Orecchiette mit Brokkoli (One Pot)

Normalerweise bin ich ein großer Fan davon, Nudeln und Sauce getrennt zu kochen und erst kurz vor Schluss zusammenzuwerfen, aber dieses Rezept lachte mich auf Instagram an. Zu Recht.

Ich hatte nicht alles im Haus, notiere aber hier brav alles. Rauke werdet ihr auf dem Foto nicht entdecken, denn die landete nicht im Essen. Das Originalrezept von Herrn Ottolenghi beim Guardian ist für vier Personen, ich halbiere mal alles. Bei der gestrigen Zubereitung habe ich alles geviertelt, allerdings etwas mehr Flüssigkeit gebraucht. Daher gilt auch für die untenstehenden Mengen für zwei Personen: Ehe was anbrennt, Wasser oder Gemüsebrühe nachkippen. In den einzigen Topf, den man braucht, yay.

Einen großen Topf mit Deckel auf mittlere Hitze erwärmen.
3 Knoblauchzehen, in dünne Scheibchen geschnitten, in einem ordentlichen Schwapp Olivenöl ein paar Minuten braten, ab und zu umrühren. Der Knoblauch sollte leicht angebräunt sein. Wenn alles herrlich duftet,
1 Kopf Brokkoli, in Röschen geteilt, dazugeben plus
1 Anchovi, fein gehackt, und
die abgeriebene Schale einer halben Zitrone. Mit
ordentlich Salz und noch ordentlicher mit schwarzem Pfeffer würzen. Alles ein paar Minuten anbraten. Ich habe noch etwas Öl nachgekippt.

Wenn der Brokkoli weich zu werden beginnt,
125 g ungekochte Orecchiette,
1 TL Butter sowie
eine kleine Handvoll geriebenen Parmesan hinzugeben und alles mit
250 ml Gemüsebrühe,
50 ml Weißwein (einfach gleich 100 ml nehmen) und
150 ml Wasser aufgießen. Die Hitze erhöhen, bis alles simmert, dann den Deckel auf den Topf geben und alles zehn bis 15 Minuten köcheln lassen. Ab und zu nachschauen, ob auch nichts anbrennt, notfalls Flüssigkeit nachgießen. Mal kosten und notfalls nachsalzen.

In einer Schüssel
eine kleine Handvoll Basilikum,
eine kleine Handvoll glatte Petersilie und
eine kleine Handvoll Rauke fein hacken und mit
der abgeriebenen Schale einer halben Zitrone sowie
einer fein gehackten Knoblauchzehe mischen.

Wenn die Pasta al dente und aus Flüssigkeit und dem zerfallenden Brokkoli eine dickliche Sauce geworden ist, die Kräuter unter die Nudeln rühren, mit Zitronensaft, ein bisschen Olivenöl und Parmesan und ein paar Chiliflocken toppen und sofort servieren.

Tagebuch Montag, 13. April 2020 – Keine Diss, keine Callas (aber Arme und Kekse. Na fast)

Morgens den Plan umgesetzt, der für Sonntag gefasst war: gleich nach dem Aufstehen aufs Fahrrad setzen und losfahren. Es war ein Hauch mehr los als am Karfreitag, aber auch dieser Verkehr verdiente seinen Namen kaum. Wie am Freitag radelte ich sehr unbeschwert und nicht besonders schnell durch die stille und fast leere Stadt. Wie ich nachträglich erfuhr, wären F. und ich uns bei St. Sebastian fast begegnet, der Herr ging dort morgens spazieren, und wir haben uns vermutlich so um fünf Minuten verpasst. F. bog links an der Kirche in Richtung Innenstadt ab, ich ließ hingegen die Kirche rechts liegen und radelte zum Olympiagelände.

Jedesmal, wenn ich da bin, staune ich über dieses Kleinod mitten in der Stadt, hier schrieb ich schon einmal darüber. Wer zu faul ist, zum Blogeintrag zu klicken, bekommt hier nochmal einen Ausschnitt aus meiner Hausarbeit über Sportstadien (2016), den ich auch drüben zitierte, weil ich den Gegensatz zwischen den Sportstätten 1936 und 1972 immer noch faszinierend finde. (Der Auszug steht auf den Seiten 6–8 und hat dort natürlich tolle Fußnoten.)

„In Amsterdam 1928 wurden die zusätzlichen Sportanlagen städtebaulich um das Stadion herum gruppiert; es entstand die erste olympische Gesamtanlage. Die Spiele in Berlin 1936 gingen über diese reine Sportanlage deutlich hinaus: Auf dem sogenannten Reichssportfeld entstanden zusätzlich zum Stadion für 100.000 Zuschauer noch „einer einheitlichen Pflege des deutschen Sports dienende[…] Bauten mit Gedächtnis- und Versammlungsstätten der Nation, mit Theater[n] und Denkmälern in einem Festraum vereinigt“.

Geplant wurde das Stadion bereits 1925 von Werner March (1894–1976); die Nationalsozialisten veränderten den modernen Entwurf während der Bauphase zu einem imperialen Monumentalbau im Sinne der staatlichen Überwältigungsarchitektur. Neben dem Stadion lag das Maifeld mit Tribüne, auf dem 250.000 Menschen aufmarschieren konnten. Das Marathontor im Stadion gab den Blick frei auf einen Glockenturm am westlichen Ende des Maifelds, der über der Langemarckhalle stand, in dem deutscher Toten des Ersten Weltkriegs gedacht wurde. Damit war erstmals ein Sportstadion der Neuzeit nicht nur Teil einer staatlichen Repräsentation, sondern seiner Ideologie: Die Spiele sollte nicht nur die Aufrüstung für einen neuen Weltkrieg verschleiern, sondern auch die angebliche Überlegenheit der „arischen Rasse“ demonstrieren. Die Monumentalarchitektur war die Bühne dieser Ideologie.

An den Spielen in München 1972 lässt sich gut ablesen, wie sehr sich das Selbstverständnis eines Staates ändern kann. Die „heiteren Spiele“, die „Spiele im Grünen“, waren architektonisch ein deutlicher Gegenentwurf zu Berlin: „Statt in geordneten Marschkolonnen und in geometrisierter Kanalisierung bewegten sich die Menschen im freien Fluss, im hügeligen Park, unter einer lichtdurchlässigen Zeltlandschaft, geleitet von heiteren Farben zur Orientierung.“ Bei den „heiteren Farben“ hatte man bewusst auf Rot verzichtet, um auch die letzten Assoziationen zu den Berliner Spielen zu tilgen. […]

Das Münchner Olympiagelände inklusive des Stadions war von Anfang an Teil einer zukunftsfähigen Stadtplanung. Zur Vorbereitung der Spiele wurde die Münchner Innenstadt fußgängerfreundlicher gestaltet, die öffentlichen Verkehrsmittel wurden verbessert, 233 neue Straßenkilometer gebaut sowie diverse Einkaufs- und Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen. Das Gelände ist bis heute ein beliebter und belebter Park, und aus dem Olympischen Dorf wurden begehrte Miet- und Eigentumswohnungen. Das Stadion selbst war zwar nicht als bauliche Ikone geplant, sein charakteristisches Zeltdach ist aber inzwischen aus der Stadtsilhouette nicht mehr wegzudenken. Das liegt auch daran, dass die Bürger und Bürgerinnen für den Erhalt der olympischen Anlagen kämpften. Nicht in jeder Stadt blieben die Stadien bestehen.“

Eine Fußnote dazu:

„Olympiagelände-Architekt Günter Behnisch schrieb 1987: „Im Bild des Olympiaparks hat sich die Überdachung stärker in den Vordergrund geschoben als dies zunächst geplant war. Ihrer sichtbaren, auffälligen Form wegen […] So übersieht man leicht, daß das Wesentliche unseres Entwurfes unter und neben dem Dach liegt; es ist die Sport- und Spiellandschaft, der Münchner Olympiapark.“

Und genau die begeisterte mich auch gestern wieder, obwohl ich nur im Schritttempo am Olympiasee entlangradelte, um möglichst lange übers Wasser gucken zu können, hinter dem sich hügeliges Grün erstreckt, das ständig von den verschiedenen Olympiabauten unterbrochen wird. Diese Kombination aus weichen, welligen Hügeln und der kantigen, aber leichten Architektur ist bis heute schlicht großartig. Und momentan ist das Gelände fest in der Hand von Joggenden und Radelnden, die alle halbwegs Abstand zueinander halten. Ich hatte Platz und Zeit, fand es ausgesprochen herrlich und wollte gar keine Fotos machen. Nur eins für Insta von meinem Lieblingsflutlichtmast am Stadion, was ich halt so mache.

Wieder zuhause wurde geduscht und endlich Kaffee getrunken, und während ich die Wohnung durchlüftete, um sie dann wieder vor den verdammten Birkenpollen aus dem Innenhof abzudichten, sortierte ich die Osterbeute von der Türklinke gestern.

Weil ich Samstag und Sonntag so brav gearbeitet hatte, ließ ich das gestern sein, die Diss darf ja auch mal ein bisschen Ruhe haben und holte stattdessen lieber das Backwerk nach, auf das ich Sonntag keine Lust gehabt hatte. Ist wie immer hervorragend geworden. Idiotensicheres Rezept. Das nächste Mal werde ich mich an tollere Flechtversionen wagen, aber gestern war ich mit drei Strängen zufrieden.

Abends hätten F. und ich eigentlich in der Oper gesessen. Mein Geburtstagsgeschenk, das ich ja auch schon nicht mehr bekommen hatte, weil wir uns schon brav selbst isolierten, wäre eine Karte für „7 Deaths of Maria Callas“ mit Marina Abramovich gewesen. Die Künstlerin war seit einigen Wochen in der Stadt, und es wurde sogar noch geprobt, weil nach der Live-Absage über einen Stream nachgedacht wurde, aber das hatte sich in der vergangenen Woche auch erledigt. In der NYT spricht Abramovich über ihr Projekt, was mein Fan-Sein kurz etwas erschüttert hat.

