Abend komisch nach vorne schob, um sie ihm nicht dauernd in die Rippen zu dengeln. Oder in die Niere. Er war wirklich sehr groß. Er versuchte sich aber schmal zu machen, genau wie ich, und so haben wir beide vermutlich eher unbequem gesessen.

War aber erstmal egal, denn die Choreo von Augsburg war ziemlich toll. Bei Sky kann man sie besser sehen als auf meinen Fotos, weil ich halt seitlich von der Kurve sitze.

Da ist die Augsburger Puppenkiste …

… jetzt geht sie auf …

… und da ist der Kasper mit dem DFB-Pokal im Arm, um ihn herum Ballons und Konfetti und ein laut klatschendes Stadion.

Wer will, kann sich den nichtssagenden Dreiminüter von Sky auf YouTube über das Spielgeschehen angucken. Für mich sah das im Stadion und TOTAL OBJEKTIV natürlich anders aus. Mir kam Leipzig deutlich unfairer vor als ich sie sonst gesehen hatte, gefühlt dauernd beschwerte sich irgendwer, und bei manchen Schiedsrichter-Entscheidungen (oder Nicht-Entscheidungen) bin ich mir auch nicht so sicher, aber was weiß denn ich. Ich meinte vor dem Spiel noch zu F.: „Wahrscheinlich wird’s ein schlimmes Gewürge, und in der 80. schießt dann halt irgendwer ein Tor.“ Fast richtig. Gewürge ja (Augsburg halt), aber Leipzig traf bereits in der 74. Minute zum 1:0. Zu diesem Zeitpunkt war ich griffig genug um zu pöbeln. Vor dem Spiel, ich schrieb es bereits, waren wir beide recht entspannt und erwarteten nichts. Nach der ersten nickeligen Halbzeit wollten wir Augsburg zum Sieg brüllen, denn sie waren absolut auf Augenhöhe.

Nach dem 0:1 warf der FCA auch noch alles nach vorne, aber die Minuten liefen fies und ohne Tor runter, die Nachspielzeit wurde angesagt, Leipzig tat, was alle Mannschaften tun, die kurz vor Schluss knapp führen, sie hielten den Ball, tanzten ewig um die Eckfahnen, wechselten, der übliche Kram halt. Aber als ich schon fast dabei war, den Schal in die Jackentasche zu stopfen, gab es einen Einwurf, einen schönen Doppelpass, und dann schlenzte der Herr Finnbogason mit seiner Fußspitze in letzter Sekunde noch den Ball ins Dosentor und das Stadion eskalierte total. Alles brüllte und jubelte, als ob der FCA schon gewonnen hätte, F. klatschte sogar mit den nervigen Labernasen hinter uns ab, es war so großartig! Fußball, ey. So geil! Und wie gut, dass wir mit dem verdammten Auto da waren!

In der Verlängerung ging es weiter hin und her, Chancen auf beiden Seiten, aber nichts, und wieder kurz vor Schluss, als wir alle schon im Kopf beim Elfmeterschießen waren, beging Gregoritsch im Strafraum ein Handspiel (aka der Ball sprang ihm an den Oberarm, als er zum Kopfball hochging und das ist dann halt Hand und ich hasse diese Handregel ja sowieso SCHON IMMER), dem Schiedsrichter blieb nicht anderes übrig, als auf den Elfmeterpunkt zu deuten, irgendein Leipziger verwandelte, und Augsburg war raus. Fußball, ey. So scheiße!

Wir sammelten noch unsere weitere Mitfahrerin ein, die mit dem Zug in die Stadt gekommen war, und nölten in einer Tour auf dem Weg zur Tram, wie vermutlich 25.000 um uns rum auch. Dann nölten wir im Auto noch bis kurz vor München, und erst dann redeten wir über nette Dinge, während ich die Getränke von F.s Mutter plünderte und mir eine Leberkassemmel für heute morgen zum Frühstück mitnahm. F. brachte mich vor die Haustür, ich war um halb zwei im Bett, meine Schulter tat weh, ich war heiser, und die Scheißpollen hatten auch abends keine Ruhe gegeben, weswegen meine Jackentaschen mit nassen Taschentüchern voll waren. Verschwitzt war ich natürlich auch; acht Grad im April sind anscheinend was anderes als acht Grad im März, ich war viel zu dick angezogen und beende jetzt hiermit offiziell die Winterklamottensaison im Stadion.

Heute morgen bin ich immer noch stinkig, was mich noch mehr stinkig macht. Wie gesagt, eigentlich war mir das Spiel egal, ich hatte eh mit einer Niederlage gerechnet, aber die Art und Weise war halt scheiße. Ich hätte nie mit dem Quatsch anfangen sollen. Sagte sie und legte schon mal den Schal für Sonntag raus, wenn Hoffenheim nach Augsburg kommt.

(VERFICKTE KACKSCHEISSE!)

Tagebuch Montag, 1. April 2019 – Schreibtischtag, Tofu und Kirschblüten

Gut geschlafen, gegen halb 6 aufgewacht und dann noch bis 7 gedöst bzw. gefühlt eine Stunde lang davon geträumt, den Wecker zu verpassen, ihn falsch gestellt zu haben, ihn zu lange auf Snooze gestellt zu haben, die Zeitumstellung vergessen zu haben und ähnlichen Quatsch.

Nebenbei: Ich mag die Zeitumstellung. Die eine Stunde weniger fällt mir nie auf, dafür freue ich mich über die geschenkte im Herbst sinnloserweise umso mehr. Es bleibt im Sommer abends länger hell und ich finde, wir sollten das so beibehalten. Ich habe auch bei der komischen Online-Umfrage mitgemacht und brav für „Remain Ja zur Zeitumstellung!“ gestimmt, aber das war anscheinend egal.

Nach zwei Wochen Rumspielen mal nichts am Mahlgrad der neuen Espressomühle verändert. Herrliche Crema! Ich lasse das jetzt so. Derzeit im Ausschank befindet sich Playground: Love, eins von hundert Mitbringseln von Kai zu meinem Geburtstag, der anscheinend in jeder Hamburger Rösterei eingekauft hat. Schmeckt fruchtiger als ich nach der Beschreibung vermutet habe und generell sehr gut.

Den Vormittag verbrachte ich mit Warten auf einen Kundenanruf; wir hatten keine Zeit ausgemacht, daher saß ich ab 9 halt am Rechner. Aber so lange noch niemand was von mir wollte, arbeitete ich weiter an der Diss. Die Grobgliederung, die ich meinem Doktorvater noch nachliefern wollte, steht jetzt, und sie ist dann doch etwas feiner geworden als noch vor einer Woche. Jetzt, wo ich das Ding vor mir liegen sehe, merke ich erst, was für einen Berg Arbeit ich mir aufgehalst habe. Und ich weiß jetzt auch, warum ich mit dem Schreiben anfangen sollte – weil’s viel zu schreiben gibt.