„In six of the videos, Mr. Dafoe plays Ms. Abramovic’s lover or assassin; in all of them, Ms. Abramovic dies. In one, Mr. Dafoe handles a python that strangles Ms. Abramovic, to the strains of the “Ave Maria” Desdemona sings shortly before being throttled by the title character in Verdi’s “Otello.”

“I’ve known her for years, and I like being part of her work,” Mr. Dafoe said. “If she wants me to kill her, well, that’s quite an honor.”

In another video, Mr. Dafoe stabs Ms. Abramovic to the Habanera from “Carmen.” Susan McClary, a professor of musicology at Case Western Reserve University in Cleveland, said in an interview that Bizet’s opera had established the trope of the tragic heroine who gets murdered onstage. Women had died in opera from the art form’s beginnings, she said, but the audience didn’t see it until the 19th century.

“After ‘Carmen,’ because it was such a hit, it became almost de rigueur,” Professor McClary said. “If a woman sings these high notes, and does all of this self-display, then, somehow or other, she’s going to have to be killed.”

“7 Deaths of Maria Callas” asks the audience to think about the ubiquity of the dying diva, but Ms. Abramovic said she did not want it to be seen as a critique of misogyny in opera. “I’m not a feminist, to start with,” she said; a woman’s death onstage was simply “more dramatic” and “more beautiful” than a man’s.“

Tagebuch Sonntag, 12. April 2020 – Fragwürdige Errungenschaft

Soviel zum Thema „Sonntag steh ich früh auf und fahre Fahrrad.“ Ich war um kurz vor 6 wach, was mir einfach zu früh war, also blieb ich liegen und schlief bis 8, und dann war es einfach zu spät, um noch vor den Massen an Osterspaziergängern wegzukommen. Jedenfalls war das meine innere Argumentation, als ich gemütlich aufs Sofa schlurfte, wo ich den Vormittag mit Serien und Schokomüsli verbrachte.

Nachmittags setzte ich mich brav an die Diss und merkte bei diesem Büchlein von 1941, wieviel ich in den letzten Jahren gelernt habe. Ich besitze inzwischen die Inselbegabung, Nazimaler zu erkennen, ohne das Gemälde vorher schon mal gesehen zu haben. Das ist super, weil damit wirklich niemand was anfangen kann. Kein Sammler braucht mich als Gutachterin, kein Museum als Kennerin, weil keiner den Kram aufhängen will. Aber ich hatte gestern immerhin ein paar gute Minuten, als ich langsam scrollte und Namen vor mich hinmurmelte: „Gerhardinger … Wissel … Amorbach – oh, doch nicht, Spiegel, stimmt … Junghanns … ach, der olle Padua … Peiner … ach Mist, Schmitz-Wiedenbrück hätte ich erkennen müssen … Schrimpf … oh, Protzen, yay, guter Fund … Hilz … Ziegler … meh, Erler hätte ich auch wissen können … ah, nochmal Gerhardinger, das kenne ich sogar …oh, Heise! Gleich zweimal, ts … das Petersenbild kenne ich, woher bloß … ach guck, Frau Troost … den Herrn Birnstengl kenne ich nicht, gleich mal googeln.“

1939 abgeschlossen. Und falls jemand von euch auf Taylor & Francis Zugriff hat, würde ich mich sehr über ein PDF dieses Buchkapitels freuen. (Ja, diese gewissen alternativen Möglichkeiten, an akademische Aufsätze zu kommen, habe ich schon probiert.) Hat sich erledigt, dankeschön, Universum!

Der moderne Osterhase hängt übrigens heutzutage was an die Wohnungstürklinke und schreibt dann aus sicherer Entfernung eine DM, dass was an der Wohnungstürklinke hängt. (Herzaugen-Emoji.)

Scrooge McMaulwurf. Der Maulwurf war nicht in der Tüte, den habe ich nachträglich reingesetzt, um mich per Bild beim OsterF. zu bedanken. Neuerdings schicken wir uns Fotos von unseren Tätigkeiten, damit der Tag nicht so langweilig ist, und ich inszeniere halt den kleinen Maulwurf, der am Rechner sitzt oder vor einem Teller Spargel oder in einer Tüte Ostereier, weil ich keine Lust auf Selfies habe. #nachrichtenausderquarantäne

Tagebuch Samstag, 11. April 2020 – „Straßen des Führers“

Ich bin in der Diss bei dem Werk angekommen, das als einziges von Protzens 29 Autobahngemälden ein eigenes Kapitel bekommt. Es ist das Werk, das von ihm in der Bundesrepublik am häufigsten gezeigt wurde und wozu immerhin ein winziger Forschungsstand besteht. Im „Dritten Reich“ selbst hing „Straßen des Führers“ nur auf der GDK 1940 und wurde an die Reichskanzlei verkauft.

Zu diesem Werk habe ich äußerst spannende Dinge herausgefunden, die ich hier leider noch nicht breittreten kann, und ich konnte auch gestern mein Problem nicht lösen, wo ich diese Dinge platziere. Ich spreche jetzt im Forschungsstand darüber, dann nochmal im eigentlichen Kapitel und ein weiteres Mal etwas ausführlicher im Schlussteil der Arbeit, wo ich mich unter anderem damit befasse, wo die ganzen Gemälde nach 1945 gelandet sind, wenn sie überhaupt noch existieren. Momentan favorisiere ich noch die chronologische und damit zerstückelte Fassung, aber ich ahne, dass ich darüber noch etwas länger nachdenken werde, denn eigentlich bin ich eine Freundin davon, alle Infos auf einmal zu bekommen.

Gestern arbeitete ich nur an diesem Bild – und ein bisschen Kleinkram – sieben Stunden herum, und dann wollte ich was essen und rumliegen.

Meine niedlichen kleinen uralten Holzostereier, die ich letztes Jahr aus der alten Heimat nach München tragen durfte, hängen dieses Jahr an Ikea-Plastikblumen, weil mein Blumenladen geschlossen ist und mein Edeka kein Dekozeug hat und ich mich nicht traue, auf irgendeinem Friedhof ein Zweiglein abzubrechen und das in eine Vase zu stellen. Das gehört ja nicht mir, sondern allen, also lasse ich die Zweiglein da, wo alle was von ihnen haben. Aber wie hier bereits erwähnt, gilt derzeit „Fuck it, wir haben Pandemie.“ Plastikblumen to the rescue!

Weil die Frage gestern auf Instagram kam: Der Holzklotz ist dieser hier von meinem Opa, und er war 2008 in der Tagebuchausstellung im Museum für Kommunikation in Frankfurt zu sehen. Da sieht man auch das Layout meines Blogs vor diesem hier.

Apropos Museum.

Auf der Website des Hauses der Kunst sind seit gestern (vorgestern?) nur noch bedeutungsschwere Sätze zu sehen und nicht nie normale Website. Da steckt bestimmt ein irre toller Gedanke dahinter – oder man spart sich in diesen Zeiten den Social-Media-Mensch ein, knurr –, aber ich bin, für mich selbst erstaunlich, seit gestern arg pissig auf diese Aktion. Es reicht doch, dass im nicht-virtuellen Leben fast überall kaum noch was geht. Müsst ihr jetzt auch noch im Internet die Rolläden runterlassen? Macht mehr, nicht weniger! Ihr hattet doch gerade euer tolles Blog gelauncht – ballert das voll, jetzt wo der nervige Publikumsverkehr nicht mehr stört.

Vermutlich ist das ne tolle Kunstaktion, die sich in wenigen Tagen auflöst und dann stehe ich wie die totale Kunstbenausin da. Dann lösche ich diesen Rant natürlich souverän-stillschweigend und fand das schon immer großartig, neue Kunstformen und so, hervorragend.

Nachtrag, 14.4.: Sag ich doch. Kunst. Fand ich schon immer großartig.

Nachmittags gab es Spargel mit Kartoffelgratin. Den Schinken hätte ich weglassen können, der störte eigentlich nur die mummelige Einheit. Überhaupt könnte ich mich nur von Kartoffelgratin ernähren.

Wie ich von Oliver Trific, dessen Restaurant ich schmerzlich vermisse, neulich auf Insta gelernt habe, serviert man den Spargel mit den Spitzen zu mir. Immer das beste zum Gast.

Apropos gutes Essen.

Celebrity Chefs Take to Instagram, and to the Pantry

Der New Yorker schreibt darüber, wie Profiköche während der Pandemie notgedrungen – aber anscheinend gern – auf Insta kochen und allen Beteiligten versichern, dass man gnadenlos alles mit allem ersetzen könne, wenn man es gerade nicht vorrätig habe. Sehr sympathisch.

„The other day, the chef Tom Colicchio, whose four restaurants in New York are currently closed, posted a short video on Instagram, demonstrating how he was using leftover roasted Brussels sprouts and carrots to make lunch. (Or was it breakfast? A fried egg was involved. The hours, and the meals, have begun to blur.) He started by drizzling some oil into a pan. “Does it matter what oil?” whispered the person behind the camera. “No. Right now, nothing matters!” Colicchio responded, chuckling.

Emma Bengtsson, the executive chef of Aquavit, in east midtown, filmed herself preparing an easy meat sauce for pasta. She had ordered a tripod online, she said, but it would take two weeks to arrive; in the meantime, she was using a head of broccoli to prop up her phone. She would normally add green olives to her sauce, but her grocery store had been cleaned out.“

Ich persönlich folge – natürlich – Herrn Trific, aber auch Jan Hartwig, dessen Zuhauseküche genauso toll aussieht wie seine Sterneküche.

Abends noch ein nettes Facetime-Gespräch mit einer Hamburger Dame geführt. Ich habe ihr per iPad meine Wohnung gezeigt und konnte im Gegenzug immer die gute alte U3 anschauen, die ab und zu durchs Fenster hinter ihr fuhr.