Steuer gemacht. #meinglamourösesleben

Kurz in die Uni gefahren, Bücher abgegeben und den neuen Plastik-Studierendenausweis abgeholt. Meine labbrige Papierbescheinigung, die gestern gerade erst einen Tag gültig war, musste ich abgeben, was ich schaffte, ohne zu wimmern, meine Daten wurden noch einmal abgeglichen und dann druckte mir ein freundlicher Herr die Karte aus. Die musste ich noch in ein schickes Validierungsgerät schieben, das die Gültigkeitsdauer aufdruckte. Ich nehme an, im Oktober fräst das Ding das jetzige Datum runter und druckt das neue drauf. Lassen wir uns überraschen.

Mit der Karte habe ich auch eine neue Bibliotheksnummer und damit zwei neue Abholregale in der Uni- bzw. der Staatsbibliothek bekommen. Vermutlich ist diese Plastikkarte nur dazu da, damit sich auch höhere Semester wieder wie als Ersti fühlen dürfen. Das wird super: 50.000 Studis suchen ihre neuen Regale.

Angenehmes Kundinnengespräch geführt, spannendes Projekt, würde ich gerne machen. Ich gebe heute ein Angebot ab, das wie gewünscht etwas unterhalb meines normales Tagessatzes liegt und gucke, was passiert.

Anschließend weiter an der Diss gepuschelt. Ich habe schon beim Archivlesen in der letzten Woche gemerkt, dass ich vermutlich, wie bisher in jeder wissenschaftlichen Arbeit, ernsthaft von vorne anfangen werde. Alles, was ich las, fügte sich in die Biografie oder die Ausstellungshistorie des Mannes ein, und damit wollte ich eh anfangen. Die Einleitung steht ja quasi, die war mein Exposé, das ich noch ändern und mit Forschungsstand und Quellenlage ausstatten werde und mit einer leicht veränderten Formulierung für meine These. Denn mein Doktorvater merkte schlau an: Und was folgt daraus, wenn Ihre These stimmt? Äh. Ja. Das sollte ich vielleicht auch noch erwähnen. Was haben wir denn alle davon, wenn ich hier 200 Seiten runterkloppe?

Nach dieser famosen Einleitung, nach der wir irre gespannt weiterlesen, kommt die Biografie, die, so wie ich meine derzeitige Quellenlage einschätze, noch nicht grundlegend über die bisherigen Lexikoneinträge hinausgeht, diese aber ordentlich unterfüttern kann. Im Moment überprüfe ich noch jeden Eintrag und frage mich, woher diese Info kommt, aber ich ahne, dass ich das irgendwann einfach abnicken werde – wer bin ich, ein Künstlerlexikon anzuzweifeln? Die werden das schon irgendwo her haben. Was ich aber anlegen kann: biografische Details, die vielleicht im Bezug auf seine künstlerische Laufbahn oder die als Gebrauchsgrafiker wichtig werden. Einträge aus seiner Spruchkammerakte. Ich zitierte gestern daraus gnadenlos alle Vereinsmitgliedschaften, auch die, die nichts mit der Kunst zu tun haben. Rausschmeißen kann ich die immer noch.

Dann kommt das Kapitel mit den Ausstellungsbeteiligungen, und da kann ich ein paar neue zu den bisher bekannten belegen. An die kann ich die ganzen Presseberichte andocken und so nicht nur sagen, ja, der Herr Protzen hat an der Sonderschau der Münchner Künstlergenossenschaft im Dezember 1933 teilgenommen, sondern auch, dass seinen Bildern zumindest von der Münchener Zeitung eine „festkonturierende Sachlichkeit“ bestätigt wurde. Das wollten wir ja alle schon mal wissen.

Damit war ich bis 18 Uhr beschäftigt, und dann meinte mein Magen, er hätte jetzt wirklich gerne mal was zu essen und außerdem liegt da noch die FAZ, die durchgelesen werden will. Es gab Harissa-Tofu nach Ottolenghi (chön charf) und Zucchinistreifen, einfach mit ein bisschen Erdnussöl angemacht. Danach Kinderschokolade.

Abends kam F. vorbei, der vorher bei seinen Eltern die üblichen Dinge erledigen musste (neues Telefon einrichten) und brachte einen Arm voll Kirschblütenzweige aus dem dortigen Garten mit (hier das Herzaugenemoji vorstellen). Außerdem fragte er mich, ob ich die Dostojewski-Gesamtausgabe unten im Hausflohmarkt gesehen hätte. Hatte ich nicht! Als ich mittags aus der Uni kam, war die noch nicht da! Während ich die Zweige auf Vasen verteilte, holte F. die Bücher, die jetzt hinter den Max Frischens stehen. Ich habe die Brüder Karamasow, wo-hoo! (In der klassischen Übersetzung von Elisabeth Kaerrick.) Auch diese Bücher sehen so aus, als hätte noch nie jemand reingeguckt.

Ich bin kurz davor, einen Zettel unten hinzulegen: „Hey, wer auch immer gerade sein oder ihr Bücherregal von den Klassikern befreit – DANKE!“ Am besten mit Namens- und Stockwerkangabe, dann kann man mir weitere Bücher einfach vor die Tür legen.


Tagebuch Sonntag, 31. März 2019 – Nochmal Fußball

Gemeinsam aufgewacht, rumgelungert, dann vom Hunger heimgetrieben worden. Sonntagscroissants geholt, perfekten Flat White produziert, wohlig auf dem Sofa gelegen und gelesen.

Um kurz nach eins machte ich mich dann zum zweiten Mal in dieser Woche auf den Weg zum FC Bayern-Campus. Die Frauen spielten im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg, worauf ich nach dem guten Mittwochspiel in der Champions League sehr gespannt war. Außerdem freute ich mich darauf, die derzeit weltbeste Frauenfußballerin Pernille Harder mal live zu sehen. Vielleicht hätte ich mich nicht ganz so vorfreuen sollen, denn die Dame schoss zwei Tore von den vieren, die der VfL den Bayerinnen einschenkte und das leider auch völlig verdient.

Die Bayern-Frauen kamen mir äußert unkonzentriert vor. Anfangs hatte ich wie immer bei solchen Spielen ein Zitat von Raphael Honigstein im Kopf, der das vor Jahren mal zu den Bayern-Herren getwittert hatte, die nach einem CL-Spiel in der Bundesliga rumwürgten: „typical Champions League hangover game.“ Dann fiel mir aber ein, dass auch Wolfsburg am Mittwoch CL gespielt hatte und dabei ausgeschieden war. Vielleicht war da schlicht die Motivation größer und es waren einige Fläschchen weniger Sekt geköpft worden, keine Ahnung. Die Bayerinnen brachten gefühlt nur Fehlpässe und Hail-Mary-Flanken nach vorne zustanden, wo selten jemand stand, um diese zu verwerten, die Genauigkeit im Spiel, die mir Mittwoch so gefallen hatte, war völlig weg, während Wolfsburg von der ersten Sekunde an entschlossen zum Tor strebte und es oft genug erreichte. Das Ergebnis hätte auch noch schmerzhafter ausfallen können.

Trotzdem war es ein netter Nachmittag, weil ich mit dem Herz nicht so an Bayern hänge. Das Stadion ist angenehm, demnächst teste ich mal die Leberkässemmel an, und irgendwann habe ich auch hoffentlich keine Oberchecker mehr in der Nähe, die alles besser wissen. Ich weiß nicht mehr, wer gesagt hat, dass wir in Deutschland 80 Millionen Nationaltrainer hätten, aber die Sorte von Meckernasen hatte ich gestern hinter mir. Neben ihrem Gemaule, wie scheiße die Bayerinnen spielen – ach was –, kamen dann noch Granaten wie „Heißt das jetzt Torwärterin?“ (Torfrau) und „Haben die hier Gendertoiletten?“ (Haben wir überall, derzeit nach Männlein und Weiblein getrennt. Noch Fragen, Vollhonk?) Was mir allerdings erst bei den Damen auffiel: Wie wir teilweise auf den Zuschauerrängen über die Spielenden sprechen, ist manchmal schon nicht mehr schlechte Kinderstube, sondern pure Arschigkeit. An den Tonfall habe ich mich bei den Herren schon so gewöhnt, dass er mir gar nicht mehr auffällt. Gestern bei den Frauen war ich teilweise entsetzt, wie hart da über spielerische Fähigkeiten gepöbelt wird, einfach weil es hier plötzlich um meine Geschlechtsgenossinnen ging.

Abends kam F. vorbei, der einen siegreicheren Nachmittag hinter sich hatte: Die Augsburger Panther hatten das letzte Playoff-Spiel gegen die Düsseldorfer keine Ahnung wie die heißen gewonnen und stehen im Halbfinale irgendeines Eishockey-Wettbewerbs. Nicht mein Sport. Aber dort treffen sie auf die Brausedosen aus München – vielleicht gucke ich mir nach 35 Jahren mal wieder eines dieser Spiele live an. (ESC Wedemark!)

Tagebuch Samstag, 30. März 2019 – Kein Wort über Fußball und Nachtmusik

Der Plan war: in die Stabi fahren und mir alte Zeitungen durchlesen, danach Wohnung putzen, dann Mittag kochen, dann Augsburg am Laptop dabei zugucken, wie es Nürnberg schlägt, dann ein bisschen lesen und dann ab zur Nachtmusik der Moderne in der Pinakothek der Moderne.

Was es geworden ist: ewig im Bett rumgelungert, keine Lust auf alte Zeitungen gehabt, den letzten Lemon Curd verfrühstückt und einen ganz hervorragenden Flat White genossen, auf dem Sofa klebengeblieben, keine Lust zum Putzen gehabt, gelesen, [… nullzudreiverficktescheiße …] noch mehr gelesen, zwischendurch die restliche Salsiccia mit Tomaten und ordentlich Zwiebeln, Knoblauch, Öl zu einer herrlichen Pastasauce verarbeitet, gelesen, aber dann: ab zur Nachtmusik der Moderne in der Pinakothek der Moderne.

F. und ich gönnten uns auch das Komponistengespräch vor dem Konzert, was dieses Mal ein Komponistinnengespräch war: Anna Thorvaldsdottir beantwortete die Fragen vom Leiter des Münchner Kammerorchestern auf Englisch, während er wild übersetzte bzw. paraphrasierte, was aber völlig in Ordnung war. Ich fand die Gesprächsführung ähnlich gut, sympathisch und aufschlussreich wie bei der letzten Nachtmusik, wo wir uns Helmut Lachenmann angeschaut und angehört haben. Bei einer Frage musste ich allerdings ein bisschen augenrollen, aber die Antwort Thorvaldsdottirs versöhnte mich sofort. Schuldt fragte die oberdämlichste aller Fragen, die nur Frauen gestellt bekommen: Wie sie das denn zeitlich hinbekäme mit dem Komponieren, man müsse ja zwischendurch auch mal einkaufen und so? Woraufhin sie nur trocken meinte: „Send husband to the supermarket.“ Das Publikum klatschte sehr laut, ich sowieso.

Ich hatte mir bewusst vorher nichts von Thorvaldsdottir angehört, hatte aber im Konzert stets eine Antwort von ihr im Hinterkopf, was hilfreich war. Die Frage nach Island und ob sich ihre Heimat in ihrer Arbeit niederschlägt, kam natürlich auch, aber immerhin da sagte Schuldt selbst, die Frage sei ein bisschen doof. So konnte die Komponistin immerhin gleich ausräumen, dass sie versuche, mit ihrer Musik die isländische Natur nachzubilden – „that is impossible“ –, aber dass sie sich durchaus von Strukturen und Details ihrer Umgebung beeinflussen ließe. Auch spannend: Sie gibt ihren Stücken erst Titel, wenn sie sie gut kennt, erst dann kann sie sie benennen. Der Name ist so gut wie nie der Ausgangspunkt für die Komposition, sondern der Abschluss.

Das Konzert in der Rotunde der Pinakothek der Moderne begann mit dem kurzen Illumine (2016), das mir gut gefiel und gleich sehr klar machte, dass die eben genannten Strukturen ihr Interesse sind, wobei sie sich aber auch der Melodie nicht verschließt, was ja gerade in der Nachkriegszeit fast schon verpönt war. Während das Streichensemble arbeitete, stand oben im ersten Stock der Rotunde schon deutlich sichtbar der Chor des Bayerischen Rundfunks am Geländer. Illumine endete – und ohne große Pause erklang das zweite Stück, eine Art Gebet nach einem alten isländischen Psalm, Heyr þú oss, himnum á (2005). Und da war bei mir alles vorbei. Wo ich eben noch gespannt und aufmerksam gehört und geschaut hatte, liefen jetzt nur doof-ergeben die Tränen. Ich saß in einem Museum, einem Ort, der mir in den letzten Jahren so viel gegeben hat, und über mir, von hoch oben, fielen herrliche Stimmen auf mich herab. Ich fühlte mich gesegnet, und ja, das hört sich pathetisch an, aber hey, ihr wart nicht dabei. Vier Minuten durchgeheult und die ganze Welt für großartig, inspirierend und heilend befunden.

In Reflections (2016) knarrten, atmeten und suchten dann wieder die Streicher*innen, wonach für Ad Genua (2016) der Chor wieder erschien, dieses Mal nicht in himmlischen Höhen, sondern gewohnt hinter dem Ensemble stehend. Das mochte ich auch sehr, weil es meine beiden Lieblinge des Abends – Stimmen und Strukturen – so simpel verband bzw. für mich erkennbar und nachvollziehbar machte.

Mit dem Abschlussstück haderte ich etwas, aber vielleicht war ich auch einfach fertig und müde: Streaming Arhythmia (2007) klang für mich wie ein Ensemble-Battle, was reizvoll war, aber ich hatte nach fünf Minuten das Gefühl, die Idee ist durchgespielt. Und das als jemand, die sich vier Stunden Parsifal anhört, ich weiß. Heute morgen, beim zweiten Durchhören, ist es mir schon nicht mehr so fremd.