Tagebuch Freitag, 10. April 2020 – Ein Monat zuhause

Am 10. März war ich, bis auf den Besuch bei meiner Hausärztin zum Impfen am 13. März sowie vier oder fünf Supermarktbesuchen, das letzte Mal mit anderen Menschen in einem anderen Gebäude. Am 9. saß ich im Gasteig und durfte die Wiener Philharmoniker hören, am 10. war ich im Staatsarchiv und buddelte in Akten rum I MISS YOU SO MUCH und am 11. musste ich noch ein Buch in die Unibibliothek zurückbringen. Dabei hat man aber keinen Kontakt zu Menschen, man legt das Buch nur auf ein lustiges kleines Förderband und es verschwindet im Bibnirvana. Hätte ich gewusst, dass wenige Tage später alles geschlossen wird und alle Rückgaben ausgesetzt werden bis auf einen unbestimmten Zeitpunkt, hätte ich das Ding einfach behalten.

In den vergangenen vier Wochen hat es mir mehr und mehr gefehlt, einfach mal ein bisschen Bewegung zu kriegen. Die Riesensportlerin war ich nie, aber ich hatte immerhin die Radfahrten zum ZI oder zu den Bibliotheken, und weil ich so gerne radfahre, bin ich nach dem stundenlangen Rumbrüten am Platz auch gerne mal einen Umweg gefahren. Seit vier Wochen tigere ich nur noch in meiner Wohnung hin und her und ich ahne, dass meine schlechte Laune und Mutlosigkeit und Müdigkeit vom Donnerstag auch daher kamen, dass ich schlicht zu wenig Bewegung bekomme. Zeit hätte ich genug, aber meine derzeitige Panik vor Menschen macht es etwas kompliziert, einfach mal ein Stündchen entspannt spazierenzugehen.

Also nahm ich mir für Freitag morgen vor, direkt nach dem Aufwachen das Fahrrad aus dem Keller zu holen und strunzdumm loszufahren, egal wohin, einfach los. Genau das tat ich dann auch und seitdem geht es mir weitaus besser. Das mache ich morgen, wenn es hoffentlich auch wieder so schön leer ist draußen weil Feiertag und alles geschlossen, gleich nochmal.

Ich fuhr nicht lange und auch nicht irre schnell, ganz im Gegenteil. Ich konnte mich gar nicht sattsehen und -hören an der leeren, leisen Stadt. Wenn ich über große Kreuzungen fuhr, an denen kein einziges Auto stand und kein einziger Fußgänger wartete, rollte ich im Schritttempo über sie rüber, um den Anblick zu genießen. Ich trug auch keine Maske, sondern radelte einfach entspannt durch eine Stadt, die mir völlig unbekannt vorkam. Auch deswegen will ich morgen wieder eine kleine Runde drehen, aber wieder ohne Kamera oder so, einfach nur fahren, ein bisschen an der Luft sein und Bewegung kriegen.

Das Jahr 1938 Korrektur gelesen und vorerst abgeschlossen.

Telephone exchanges click while there’s nobody there
The Martians could land in the car park and no one would care
Closed-circuit cameras in department stores
Shoot the same movie every day
And the stars of these films neither die nor get killed
Just survive constant action replay

And nothing ever happens, nothing happens at all
The needle returns to the start of the song
And we all sing along like before
And we’ll all be lonely tonight and lonely tomorrow.

Tagebuch Donnerstag, 9. April 2020 – Snoozefest

Doofer Tag. Morgens brav an die Diss gesetzt, eine halbe Stunde auf den Text gestarrt, dann aufs Sofa gegangen und quasi den ganzen Tag nicht mehr davon runtergekommen. Ständig bei allem eingeschlafen, Serien, Buch, Twitter, egal, ich glaube, ich habe den halben Tag verdöst. Igor verpasst, Kammerspiele-Stream verpasst, auch egal. War vielleicht einfach nötig. So konnte ich mir immerhin mal keine Sorgen um gar nichts machen, das war nett.

Am frühen Abend dann doch noch zum Schreibtisch aufgerafft. Begeistert festgestellt, dass der Campuslieferdienst seine Beschränkung auf 30 Seiten aufgegeben hat, die man sich als LMU-Mitarbeiter*in oder Promovierende*r als PDF schicken lassen kann. Sofort 90 Seiten aus einem Buch geordert, in dem ich vermutlich schon Grundlagen für den Abschnitt im Text finde, den ich eigentlich im Archiv des Deutschen Museums schreiben wollte. Vielen Dank, Unibibliothek, I love you!

Tagebuch Mittwoch, 8. April 2020 – Rumschiebetextblock

Entspannt aufgewacht, geduscht. Dann nicht Flat White gemacht und rumgebloggt, sondern die Waschmaschine angeworfen und danach in den Supermarkt gegangen, um den Scheiß hinter mich zu bringen. Angenehm leer, ich habe nicht alles bekommen, aber egal, ich jage gerade keine Sonderangebote oder Spezialitäten, ich will einfach nur so schnell wie möglich wieder nach Hause.

Den üblichen Händewaschreigen hinter mich gebracht (waschen, Einkäufe verräumen, nochmal waschen), wobei gestern erstmalig der Panikpunkt „Handy desinfizieren“ dazukam. Ich erinnere mich nämlich derzeit draußen nicht nur dauernd daran, mir gefälligst nicht im Gesicht rumzuwuscheln, sondern auch, das Handy in der Hosentasche zu lassen, bis ich wieder zuhause bin. Denn daran patsche ich ja auch mit meinen ungewaschenen Händen rum und hole mir ZEUG in die Wohnung. Soweit ich weiß, ist bis heute keine Schmierinfektion nachgewiesen, das sage ich mir jedenfalls dauernd, aber trotzdem wurde gestern eins meiner sehr sparsam genutzten Desinfektionstücher eingesetzt, nachdem ich während der Kassenwarteschlange aus Gewohnheit Twitter checken wollte.

Danach begann der Rest des größtenteils guten Tags. Erstmal Flat White zubereitet (Espresso geht zur Neige) und ihn dann auf den Balkon getragen, wo ich den ersten Balkonkaffee des Jahres genoss. Das hat sich für eine Millisekunde normal angefühlt – ich genoss die Ruhe, den Blick ins Grüne (aka begrünter, weiter Innenhof) und stellte fest, dass meine Nachbarn gegenüber, deren Balkon an eine Garage grenzt, deren Dach sie im letzten Jahr mit Blumenkübeln vollgestellt haben, in diesem Jahr auch noch einen Liegestuhl auf dem Dach platziert haben. Nice. Dann erinnerte ich mich aber daran, wieso das gerade an einem Mittwochmorgen, wo normalerweise die Schule nebenan brummt und summt, so ruhig ist und war wieder traurig.

Traurigkeit vertrieben durch Diss-Korrekturen. Das war mir am Dienstag abend noch eingefallen: a) Speers total ausgedachte Ruinenwerttheorie noch an Stelle x einfügen, und b) diesen blöden Textblock mit den anderen Autobahnmalern, die ich im Text dauernd erwähne, dort aber nie Zeit habe, sie ausführlich zu beschreiben, mal wieder an einer anderen Stelle der Diss unterzubringen. Den Block schiebe ich durch die Kapitel, seit ich ihn grob skizziert habe, und immer wenn ich ihn verschoben habe, dachte ich, so, das passt jetzt, da bleibst du jetzt, und dann dauerte es vier Wochen, bis ich dachte, nee, du musst doch woanders hin. Mal sehen, wie lange er da bleibt, wo er jetzt ist. Ich ahne, dass ich ihn irgendwann lösche. Yay, 15 Seiten weniger. Aber die 15 Seiten habe ich gestern erstmals vernünftig verfasst und korrigiert, soweit das ohne Bücher halt gerade geht. (Nicht so gut.) Den ganzen Tag damit beschäftigt gewesen, Tee getrunken, gutes Tagwerk.

Außerdem: Supermarkt-Ranunkeln sind besser als gar keine Ranunkeln.

Um halb drei konnte ich mein Magenknurren nicht mehr ignorieren und machte Mittag. Seit der letzten Kitchen-Impossible-Folge hatte ich Schmacht auf Schnitzel, also suchte ich im verdienstvollen Lecker-Blog, das die dort gekochten Rezepte verbloggt, nach den Tipps fürs Salatdressing. Den Rest kriege ich auch so hin, aber das Dressing wollte ich mir doch mal anschauen. Lustigerweise mache ich meinen normalen Kartoffelsalat nach einem Rezept von Mälzer.

Ich habe mich nicht ganz ans Rezept gehalten, ich wollte keine saure Sahne einkaufen, mein blöder Edeka hatte keine Radieschen und die Rinderbrühe kam aus dem Glas, aber ansonsten habe ich das ganz gut nachbauen können. Der Salat war super, die irre ballonartige Panierung hat bei mir trotz bravem kreisförmigen Schwenken der Pfanne null funktioniert, war aber egal, hat großartig geschmeckt. Was soll beim Schnitzel auch nicht großartig schmecken.

Abends noch mit F. per Facetime gesprochen und wieder traurig geworden. Ich persönlich kann die Quarantäne besser ertragen, wenn ich alleine vor mich hinpuschele, denn das mache ich ja eh gern, und meistens fühlt sich das halbwegs normal an. Sobald ich F. sehe, erinnere ich mich aber wieder daran, dass ich ihn gerade nicht umarmen kann und dann fallen mir auch die Bibliotheken und Archive ein, in denen ich mich sonst gut von Traurigkeit ablenken kann, und dann fällt mir ein, dass ich gerade auch nicht gerne spazierengehe, was manchmal hilft, weil ich gerade Angst vor Menschen habe. Das war dann eher ein doofer Tagesabschluss.

Wir sprachen auch über die Länge der Ausgangsbeschränkungen, wie lange wir das noch aushielten und wie sehr wir uns nach dem Impfstoff sehnten, der ja angeblich so im Frühjahr 2021 eventuell da sein könnte. Dabei fiel uns auf, dass wir das nie anzweifelten – also dass es in nicht so irre ferner Zukunft einen Impfstoff gibt und die Krankheit damit bekämpft werden kann. Ein ziemlich großer Ritterschlag für die Forschung, wie mir im Nachhinein auffiel. *pieps* Please forsch faster. *pieps* Will keine Angst mehr vor Menschen haben.