Ich freue mich gerade wieder sehr darüber, neue Musik kennengelernt zu haben – und ebenso freue ich mich darüber, sie einfach so auf YouTube wiederzufinden, um sie euch vorspielen zu können. Mal sehen, wie lange das noch so bleibt.

Tagebuch Freitag, 29. März 2019 – Burger, Feedback, Heinrich Mann und „Grey’s Anatomy“

Eigentlich wollten wir ausschlafen, aber das klappt ja nie, wenn man sich das vornimmt. Der Herr neben mir war gegen 7 wach, gegen halb 8 wachte ich dann auch auf, wir gammelten noch kurz rum, aber irgendwie wollten wir auch nicht mehr liegenbleiben.

F. ging zu sich und ich bekämpfte den Nachdurst, der sich total überraschend eingestellt hatte. Das waren doch nur zwei Flaschen Bubbly am Vorabend? Aber ich bin ja jetzt alt, ich vertrage nichts mehr. Ehrlich gesagt, vertrage ich seit fünf Jahren nicht mehr so viel, aber ich vergesse das immer und habe deswegen des Öfteren Nachdurst.

Ein starker Flat White, Espressomühlenglück, bestes Geschenk ever!, eine Serienfolge und dann trafen wir uns zum Mittagessen im Burgerladen. Der Nachtisch wurde stilecht beim Ballabeni eingenommen, bei dem ich diese Saison noch nicht war. Mein Besuch aus Hannover war vor mir beim Ballabeni! So geht das nicht. Darauf eine Kugel Salzkaramell, eine Birne-Ananas und einen Probelöffel Mango-Maracuja. Davon demnächst bitte einfach die ganze Wanne zum Mitnehmen.


Wir stöberten in einigen Antiquariaten herum, der Herr kaufte ein Buch (Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften – an dem bin ich bisher zweimal gescheitert, aber ich habe ihn immer noch auf Wiedervorlage –, ich zwei (Joseph Roths Radetzkymarsch und Erzählungen von Arthur Schnitzler, beide für drei Euro), dann blätterte ich durch einen Berg Drucke, fand aber nichts, was bei mir an die Wand gehörte, wir bummelten zu F. und saßen noch ein wenig auf dem etwas zu kühlen Balkon, bis ich nach Hause wollte.

Dort fand ich im Briefkasten einen großen Umschlag aus dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte vor und wunderte mich eine Sekunde, bis mir klar wurde, dass das garantiert mein Exposé war, das der Herr Doktorvater ausgedruckt und handschriftlich korrigiert hatte anstatt Kommentare in ein PDF zu setzen. So war’s dann auch.

Ich bin mit dem Feedback äußerst zufrieden, auch weil es detaillierter ausfiel als ich erwartet hatte. Ich dachte, das Ding ist einfach eine Art schriftliches Arbeitsvorhaben – das würde ich gerne machen und zwar so –, aber wie ich selbst ja schon merkte, wird das vermutlich das Grundgerüst der Einleitung. Daher hat mich der folgende Kommentar auch sehr gefreut: „Sehr schön, da würde man einfach gerne gleich weiterlesen.“

Ein bisschen Kritik kam natürlich auch, der Doktorvater vermisste Forschungsstand und Quellenlage, die ich beide bewusst ausgespart hatte, um das Ding nicht noch länger werden zu lassen. Aber ja, das kommt selbstverständlich noch. Er hätte auch gerne eine Grobgliederung; die reiche ich nach, denn die habe ich inzwischen auch für mich erarbeitet, wobei die Betonung noch auf „grob“ liegt.

Ich mochte auch seine Genauigkeit in der Korrektur. Er ist der einzige meiner Dozierenden, der mir häufiger Ungenauigkeiten angestrichen hat – nichts, was falsch war, aber: Das hätte man präziser formulieren können. Hier zum Beispiel mein Satz mit seinen Korrekturvorschlägen in eckigen Klammern: „In meiner Arbeit werde ich [bestimmte/zentrale/wesentliche] Teile des malerischen Gesamtwerks von Protzen aufarbeiten [fokussieren/analysieren] und dabei zeigen“ usw. Zwei winzige Anmerkungen, die den Satz aber deutlich verbessern. Oder eine Fußnote, in der ich eine Biografie eines Malers erwähne, die von einem Privatmann, Nicht-Wissenschaftler, Nicht-Kunsthistoriker, sondern Hobby-Interessierten erstellt wurde, die sich leider auch so liest – für mich mit zu wenig Abstand zum Subjekt, und die Verwendung des Worts „Führers“ ohne Anführungszeichen halte ich auch für problematisch; es ist aber zu diesem Maler das mit Abstand umfangreichste Werk und beinhaltet bergeweise Quellen. Ich weiß natürlich, dass mein Doktorvater das Werk kennt, also schluderte ich sowas hin: „Vgl. zu Vollbehr die nicht unkritisch zu wertende, aber äußerst ausführliche Biografie von“ usw. Woraufhin er völlig zu recht anmerkte: „Wie verhält sich kritisch zu ausführlich? Nicht kritisch = lang, kritisch = kurz?“ Ich mag solche Aufmerksamkeit. Ich ahne, dass ich mir auch durch meinen Plauderton hier im Blog zu diesen Themen manchmal selber die präzise Sprache abgewöhnt habe. Dann kehrt hier mal wieder ein bisschen mehr wissenschaftliche Qualität ein, meine Damen und Herren!

Ein Nachtrag zu Mittwoch, als ich beim Fußball war. Natürlich darf man auch in diesen winzige Stadion keine Rucksäcke mitnehmen, weswegen ich mein Stadiontäschchen packte. In das passten aber beim besten Willen weder Kendis Rassismus-Buch noch Dostojewskis Idiot mit seinen 900 Seiten, aber ohne Buch kann ich keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen! Also steckte ich ein drittes Buch ein, das hervorragendes Taschenbuch- und damit Winterjackenformat hatte: Heinrich Manns Der Untertan. Das liest sich überraschend gut weg, hätte ich gar nicht gedacht. Das lag bei uns vor ein paar Tagen im Hausflohmarkt, wo anscheinend jemand gerade sein Bücherregal von Klassikern ausmistet: Ich habe zwei Bücher von Thomas Mann ergattert, dann den Heinrich, und Mittwoch lag eine siebenbändige Suhrkamp-Kassette mit dem Gesamtwerk von Max Frisch dort. Ich war gerade auf dem Weg ins Archiv und sagte mir selbst, nee, du nimmst das jetzt nicht mit und du fährst damit auch nicht wieder hoch in die Wohnung, du gehst jetzt ins Archiv, aber wenn das nachher noch da liegt, wenn du wiederkommst, dann nimmst du’s mit.

Ich habe dann jetzt diverse Frisch-Werke doppelt, denn Stiller, Mein Name sei Gantenbein, Homo Faber, Andorra und die Tagebücher hatte ich schon. Aber in die Suhrkamp-Kassette hat vermutlich noch nie jemand reingeguckt, die Bücher sehen aus wie neu. Ich gebe ihnen aus reiner Barmherzigkeit ein neues Zuhause!

Und noch ein Nachtrag zum Fußball und zu den gekauften Büchern, weil er gerade thematisch passt. Am Donnerstag lief in den USA die neueste Folge von Grey’s Anatomy. Von dieser Serie, die inzwischen in der 15. Staffel läuft, habe ich jede Folge gesehen, manche Staffeln mehrmals, weil ich sie wirklich gut finde. In den letzten zwei, drei Jahren kam mir die Serie allerdings etwas nachlässiger vor, die meisten Figuren waren gefühlt ausgereizt, ich vermisste das Neue, das über rein neue Figuren hinausgeht. Gerade in dieser Staffel dachte ich des Öfteren, okay, das wird dann wohl meine letzte sein, die ich schaue, irgendwie ist mir vieles egal geworden, und ich daddele nebenbei auf dem Handy herum, wenn die Serie läuft. Nicht so bei dieser Folge.

Ich will nicht spoilern – das überlasse ich anderen –, aber das große Thema, das sich durch alle drei Handlungsstränge zieht, ist sexuelle Gewalt bzw. consent, also das Einverständis zu sexuellen Handlungen. Eine Szenenfolge befasst sich mit einem Vergewaltigungsopfer, das medizinisch betreut wird, und das schließlich in den OP gefahren werden muss. Die Frau ängstigt sich aber zu sehr vor jedem Mann, der gerade in der Nähe ist, und so kam diese Szene zustande, die aus dem Zusammenhang gerissen vielleicht pathetisch und albern aussieht, eingebunden in die Spielhandlung aber eine einzige Demonstration von weiblicher Stärke und von weiblichem Zusammenhalt war:

Ich empfand diese Ansammlung von Frauen, mit ihren unterschiedlichen Aussehen, mit ihren unterschiedlichen Hautfarben, mit vermutlich unterschiedlichen Ansichten und Biografien, aber vereint im Ziel, sich gegenseitig zu beschützen und zu schätzen und aufeinander aufzupassen, als ein sehr mächtiges Zeichen. Und ich wünschte mir, es gebe dieses Zeichen im realen Leben häufiger.

In meiner Timeline gehen öfter Tweets mit dem Hashtag #frauenlesen rum, in dem Bücher von Autorinnen angepriesen oder besprochen werden. Nicht nur, um auf gute Bücher aufmerksam zu machen, sondern um generell mehr weibliche Autoren schlicht bekannt zu machen, ihre Namen zu nennen. Ich denke jedesmal daran, wenn ich wieder einen männlichen Autor lese, so wie jetzt gerade in gleich dreifacher Ausführung. Und wenn ich selbst in Antiquariaten nur männliche Autoren kaufe, weil ich weiß, dass ihre Werke für die Literaturgeschichte – und für mein Verständnis dieser Zeit – wichtig sind. Genauso weiß ich aber auch, dass sie nur wichtig werden konnten, weil Autorinnen schlicht die Schöpfungskraft abgesprochen wurde und sie nicht die Möglichkeiten hatten, publiziert zu werden wie die Kerle.

Und ich denke an das Verhältnis zwischen Männern und Frauen auch beim Fußball. Frauen wird ja gerne unterstellt, wir gingen nur zum Fuppes, um die knackigen Jungs anzuschmachten. Dementsprechend hätten beim Spiel der FC Bayern-Damen gegen Prag die Zuschauerränge mehrheitlich mit Männern besetzt sein müssen, die sich die knackigen Mädels anschauen wollten. Waren sie aber nicht. Ich schätze, es war wenigstens 50:50, glaube aber, dass sogar mehr Frauen im Stadion waren als Männer. Ich werde das morgen überprüfen, wenn die Bayern-Frauen gegen Wolfsburg im DFB-Pokal spielen, 15.15 Uhr, FC-Bayern-Campus, falls noch jemand kommen möchte.

Und nebenbei: Es gab beim Champions-League-Spiel eine Szene, wo sich eine Spielerin zu Unrecht von der Schiedsrichterin verpfiffen fühlte – und anstatt dem weiblich antrainierten Reflex nachzugeben, sich zu entschuldigen und dementsprechend einfach weiterzuspielen, wurde sie laut, machte sich breit und hatte Widerworte.

Ich muss gestehen, ich sehe ein derartiges Verhalten in meiner Umgebung – und auch an mir – viel zu selten: eine Frau, die sich Platz nimmt und ihre Meinung lautstark vertritt. Das war meine persönliche Szene des Spiels und ich kann mich besser an sie erinnern als an die fünf Tore, die ich laut bejubelt habe, während ich bei dieser Szene nur stumm bewundernd da saß.

Tagebuch Donnerstag, 28. März 2019 – Archivarbeit und Parsifal

Bis zum frühen Nachmittag arbeitete ich die Akten auf, die ich Mittwoch nicht mehr geschafft hatte. Ich wunderte mich bei den Zeitungsausschnitten zur Münchner Künstlergenossenschaft, dass sie 1938 spärlicher wurden, 1939 kaum noch vorhanden waren und dann erst 1947 der nächste Artikel zu finden war, bis mir der erzwungene Zusammenschluss der vielen Münchner Künstlergrüppchen einfiel. Das wusste ich eigentlich, dass die alle ab 1939 zur Kameradschaft der Künstler gehörten, aber deren Artikel hatte ich mir nicht ausheben lassen. Damit steht die Aufgabe für die nächste Woche, denn das dauerte doch länger als erwartet, die ganzen Artikel zu lesen.

Für mich neu: Nach 1945 etablierten sich in der Stadt zwei Münchner Künstlergenossenschaften, die eine unter der Führung von Protzen und Eduard Aigner, die andere, und darüber musste ich sehr grinsen, unter Constantin Gerhardinger, den ich im Rahmen unserer Rosenheim-Ausstellung kennengelernt hatte. Studium! Es bringt was und man merkt sich Zeug!

Jedenfalls: Im Nachlass hatte ich zu dieser Neugründung noch nichts gefunden, aber jetzt las ich sehr interessiert darüber, wie die beiden Gruppen um Ausstellungsplatz im Haus der Kunst rangelten. Die Abendzeitung schrieb am 13. September 1951:

„Das Bayerische Kultusministerium hat nunmehr über die Anträge der Gruppen Gerhardinger und Aigner-Protzen der ehemaligen Münchner Künstlergenossenschaft entschieden. Darnach soll es der Gruppe Gerhardinger unbenommen bleiben, in den Räumen des Hauses der Kunst auszustellen. Der sich hiergegen wendende Antrag der Gruppe Aigner-Protzen wurde zurückgewiesen.