Ach, und wenn ihr schon dabei seid: Was Wirksames gegen Heuschnuppn wär auch super. Verdammte Pollen. Als ob unsere Lungen nicht gerade genug zu tun hätten. *schneuz*

Mortality and the Old Masters

Fazit aus dem Text: Wenn die Museen wieder geöffnet sind, werden alle Kunstwerke für uns anders aussehen, weil wir uns verändert haben. Das unterschreibe ich sofort. Simple Erkenntnis aus Studium und Fehlfarben-Podcast: Wie wir ein Kunstwerk erleben, liegt nicht an Bildung oder Spezialkenntnissen, sondern daran, wer wir sind und was wir über die Welt wissen, die plötzlich mit diesem Werk konfrontiert wird.

Ich stimme dem Artikel allerdings nicht in seinem Urteil über zeitgenössische Kunst zu, und ob die vielen Toten der Spanischen Grippe wirklich keinerlei kulturelle Nachwirkungen hatten, müsste ich etwas genauer recherchieren.

„Why does the art of what we term the Old Masters have so much more soulful heft than that of most moderns and nearly all of our contemporaries? (I place the cutoff between the murderous scourges of war that were witnessed by Francisco Goya and those that Édouard Manet, say, read about in newspapers.) I think the reason is a routine consciousness of mortality. Pandemic diseases and innumerable other causes of early death haunted day-to-day life, even for those creators who were committed to entertainment. Consider the heaps of bodies that accumulate in Shakespeare’s tragedies: catharses of universal fear. The persistence of religion in art that was increasingly given to secular motives—Bible stories alternate with spiritually charged themes of Greek and Roman mythology—bespeaks this preoccupation. Deaths of children were a perpetual bane. Paintings of the Madonna and Child, most grippingly those by Giovanni Bellini, secrete Mary’s foreknowledge of her son’s terrible fate. The idea that God assumed flesh, suffered, and died was a stubborn consolation—Mary’s to know and ours to take on faith or, if we’re atheists, at least to marvel at as mythic poetry. […]

Here’s a prediction of our experience when we are again free to wander museums: Everything in them will be other than what we remember. The objects won’t have altered, but we will have, in some ratio of good and ill. The casualties of the coronavirus will accompany us spectrally. Until, inevitably, we begin to forget, for a while we will have been reminded of our oneness throughout the world and across time with all the living and the dead. The works await us as expressions of individuals and of entire cultures that have been—and vividly remain—light-years ahead of what passes for our understanding. Things that are better than other things, they may even induce us to consider, however briefly, becoming a bit better, too.“

Tagebuch Montag/Dienstag, 6./7. April 2020 – Zwei Tage, zwei Jahre

In zwei Tagen zwei Jahre Korrekturlesen der Diss fertiggekriegt, nämlich 1936 und 1937. Also „fertig“ wie in: Was online zu ergänzen war, habe ich ergänzt, aber es sind immer noch ein paar Stellen neongelb markiert, wo ich Fußnoten auffüllen muss mit hübschen Angaben, wo ich diese bestimmte Info denn wohl herhaben könnte. Das sind Aussagen, von denen ich weiß, dass sie stimmen – ich sitze an diesem Thema ja schon länger –, die ich aber trotzdem belegen möchte. Es fehlen auch noch ein paar Details, bei denen ich vertiefende Dinge anbringen möchte, von denen ich noch keine Ahnung habe wie zum Beispiel Holzschnitte. Die waren plötzlich wieder irre en vogue. Oder auch nicht plötzlich, keine Ahnung, ich habe mich noch nie mit Holzschnitten befasst, ich kenne ein paar aus der politisch linken Ecke der 1920er, aber das ist nur so fieses Halbwissen. Daher würde ich gerne durch ein paar Standardwerke zu Holzschnitten huschen, von denen ich jetzt noch nicht einmal weiß, wie sie heißen.

Außerdem ignoriere ich beharrlich das Abbildungsverzeichnis, was vermutlich irgendwann 150 Bilder umfassen wird, wenn ich so weiter mache und hinter jedem zweiten Werk, das ich erwähne, „Abb. x“ einfüge. Daher: Erst einmal durch den Text gehen, dann gucken, welche Bilder wirklich nötig sind. Die 29 Autobahnbilder sind natürlich gesetzt, genau wie diverse von anderen Malern. Aber was ich darüber hinaus noch von Protzens Werk präsentieren möchte, um es fassbar zu machen, weiß ich halt erst, wenn der Text und die Zusammenfassung und die große Erkenntnis stehen.

Ebenfalls weiterhin ignoriert: die Angabe „ebd.“ in Fußnoten. Noch steht immer alles namentlich da, also beispielsweise „Schmidt 2012“ fünfmal hintereinander und eben nicht „ebd.“. Aber auch nicht „Schmidt, Marlies: Die „Große Deutsche Kunstausstellung 1937 im Haus der Deutschen Kunst zu München“. Rekonstruktion und Analyse, Dissertation Halle/Saale 2012“. Erst wenn der ganze Text steht, suche ich die erste Fundstelle des Werks, um den Titel komplett hinzucopypasten und danach lauter kleine ebendas einzufügen. Darauf freue ich mich jetzt schon, das ist seit Jahren einer der letzten Handgriffe an meinen akademischen Texten. Ja, Handarbeit. Erneut: Das gibt mir ein bisschen Kontrolle über den Textberg. Lieber fünfmal zu oft über den Text geguckt als einmal zu wenig. (Gilt nicht für Blogeinträge.)

Seitdem die Bibliotheken und das ZI geschlossen sind, treibe ich mich so oft in Datenbanken rum wie nie zuvor während des Studiums. Wozu auch, da stand ja immer alles physisch vor meiner Nase, und ich blättere lieber als zu scrollen – oder 80-mal zu klicken, um durch einen dicken Ausstellungskatalog zu kommen. Trotzdem bin ich gerade sehr dankbar darüber, dass es diese Datenbanken gibt. Ich zitiere jetzt zwar recht oft amerikanische Aufsätze oder Buchkapitel, weil die deutlich großflächiger als deutsche auf JSTOR rumliegen, aber mei, die Damen und Herren wissen auch, was sie schreiben. Nebenbei luscherte ich durchs halbe Bundesarchiv, denn auch die haben Digitalisate online, zum Beispiel aus der Reichskanzlei. Leider nicht das, was ich mir im Februar vergessen hatte auszuheben.

Am Montag läutete ich offiziell das Ende des Winters ein, indem ich meinen kleinen Tisch aus dem Keller holte und ihn auf dem Balkon platzierte. Auch die lauschige Lichterkette hängt jetzt wieder am Geländer. Leider habe ich noch keine Blumen, aber seit meinem gestrigen Bauernmarktbesuch immerhin das nächstbeste zu Blümchen.

Montag abend und Dienstag früh die Folge Kitchen Impossible mit Tim Raue nachgeholt, wo die beiden unter anderem erstmals gemeinsam im gleichen Lokal gegeneinander antraten. Was sie machen mussten: Wiener Schnitzel, Kartoffelsalat und Kaiserschmarrn. Das war so wunderbar, den beiden dabei zuzusehen, wie sie sich über die schönste Panierung der Welt freuen konnten. Das sind für mich die besten Folgen der Sendung: keine irrwitzigen Zubereitungsarten mit 17 Hilfsmitteln, sondern eigentlich simple Rezepte, die aber so fein verbessert wurden, dass auch der 2-Sterne-Koch sehr lange überlegen muss. Ich werde mich heute noch einmal nach draußen trauen, um mich für die Osterwoche mit Lebensmitteln einzudecken, und ich werde so dermaßen Kalbfleisch kaufen müssen. #vorfreude Eigentlich wollte ich gestern auf dem Markt schon Gemüse holen, aber das war mir zu voll. Ich hatte auf frische Luft gehofft und die Leute haben auch an den Ständen brav Abstand gehalten, aber dafür zogen sich die Warteschlangen so dusselig kreuz und quer über den Kirchenvorplatz, dass man da leider nirgends Abstand halten konnte. Also nur schnell die Kräuter geholt und wieder nach Hause hinter die sichere Haustür.

F. und ich sprachen gerade vorgestern darüber, wie ungesund das für einen selbst ist, jeden Menschen für eine Ansteckungsquelle zu halten, aber ich kann mich davon nicht ganz freimachen.

Vorgestern gab’s ewig belegtes Brot und Gemüse zum Rumknabbern, weil frisches Brot halt locker als Mahlzeit reicht. Gestern zauberte ich aus den aufgehobenen Schalen des letzten Spargelgelages einen Sud, den ich per Mehlschwitze und Sahne und Ei in ein ganz hervorragendes Spargelcremesüppchen verwandelte. Unfotogen (ich brauche Suppenschalen!), aber sehr gut.

Noch auf den Einkaufszettel neben Kalbfleisch und Gemüse: mehr Spargel! (Und neue Nougat-Ostereier.)

Gerade heute fand ich den Newsletter von Christian Fahrenbach, „WTH America“ sehr lesenswert. Auch er hat Corona zum Hauptthema, aber das liest sich etwas differenzierter als die Katastrophenmeldungen, die mir sonst aus den USA bekannt sind.

Rustikales Weizenmischbrot nach Lutz Geißler

Ich notiere mal flugs das Rezept, das ich derzeit ständig mache, damit ich nicht immer beim Plötzblog rumklicken muss. Mein Blog, meine Rezeptesammelstelle.

Am Abend vor dem Backtag den Sauerteig ansetzen. Ich habe ja neuerdings und für mich immer noch unfassbarerweise Sauerteiganstellgut im Kühlschrank, das lustig vor sich hinblubbert und jede Woche brav aufgefrischt wird. Dafür habe ich mich natürlich auch beim Plötzblog bedient: hier steht, wie man den Ansatz zusammenbastelt, hier, wie man ihn auffrischt. Ich benutze nur Weizenvollkornmehl statt Roggen, weil es derzeit in meiner Umgebung nichts anderes gibt, wenn überhaupt. Schmeckt prima.