Die Ausstellungsleitung des Hauses der Kunst, welche sich aus den drei Künstlervereinigungen Neue Gruppe, Münchner Sezession und Münchner Künstlergenossenschaft zusammensetzt, hatte im Juli dieses Jahres in einer Resolution an das Bayerische Kultusministerium gefordert, der Gruppe Gerhardinger jegliche Teilnahme an den Ausstellungen im Haus der Kunst während der ‚Großen Deutschen Kunstausstellung‘ oder zu einer anderen Zeit zu versagen. Die Ausstellungsleitung ist der Ansicht, dass die Leistungen der Gruppe Gerhardinger den Anforderungen, die im Haus der Kunst gestellt werden müssen, nicht entsprechen.“

Über den letzten Satz musste ich dann doch sehr augenrollen. Diese Hybris von Leuten, die eh alle das gleiche im gleichen Stil malen, ist schon faszinierend.

Um halb zwei zwang ich mich dann, nach Hause zu fahren, denn ich musste dringend noch ein bisschen was essen, um für den langen Nachmittag gewappnet zu sein. F. hatte mir zum Geburtstag eine Karte für den Parsifal geschenkt, der um 16 Uhr begann, und natürlich will man nicht erst fünf Minuten vor Beginn da sein. Ich musste auch noch mein Outfit aufbügeln und Zeug aus dem Rucksack ins Handtäschchen umsiedeln, das gestern mein Stadiontäschchen war (schlichte schwarze Ledertasche). Zunächst fand ich es komisch, mit dem Stadiontäschchen in die Oper zu gehen, aber beim nächsten Mal in Augsburg werde ich ganz posh mit meinem Operntäschchen zum Fuppes gehen.

Wir saßen in der dritten Reihe im Parkett – so weit vorne hatte ich bisher nur in Bayreuth gesessen, und ich hatte ein bisschen Angst davor, dass wir nur die Hörner hörten, die über den Orchestergraben hinausragten und ich die ganzen Zeit den Sänger*innen beim Spucken zusehen müsste. Dem war aber nicht so, keine Spucke, alle Geigen vernommen. Gerne wieder! (Wenn’s nicht so ARSCHTEUER WÄRE!)

Im Vorfeld war ich mir nicht sicher, ob ich den Parsifal überhaupt sehen wollte; die Story ist nicht ganz mein Liebling, und ich vergesse sie auch immer wieder. Und ich wusste, dass Georg Baselitz für das Bühnenbild zuständig gewesen ist, und mit dem stehe ich auch etwas auf Kriegsfuß. In den 60ern und 70ern hatte er meiner halbwegs informierten Meinung nach eine wichtige Rolle, dann habe ich mich nicht weiter mit ihm beschäftigt, und vor einigen Jahren hat er sich zum Deppensatz hinreißen lassen, dass Frauen halt nicht so gut malen könnten, weswegen ich ihn seitdem weiträumig ignoriere und seinen Raum in der Pinakothek der Moderne auch immer schnellen Schrittes durchschreite, um zum Protzen zu kommen.

Aber wenn ich schon eingeladen werde, sage ich natürlich nicht Nein. Im Kopf war ich noch ganz woanders, der Bus hatte Verspätung, ich war hektischer als ich sein wollte, als ich endlich ankam und musste erstmal bewusst tief ein- und ausatmen, weil ich halt nicht hektisch in ein Wagner-Vorspiel gehen will. Das klappt ganz gut, die Plätze waren fantastisch – und plötzlich wurde es dunkel und die Musik begann. Den doofen Auftritt des Dirigenten, den man beklatscht, ließ die Inszenierung einfach ausfallen. Schon mal ein guter Anfang! Zum Vorspiel sah man bereits einen gestalteten Vorhang, auf dem vier Figuren lagen – und auch da hatte der olle Baselitz bei mir gewonnen. Die Vorhänge änderten sich vor jedem Akt, aber sie zeigten immer zerbrochene, zerschlagene Figuren, in schmerzhaften Verrenkungen oder schon vernichtet vom simplen Dasein. Nach 60 Sekunden hatte mich Herr Petrenko am Pult dann auch, aber das hat er ja immer, ich vergoss ein paar Tränen, wie auch eigentlich fast immer in der Oper.

In der ersten Pause war ich noch etwas von der Inszenierung verwirrt, die für mich eher eine Bebilderung war als wirklich eine szenische Wiedergabe von Libretto und Musik: ein einziges Bühnenbild, das aus Stämmen bestand, die aneinander lehnten, sowie kahle Bäume, die zum Schluss des Akts langsam in sich zusammensackten. Die große Gralsszene zum Aktende war so undramatisch wie ich sie noch nie gesehen hatte, überhaupt agierten alle Darsteller*innen sehr zurückhaltend und sparten sich jede überflüssige Geste. Die aktionsreichen Szenen im Trailer (siehe oben verlinkte Website) waren so ziemlich die einzigen in den gut vier Stunden, ansonsten sahen wir eine fast konzertante Aufführung (böse ausgedrückt: Rumstehtheater). Wie gesagt, nach dem ersten Akt haderte ich noch etwas, aber ab dem zweiten fand ich es großartig, eben weil es so undramatisch war. Gerade mit dem pompösen Gral kann man alles abfackeln, was die Bühnentechnik hergibt und das macht die Regie auch sehr gerne, weswegen ich den Parsifal gerne mal peinlich finde. Oder man legt über alles eine Metaebene, was bei Wagner ja immer geht. Das kann so grandios werden wie bei Herheim, bis heute meine Blaupause für Parsifal-Inszenierungen, oder aber total albern. Hier gab es gar keine Gelegenheit, albern zu werden, so sparsam waren Kostüme, Gesten und Bühnenbild. Die Kritiken waren nicht so begeistert, ich dafür umso mehr. Wenn auch Burkhard Fitz der blasseste Parsifal-Darsteller war, den ich je gesehen habe. Dafür sang René Pape als Gurnemanz alles an die Wand, was mich sehr versöhnte. Und auch Wagner-Newbie F., der bisher nur, nur, haha, den Ring gesehen hatte, fand es ausgezeichnet.

Zuhause wartete dann der zweite Teil des Geburtstagsgeschenks, ein Fläschchen Rosé-Champagner, mit dem man mich immer glücklich macht. Wir hatten viel zu besprechen, machten nach der teuren Flasche gnadenlos noch einen Aldi-Crémant auf, weil’s grad so nett war und waren viel zu spät im Bett. Hervorragender Tag.

Tagebuch Mittwoch, 27. März 2019 – Archivarbeit und Champions League

Hurra, Archivtag, wo-hoo! Auf mich warteten zwar nur vier von fünf angefragten Archivalien, aber mit denen hatte ich auch genug zu tun. Da das Stadtarchiv am Mittwoch nur von 9 bis 12 geöffnet hat, habe ich auch nicht alles geschafft und muss, oh Mist, ey, echt jetzt, heute nochmal hin. Schlimm!

Ich hatte mir die Presseartikelsammlungen zu Protzen und seiner Frau herauslegen lassen, in denen ich aber nur einen langen Artikel von 1932 fand, den ich schon aus dem Nachlass kannte. Schlauerweise hatte ich mir dazu auch noch bergeweise Zeitungsartikel von der Münchner Künstlergenossenschaft zurücklegen lassen, in der Protzen Mitglied war. Er war noch in gefühlt zwei Dutzend anderen Künstlervereinigungen Mitglied, danach muss ich noch suchen, aber die MKG war die erste Anlaufstelle. Dort wollte ich nachschauen, ob er irgendwann in einem Ausstellungsbericht erwähnt wurde oder in einer Funktion, denn er war, laut seines Spruchkammerbogens, als Schriftwart im Vorstand. Das fand ich auch mehrfach bestätigt. Außerdem fand ich diverse Ausstellungsbesprechungen, bei denen es mich interessierte, ob er überhaupt erwähnt wurde (heißt: war er wichtig genug? War er gut genug?) und wenn ja, ob vielleicht auch ein bestimmtes Werk erwähnt wurde; das hilft mir dabei festzulegen, welche Bilder er selber für ausstellungswürdig befunden hatte.

Da ich nur so wenig Zeit hatte, las ich zwar gründlich, tippte aber relativ besinnungslos ab (fotografieren darf man natürlich nicht), sobald ich seinen Namen fand – oder eben genau nicht. Wenn er in einem ausführlichen Artikel nicht erwähnt wird, aber 25 andere Künstler*innen, ist das für mich genauso interessant. Ich muss mir meine Aufzeichnungen nochmal in Ruhe durchlesen, ich habe, wie gesagt, eher runtergeschrieben als schon Kontext hergestellt. Einen Artikel fand ich aber doch sehr bemerkenswert, ausgerechnet aus dem Völkischen Beobachter. Da schreibt am 11. März 1939 Wilhelm Rüdiger in einem längeren Artikel über eine „Rückschau der Münchener Künstlergenossenschaft“, also über eine Ausstellung, die ältere Werke präsentiert statt aktuelle:

„Man kommt auf ketzerische, gefährliche Gedanken vor den Bildern und überlegt: Wie werden wir in 50 oder 70 Jahren wirken mit unserer heutigen Malerei? Und man wünscht in freudigstem Optimismus: genau so gut, so geschlossen, genau so reich und vielgestaltig und genau so absolut künstlerisch wie diese oft als bürgerlich und bequem verlästerte Zeit.“

Und ich dachte ebenso ketzerisch: Junge, du wusstest ganz genau, dass ihr eher schnarchigen Schrott an der Wand habt, der genauso bürgerlich und bequem ist, wie du befürchtest, und über den wir heute noch mehr lästern als du dir das jemals hättest vorstellen können, sonst würdest du hier nicht so eine Welle machen.

Nachmittags Zeitung gelesen und Orgakram erledigt. Ich hatte erst vor Kurzem mitgekriegt, dass unser labberiger Studiausweis endlich gegen eine Plastikkarte eingetauscht wird, die dann auch den Bibliotheksausweis ersetzt. Man solle doch bitte auf die Mail vom Studierendenwerk warten, um den Ausweis zu beantragen und ihn dann innerhalb von fünf Tagen abholen, denn so wird verhindert, dass alle 50.000 LMU-Schnuckis auf einmal zum IT-Helpdesk rennen. Diese Mail kam gestern bei mir an, ich beantragte brav meinen Ausweis und werde ihn morgen abholen.

Und dann spülte mir der Herr Loko einen Hinweis in die Twitter-Timeline, dass abends die Frauen des FC Bayern ihr Viertelfinalrückspiel in der Champions League gegen SK Slavia Prag hätten. Das fand am Bayern-Campus statt, an dem ich noch nie war, aber ein Blick in die MVV-App zeigte mir, dass ich da mit einmal Umsteigen hervorragend hinkäme.

Das Hinspiel war mit 1:1 anscheinend recht eng gewesen, daher hoffte ich auf ein spannendes und kampfbetontes Rückspiel. Das war’s nicht so ganz: Bis auf zehn Minuten kurz vor Schluss hatte Prag überhaupt nichts zu melden, die Bayerinnen gewannen mit 5:1, aber ich hatte trotzdem einen äußerst netten Abend. Wenn ich auch ab Minute 70 dachte, die Winterstiefel wären echt die bessere Idee zu den Turnschuhen gewesen, bitte pfeif pünktlich ab, mir ist kalt.

Beim Rausgehen zuhause hätte ich fast aus Gewohnheit zum FCA-Schal gegriffen, aber mir fiel noch rechtzeitig ein, dass ich vielleicht lieber den Bayern-Schal mitnehmen sollte. Der war auch ein prima Erkennungszeichen; beim Umsteigen von U-Bahn auf Bus war ich mir nicht sicher, zu welcher Haltestelle ich sollte, aber an den vielen Schals konnte ich erkennen, wo ich hinmusste.

Im Vorfeld hatte ich überlegt, wo ich sitzen wollte in diesem unbekannten Stadion, aber das hätte ich mir sparen können: Es gab nur die Osttribüne, alles Sitzplätze, acht lächerliche Euro für ein Viertelfinale in der Champions League – ACHT EURO FÜR DIE CHAMPIONS LEAGUE, selten wurde mir der Unterschied in der Wertschätzung von Männer- und Frauenfußball so deutlich vor Augen geführt –, keine Taschenkontrolle, keine Schlangen, keine festen Plätze. Ich setzte mich, ebenfalls aus Gewohnheit, ungefähr da hin, wo ich auch in Augsburg sitze, zwischen Mittelkreis und Strafraum, eher näher zum Strafraum. Gute Wahl, denn die ersten drei Tore fielen genau vor meinen Augen.


(Ich fotografiere sehr ungern während Fußballspielen und vergesse dabei auch immer, dem iPhone zu sagen, es möge bitte auf irgendwas auf dem Rasen scharfstellen und nicht auf die Frisuren meiner Vorderleute. Daher ist dieses Foto nur zu Dokumentationszwecken hier im Blog, nicht weil es gut ist. Im Gegenteil. Mpf.)

Ich überlege seit gestern, wie man den folgenden Satz formulieren kann, dass er nicht komisch klingt, aber mir fällt nichts ein, also dann: Fußballspielende Frauen sehen so großartig aus! Fußballspielende Männer auch, da bin ich ja dann doch durch und durch hetero, aber: Das ließ sich alles hervorragend gucken. Mehr Technik, weniger Gehacke, weitaus weniger Fouls. Ich freute mich über auch weibliche Linienrichterinnen; in der 1. Bundesliga haben wir ja immerhin eine einzige Schiedsrichterin, aber keine Frau an der Linie, warum auch immer.