Also, Sauerteig am Vorabend basteln. Dafür

65 g Weizenmehl, Type 550, mit
65 g Wasser (45°C) und
3 g Anstellgut aus dem Kühlschrank mischen. Für 8 bis 10 Stunden (aka über Nacht) bei 30 Grad rumstehen lassen. Das geht entweder auf einem Holzbrett auf der Heizung (sagen zumindest die Kommentare im Plötzblog) oder, wie ich es mache, man wickelt das abgedeckte, aber nicht zugeschraubte Glas mit dem Sauerteig in eine Kuscheldecke ein, in die man zusätzlich noch ein paar Gläser mit heißem Wasser einschlägt. Hat bisher immer gut funktioniert.

Am Backtag morgens den Sauerteig mischen mit

130 g Roggenvollkornmehl (bei mir Weizenvollkorn),
455 g Weizenmehl, Type 550,
415 g Wasser (30°C) und
14 g Salz.

Alles zunächst einige Minuten bei geringer Geschwindigkeit kneten, dann ein paar Minuten bei höherer. Es sollte ein halbfester Teig entstehen. Ich gebe meist noch nach und nach ungefähr eine Handvoll Mehl zum Teig, weil er mir bisher stets zu feucht war. Er löst sich nicht vollständig von der Schüsselwand ab, ist aber auch nicht mehr so klebrig, dass er eine einzige amorphe Masse ist.

Den Teig drei Stunden lang abgedeckt bei Zimmertemperatur reifen lassen, dabei in den ersten zwei Stunden alle 30 Minuten lang ziehen und falten. Danach den Teig langwirken und im Gärkörbchen für zehn bis zwölf Stunden bei 5 Grad reifen lassen. Anders ausgedrückt: Leg eine Auflaufform, einen Brotkorb oder irgendwas anderes mit Rand mit Backpapier aus und bugsiere den zu einem länglichen Laib geformten Teig dort hinein, mit dem Schluss nach oben. Dann zwölf Stunden im Kühlschrank rumliegen lassen.

Den Ofen mit einem schweren Topf und Deckel auf 250 Grad vorheizen. Den Topf heiß etwas bemehlen, damit das Brot nicht festklebt, den Teig in den Topf kippen, so dass der Schluss nun unten liegt, mit scharfer Klinge tief einschneiden und für 40 bis 45 Minuten bei 230 Grad backen. Ich lasse in der ersten halben Stunde den Deckel auf dem Topf und nehme ihn dann ab, um das Brot so lange zu backen, bis es rustikal dunkel ist. Das sind bei mir und meinem Ofen eher 50 bis 55 Minuten.

Nach dem Backen das Brot sofort auf einen Rost umsiedeln und komplett auskühlen lassen.

Eigentlich hatte ich ein Kreuz in die Oberfläche geschnitten, aber vielleicht hat das Brot das nur als Serviervorschlag interpretiert. Wir üben weiter.

Tagebuch Sonntag, 5. April 2020 – 48 Seiten und Ostereier

Ausgeschlafen. Also um 7.20 Uhr wachgeworden. Mit den Augen gerollt, liegengeblieben, aber dann doch zu hibbelig gewesen.

Espressomaschine angeschaltet, selbstgebackene Croissants aus dem Tiefkühler geholt, geduscht. Vor dem üblichen Flat White aber dann den Sauerteig aus seiner Kuscheldecke gewickelt, in die ich ihn vorgestern abend eingepackt hatte. Der wurde mit Weizenvollkorn- und Weizenmehl zu einem Brotteig verarbeitet, den ich in den folgenden zwei Stunden des Öfteren zog und faltete. Dann durfte er noch eine Stunde bei Raumtemperatur rumstehen, bevor er für 12 Stunden in den Kühlschrank wanderte. Okay, elf, ich wollte nicht mehr warten, bis ich endlich backen konnte. Das erste äußerst wohlschmeckende Scheibchen habe ich eben vor dem Bloggen abgeschnitten.

Mich sehr über die Croissants gefreut. Ich glaube, ich habe noch nie ein Gebäck mit so viel Vorfreude und Zärtlichkeit betrachtet, aber jetzt, wo Hefe vorübergehend eine Kostbarkeit geworden ist, habe ich die tollen Hörnchen noch mehr geschätzt als sowieso schon. Guckt mal, sie halten Händchen, die Glücklichen.

Gelesen, Serien geguckt, irgendwann Hummeln im Hintern gehabt und an die Diss gesetzt. Gegen 16 Uhr hatte ich endlich den Brocken 1934/1935 bezwungen und schloss dieses eine Dokument mit nunmehr 48 DIN-A4-Seiten ab. Den nächsten Brocken mit derzeit 49 Seiten fange ich heute an. Hello, 1936/1937. Was musste der Mann auch so viel malen, herrgottnochmal.

Zum Abendessen Brot mit Salat und Fenchelsalami sowie Gurken und Paprika zum Wegknabbern. Dazu eine Tüte Milka-Nougat-Ostereier. Die hatte ich Freitag gekauft und sie hat es immerhin bis Sonntag ausgehalten. Dass sie schon verzehrt wurde, bevor der Osterhase da war, kann ich jetzt super auf den Corona-Stress schieben und nicht auf meine völlige Disziplinlosigkeit, wenn es um Nougat geht.

Über ein Testament nachgedacht und eine Liste mit allen Passwörtern, auch fürs Blog und Twitter. Man weiß ja nie. Sorry für den abrupten Wechsel von Süßigkeiten zum eigenen Ableben, aber damit beschäftigt sich mein Kopf jetzt halt, seit er den Artikel über den Busfahrer aus Detroit gelesen hat, der sich noch per Video über rücksichtslos hustende Passagiere aufregte und elf Tage später war er tot.

Are we at ‘war’ with coronavirus?

Die Washington Post gibt zu bedenken, dass martialische Sprache und Kriegsvokabular gerade nicht angebracht sind.

„Martial language, of course, comes easy to the world’s sole superpower. But others are also expressing it. From India to China, France to Brazil, politicians plunged themselves into the battle, unveiling “war” budgets and promising a triumphant “victory” to come. In Europe, too, leaders invoked the parallel of World War II, warning their populations that their countries have not faced a greater crisis since that epochal conflict. […]

Still, there are many ways in which the “war” analogy falls short. “War metaphors call for mobilization, for action, for doing something,” Veronika Koller, a linguist at Lancaster University in England, told the Atlantic. The current situation poses an altogether different demand — where the bulk of the world’s population is being asked to simply do nothing. The specter of “war,” moreover, has prompted unhelpful forms of panic, cleaning out store shelves and — in the United States — leading to a troubling rush for guns. […]

“We don’t need weapons, we don’t need bombs,” he said. “We need solidarity and compassion.”

And then there’s the greater existential menace. There are no cease-fires with a pandemic. “I happened to find myself in a city at war, destroyed, empty streets … But it always felt like there was a way out,” wrote Rony Brauman, former president of Doctors Without Borders, in reference to his career spent mitigating conflicts. “What is frightening today is the global dimension of the disaster: Even for someone who is used to situations of major crisis, this is an unprecedented experience.”“

Of Beards and Bubonic Plague: German Village Prays for a (2nd) Miracle

Die NYT über die abgesagten Passionsspiele in Oberammergau. Der dortige Geistliche hat einen sehr sympathischen Namen, wie ich feststellen durfte.

„This year’s Passion Play, scheduled to premiere in May and run through the summer, had to be abandoned because of the coronavirus. An epic production, cast with local residents as actors, the play would have brought half a million visitors to the village and 2,500 people, or half of Oberammergau, onto the world’s biggest open air stage.

The production would have been the 42nd since the play’s premiere in 1634. Canceled only twice — in 1770 during the enlightenment and in 1940 during World War II — the play has been performed once every decade and sometimes twice, for special anniversaries. It had to be postponed once before — after too many men had died in World War I to field a cast.

Now, as Easter weekend approaches, Oberammergau is praying for another miracle. So far, the village does not have a single known case of Covid-19.

“Maybe the pledge still protects the village?” Susanne Eski, a dressmaker asked hopefully, as she was preparing to put costumes for the Passion Play into storage one recent afternoon.“

Tagebuch Samstag, 4. April 2020 – Der einzige Termin im Kalender

Um 5.30 Uhr wachgewesen, am Handy rumgespielt, nochmal umgedreht und erst gegen 9 aufgewacht. Dann voller Tatendrang die Wohnung geputzt, falls heute das Gesundheitsamt klingelt.

Den Rest des Tages im Internet rumgehangen, zwischendurch meine übliche „Pfanne mit allem Gemüse, was weg muss plus Rostbratwürstchen“ zu mir genommen, Tee getrunken.

Um 19 Uhr wie immer Herrn Levit zugehört, der unter anderem die Klavierversion der Rhapsody in Blue darbot. Dabei fiel mir auf, dass diese halbe Stunde Musik derzeit mein einziger fester Termin ist. Es ist völlig egal, auch unter der Woche, wann ich aufstehe und was ich mache, aber um 19 Uhr höre ich Klaviermusik. Soviel zu meinem tollen Home-Office- bzw. Quarantäne-Tipp „Schafft euch Strukturen.“ Ich habe momentan nur diese.

Weiterhin vielen Dank für eure Zuwendungen, ich weiß das sehr zu schätzen.

Apropos Kultur im Internet. (Ganz hervorragende Überleitung, Gröner, da merkt man den Profi.)

Auf Nachtkritik.de sprechen Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg, die Intendanten des Schauspielhaus Zürich, darüber, ob ihr Haus streamt oder nicht und wenn nein, warum nicht. In Zürich ist noch alles bis zum 30. April geschlossen, die beiden scheinen aber eher damit zu rechnen, erst zur nächsten Spielzeit wieder öffnen zu können.

Ich mochte die Überlegung, die dahinter stand, erst einmal nicht zu streamen:

„Wir hatten uns eine zweiwöchige Karenzzeit verordnet: zwei Wochen keinen Output. Ich bin extrem froh, dass wir nicht sofort mit etwas aufgewartet sind. Ich hatte das Gefühl, dass ein richtiger Druck entstanden ist auf die Theater, sofort zu reagieren – nicht von der Weltöffentlichkeit, die hatte sicher anderes zu tun, aber von der Theateröffentlichkeit. Und dann wurde Zeugs rausgehauen, überall rauscht es. In Wirklichkeit aber wurde etwas übersprungen. Künstler*innen sind auch Menschen, und sie waren mit der Situation genauso überfordert wie alle anderen. Zudem – Kunst braucht Zeit. Eben für Fragen wie: Was bedeutet es für eine Kunstform, die so sehr vom Moment der leiblichen Ko-Präsenz und dem Live-Moment zwischen Menschen ausgeht, wenn die Orte der Austragung dafür zusperren und sich stattdessen alles online und virtuell ereignen soll? Dafür braucht es in jedem Fall spezifische Formen.“

Ich bin für jedes Theater und jedes Opernhaus dankbar, das spontan gesagt hat, hier sind unsere Streams, guckt euch was an, ihr braucht jetzt Zerstreuung. Aber ich merke auch: Ich kann gar nicht alles sehen, was geboten wird und ich will es auch nicht mehr. Die wenigen Theater-Streams, die ich gesehen habe, waren qualitativ nicht das, was ich sehen möchte, weil die Aufzeichnungen nicht für mich als Publikum gemacht wurden, sondern für interne Zwecke. Das fällt für mich unter die angesprochenen „spezifischen Formen“, die noch gefunden werden müssen.

Eine dieser neuen Formen sind die Hauskonzerte von Levit. Er braucht kein Ensemble, kein Orchester und er verzichtet bewusst auf tolle Mikrofone, wie er im Zeit-Podcast erzählte. Das macht es für mich zu etwas anderem als perfekt eingestellte Mitschnitte aus der Elbphilharmonie, denn das sollen seine Hauskonzerte gar nicht sein. Ihm geht es, wenn ich das mal paraphrasieren darf, um das Teilen. Er möchte spielen, aber eben nur mit Publikum. Und wenn wir als eben dieses Publikum dabei zuhören wollen, wunderbar. Es geht, wie bei jedem Konzert, darum, etwas gemeinsam zu erleben. Dass wir gerade nicht alle in der Elphi sitzen, ist schade, aber Levit öffnet sein Wohnzimmer für uns, überträgt live und wir können an diesem Ereignis teilnehmen. An den Zahlen während der Live-Übertragung, die man auf Insta oder Twitter sehen kann, wird ersichtlich, dass es durchaus einige Menschen gibt, die genau dieses Gemeinschaftserlebnis mögen. Schaut man einen Tag später auf den Stream, sind aus den 2000 Zuhörern, die um 19 Uhr dabei waren, gerne 80.000 geworden. Ich persönlich mag das Live-Erlebnis, ich mag aber auch die Möglichkeit, das Konzert zeitversetzt zu sehen. Der Unterschied ist aber immer noch, dass ich auch das Live-Konzert hätte mitnehmen können, und genau das können die großen Häuser gerade leider nicht bieten, weil kein Orchester so viel Abstand halten kann und kein Schauspielensemble so auf eine Bühne passt.

Ich fand den Hinweis auf die „leibliche Ko-Präsenz“ im Interview auch sehr gut und wichtig. Ja, das Internet ermöglicht vieles, aber eben nicht alles. Das kann man ewig bedauern – oder als zwei Paar Schuhe sehen. In der FAZ stand vor einigen Tagen mal wieder einer dieser Artikel, die nicht verstehen wollen, dass Museen im Internet nicht den Besuch im Haus ersetzen wollen, und gerade gestern meinte der Direktor der Met, dass Opern als Stream ja auch was ganz anderes wären als das Erlebnis vor Ort. Ach was. Echt jetzt? Dafür braucht ihr noch 100 Zeilen? Darum geht es doch gar nicht.

Museen nutzen das Internet als Verlängerung ihres Tuns, als eine andere, vielleicht niedrigschwelligere Herangehensweise an Kunst. (Oder ballern uns mit irren Produktionen voll, bin immer noch nicht ganz fertig mit der Seite.) Und Opern- und Konzerthäuser gönnen uns Einblicke hinter die Kulissen, teasern uns an mit Trailern ihrer Produktionen. So lange wir nicht selbst vor Bildern stehen oder im Publikum sitzen können, bieten Streams immerhin eine Ergänzung. Eine Ergänzung, keinen Ersatz. Natürlich kann nichts, auch nicht die stets verfügbaren, hochauflösenden Googlefotos, den eigenen, persönlichen Eindruck ersetzen, den man hat, wenn man vor einem Kunstwerk steht, das einen begeistert. Weil es schlicht etwas anderes ist, in einem Raum zu stehen, vielleicht seine Füße zu spüren, auf denen man schon stundenlang durch die Säle gelaufen ist, die leisen Stimmen zu hören, den knarzenden Fußboden, die komische trockene Museumsluft zu atmen, und dann ist da plötzlich ein Werk, das dich die Füße und die Luft vergessen lässt, und du spürst körperlich, dass du gerade etwas Besonderes siehst. Genauso im Theater oder der Oper. Klar kann ich auch zuhause auf dem Sofa anfangen zu heulen, wenn mich Musik ergreift, aber ich bin ihr längst nicht so ausgeliefert wie in einem dunklen Raum inmitten einer Menschenmenge. Die körperliche Überwältigung ist eine andere.

Das vermisse ich, aber ich bin trotzdem dankbar für die Ergänzung. Und für den einzigen Termin, den ich derzeit jeden Abend habe.

Außerdem möchte ich diese Tapete von 1913 haben.

Tagebuch Freitag, 3. April 2020 – Makerspace

Vorgestern ging ich wie beschrieben zum Rossmann, gestern waren dann die Supermärkte für den wöchentlichen Einkauf dran. Dieses Mal sollte es nicht zum Edeka nebenan gehen, sondern zunächst zum Feinkostuntergeschoss im Karstadt bei mir um die Ecke, weil ich dort auf meinen geliebten Büntingtee hoffte sowie auf Dijonnaise und Kandis. Die ersten beiden Dinge hat mein Edeka eh nie, den Kandis neuerdings auch nicht, daher war die Entscheidung, die Einkäufe auf zwei Läden zu verteilen, gefallen, wenn auch ungern. Ich möchte im Moment den Kontakt zu Menschen soweit wie möglich komplett vermeiden, und daher hätte ich einen Supermarkt bevorzugt. Da der olle Karstadt aber eher Mondpreise aufruft, kaufe ich da nur das, was ich sonst nicht bekomme und hole Obst, Gemüse und Jogurt woanders.

Die zwei Atemmasken, die F. mir mitgebracht hatte, waren beide jetzt einmal benutzt, die wollte ich nicht nochmal tragen. Ich fand beide auch eher unangenehm, Geruch, Sitz, Durchfeuchtung beim Atmen, das war alles eher doof. Ich wickelte mir probehalber ungefähr 15 Schals, Tücher und ernsthaft Stoffservietten irgendwie vor Mund und Nase, was alles nicht hielt, bis ich beschloss, fuck it, du gehst jetzt ohne Maske und nachmittags nähst du dir was Passendes.

Aufs Fahrrad gesetzt, weil auf dem Fahrrad besser Abstand zu halten ist zu allem anderen. Im Karstadt keinen Tee gefunden, war ja klar, aber dafür Kandis, Majoschlotz und, noch toller, Schrobenhausener Spargel. Und Weizenvollkornmehl! Sofort mitgenommen.

Dann nach nebenan zum Lidl geradelt, der mir deutlich zu voll war. An der Kasse hörte ich, dass das für Freitage anscheinend normal sei – „was meinst du, wie’s hier morgen aussieht?“ –, was mich zu dem Entschluss brachte, nächste Woche am Montag oder Dienstag nochmal einzukaufen und dann erst wieder weit nach Ostern. Hefe vergessen, sonst alles gekriegt.

Zuhause abgeschlossen, Schüssel und Schloss mit Desinfektionszeug besprüht, Einkäufe erstmal am Eingang stehengelassen und sofort Hände gewaschen. Ich singe den Refrain von Totos Africa, der geht gut 20 Sekunden. Dann Jacke und Schuhe ausgezogen, Einkäufe verräumt, nochmal Hände gewaschen. The things you do for ich weiß schon gar nicht mehr for what es ist so absurd.

Ich setzte mich an meinen schönen aufgeräumten, fast leeren Schreibtisch und begann, nach Anleitungen für Mundschutze zu googeln. In den sozialen Medien hatten schon diverse meiner von mir Verfolgten ihre schicken selbstgenähten Masken vorgezeigt, daher wusste ich: Ich will nicht die, mit der man wie ein Pinguin aussieht, sondern eine mit gebügelten Falten (hier die zweite Variante). Wie das geht, hatte ich aus inzwischen vier komplett geschauten Staffeln „Project Runway“ theoretisch total drauf. Problem: Ich habe keine Nähmaschine. Lösung: total egal, wir haben Pandemie, wir nähen von Hand, auch wenn’s scheiße aussieht. In Omas Nähkästchen lag sogar Gummiband, was ich gar nicht mehr wusste, so selten habe ich da reingeguckt. Ich habe auch keine Stecknadeln, aber wie ich gestern feststellte, Büroklammern gehen für kurze Zeit auch. Ebenfalls gelernt: ein Königreich für einen Fingerhut.


Das finde ich bei den ganzen Anleitungen zum Selbermachen auch immer lustig: „Ihr nehmt einfach ein Stück Stoff und dann …“ Ein Stück Stoff? Wer von den Menschen, die nicht eh ab und zu nähen, hat denn bitte einfach mal so zwei Meter Baumwolle rumliegen? Hatte ich nicht, aber: einen angeklecksten weißen Tischläufer, der unbenutzt im Schrank rumlag, aus Baumwolle war und durch den ich auch doppellagig gut atmen kann. Der wurde jetzt zum Prototyp verarbeitet, bevor ich mich an die bunten Stoffservietten als Rohmaterial wagte.

Ich hatte in der, keine Ahnung, sechsten, siebten, achten Klasse? mal Handarbeitsunterricht, und wir haben genau einmal eine Nähmaschine benutzt. Ansonsten kann ich mich nur noch daran erinnern, dass wir gebatikt haben, das war super. In den darauffolgenden 35 Jahren habe ich noch ein paar Knöpfe angenäht und Hosensäume gekürzt, aber das war’s im Prinzip. Daher wollte ich auf jeden Fall einen Prototyp basteln, der vermutlich drei Stunden dauern und fürchterlich aussehen würde.

Ging dann aber doch besser als ich dachte. Ja, die Stellen, wo ich das Gummiband angenäht habe, sehen aus, als wüsste ich nicht, was Ästhetik ist, aber das Thema des heutigen Eintrags ist „Fuck it, wir haben Pandemie“. Daher war ich schon nach einer Stunde ziemlich zufrieden; auch darüber, dass ich mir irgendwo mal gemerkt hatte, dass man das flache Blechteil aus Aktenheftern einnähen kann, damit man eine Art Nasenbügel hat. Gerade für uns Brillenträger*innen unschätzbar wichtig, sonst ist nach zwei Minuten die Brille beschlagen. Sehen Sie die kleine Kurve am oberen Rand? Metallbügel!

Und so nähte ich lustig weiter vor mich hin und hatte nach drei Stunden drei Masken, die ich auswaschen kann. Theoretisch kann ich in die zwei grünen sogar noch ein Vlies einlegen, zum Beispiel aus einem Staubsaugerbeutel, aber ich bin mir noch nicht sicher, wie gerne ich ein Staubsaugerbeutelstück direkt vor Mund und Nase haben möchte. Der Mundschutz ist, wie wir ja inzwischen alle gelernt habe, eher für die anderen da, die nicht von uns angehustet werden, als für uns, die ihn tragen. Passt so.

Bei der nächsten Pandemie kämme ich mich vorher und leg ein bisschen Lidschatten auf. Aber für jetzt gilt Sie wissen schon.

Danach musste dringend der Schreibtisch wieder in den akademischen Zustand zurückversetzt werden OMG.

Inzwischen war es nach 14 Uhr und ich hatte immer noch nichts gefrühstückt, nicht mal einen Kaffee oder so, ich wollte morgens das Einkaufen schnellstmöglich hinter mich bringen. Daher drängte es mich jetzt in die Küche und ich bereitete mir ein Festessen zu.

Wenn man seit ungefähr 18 Stunden nichts gegessen hat, kommt so ein kleines Weinchen übrigens noch besser.

Ich schrieb ein paar DMs an F., las ein bisschen, freute mich über die Sonne draußen und das schöne Licht in meiner Wohnung und war in einer sehr ruhigen Stimmung. Und dann war es 19 Uhr und Herr Levit lud zum Hauskonzert, das gestern auch genau dieser Stimmung entsprach. Wie immer danke dafür, man kann gar nicht oft genug danke sagen.

Mich berührt es immer, dass Levit selten nach dem Spiel einfach so aufsteht, sondern meist noch eine kleine Geste ausführt, die Faust ballt und sich damit auf den Oberschenkel klopft oder, so wie gestern, kurz die Hände vor dem Gesicht zusammenschlägt, als ob er ein Kapitel beendet, seine eben für uns geöffnete Welt wieder schließt. Einer seiner letzten Sätze im langen Zeit-Podcast war sinngemäß: „Ich kann nicht abstrakt Musik machen, das macht ja was mit mir.“ Achtung, totaler Allgemeinplatz: Vermutlich kann niemand abstrakt Musik hören. Das macht auch was mit einem. Das Hauskonzert war ein sehr schöner Abschluss des Tages, und ich dachte, als ich mich zum Bloggen an den Rechner setzte, das schreib ich jetzt so auf, das war ein schöner Tag.

Ich klickte auf unsere Klassikplaylist und wählte „The people united will never be defeated“, das wir in einer Einspielung von Levit in der Liste haben und begann mit den ersten Tönen aus heiterem Himmel an zu weinen. Dann heulte ich das Stück durch, dann bloggte ich diesen Eintrag, jetzt läuft Mendelssohn und ich esse gleich noch ein paar Schokoladen-Ostereier.

Das war ein schöner (ich habe genäht!), seltsamer (Mundschutzmasken!) und emotional mal wieder völlig überwältigender Tag. So wie alle in letzter Zeit.

Tagebuch Donnerstag, 2. April 2020 – Passivtag

Na fast. Morgens eine halbe Stunde länger im Bett rumgelungert, dann aufgestanden, ein bisschen Saft getrunken, gebloggt, im Internet rumgelesen und dann mutig straßenfein gemacht, den Mundschutz aus dem Baumarkt aufgesetzt und zu Fuß zum nächsten Rossmann gegangen. A) Bewegung, B) ich brauchte WIRKLICH Klopapier.

Der erste junge Mann – nennen wir ihn doch „Arschloch“ –, der mir auf dem Gehweg begegnete, hustete dann auch ernsthaft bewusst mit offenem Mund in meine Richtung. Ich zückte den Mittelfinger, den ich sonst immer gerne Autofahrenden hinterhergestreckt hatte, die mir auf dem Fahrrad die Vorfahrt genommen hatten, aber mehr konnte ich nicht machen. Außer mich den ganzen Tag innerlich darüber aufzuregen und jetzt darüber zu bloggen und mich nochmal aufzuregen, DU ARSCHLOCH! Danke, dass das alles wegen Pennern wie dir noch länger dauert als es eh schon dauern wird. (Lange. Link via alle gestern auf Twitter.)

Ansonsten sah ich noch ein paar wenige weitere Masken und ebenso einige wenige Tücher oder Schals, die Leute vor Mund und Nase gebunden hatten auf meinem Weg. Beim Rossmann war alles sehr leer, es gab Klopapier und ich ging wieder halbwegs entspannt nach Hause.

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, den Alles-gesagt-Podcast der ZEIT zu hören, genauer gesagt, irrwitzige fünfeinhalb Stunden, in denen ich mir von Igor Levit was erzählen ließ. Zwischendrin kochte ich Late Lunch (Kartoffelpüree, Röstzwiebeln, ein paar Rostbratwürstchen) und Tee (muss heute Grünpack nachkaufen OMG), daddelte während der Aufnahme ein bisschen Candy Crush, weil man da diese Woche ohne Zeitbegrenzung daddeln kann, lag aber ansonsten nur auf dem Sofa rum und hörte zu. Das war sehr schön.

Ich fand die Stellen besonders interessant, wo man ein bisschen hinter die Kulissen gucken konnte. Also: Ist der Mann nervös, bevor er auf die Bühne geht? Liest er Kritiken? Was passiert, wenn er die Noten vergisst? Und generell: Was bedeutet Musik für ihn? Ich muss mich gerade sehr zusammenreißen, um nicht komplett zum Lauschgroupie zu werden.

Und dann schickte der andere Schnuffi auch noch seinen Newsletter rum, was mich eigentlich auch immer freut. Da hat Herr Radnor allerdings schon bessere abgeliefert. Ich schieb’s auf die Pandemie, dass da gestern eher Allgemeinplätze und eben keine persönlichen Einsichten wie bei Levit rumkamen.

F. postete ein paar Fotos von sich auf Instagram und ich behaupte ja, dass er das nur macht, damit ich mich nicht so alleine fühle. Per DM habe ich noch einen Nachschlag bekommen. Das war auch schön. Noch schöner wäre es, ihn mal wieder anfassen zu können, ich war gestern doch ein bisschen mürbe von den fehlenden körperlichen Zuneigungsbezeugungen. Vielleicht wollt ihr bei der Frage von @ruhepuls anlegen, ihr Menschen, die auch nicht mit euren Partner*innen zusammenlebt? Wie macht ihr das?

Zum Thema „Witze, die man vor zwei Wochen noch nicht kapiert hätte.“

Von den Symphonic Minutes von Ernst von Dohnányi hatte Gabriel das Rondo in unsere Klassikliste geworfen, und gestern hörte ich zum ersten Mal das ganze kleine viertelstündige Werk. Gefällt sehr.

Abends, als Podcast und Klassik verklungen war, wurde ich dann doch wieder ängstlich und verzagt, wo ich das über fünfeinhalb Stunden gut hatte ignorieren können. Das oben verlinkte YouTube-Video macht deutlich, dass wir uns noch auf Monate dieses Ausnahmezustands einstellen müssen. So irgendwie war mir das auch klar, aber ich hatte noch nie bewusst darüber nachgedacht, sondern mich lieber mit vagen Hoffnungen über Wasser gehalten, klar, Mama, im Juni kommen wir zu deinem Geburtstag, logisch geb ich im Oktober meine Diss ab.

Gestern abend wagte es mein Kopf aber mal, pessimistischer zu denken. Ich hatte in diesem Jahr drei mögliche Abgabetermine für die Dissertation. Der März war von vornherein nicht zu schaffen, also peilte ich den Oktober an. In den letzten Wochen vor den Ausgangsbeschränkungen kam ich aber sehr gut voran, vor allem mit den zentralen Kapiteln meiner Diss, so dass ich gaaaanz vorsichtig an den Juni dachte, für den ich eventuell auch schon fertig sein könnte. Das schlug ich mir in den vergangenen Wochen brav aus dem Kopf und konzentrierte mich dann einfach auf Oktober. Oktober ist nicht so nah dran am Jetzt und nicht so weit weg vom Später, das geht, bis dahin wird ja wohl irgendwas wieder geöffnet sein, wo ich lesen und arbeiten kann. Aber gestern gestand ich meinem Kopf zu, von schlimmeren Verläufen der Pandemie auszugehen und von zu vielen Arschlöchern, die lustig in der Gegend rumhusten. Das machte mich sehr mutlos und traurig.

Ich habe durch die Jobflaute der letzten Monate (weswegen ich mich auch nicht glaubhaft um staatliche Unterstützung bemühen kann) eh sehr wenig anderes zu tun gehabt als die Diss. Und die bröselt auch so langsam vor mir weg, selbst wenn ich mich noch ein paar Wochen an Korrekturen aufhalten kann. Aber was mache ich dann? Was passiert, wenn das Semester einfach so rum ist, was mein letztes wäre? Wie verlängere ich das, wo ich nirgends hin kann? Wie lange schaffe ich es, sinnlos Serien zu bingen, ohne irre zu werden, weil ich schlicht nichts habe, was mein Kopf sonst machen könnte? (Kommt mir jetzt nicht mit Sprachen lernen.) Wo kriege ich auf einmal virtuell Jobs her, für die es schon nicht virtuell schwierig genug für mich wird, an sie ranzukommen, wenn sie irgendwann mal wieder da sind?

Tagebuch Mittwoch, 1. April 2020 – Zurücktreten, bitte

Eher mies in den Tag gekommen. Ich träume seit einigen Nächten sehr viel und sehr wild und in der Nacht zu gestern dann auch zum ersten Mal von Krankenstationen, die in Tiefgaragen eingerichtet wurden, während draußen fußballgroße quietschbunte Viren auf Menschenjagd gehen. Davon wachte ich gegen 5.30 Uhr auf, daddelte eine Stunde am Handy herum, schaltete dann den eigentlich um 7 Uhr klingelnden Wecker aus und schlief bis 8 durch, denn wenn gerade irgendwas egal ist, dann ist es mein Wecker.

Trotzdem merkte ich wieder, dass ich um 7 Uhr aufstehen muss, um das Gefühl zu haben, der Tag sei noch nicht halb rum, denn so fühlt es sich um 8 blödsinnigerweise für mich an. Also blieb ich zum Frühstück gleich auf dem Sofa, weil der Tag ja schon halb rum war, versank in meiner derzeitigen Sinnlosbeschäftigung, alle 18 Staffeln von Project Runway nachzuholen und blieb bis Mittag hirntot vor dem Laptop (meine Abspielstation für Serien). In mir kroch auch etwas hoch, was sich wie eine Erkältung anfühlte, ich schniefte ein wenig vor mich hin, war matschig und kopfschmerzig und behauptete auch, erhöhte Temperatur zu fühlen, aber mein Thermometer beruhigte mich wieder. Für eine kurze Zeit dachte ich aber, na supi, seit Wochen von allen Leuten ferngehalten und trotzdem ne Erkältung abgekriegt. Im Laufe des Tages ging es mir aber besser und ich setzte mich vernünftig angezogen an den Schreibtisch.

Dort werkelte ich weiterhin am Jahr 1935 herum und ich bin immer noch nicht damit fertig. Erstens war ich sehr davon überrascht, was ich alles geschrieben hatte; gerade im Berliner Bundesarchiv hatte ich einiges gefunden und besinnungslos in die Fußnoten gekloppt, und das hatte ich alles schon wieder vergessen. Und zweitens fielen mir beim Korrekturlesen noch ein paar Dinge auf und ein, die ich auch noch notieren konnte.

Das ist dann auch das bisher einzig Gute an der Ausgangsbeschränkung: Ich bin gezwungen, einen Schritt zurückzugehen und von außen neu auf meine Diss zu gucken. Bisher rannte ich atemlos von Bibliothek zu Archiv und zurück und ballerte immer mehr Stoff in den Text, aber jetzt habe ich Zeit, durchzuatmen und mich verdammt nochmal mit dem zu beschäftigen, was schon alles da ist, anstatt noch mehr anzulegen. Das tut dem Text sehr gut – und mir ehrlich gesagt auch. Auch wenn es gestern nur drei oder vier Stunden waren, die ich an der Diss gesessen habe, so habe ich doch ein gutes Zwischenfazit ziehen und noch einige Erkenntnisse gewinnen können, die mir jetzt erst möglich waren – eben weil ich die Zeit und die Ruhe hatte, im Schritttempo durch den Text zu gehen und komplette Kapitel zu lesen, anstatt nur den Absatz, den ich gerade mit Archivdetails anfüttere.

Nichts gekocht, nichts gebacken, nur Brot mit Zeug drauf gegessen und Schokolade und zwei Liter Tee getrunken. Nichts gelesen, keine Musik gehört, außer am eigenen Text an nichts anderem schlauer geworden, keine Selbstoptimierung betrieben. Sobald ich merkte, bei der Diss nicht mehr konzentriert zu sein, speicherte ich alles in fünffacher Ausführung und ging wieder aufs Sofa, wo meine Bettdecke noch von vormittags auf mich wartete. Abends noch ein bisschen mit F. per Facetime gesprochen und deutlich besser gelaunt als morgens ins Bett gegangen.

Tagebuch Dienstag, 31. März 2020 – Schaddoneh statt Semesterticket

Eigentlich hätte ich gestern mein neues – letztes, wimmer – Semesterticket gekauft. Eigentlich wäre ich zur Uni gefahren und hätte meine LMU-Card fürs nächste – letzte, wimmer – Semester aktualisiert. Eigentlich wäre ich vermutlich in irgendeinem Archiv ohne Mundschutz gewesen, zu dem ich gut gelaunt geradelt wäre, aber ach.

Ich weiß gar nicht, ob ich das Semesterticket überhaupt brauchen werde. Vor Ende April, vermutlich eher Ende Mai wird hier vermutlich nichts gehen, und im Sommer fahre ich eh dauernd Fahrrad. Ich hatte mir zwar vorgenommen, nach acht Jahren Uni endlich mal für lau zum Tegernsee zu gondeln, wenn ich das schon darf, aber ihr wisst ja. Dass meine LMU-Card nicht aktuell ist, ist auch irgendwie wurst, denn im Moment muss ich sie ja nicht in Bibliotheken zum Ausleihen verwenden. Die Termine bleiben trotzdem im Kalender stehen, weil es das letzte Mal ist, dass ich es erledigt hätte. (Und jetzt heule ich ein bisschen beim Tippen. Gleich mal für das nächste Orchideenfach immatrikulieren.)

Statt draußen rumzulaufen, saß ich also wieder brav am Schreibtisch, lauschte der Bibliothek in Oxford und kämpfte mich durch meinen eigenen Text über die Jahre 1934 und 1935. Das hatte ich vorgestern zunächst falsch im Blogeintrag notiert und im Laufe des Tages korrigiert – ich war mit 1934 noch nicht fertig, das erledigte ich vormittags, und nachmittags kam dann 1935. Damit wurde ich aber auch wieder nicht fertig, weil da auch der Brocken am Ende des Jahres kommt. Meine Güte, habe ich viel geschrieben.

Late Lunch: Spätzle aus der Tüte, Röstzwiebeln frisch aus der Pfanne und ein paar Schinken- und Käserestchen, die noch wegmussten. Immer wenn ich Zwiebeln für dieses Gericht schneide, denke ich „viel zu viele Zwiebeln“, und immer, wenn ich sie dann goldbraun in die Auflaufform fülle, denke ich „viel zu wenig Zwiebeln“.

Abends dann, total aufregend, mein erster Google Hangout und zwar mit den beiden Hamburger Damen. Meine komplette Twitter-Timeline scheint nur noch in virtuellen Konferenzschaltungen rumzuhängen, wobei ich nie mitreden konnte und alle Memes nicht verstanden habe, aber jetzt bin ich im Thema! Unser Hangout war allerdings kein Arbeitstermin, sondern Weinchentrinken und Witzemachen und das tat sehr gut. Memo to me: nächstes Mal ruhig eine ganze Flasche Wein an den Rechner stellen und nicht nur die restliche halbe, die seit einer Woche im Kühlschrank rumstand.

Auch im Hangout gab es gute Tipps, wie mit Corona umzugehen sei. Einfach auf alte Hamburger hören, die über Grippe reden. Vor allem auf die Dame am Schluss.

Mich nachts vom RIAS Kammerchor in den Schlaf singen lassen.

This Is Not the Apocalypse You Were Looking For

Laurie Penny mäandert sehr lesenswert um das Thema Ende der Welt vs. Ende des Kapitalismus herum und warum ersteres für viele eher vorstellbar ist.

„Covid-19 changed everything. Suddenly, the immense and frightening upheaval, the cataclysm that means nothing can go back to normal, is here, and it’s so different from what we imagined. I was expecting Half-Life. I was expecting World War Z. I’ve been dressing like I’m in The Matrix since 2003. I was not expecting to be facing this sort of thing in snuggly socks and a dressing gown, thousands of miles from home, trying not to panic and craving a proper cup of tea. This apocalypse is less Danny Boyle and more Douglas Adams. […]

Pop culture catastrophism didn’t prepare us for this. “Look, this isn’t a movie,” as one furious Italian mayor, broadcasting from his front room, put it last week. “You are not Will Smith in I Am Legend.” For one thing, it’s so relentlessly social. Most of our collective postapocalyptic visions have in common the fantasy of the world becoming smaller. Our heroes—usually white, straight men with traditional nuclear families to protect—are cut off from the rest of the world; the daydream is of finally shaking off the chains of civilization and becoming the valiant protector and/or tribal warrior they were made to be. And part of that catastrophe fantasy is relief—marauding biker gangs in bondage gear might want to murder you for half a tank of diesel and a sandwich, but at least you don’t have to worry about your credit history anymore. Or your college debt. Or your neighbors.

Instead, the world feels larger, not smaller. Right now, with over a third of the world on some sort of lockdown, with the entire world going through some version of the same crisis at once, we are suddenly frantic to touch one another. It seems more important to reconnect with friends. It seems more important than ever to be sweet and silly. We all know someone who’s stuck in a house by themselves, trying not to go bonkers. We all know someone who’s stuck in a house with someone awful, trying to survive the hotboxing of an already toxic relationship. And many of us, by now, know someone who’s sick.“

(via Vorspeisenplatte)