Ich mochte auch die Unterstützung von den Rängen, die mit gut 1000 Zuschauer*innen besetzt waren. Das hörte sich etwas zaghafter an als bei 30.000 in Augsburg oder 75.000 in der Allianz-Arena, aber dafür haben die Damen anscheinend eine Trommlertruppe, die ich toll fand. Die machte nämlich nicht in einer Tour Krach, wie das die Kurven halt 90 Minuten lang machen und was ich teilweise schon gar nicht mehr höre, sondern sie ging auf die jeweiligen Spielsituationen ein. Alleine dafür möchte ich mir noch ein Spiel der Bayern-Frauen anschauen, auch wenn das jetzt fies klingt.

Mein Herz verloren habe ich an die Nummern 14 und 18, die ich in der ersten Hälfte direkt vor meiner Nase hatte, und ich musste ernsthaft auf der FCB-Website nach ihren Namen gucken, denn ich kannte, bis auf wenige deutsche Nationalspielerinnen, keine einzige Bundesliga-Fußballerin. Jetzt kenne ich zwei: Fridolina Rolfö und Dominika Skorvankova. Rolfö gibt als Hobby unter anderem „Essen“ an, und damit hat sie natürlich endgültig gewonnen. Brauche ein neues Trikot.

Tagebuch Dienstag, 26. März 2019 – Zehn Seiten

Noch ein Schreibtischtag für die Diss. Wenn gerade kein Kunde was von mir will, nutze ich die Zeit natürlich gerne dafür, konzentriert etwas für die schnafte Wissenschaft wegzuarbeiten.

Bei meinen letzten beiden Besuchen im Kunstarchiv in Nürnberg habe ich vom Nachlass soviel wie möglich fotografiert. Irgendwann konnte ich nichts mehr sehen und verhungerte, deswegen habe ich nicht jeden Zettel und jedes Foto abgelichtet, aber für einen guten Überblick reichen die gefühlt 1000 Fotos auf meinem Rechner. Inzwischen kenne ich sowohl Biografie als auch Werk als auch künstlerisches Umfeld von Protzen besser, und deswegen klickte ich mich gestern einfach mal durch ein paar Ordner, in denen zum Beispiel abfotografierte Zeitungsausschnitte lagen, in denen Protzen und/oder seine Frau erwähnt werden, ich schaute mir noch einmal sein grafisches Werk an, und den ganzen Nachmittag brachte ich damit zu, den Spruchkammerbogen auszuwerten, der netterweise auch im Nachlass lag und nicht in einem Archiv in München. Also den Fragebogen, den die Alliierten nach 1945 verteilten und die jeder ausfüllen musste, wonach eine Spruchkammer darüber entschied, ob man Mitläufer, glühender Nazi oder genau das Gegenteil gewesen war. Ich gehe nicht ins Detail, aber die Selbstauskünfte von Protzen konnte ich – mit Vorbehalt – in meinem biografischen Kapitel anlegen, ich konnte Briefe an ihn und von ihm zitieren und damit einen Kontext schaffen, ich konnte Auskünfte aus dem Bundesarchiv damit verknüpfen und und und. Also genau das, was ich so gerne mache, wenn ich mich mit einer Person beschäftige: Puzzlestücke zusammenfügen, um ein besseres, runderes Bild zu bekommen. Falls das überhaupt noch möglich ist. Aber bei Leo von Welden fand ich genau diesen Kontext wichtig, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob er die eindeutig ideologischen Bilder auf der Großen Deutschen Kunstausstellung nun aus Überzeugung gemalt hatte oder schlicht, weil er glaubte, dafür mehr Geld zu bekommen als für eine Landschaft.

So tippte ich stundenlang vor mich hin, klickte, blätterte, suchte im Internet, in Archivsuchmasken oder Bibliotheken, aß zwischendurch ein bisschen Brot mit Lemon Curd und abends Pasta mit Salsiccia (denn: Wenn irgendwo Salsiccia rumliegt, muss ich Salsiccia kaufen) und merkte gar nicht, wie die Zeit vergangen war. Und vor allem: wieviel ich in lausigen zwei Tagen zusammengeschrieben hatte. Nur durch die dicke Stoffsammlung, die ich seit über einem Jahr befülle und die mir bis vor wenigen Wochen nicht ausreichend vorkam.

Das schrieb ich sinngemäß an F.: „Ist ein seltsames Arbeiten. Ich schreib auf, was ich an Material da habe und merke dauernd, wieviel das eigentlich schon ist. Zehn Seiten in zwei Tagen, nur vom Schreibtisch aus.“

F. so: „I am Jack’s complete lack of surprise.“

Und im Nachsatz: „This is why you talk to your Betreuer ab und zu, because he knows this kind of Zeug.“

Genau. Vati knows best. Der wusste, dass ich locker mit dem Schreiben anfangen konnte bevor ich es wusste. Endlich mit Profis arbeiten!

Mein Lieblingszeitungsausschnitt war dieses launige Zitat vom September 1949. 49! Wir erinnern uns: Das ist ungefähr der Zeitpunkt, an dem die Debatte begann, dass es jetzt auch mal gut sein müsse mit diesem Nazikram.

„Das Haus der Kunst ist endlich von der Exportschau geräumt und dürfte, wie Ministerialdirektor Keim scherzhaft meinte, durch den ‚Blauen Reiter‘ und die lebende Moderne nunmehr gleichermaßen in Ost- und Westflügel entnazifiziert sein.“

Der Ausschnitt ist leider unbezeichnet, aber vom Schriftbild her tippe ich auf die Süddeutsche. Ich werde mir die mal in den Lesesaal der Stabi legen lassen. Aber erstmal muss ich mich durch ein paar Monate vom Völkischen Beobachter wühlen, der hoffentlich ab Freitag für mich bereitliegt. Das macht auch immer eher schlechte Laune. Ich und mein dusseliges Forschungsfeld, ey.

Über die Abstimmung im Europaparlament zur Änderung des Urheberrechts konnte ich mich nur nebenbei aufregen, weil ich so konzentriert gearbeitet habe. Ich zwinge mich seit Tagen dazu, die Propaganda in der FAZ wenigstens anzulesen, aber ich kriege keinen Artikel zuende, weil ich so wütend bin. Kristina Hofmann vom ZDF kommentiert:

„Denn mehr Schutz für Urheber und Bewahrung der Meinungsfreiheit? Wird es nicht geben, Inhalte werden einfach rausfliegen statt besser vergütet zu werden. Mit dieser Richtlinie hätten stattdessen die Internetkonzerne verpflichtet werden müssen, nennenswerte Abgaben an Verwertungsgesellschaften zu zahlen. Damit hätten die Urheber entschädigt werden können, mit deren Inhalten YouTube schließlich jedes Jahr einen Milliardenbeitrag in zweistelliger Höhe verdient. Bei Verlagen ist das seit Jahren geübte Praxis, beim Radio, beim Fernsehen. Warum soll das im Internet nicht gelten?“

Und Batz erwähnt, wie wenig sich das rückwärts gewandte Denken in manchen Branchen geändert hat, Thread: