Tagebuch Mittwoch, 29. April 2020 – 49 Tage

49 Tage durfte ich nicht in eine Bibliothek. So ganz darf ich immer noch nicht rein, die Lesesäle bleiben noch bis mindestens 4. Mai geschlossen, wenn ich gerade auf dem neuesten Informationsstand bin. Die Stabi denkt darüber nach, die kleineren Säle zu öffnen – also die, in die ich immer den Nazikram aus dem Giftschrank geliefert kriege. Und mein geliebtes ZI öffnet auch ab nächster Woche wieder seine Pforten, und ich bin schon sehr gespannt, wieviele Leute dann in mein Stamm-Lesesälchen dürfen, der sonst 36 bis 40 Leuten Platz bietet. In den anderen beiden, noch kleineren Sälen sitze ich nie, keine Ahnung, wieviele da reingehen.

Gestern besuchte ich immerhin zwei meiner Lieblinge, um ein Buch loszuwerden und einige neue mitzunehmen. Es regnete, was mir recht war, denn dann sind weniger Leute unterwegs. Mundschutz auf, Regenjacke an, Fahrrad aus dem Keller gezerrt und erstmal zur Packstation geradelt, an der ich eine Retoure loswerden wollte. Schon nach wenigen Metern merkte ich: Mein toller Serviettenmundschutz, den ich bisher immer mit fast unbeschlagener Brille und guter Durchlüftung getragen habe, ist bei Regen eher Waterboarding. Das Atmen fällt durch nasse Baumwolle sehr schwer, wer hätte es gedacht, und anscheinend geht dann auch meine Atemluft nicht mehr nach unten oder zur Seite, sondern fies nach oben – wobei das auch an den gestrigen, eher kühlen Temperaturen gelegen haben könnte. Ich radelte also mit beschlagener und regennasser Brille durch die Gegend und schnappte undamenhaft nach Luft. Das war alles eher unschön.

Aber: In Busse und Trams (*wimmer* MISS YOU *wimmer*) will ich gerade nicht. Außerdem hatte ich ja die schönsten Ziele der Welt vor Augen (neben dem Schokoladenladen in Wien und dem Bodensee), die Packstation hatte problemlos noch Platz für mich, ist ja auch was, also weiter. Bis zur Unibibliothek war ich nassgeregnet und konnte kaum noch was gucken, aber egal. BIBLIOTHEK!

Die Uni-Bib ist nie so richtig überlaufen. Der Abholbereich ist Selbstbedienung, das heißt, man geht in den, keine Ahnung, wenn’s hochkommt, 50 qm großen Raum, in dem 20 Regale stehen, holt sich seine Bücher, verbucht die selbst an einem Terminal und verschwindet wieder. Daher hätte ich gedacht, dass das alles so geblieben wäre, aber nein. Pfeile auf dem Boden, Schilder und Absperrbänder führen einen an der gesperrten Selbstbedienungsausgabe vorbei zu zwei Fenstern, einmal die Rückgabe, die eh ohne Menschen funktioniert und dann das Fenster zur Abholung. Dort sind auf dem Boden Markierungen geklebt zum Abstandhalten, man legt seinen Bibliotheksausweis auf ein Lesegerät, die Dame hinter der Scheibe bekommt dadurch mitgeteilt, was für einen im Regal liegt, holt es nach vorn und verbucht es. Mit mir standen noch fünf weitere Leute in der Schlange, alle mit Mundschutz (genau wie die Bibliothekarinnen), alle geduldig und freundlich.

Ich erhielt meine zwei Ausleihen – und einen Umschlag mit Kopien, der mir die Frage nach den 1,50 Euro Gebühren auf meinem Konto ersparte, die mich etwas erstaunt hatten. Für mich war am 9. oder 10. März eine Fernleihe angekommen, die ich aber warum auch immer damals nicht abgeholt hatte. Ich ahne, dass das an meiner Nicht-Liebe zum Unibib-Lesesaal lag, den mag ich überhaupt nicht. Ich weiß auch noch, dass ich in der Woche vor den Ausgangsbeschränkungen (bitte sagt nicht Lockdown, wir hatten keinen Lockdown und auch keine Ausgangssperre) schön im Archiv gesessen habe und vermutlich auch deshalb nicht in den doofen Lesesaal wollte, weil der halt trübe und langweilig ist und meine gute Laune ruiniert. 49 Tage lang sagte ich mir selber WÄRSTE MAL HINGEGANGEN, DU NUSS, dann hättest du jetzt deinen Ausstellungskatalog aus Berlin, aber nee, Frau Gröner war sich ja zu fein für das runtergerockte Ding. Der Katalog war immer noch in meinem Konto zu sehen, daher dachte ich, der liegt da jetzt ewig, bis die Lesesäle wieder öffnen, aber nein, viel besser: Da der Katalog nur aus 20 Seiten bestand, wurde er einfach kopiert, ich zahlte 1,50 Euro, die Berliner bekamen „Deutscher Bauer, deutsches Land“ (1938) wieder, ich erhielt Kopien und weiß nun, dass Protzen dort die Meisterwerke Frühling im Bayerischen Wald (1937, WV 326, Tempera, 82 x 130 cm) sowie Landschaft vor Tegernsee (vermutlich Vor Tegernsee, 1935, WV 291, Öl, 82 x 130 cm) gezeigt hat.

Außerdem in der UB erledigt: meine LMU Card auf Sommersemester gestellt. Seit dem vorletzten Semester haben wir keine labbrigen Papierausweise mehr, sondern eine schicke Plastikkarte, die man zu jedem Semesteranfang in ein seltsames Lese- und Druckgerät steckt, das alte Semester wird abgefräst und das neue draufgedruckt. Da momentan aber alle Unigebäude gesperrt sind, kommt man nicht an diese Geräte. Hätte ich mir ein Semesterticket gegönnt, wäre das aber in Ordnung gewesen, LMU und die Münchner Verkehrsbetriebe haben einen Deal gemacht, dass die alten Cards als gültig angesehen werden, wie mir eine Mail der Uni mitteilte. Es geht momentan so vieles nicht, aber dafür geht vieles andere, was ich bei unserem deutschen Ordnungswahn nie gedacht hätte. Jedenfalls hatte irgendjemand die gute Idee, eins der Geräte aus dem Nebentrakt zu holen, wo es sonst steht, und es in halbwegs okayer Entfernung zur Warteschlange der Bibliothek zu platzieren. Ich bin dann jetzt auch offiziell im letzten Semester.

Nach der UB fuhr ich zur Stabi. Auch dort sagten einem schon Schilder, dass nur Ausleihe und Buchrückgabe geöffnet hatten, Pfeile auf dem Boden wiesen Besuchern und Personal die unterschiedlichen Wege. Die Stabi hatte ich noch nie so leer erlebt, die ist eigentlich nie wirklich leer, jedenfalls nicht zu den Zeiten, in denen ich sie besuche. Um kurz vor Mitternacht war ich allerdings noch nie drin, aber ich ahne, dass sie selbst dann belebter ist. Das war schon fast ein bisschen spooky, an einem Wachmenschen mit Mundschutz vorbeizugehen, der einen weiterwinkte, falls man sich auf dem Weg von der Eingangstür geradeaus zu den Schließfächern verirren sollte. Aber nach dem Bericht der SZ (oben verlinkt) ahne ich, dass der Herr vielleicht ein bisschen mitzählt, damit sich nicht zu viele Leute gleichzeitig im Gebäude aufhalten.

Die Schließfächer waren fast alle geschlossen, ich überlegte, ob ich jetzt überhaupt Jacke und Rucksack abgeben müsste, vielleicht funktionierte auch hier die Ausleihe jetzt nicht mehr mit der Hilfe des Ausleihenden. Mehr aus Gewohnheit warf ich alles ins Schließfach, zückte meine 1-Euro-Münze aus der Hosentasche, schloss ab und ging mit einem Buch und meinem Portemonnaie, in dem sich mein Bibausweis befindet, in den großen Raum, in dem normalerweise vielstimmig rumgewimmelt wird. Hier guckten mir zwei Menschen mit Mundschutz, aber ohne Abstand zueinander dabei zu, wie ich alleine zum Rückgabeschalter ging, wo ein gelangweilter Herr mein Buch entgegennahm, ich glaube, nun hinter einer Plastikscheibe und nicht mehr ohne. Weiß ich aber gerade nicht. Ich tippe auf Plastik.

Danach ging ich durch das geöffnete Drehkreuz, das man nun nicht mehr antippen musste, in den Ausleihbereich. Hier sah ich ungefähr drei oder vier Menschlein, wo sonst gerne mal 25 rumlaufen und ihre Bücher suchen (wir waren alle mal Erstis). Auch ich musste ernsthaft wieder neu suchen und behaupte, die Stabi ändert dauern ihre Regalnummerierung. Die Dame, die meine zwei Bücher verbuchte, saß hinter Plastik und sie fasste auch meinen Ausweis nicht an, sondern las ihn nur per Handscanner ein und wartete, dass ich ihn mir wieder nahm. Auch das Drehkreuz zum Ausgang musste nun nicht mehr von ihr entsperrt werden, ich ging einfach so hinaus, wie üblich mit meinen Büchern im Arm, was sich fast wieder normal anfühlte.

Am Schließfach hörte ich meine Münze in den Rückgabeschacht fallen, was aber anders klang als sonst, und freute mich über ein 2-Euro-Stück, das da anscheinend vergessen wurde. Darauf habe ich acht Studiumsjahre gewartet! Sieben Nuggets in der Sechserbox bei McDonald’s hatte ich aber immer noch nicht. Könnte auch daran liegen, dass ich die schon sehr lange nicht mehr bestellt habe. (Habe jetzt Lust auf Chicken McNuggets.)

Für die Rückfahrt nahm ich den Mundschutz ab, das Atmen fiel wirklich schwer und ich sehe dann doch ganz gerne den Straßenverkehr, durch den ich radele. Der war gestern netterweise merklich geringer als sonst, und so radelte ich nass, aber sehr zufrieden wieder nach Hause. Dort erledigte ich das neuerdings übliche Desinfektionstänzchen – was fasst man an, was nicht, wie oft wäscht man sich die Hände, nachdem man wieder reingekommen ist – und kochte danach meinen Mundschutz aus. Daher kam ich etwas unsanfter wieder in der Realität an, die ich eben für ein knappes Stündchen hatte ausblenden können.

Meine erste Aktion nach dem Ende der Promotion, wenn mein Bibliotheksausweis nicht mehr gültig ist, wird sein, mir einen neuen zu holen. Dann zwar ohne LMU-Aufdruck UND SCHON WIEDER MIT EINER NEUEN REGALNUMMER, aber ich weiß gar nicht mehr, wie ich ohne Bibliotheken auskommen soll. Das hat gestern wirklich sehr gut getan.

Es gibt viel zu tun

Katrin Schuster von der Stadtbibliothek München beschreibt die Herausforderungen gerade an digitale Möglichkeiten, die Bibliotheken besser meistern müssen.

„Nicht erst seit gestern akut ist etwa die Frage nach der Lizenzierung digitaler Medien. Den meisten unserer Nutzer*innen erscheint es zum Beispiel absurd, dass ein eBook nicht mehrmals gleichzeitig ausgeliehen werden kann, sondern sie vormerken und abwarten müssen wie bei gedruckten Büchern. Der Lobbyverband der Verlage und Buchhandlungen wiederum fürchtet um die Verkäufe, wenn Lizenzen unbegrenzt vergeben werden (und versucht das auch in Studien nachzuweisen). Noch immer gibt es keinen für alle tauglichen Entwurf für ein zeitgemäßes Urheberrecht, das sowohl den Erlösmodellen als auch der Informationsfreiheit wirklich gerecht wird. Ein Problem, das von der Pandemie in mehrfacher Hinsicht verschärft wurde: Buchhandlungen haben Umsatzeinbrüche zu verkraften, während Bibliotheken den Bedarf an eBooks bei weitem nicht mehr decken konnten. Presse und Rundfunk geht es ähnlich: Vielfach herrscht Kurzarbeit, während doch gerade jetzt seriöse Aufklärung und Einordnung wichtiger wären denn je; Bibliotheken sind darauf jedenfalls unbedingt angewiesen.“

#LibraryLife in der Coronakrise (1) : Digitale Bibliotheksangebote brauchen eine digitale Community

Stephan Schwering weist (für uns Interweb-Affine vermutlich nicht neu) darauf hin, dass der Aufbau einer Community mehr ist als Bilder von Büchertischen zu posten. Gerade die Stadtbibliothek München nehme ich übrigens als sehr engagiert im Digitalen wahr.

„Gleichzeitig merken wir, wie wichtig die digitalen Angebote der Bibliotheken wirklich sind. Viele Bibliotheken erleben gerade einen unheimlichen Run auf Ihre digitalen Angebote (auch weil viele Bibliotheken, wie wir in Düsseldorf ein kostenfreies, befristetes DigitalAbo anbieten). Viele Bürger*innen nehmen sie wohl sogar zum ersten Mal war. Gut, dass viele Bibliotheken einen – wenn auch befristeten – kostenfreien Zugang auf ihre Angebote gewähren. Gut aber auch, wenn die Bibliotheken diese in den sozialen Netzwerken kommunizieren, erläutern und erklären können und dort auch für Fragen und Anliegen ansprechbar sind.

Spätestens jetzt wird klar, wie wichtig es ist, das digitale Angebot einer Bibliothek wie z.B. die onleihe eigenständig zu denken. Es ist ein eigener, digitaler Ort. Bibliotheken bieten den Zugang dazu und sind vertrauenswürdige Partnerinnen für die Bürger*innen im Netz, virtuelle Inseln für fundierte Information und gute Inhalte. Die digitalen Nutzer*innen werden zum großen Teil die Bibliothek als analogen Ort in ihrer Stadt nie aufsuchen – akzeptieren wir das. Die Coronakrise und die damit verbundene Schließung von Bibliotheken wird wahrscheinlich zu einer größeren Verbreitung der digitalen Bibliotheksangebote führen, als jede andere Werbemaßnahme der geöffneten Bibliotheken zuvor es je vermocht hat. Das ist nicht überraschend und dennoch kann es uns etwas verdeutlichen: Die digitalen Angebote und die digitale Kommunikation finden in dieser Zeit gerade neu zueinander – und das ist notwendig. Insofern bietet diese Krise auch in Bibliotheken eine Chance über eine reine Nutzungssteigerung der digitalen Angebote hinaus.“

Tagebuch Dienstag, 28. April 2020 – Erste Machetenkorrektur

Am Wochenende bereitete ich mir bereits Darjeelingtee zu, weil mein gelieber Bünting Grünpack sehr zur Neige geht, und das ist mein Arbeitstee, der wird also für die Woche aufgespart. Bitte keine Zusendungen, ich möchte keine Päckchen empfangen. (Ich sage das nur, weil ihr in letzter Zeit damit recht freigiebig seid, was mich einerseits freut, mir aber auch jedesmal einen menschlichen Kontakt einbringt. Entschuldigung für diese Undankbarkeit.)

Ich erinnerte mich an meine letzte Suche nach Grünpack, die mich durch halb München führte, was jetzt sowieso nicht möglich ist, aber sie endete damit, dass ich online beim Teehaus bestellte. Danach erzählten mir diverse Leser*innen von Grünpack-Sichtungen in ihrer Nachbarschaft in München, ich überprüfte einige Verkaufsstellen, an denen ich ohne große Umwege vorbeikomme, fand das Vorkommen dieses herrlichen Getränks bestätigt und merkte mir, wenn deine zwei Online-Kilo weggetrunken sind, kannst du da entspannt vorbeigehen.

Ich glaube inzwischen, in totaler Überschätzung meiner eigenen Wichtigkeit, dass damals viele Menschen in Geschäften nach Grünpack gefragt haben, er deswegen geordert wurde und bei meinem Besuch daher vorrätig war. Anscheinend kauft den aber niemand hier im Süden außer mir, weswegen er wieder schnell aus dem Sortiment verschwand, denn an den beiden Stellen, die ich mir gemerkt hatte, war er in letzter Zeit nicht mehr erhältlich.

Jetzt habe ich noch ungefähr bis Ende dieser Woche den Lieblingstee und dann mache ich alle anderen Tüten in der Teekiste leer. Wenn diese Pandemie irgendwas Gutes hat, dann, dass ich endlich meine Vorräte wegtrinke und -esse anstatt ständig was nachzukaufen. Aber sobald ich keine Angst mehr vor Menschen habe, wird wieder Ostfriesentee geordert. In Massen.

Gestern wieder mies geschlafen, aber immerhin bis 5. Trotzdem erst um 7 aufgestanden, vorher schon im Bett das Internet leergelesen. Das war gestern wieder ein Tag, an dem man den Twitter-Account kündigen möchte, weil alte, weiße Männer(TM) mal wieder Müll von sich gegeben habe, dem nicht zu entgehen war. Den Theatermenschen und den Grünen habe ich noch mitbekommen, als der FDP-Typ plötzlich in den Trends auftauchte, machte ich mir nicht einmal die Mühe zu gucken, was der denn wohl Dusseliges gesagt hat. Ignoriert, Handy weggelegt, lieber Offline-Dinge getan. Wie Lesen.

„Möchten Sie, lieber Herr, nicht auch da seßhaft sein, wo es absolut keinen Nimbus, keine Kunst- und Literaturgötter und keinen Politiker gibt, dem man sonderlich viel zutraut? Wenn ja, dann kommen Sie nach München. (Nebenbei: Ich bin in keiner Weise vom Fremdenverkehrsverein bestochen, ich sage das rein aus mir heraus.)

Unsere Stadt ist in jeder Weise finster und kleinbürgerlich. Sie ist katholisch und alles, was davon abweicht, ist bolschewistisch. (Als die Josefine Baker auftreten wollte, hieß man das so, und als der Glaspalast abbrannte, war das ein Werk ‚abgewiesener, bolschewistisch infizierter Künstler‘.)

München ist seit langer, langer Zeit sozusagen auf den Hund gekommen, München ist sicher von allen deutschen Städten die provinzlerischste, wenngleich man von unseren wortreichen Reise- und Kunstphilosophen Hausenstein bis zu unserem ehrengeachteten Oberbürgermeister eifrigst bemüht ist, das Vergangene dieser Stadt wieder zu Glanz zu bringen. (Zukunft kennt man hierorts nicht, kaum Gegenwärtiges.) Verlassen Sie sich drauf, daß das auch nie anders wird. da hilft keine Revolution, kein Hitler, ja nicht einmal der Rückgang der Fremdenfrequenz. Wir sind und bleiben ein stadtähnliches Dorf und können wirklich nichts anderes mehr tun, als gemütlich sterben.

Grad aber dieses gemütliche Sterben ist das Faszinierende dieser Stadt. Es macht uneitel, versöhnlich und wunderbar glaubenslos. Und weil wir alle, wir echten Münchner, durch unsere katholische Herkunft nihilistisch in einem herrlich wurschtigen Sinn angekränkelt sind, darum läßt sich’s hier gut leben. Wir sind froh, daß uns irgend jemand regiert, daß jemand immer wieder versucht, uns auf diese oder jene Weise vorwärts zu bringen. ‚Laßt ihn nur! Wird’s was, haben wir den Nutzen! Wird’s nichts, kann man darüber granteln!‘ Das ungefähr ist unsere Grundeinstellung.“

Oskar Maria Graf: Notizbuch eines Provinzschriftstellers, Basel 1932, S. 49/50. Sehr lesenswert. Nebenbei: Von Protzen verbrannten acht Werke im Glaspalast.

Ich tippe übrigens aus einer Originalausgabe von 1932 ab, die F. mal in einem Antiquariat gefunden hat. Deswegen traue ich mich nicht, die Seiten so gnadenlos zu beschweren, wie ich das sonst beim Abtippen mache: iPhone auf die eine Seite, kleine externe Festplatte auf die andere. Dieses Buch schlage ich quasi nur 45 Grad weit auf – und vermisse gerade NOCH MEHR ALS EH SCHON diese lustigen Schaumstoffkeile, die man in Archiven kriegt, damit man Bücher oder Aktenberge nicht so weit aufschlagen muss. Und die Bleischlange, die man so hinlegen kann, wie man möchte und die weniger kaputtmacht als iPhones und Festplatten.

Ansonsten erneut durch die Diss gegangen, nun erstmals mit der Machete. Da meine Arbeit noch aus zehn Einzeldokumenten besteht, weil ich sonst wahnsinnig beim Bearbeiten werde, zählte ich gestern mal händisch durch, wo ich nach dem ersten Korrekturgang geendet war: 342 Seiten. Das ist zuviel. Nun begann also die Phase des „So richtig wichtig ist es nicht“, wie ich es gerne nenne. Dieser Brief von Vaddern an Sohnemann Protzen von 1921? Ja, hübsch, aber zahlt er auf die Forschungsfrage ein? Nein. Raus damit. Dieses funky Zitat zur Landschaftsgestaltung der Reichsautobahn? Ja, hübsch, aber hatte ich sinngemäß schon mal sehr ähnlich, nur in anderer Formulierung. Raus damit. Dieser detaillierte Forschungsstand, den man vielleicht auch raffen könnte? Ab in die Fußnoten. Jetzt sind aus meinen 50 Seiten Einleitung (Quellen, Forschungsstand, Ziel dieser Arbeit und Autobahnen: Wer sie sind und wieso sie gemalt wurden) immerhin schon nur noch 45 Seiten geworden. Da gehe ich beim nächsten Korrekturgang nochmal exzessiv rüber.

Gegessen: Kuchenreste von vorgestern, Tomatensalat, Butterbrot. Gerade sehr kochfaul, vorgestern gab’s auch nur eine Riesenschüssel Bohnensalat plus Kuchen und Butterbrot. Und eine Tüte Chips, die F. unvorsichtigerweise hiergelassen hatte. Sind sie da, sind sie weg, da bin ich völlig disziplinlos.

Tagebuch Montag, 27. April 2020 – Einleitung und Hefeteig

Sehr gut geschlafen – aber nur bis 4 Uhr morgens. Dann rumgewälzt bis 6, den Wecker um 7 ignoriert und bis 9 geschlafen. Eher mies gelaunt in den Tag gekommen. Festgestellt, dass jetzt eine Baustelle unter meinem Schlafzimmerfenster ist, die ich leider auch im Arbeitszimmer höre, so lange die Fenster geöffnet sind.

Den Tag verbrachte ich entweder am Schreibtisch – weiter am Abbildungsverzeichnis arbeitend und nebenbei den zweiten Korrekturgang durchführend, gestern wurde die Einleitung abgeschlossen – oder in der Küche, wo ich in Etappen meinen ersten Kouign amann zubereitete. Ich bin noch nicht ganz zufrieden (zu früh aus dem Ofen genommen, zu wenig Karamell), aber Zucker und Butter schmecken zusammen schon sehr gut.

Abends mit F. per Facetime gesprochen, wir sind für Freitag wieder so altmodisch persönlich miteinander verabredet. Danach alleine auf dem Balkon rumgesessen und in die Dämmerung geguckt. Es ist immer noch ein bisschen Stoff in der Prosecco-Flasche, die ich letzte Woche zum Abschluss der Erstfassung der Diss geöffnet hatte.

What We Miss Without Museums

Ich mochte an dem Text die Zärtlichkeit, mit der über Gemälde gesprochen wird. Und dass die olle Aura eben doch vorhanden ist. (Walter Benjamin Ultras.)

„The other morning, I woke in the dark with terrifying visions. To quiet myself, I imagined walking into the great lobby of the Metropolitan Museum of Art—hundreds of miles away from my dark room in Chicago. There would be cherry blossoms in the huge vases, maybe dogwood. I ascended the stone stairs, turned to the right, and threw myself down before Nicolas Poussin’s “Blind Orion Searching for the Rising Sun,” from 1658. I wanted to watch mythic Orion, his eyes closed and hand outstretched, making his way along the soft dirt path toward the radiant, arriving day.

I went to the Met every Friday night for sixteen years, until I left New York in 2011. I visited “Blind Orion” over and over. In the painting, Orion is a giant. He has been blinded by an angry king and is being guided by Cedalion, a small figure on his shoulder, toward the light of the sun, which will bring back his sight. It’s a painting about vision and wonder: look at the beautiful world he is about to see again.

When I reluctantly left my inward vision to begin another day of sheltering in place with our two young children, I laughed a little, thinking that, of all the work at the Met, I’d chosen to remember this painting, in which damage is repaired, and everything that has been taken away will be restored in the morning.“

Und den Absatz fand ich auch schön:

„Museums know the desires of our hands. That is why they have so many “Do Not Touch” signs, so many guards to caution us back. The special presence of paintings comes from their being at once untouchable and viscerally evocative of touch.“

Weniger zärtlich, sondern seltsam: „A UK Museum Challenged Bored Curators Worldwide to Share the Creepiest Objects in Their Collections. Things Got Really Weird, Fast.

Das Altpapier des MDR fasst meine derzeitige Medienmüdigkeit ganz gut zusammen, wo gelangweilte (meist) Herren meinen, ihre schlichte „Dagegen“-Position sei gerade irgendwie förderlich.

„Nun sind die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus nicht alternativlos, aber das meinen die Autoren meinem Textverständnis nach auch nicht. Sie begründen vor allem, warum sie nach der Beschäftigung mit den sich ständig verändernden Erkenntnissen davon absehen, gegebenenfalls begründungsschwache Gegenpositionen einzunehmen, nur um dadurch Meinungsstärke zu demonstrieren.

Die taz touchiert hier eine der größeren Fragen, die sich Medien in der Pandemiesituation stellen: Wie weit kommt man mit den Werkzeugen, die so im Debattenkasten herumliegen? Was nützen sie, wenn man doch nun auf einer ganz neuen Baustelle arbeitet? Kann es unter Laien große Meinungsvielfalt über epidemiologische Erkenntnisse geben, und wenn ja: Ist der Dunning-Kruger-Effekt auch eine Meinung? Wie entsteht Erkenntnisgewinn?“

Tagebuch Sonntag, 26. April 2020 – Sofatag

Fast. Ein paar Stündchen saß ich am Abbildungsverzeichnis, aber eher unkonzentriert.

Der Tag begann mit dem Nachschauen von Saturday Night Live.

SNL hatte vor zwei Wochen, nach der inzwischen überall eingetretenen Zwangspause, aus den Wohnungen und Häusern der Darstellenden gesendet. Das war alles eher Schülertheater bis auf wenige Sketche, die damit spielten, dass alle am Rechner saßen und Stress mit Zoom hatten. Aber ansonsten war das ein sehr anderes Niveau als das, was man sonst von der Show gewohnt ist. Daher war ich gestern etwas skeptisch, wie die zweite Corona-Ausgabe aussehen würde – und wurde positiv überrascht.

Anscheinend wurden per Kurier diverse Greenscreens zu den Darstellenden geschickt, so dass zum Beispiel die Weekend-Update-Nachrichten ihren ganz normalen grafischen Hintergrund hatten und man nicht mehr die geschickt drapierte Akustikgitarre von Colin Jost auf dem Sofa bewundern konnte. Meine Lieblinge Aidy Bryant und Kate McKinnon gaben ihre üblichen ungelenken Businesspartnerinnen, absichtlich so geschnitten, dass man deutlich sieht, dass sie nicht gemeinsam in einem Supermarkt stehen, und so nochmal extra komisch. Generell war das Graphics Department anscheinend wieder bei der Arbeit und es gab mehr Schnitte.

Auf den sonst üblichen Gastgeber, den vor zwei Wochen noch Tom Hanks aus seiner Küche gemimt hatte, verzichtete man, denn der ergibt bei diesem Setting überhaupt keinen Sinn. Normalerweise spielt der Host nach seinem Opening Monologue in mehreren Sketchen mit, aber das war nun ja nicht möglich. So durfte Brad Pitt den Reinkommer machen, der eigentlich mit „Live from New York, it’s Saturday Night“ endet und den er hier etwas abänderte. Sein einziger weiterer „Auftritt“ war die Ankündigung von Miley Cyrus als musikalischem Gast, die ausgerechnet Pink Floyds „Wish you were here“ bot und mich ein bisschen zum Weinen brachte. (Tolle Stimme.)

Zusammengefasst: kein uplifting Schülertheater mehr, sondern wieder eine engagierte TV-Produktion. Gefällt.

Zwei Instagrambilder von Christian Siriano vertwittert, weil ich es schick finde, dass er aus doofen Mundschutzen ein Fashion Statement macht. Der Tweet wurde von einem Aluhutträger retweetet – „SO GEHT VERSCHLEIERUNG BLABLABLA“ –, den ich schnellstmöglich blockte. Netterweise hat der Herr anscheinend kaum Follower, jedenfalls konnte ich Twitter weiter nutzen, ohne angekackt zu werden.

Ein Mann mit eigenem Kopf

Ein Nachruf auf Norbert Blüm.

„Norbert Blüm war 16 Jahre lang Arbeits- und Sozialminister, von 1982 bis 1998. Er war der Einzige, der den Kabinetten von Helmut Kohl vom ersten bis zum letzten Tag angehörte. Kurz danach zerbrach ihre Beziehung, Anfang des Jahres 2000. In Kohls Spendenaffäre kritisierte Blüm öffentlich, dass der langjährige Chef sein angebliches Ehrenwort, die Namen der Geldgeber nicht zu nennen, über Verfassung und Gesetz stellte. Solche Kritik war etwas, das Helmut Kohl für Verrat hielt, und wem der Mann übel nahm, dem nahm er übel für immer. Geißler, Süssmuth, Schäuble, Späth, Weizsäcker, seine beiden Söhne, sein Fahrer oder eben Blüm – mit vielen, die zuvor zu seinem Leben gehörten, sprach Kohl zeitlebens kein Wort mehr.

Norbert Blüm war ein vom Herzen gebildeter Mensch, auf keinen Fall einer, der unversöhnt mit jemandem bleiben wollte, der ihm einst etwas bedeutete, erst recht nicht im Alter. Also erzählte er bei jenem Mittagessen, dass er Kohl einige Zeit zuvor einen Brief geschrieben hatte, den Inhalt konnte er auswendig. Sie beide seien nun über 80, sie hätten so einen langen gemeinsamen Weg zurückgelegt, ob sie nicht ihr Zerwürfnis beilegen sollten, bevor einer von ihnen ins Grab geht. Blüm sagte: “Wenn er wenigstens zurückgeschrieben hätte: Du Arschloch, mit dir nie wieder.”

Aber von Kohl kam nichts. Einfach nichts. Zur Trauerfeier fuhr Blüm gerade deshalb, obwohl er eigentlich kein Beerdigungsgänger war; “ich kriege das Feierliche einfach nicht hin”, pflegte er zu sagen. Aber die Trauerfeier zu ignorieren hätte bedeutet, Gegnerschaft über den Tod hinaus zu dokumentieren.“

Igor Levit spielte gestern „Palais de Mari“ von Morton Feldman. Kannte ich noch nicht, hatte mich aber 23 Minuten im Griff. Ich kann verstehen, dass Levit weinen musste, wie er selbst twitterte. Das Stück wirft einen sehr auf sich selbst zurück und das ist derzeit gerade manchmal schwer erträglich.

Tagebuch Samstag, 25. April 2020 – Rosen und Kerzen (nein, nicht, was ihr jetzt denkt)

Als total sinnvolle Vorbereitung auf den Krankheitsfall aka meine persönliche Beruhigung, IRGENDWAS zu tun, mache ich meine Lungenübungen wieder etwas regelmäßiger. Simpel ausgedrückt: gaaaanz tief durch die Nase einatmen, anhalten und gaaaanz lange durch den Mund ausatmen, noch länger, noch länger, noch länger, noch länger, jedenfalls sind das die Kommandos, die man bei der Lungenärztin immer hört. Sinnbild für die kleine Anke, die mit visuellen Hilfsmitteln besser arbeiten kann, auch wenn sie nur im eigenen Kopf stattfinden: Erst total enthusiastisch an Rosen riechen, dann 100 Kerzen auf meiner Geburtstagstorte auspusten, noch länger, noch länger, noch länger.

Ich hatte Freitag schon begonnen, das Abbildungsverzeichnis der Dissertation zu überarbeiten, das in den letzten Wochen so halbwegs nebenher lief, aber eigentlich war da der Punkt, auf den ich mich konzentrierte, der Text. Jetzt müsste ich mich aber mal so langsam entscheiden, was ich alles für Bilder hinter den Text stellen möchte, damit die interessierte Leserschaft auch weiß, wovon ich die ganze Zeit schreibe. Inzwischen weiß ich ja, wie die Arbeit aufgebaut ist und wie sie aufhört, welche Vergleiche ich anstelle und welche Schlüsse ich ziehe, daher kann ich das jetzt besser eingrenzen. Im Text steht quasi noch hinter jedem zweiten Bild, das ich erwähne, „Abb. x“, aber das ändere ich gerade bzw. grenze ich sehr streng ein. Wir wollen das Ding ja nicht noch länger werden lassen.

Zu diesem Zweck fange ich wieder von vorn in der Arbeit an und lese den ganzen Brocken, den ich in den letzten fünf Wochen einmal durchkorrigiert bzw. finalisiert habe, nochmal durch. Bei jedem „Abb. x“ wird aus dem x eine Nummer, und im Abbildungsverzeichnis notiere ich den anständigen Bildtitel, die kunsthistorisch relevanten Daten und den heutigen Aufbewahrungsort des Gemäldes, falls bekannt. Für mich selbst notiere ich eine Angabe, wo zum Teufel ich eventuell schon mal eine Abbildung in Farbe und guter Qualität gesehen habe – das habe ich meist im Text notiert, damit ich es nicht vergesse –, aber zum allergrößten Teil steht da „Nachlass Nürnberg“. Wenn ich Glück habe, sieht das so aus: Abb. 2: Carl Theodor Protzen: Donaubrücke bei Leipheim, 1936, WV 309, 111 x 130,5 cm, Pinakothek der Moderne München. Bildquelle: pinakothek! farbig? Kat. Ausst. Straßen AH in der Kunst München, als farbige Postkarte. WV heißt Werkverzeichnis, und was hier zum Schluss kursiv ist, ist in meinem Dokument neongelb, damit ich sehe, dass da noch was zu tun ist, meh.

Mit diesem Job beschäftigte ich mich gestern wie auch vorgestern eher halbherzig, aber der zweite Korrekturgang fließt – natürlich – deutlich besser als der erste. Auch weil ich gerade am Ende der Arbeit angekommen war und mir wieder ins Gedächtnis rufen konnte, was ich in den letzten eineinviertel Jahren so aufgeschrieben habe. Deswegen konnte ich gestern in der Einleitung auch gleich Dinge ändern, die ich im Schlussteil anders formuliert hatte: „Diese Arbeit wird zeigen, dass …“ Nee, wird sie nicht, gleich mal wegstreichen.

Ansonsten viel geschlafen, viel Community geguckt, gelesen, GELESEN! ICH LESE WIEDER! Zum Beispiel das Notizbuch des Provinzschriftstellers Oskar Maria Graf (1932), in dem sich ein Kapitelchen mit Künstlerfaschingsfesten in Schwabing beschäftigt, für die Herr Protzen des Öfteren Plakate gestaltete. Da wollte ich einfach mal gucken, ob sich eventuell eine hübsche Fußnote basteln lässt. Stattdessen blieb ich gleich beim Vorwort länger hängen.

Bestes Tagwerk: einen Hefezopf gebacken und Lemon Curd angerührt. Gibt’s gleich beides zum Frühstück. Das war irgendwie beruhigend zu merken, dass ich für manche Lieblingsspeisen auch während einer Pandemie immer alles im Haus habe. Butter, Zucker, eine Zitrone, ein Ei. Und außerdem konnte ich überprüfen, ob Geruchs- und Geschmackssinn in Ordnung sind. Sind sie.

Tagebuch Freitag, 24. April 2020 – Wiedersehen und Rotwein

Ich habe nach fünf Wochen F. wieder von Angesicht zu Angesicht gesehen und nicht nur per Facetime und ihn auch gnadenlos umarmt, wobei wir allerdings beide Mundschutze trugen und vermutlich in unterschiedliche Richtungen geatmet haben. Fühlte sich gleichzeitig sehr gut und sehr doof an. Ich weiß selbst noch nicht, wie ich dieses Distanzieren mit dem eigenen Lebensgefährten in Zukunft praktizieren möchte. Ich weiß, dass wir uns näher sein dürften, aber momentan habe ich Panik vor meinem eigenen Freund, was mich noch mehr nervt als geschlossene Bibliotheken JA DAS IST MÖGLICH.

Ich hatte eine Runde Pittole gemacht und es gab einen schönen serbischen Rotwein dazu, während wir zwei Meter voneinander entfernt rumsaßen. Es ist alles absurd und tut weh.

‘While You Were Sleeping’ turns 25: An oral history of the Sandra Bullock rom-com favorite

Einer meiner Lieblingsfilme, wenn ich einfach nur rumschnuffeln will.

„Co-writers Daniel G. Sullivan and Fredric Lebow first pitched the idea of a man falling in love with an unconscious woman.

DANIEL G. SULLIVAN, co-writer: Nobody liked it. We went to Meg Ryan’s company and the development person there said, “Why would Meg Ryan want to do this movie? She’s unconscious the whole time.” So we decided to flip it, and once we made that switch, everything worked. When a guy is sitting next to a brain dead woman, it’s very predatory. But when you put a woman next to a guy, it’s sweet. We started calling it “Coma Guy,” but everyone still passed until we took it to a producer named Arthur Sarkissian.

ARTHUR SARKISSIAN, executive producer: I thought it was terrific, and I had known them to be good writers from another script we worked on together that never got made. […]

CATHY SANDRICH, casting co-director: There are a few auditions in your life as a casting director that you really remember, and Sandy’s was one of the most remarkable things I’ve ever seen. We were all crying. She did the monologue at Peter’s bedside where she first explains everything, and it was just so beautiful.

TURTELTAUB: Sandy has that overwhelming charm that makes her so irresistible. As soon as she left the room, [producer] Joe Roth stood up and said, “That’s our girl.”

BULLOCK: I believe it’s because Demi Moore couldn’t do it, I got it. So, I’m grateful to Demi Moore every single day. […]

TURTELTAUB: The best compliment I ever got was a woman told me, “I went to that movie with my boyfriend, and by the end of the night he was my fiance.” That’s when you know you’ve done something right, when you can get inside a person’s soul a little bit.

PULLMAN: Usually people say, “My mom was in love with you.” My son Lewis is an actor now, and he’s really good with the YouTube stuff. By accident, I saw that he had saved two scenes from “While You Were Sleeping.” That was the most touching thing.“

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Und als Kontrastprogramm:

Blood, Boycott, and Body Bags: An Oral History of ‘American Psycho’

Das Buch las ich mehrfach, allerdings beim ersten Mal immer nur in Abschnitten, bevor ich es angewidert in die Ecke warf oder in den Kleiderschrank sperrte, weil es mir Angst machte. (True Story.) Ich habe es schon länger nicht mehr gelesen und ich kann bis heute nicht verstehen, dass ein Film daraus geworden ist. Ich hatte an der Oral History jedenfalls mehr Vergnügen als am Film.

„Gloria Steinem was one of a number of prominent feminists who expressed outrage over a novel that featured scenes where Bateman tortured women. After director Mary Harron turned it into a film, though, the story would become the basis for one of the most prominent works of feminist cinema of the early 2000s. Co-written by Harron and Guinevere Turner, the 2000 dark comedy offers a biting, satirical look at toxic masculinity, inviting us into a world where the men around Bateman are so oblivious to his psychotic tendencies that he literally gets away with murder.

The film had a rough start. It changed directors and screenwriters numerous times, each with a different vision for what the film should look like. After originally attaching David Cronenburg to the film, Lionsgate ultimately landed on Harron—only to let her go, and briefly replace her with Oliver Stone, because she was against hiring Leonardo DiCaprio for the Bateman role. Lionsgate eventually realized its mistake and re-enlisted Harron to write and direct. She insisted on hiring Christian Bale for the part, long before he became one of Hollywood’s biggest names. […]

Ellis: Ultimately, [having Leo] did not work out. Leo supposedly—this is the story—got cold feet.

Turner: I believe I’m the one who started that rumor. I mean, I don’t know if it’s a rumor. My friend, who had just spoken to Gloria Steinem, said that Gloria Steinem took Leonard DiCaprio to a Yankees game, I believe, and said, “Please don’t do this movie. Coming off of Titanic, there is an entire planet full of 13-year-old girls waiting to see what you do next, and this is going to be a movie that has horrible violence toward women.”

Soon after that, Leo dropped out, so who knows what really happened? Gloria Steinem ended up marrying Christian Bale’s dad, which is really interesting. I wonder what Thanksgiving was like!“

Tagebuch Donnerstag, 23. April 2020 – Letzter Satz

Verschlafen, bei Flat White und O-Saft Masterchef Australia geguckt, interessiert festgestellt, wie DHL momentan bei uns im Haus Pakete zustellt, die ich nicht in die Packstation hatte kommen lassen können: Sie werden unten im Hausflur abgelegt, während oben mein Handy mit der Nachricht „Paket zugestellt“ plingt. Okee. Ist ein gutes Haus, hier kommt nix weg.

Eingekauft, an einer Ladentür ein Gut erworben, das ich nicht näher beschreiben kann (Empfänger liest mit), mit ausgestrecktem Arm und Mundschutz Bargeld rübergereicht wie eine Bankräuberin in Bizarro-World. Die Community-Folge mit den unterschiedlichen Timelines geguckt und wie immer völlig verliebt in alles gewesen. Selbst die Menschen, die diese Serienfolge nicht kennen, kennen vermutlich ein Gif daraus.

via GIPHY

Ich habe das Gefühl, alle zwei Wochen zu twittern, dass ich jetzt quasi fertig bin, weil ich mal wieder ein Meilensteinchen den Berg hochgeschoben habe; ich hoffe, das liest sich da nicht so. Gestern war dann aber mal wieder ein Tweet nötig, denn nach dem vermuffelten freien Tag am Mittwoch war ich gestern wieder motiviert und so okay gut gelaunt, dass ich mich an die Diss setzte und in wenigen Stunden den Schlussteil ausformulierte. Da waren doch nicht so viele Platitüden, wie ich vermutet hatte, und die Mail, die ich mir nachts beim schreckhaften Aufwachen um 2 noch selbst geschickt hatte – „mercker vollbehr vgl nachkrieg“ – half auch, die letzten Gedanken auszuformulieren, um den Teil nicht zu einer Nacherzählung der 300 Seiten vorher werden zu lassen. Um 16 Uhr 11 twitterte ich dann den frisch getippten Schlusssatz meines Textdokuments, der den Teil „Ausblick“ beendete: „Auch dazu trägt diese Arbeit bei.“ Backups erledigt, aufs Sofa gegangen, Kopf ausgemacht und nach kurzer Zeit ein Fläschchen Prosecco geöffnet und brav sozial distanziert angetrunken.

Nochmal: Ich bin noch nicht fertig. Auf Instagram kommentierte auch jemand zu Recht, dass der letzte Satz nie der letzte Satz bleibt, aber er ist jetzt erstmal geschrieben, der letzte Punkt am Ende des Brockens ist getippt. Um einen viel zu großen Vergleich rauszuholen: Die Statue ist aus dem Marmorblock geschlagen. Nun kommt das Finetuning. Anke Buonarroti nippt weiter am Prosecco.

Zur Feier des Tages mal meinen Mittagsteller, also den, den ich nach dem morgendlichen Flat White zwischen 14 und 17 Uhr zu mir nehme, je nachdem, wann mein Kopf Pause machen will, also diesen Teller nicht hübsch angerichtet, nicht nur die Hälfte fotografiert und die fürchterlich hässliche Arbeitsplatte nicht mit einem Tischläufer abgedeckt, was ich sonst immer für die Instaposts mache. Einfach alles auf den Teller geschaufelt, was ich sonst esse, geknipst, gepostet, fertig. Ist auch kein Filter drauf, was ich eh selten mache, aber falls jemandem das Grün des Brokkoli verdächtig vorkommt: Ich habe gestern einfach perfekt blanchiert, und mein Tageslicht in der Küche ist fast durchgehend großartig.

Der Rest ist Tofu in Soja-Ahornsirup-Ingwer-Chili-Schlotz, etwas zu enthusiastisch angebraten. War sehr gut.

Abends immerhin noch per Facetime mit F. angestoßen. Das war nicht ganz die Feier, die ich mir vorgestellt hatte, aber momentan ist ja alles anders. Ich war auch darüber erstaunt, dass mich das nahende Ende am Montag und Dienstag so fertig gemacht hat, während ich gestern glücklich und stolz war, als das Ende dann wirklich geschrieben war. Ich schiebe momentan jede emotionale Reaktion meinerseits auf eine komplette Überforderung von der Welt da draußen. Mehr Prosecco hilft bestimmt.

Tagebuch Mittwoch, 22. April 2020 – Muffigkeit rausradeln

Ausgeschlafen, traurig gewesen, Kaffee getrunken, die neue Folge Masterchef Australia gesehen, damit der Tag wenigstens halbwegs gut anfängt. Danach so genervt von der eigenen Muffigkeit gewesen, um nicht an den Schreibtisch zu gehen, sondern stattdessen in den Fahrradkeller. Mit dem Ziel Englischer Garten losgefahren, ohne Plan, ohne Zeitvorgabe, das einzige, was ich wollte, war, mich ein bisschen zu bewegen. Das tat ich dann auch deutlich länger als gedacht: Da ich mich im Englischen Garten grundsätzlich verfahre, weil ich nie weiß, wo ich eigentlich hinwill und gerne auch mal aus dem Garten wieder herausradele und dann den Weg wieder zurückfinden muss, sind es laut Google Maps und der inneren Maßeinheit „Pi mal Daumen“ so um die 15 bis 17 Kilometer gewesen, die ich gefahren bin. Das hat mich doch sehr gefreut, dass die Kondition auch nach fünf Wochen Rumsitzen noch für mehr als „bis zum ZI und zurück“ da ist. Ja, gut, die Knie taten danach etwas weh, aber meine Güte, ich bin alt und untrainiert.

Das Foto habe ich von der St.-Emmeram-Brücke aus gemacht.

Wieder zuhause habe ich die Diss weiterhin ignoriert und Dinge getan, von denen ich vor ein paar Wochen noch nicht gedacht hätte, sie zu tun. Bei meinen zwei naiv handgenähten Mundschutzen aus einer Stoffserviette, die ich nicht mehr mochte, hatte ich den unteren Saum offen gelassen, um eventuell noch ein Vlies einschieben zu können. Inzwischen war ich öfter mit den Masken draußen und habe eine von ihnen auch gestern auf der ganzen Fahrt getragen, was vermutlich nicht nötig gewesen wäre. Aber der südliche Teil vom Englischen Garten war doch recht bevölkert, da war ich ganz froh, einen Mundschutz zu tragen. Alleine neben der Isar entlangradelnd war er vermutlich egal. Was ich sagen wollte: Inzwischen weiß ich, dass er sehr tragefreundlich ist und ich auch gut durch ihn atmen kann, daher möchte ich kein Vlies einlegen, um mir das nicht zu erschweren. Also tat ich die eben angesprochenen Dinge bzw. eigentlich nur ein Ding: Ich versäumte den Mundschutz mal anständig. So anständig wie das per Hand halt geht, wenn man das noch nie gemacht hat. Sobald mein schöner blauer Stoff da ist, werde ich den Mundschutz auch brav umdrehen, so dass die doofen Nähte innenliegen, bevor ich die Bänder randengele. Das sieht dann natürlich gleich irre professionell aus. Hoffe ich.

Orecchiette mit Bärlauchpesto und viel Wasser, weil ich keine Coke Zero mehr im Haus hatte, aber auch nicht einkaufen gehen wollte. Über einen Sodastream nachgedacht und es wieder verworfen. Und endlich mal wieder ein bisschen in einem Roman gelesen anstatt ständig in Sachbüchern rumzuhängen. Besserer Tag, aber da ist noch Luft nach oben.

„Alles war auf der Flucht, alles war nur vorübergehend, aber wir wussten noch nicht, ob dieser Zustand bis morgen dauern würde oder noch ein paar Wochen oder Jahre oder gar unser ganzes Leben.“

Anna Seghers: Transit, Berlin 2019, S. 41. (Erstmals erschienen 1947.)

Folgeempfehlung: Die Kunsthistorikerin und Sachverständige Diana Lamprecht nutzt für ihre lehrreichen Insta-Posts frei verfügbare Bilder, hauptsächlich aus dem Metropolitan. Immer spannend. Momentan sind Eierbecher ein Thema, und gestern betrachtete ich fasziniert ein Reiseset mit Besteck aus Augsburger Silber und Griffen aus Meißener Porzellan.

Der Onkel von Herrn Heinser instagrammt gerade Fotos seines Vaters aus dem Paris der 1960er Jahre. Das weiß ich durch diesen Newsletter.

Tagebuch Dienstag, 21. April 2020 – Mürbe

Sehr doofer Tag. Um 7 Uhr den Wecker in meine Träume eingebaut und ausgeschaltet, um 8 die Gute-Morgen-DM von F. in meine Träume eingebaut und ansonsten nicht reagiert, um 9 aufgewacht und gleich traurig gewesen. Davon habe ich mich den ganzen Tag nicht erholt.

Den verbrachte ich am Schreibtisch. Heute schreibe ich vermutlich noch ungefähr eine Seite, dann ist auch das Schlusskapitel durch, mit dem ich aber noch nicht so recht glücklich bin. Die Zusammenfassung ging schnell, kein Wunder, ich habe in den letzten fünf Wochen ja auch brav alles einmal durchgelesen, was zusammengefasst werden musste. Bei der Beantwortung meiner Forschungsfrage kam ich aber in einen etwas stockenden Schreibfluss und hatte abends das Gefühl, nur noch Platitüden abzusondern, also ließ ich das sein, machte meine üblichen fünf Backups und tunkte danach viel Brot in Schnittlauchöl. Keine Lust zum Kochen gehabt.

Ich ahne, dass meine derzeitige Dünnhäutigkeit eine Kombination ist aus dem Ende der Diss, die eigentlich vermutlich was Tolles sein sollte, mich aber nur daran erinnert, dass ich keine Ahnung habe, was ich danach mit mir anfangen soll außer wieder kellnern zu gehen, aus dem Fehlen von Körperkontakt, von Menschenkontakt außer einmal die Woche mit der Supermarktkassiererin, von regelmäßiger Bewegung und wenn es nur die Radfahrt zur Bibliothek ist, von fehlendem Bibliothekskontakt verdammt nochmal ich vermisse meine Bücherregale wirklich fast mehr als die anderen Dinge, und natürlich von dieser blöden Pandemie, die trotz Ladenöffnungen in Nordrhein-Westfalen noch längst nicht vorbei ist und mir jeden Tag Angst macht. Auch Facetime mit F. konnte mich nicht aufheitern, sondern hat irgendwie alles noch schlimmer gemacht. Ja, ich weiß, ich bin keine Alleinerziehende mit zwei Kindern und ich muss auch keine Abiturklasse per iPad unterrichten, aber gestern fand ich den Tag sehr schwer erträglich.

Tagebuch Montag, 20. April 2020 – Entscheidende-Absätze-Formuliert-Haben-Depri-Loch #disslife

(Fällt mir jetzt erst beim Tippen auf, dass gestern des „Führers“ Geburtstag war. Wie passend.)

Seit September 2017 grabe ich an meinem Thema rum und habe diverse Schlenker gemacht, bis ich angekommen bin, wo ich jetzt stehe. Mit dem eigentlichen Schreiben begann ich im Februar 2019. Ich bin noch nicht ganz fertig, aber es fehlt nur noch das letzte Drittel des Schlusskapitelchens mit der Einordnung und der Zusammenfassung. Aber im Prinzip bin ich jetzt fast durch. Jedenfalls schrieb ich gestern den Satz, der genau das Gegenteil von dem sagte, was ich eigentlich sagen wollte, als ich mit diesem Thema loslief: „Damit kann man Protzen eindeutig als Profiteur des NS-Systems einordnen.“ Forschung. So überraschend!

Direkt nach diesem Satz fiel ich in das erste Depri-Loch des Tages, kämpfte mich aber wacker durch die Jahre 1946 bis 1956, dem Todesjahr des Herrn. Jetzt kommt noch der Schlussteil, der zu einem Großteil schon steht, aber zu dem hatte ich gestern keine Konzentration mehr. Ich bin nur noch aufs Sofa gekrochen und war traurig darüber, dass die Diss gefühlt fast fertig ist.

Natürlich bin ich noch nicht fertig. Ich brauche per Fernleihe noch die Kataloge zu vier Ausstellungen, die nicht in München sind. Einer davon war sogar schon mal hier, aber an irgendeinem Freitag im März meinte ich launig zu mir, ach, den hole ich mir Montag, und dann ging Montag gar nichts mehr. Die anderen drei haben sich nie auf den Weg gemacht, die muss ich nochmal anfordern. Die Unibibliothek beginnt in dieser Woche wieder langsam, ihren Ausleihbetrieb hochzufahren, die Lesesäle bleiben aber weiterhin geschlossen, daher weiß ich selbst noch nicht, ob die Fernleihe funktioniert, denn die so angeforderten Werke bekommt man ja eigentlich in einen Lesesaal geliefert.

Außerdem muss ich mir zwei Archivalien aus dem Staatsarchiv noch einmal ausheben lassen, da habe ich etwas schludrig zitiert, das würde ich doch gerne nochmal im Original vor mir haben und notfalls korrigieren. Dann fehlt noch total das Archiv des Deutschen Museums, in dem ich noch nie war, und in der dortigen Bibliothek wollte ich noch ein paar Jahrgänge technische Zeitschriften durchblättern. Und als Abschluss fahre ich nochmal ins Kunstarchiv in Nürnberg, um ein viertes und letztes Mal durch den kompletten Nachlass zu wühlen, ob ich was Entscheidendes übersehen habe, wovon ich nicht ausgehe.

Für das Abbildungsverzeichnis muss ich noch in diverse Bibliotheken und ebenfalls ins Kunstarchiv, weil viele von Protzens Gemälden dort immerhin als Schwarzweißfoto vorhanden sind, aber sonst nirgends. Und dann kommen natürlich noch die üblichen 17 weiteren Korrekturgänge, der erste war gestern durch. Ich habe also noch was zu tun, aber die großen Absätze und Erkenntnisse, auf die man 300 Seiten lang zuschreibt, die stehen jetzt.

Ich habe kein Schlusswort für diesen Eintrag. Ich war gestern seltsamerweise sehr traurig und gar nicht gut gelaunt.

Schnittlauchöl à la Nakamura

Als F. und ich vor einem Jahr im Werneckhof tafelten, fand ich nicht nur das 2-Sterne-Zeug toll, sondern auch das simple Schnittlauchöl, das den ganzen Abend auf dem Tisch stand und in das ich ungefähr drei Laibe Brot getunkt habe. Netterweise hat Tohru Nakamura im Dezember 2019 dem SZ-Magazin das Rezept verraten und seitdem will ich es nachbasteln. Samstagvormittag erledigt.

Ich habe das Rezept geviertelt und dann zweimal zubereitet, weil ich nicht wusste, wieviel Gewicht meine lustigen Spritzbeutel aushalten, in denen man die Masse eine Stunde lang abhängen lassen muss. Bei 250 ml Öl plus grünem Püree habe ich mich sicher genug gefühlt, danach nicht die Küche neu streichen zu müssen, falls was schief geht. Hat auch prima funktioniert. Hier stehen jetzt aber die Originalmengen, also die für einen Liter Öl. Enjoy.

5 Bund Schnittlauch und
100 g Blattspinat waschen, gut abtropfen lassen und fein hacken. Mit
1 l Traubenkernöl fein pürieren.

Eine Schüssel mit Eis füllen, eine zweite hineinstellen. In die kommt nach dem Erhitzen alles rein. Ein feines Sieb bereitlegen.

Schnittlauch, Spinat und Öl in einen Topf geben, vier Minuten bis auf 90 bis 100 Grad erhitzen und stets umrühren. Dabei trennt sich das helle Öl wieder ein bisschen vom Grünzeug – das muss so. Ich habe leider kein Thermometer, das man in den Topf hängen kann, also balancierte ich links das blöde Messinstrument, rechts rührte ich und mittig verfluchte ich mich für den leichten Topf, der ständig rumrutschte. Toller Tipp: einen schweren Topf nehmen. (Oder in meinem Fall endlich ein Thermometer kaufen, das man irgendwo am Topfrand befestigen kann.) Ich habe darauf geachtet, dass nichts kocht, ein bisschen rumsimmern war aber okay.

Nach ungefähr vier Minuten die Masse durch das Sieb in die Schüssel im Eisbad gießen, notfalls beim Durchsieben etwas mit Druck nachhelfen. Eventuell ein zweites Mal durchsieben – das ist mir aber erst zu spät eingefallen. Bei mir ist das Öl nicht hundertprozentig klar geworden, einige wenige Gemüsestückchen sind mitgekommen. Tut dem Geschmack nicht weh, aber klar sieht’s natürlich hübscher aus.

Die durchgesiebte, herrlich grüne Flüssigkeit nun in einen Spritzbeutel füllen und eine Stunde rumhängen lassen. Dabei setzen sich unten die wenigen Gemüsereste noch ab, alles darüber ist Öl. Nach gut einer Stunde den Beutel unten winzigklein aufschneiden oder anstechen, um das Gemüse abzulassen. Das Öl danach in schicke Fläschchen füllen. Hält sich kühl und dunkel für zwei bis drei Wochen und macht süchtig.

Tagebuch Samstag, 18. April 2020 – Fast normal

Morgens um 8.45 Uhr zur Packstation geradelt, wo ein winziges Päckchen mit Nähgarn und Stecknadeln auf mich wartete. Normalerweise würde ich diese Strecke zu Fuß erledigen, aber ich fühle mich auf dem Rad gerade wohler. Danach noch kurz zum Karstadt geradelt, der um 9 öffnete, wo ich in der Lebensmittelabteilung mein Lieblingsbrot erstand; ich wechsele mich gern ab, mal backe ich, mal lasse ich backen. Im Laden selbst sah ich geschätzt die Hälfte der Menschen mit Mundschutz. An der Fischtheke, wegen derer ich überhaupt in den Laden wollte, war ungefähr ein halber Meter vor der Auslage abgesperrt, so dass man nicht ganz so dicht an den Menschen dahinter herankam. Für mein Zanderpäckchen musste ich mich etwas lang machen.

Ich radelte keinen Umweg, weil ich den Rucksack teilweise mit Zeug gefüllt hatte, das in einen Kühlschrank wollte (Zander zum Beispiel). Zuhause erprobte ich ein neues Rezept und war damit sehr zufrieden. Keine Fotos gemacht, wie so ne Anfängerin.

Dann wollte ich eigentlich nur mal kurz an den Rechner. Immerhin in netter Begleitung.

Freitag hatte ich per Twitter von der herrlichen Datenbank Fold3.com erfahren, und durch einen Testzugang für Ancestry.de, der mir netterweise für lau vom Unternehmen zur Verfügung gestellt wurde, konnte ich darauf zugreifen. Ich kann immer noch nicht verstehen, wieso ich Fold3 nicht kannte – dort liegen nämlich auch die Unterlagen der sogenannten „Monuments Men“, also der Abteilung „Monuments, Fine Arts and Archives Section“ der US-Streitkräfte. Genau diese Abteilung war dafür verantwortlich, die ganzen geraubten Kunstschätze, aber auch den ganzen Nazikram (aka Werke von Protzen), der in Bergwerken und sonstwo eingelagert war, wieder zu verteilen.

Von den Werken, die mich interessieren, kamen einige am Central Collection Point Munich an. Die Datenbank, in der man die dort angelegten Property Cards einsehen kann, gehört zum Deutschen Historischen Museum in Berlin und ist seit Wochen nicht erreichbar. Damit konnte ich natürlich nicht rechnen, als ich mir die chronologische Herangehensweise an die ganzen Bilder überlegte und so den Datenbankabruf immer weiter hinauszögerte. Seit ein paar Wochen würde ich jetzt echt gerne die sogenannten Mü-Nummern nachgucken – kann ich aber nicht. Bzw. konnte ich nicht, denn die Property Cards sind auch über Fold3 abrufbar, ha!

Ich fand aber nicht nur die Mü-Nummern der von mir gesuchten Werke, sondern auch noch diversen Schriftverkehr, in denen Potzens Name auftauchte. Durch den konnte ich belegen, dass alle Werke, die Herr Protzen so stolz mit „angekauft vom Führer“ oder auch nur schnöde mit „Reichskanzlei“ im Verzeichnis annotierte, nie nach Berlin kamen, sondern nach den jeweiligen Großen Deutschen Kunstausstellungen im Depot des Hauses der Kunst rumstanden, bis sie dann ab 1943 nach Altaussee oder Kelheim kamen. Letzteres war mir neu, da habe ich noch keine Ahnung, wo in Kelheim was gesammelt wurde. Im Depotbuch des Hauses der Kunst waren nur drei Werke als Abgang verzeichnet, aber jetzt kann ich alle nachweisen, die dort von Protzen verkauft und irgendwann weitergereicht wurden. Aber eben nie in die Reichskanzlei, worüber ich dann doch sehr grinsen musste.

Zwischendurch musste ich mal was kochen. Am Freitag hatte ich bei Masterchef Australia gesehen, wie der Trick mit den Kartoffelschuppen auf einem Stück Fisch funktioniert: den Fisch mit leicht aufgeschlagenem Eiweiß bestreichen, dann hält das Zeug nämlich. Den Fisch in der Hand halten, eine heiße, logischerweise nicht geölte Pfanne vorsichtig drüberstülpen, so dass die Schuppen Pfannenkontakt haben, Fisch andrücken und mit Schwung umdrehen. Öl rein, lustige Kräuter rein, gerne auch noch einen Berg Butter und dann irgendwann vorsichtig wenden. Bis auf eine Schuppe hat das auch hervorragend geklappt. Yay! Die kleinen Erfolgserlebnisse.

Allerdings zu viel Paprika.

Der Tag gestern hat sich fast normal angefühlt. Halbwegs entspannt einkaufen gewesen, lustige Dinge gekocht, gut gearbeitet, wenn auch deutlich länger als geplant. Ich habe mich wie schon im letzten Jahr so sehr darüber gefreut, mir frische Kräuter vom Balkon holen zu können und wie herrlich nach deren Benutzung die Küche duftet. Der Wein zum Fisch war prima, ich habe Wäsche auf dem Balkon trocknen können und sie rechtzeitig vor dem kurzen Regenguss wieder reingeholt, es hat geregnet, yay, auch danach duftet es immer so gut und ich mag das Geräusch von Regen so gern. Versonnen auf dem Sofa gehockt und nach draußen geguckt.

Als Tagesabschluss wollte ich noch eine letzte Runde in der Datenbank drehen, mit den Protzen-Einträgen war ich durch, ich wühlte einfach nur noch so, und dann stolperte ich über eine der Transportlisten aus Aussee, die ich nur überflog, bevor ich den Rechner frustriert und wütend zuklappte. 90 Trucks. 3300 Gemälde. Aus französischem Besitz, aus niederländischem, aus belgischem. Ziel Jugoslawien. Ziel München. 40 Koffer. 3 Tische. 2 Sitzkissen, Besitzer Adolf Hitler.

Ich weiß das ja alles. Ich weiß, dass die Nazis den größten Kunstraub der Geschichte durchgeführt haben und das in schöner deutscher Gründlichkeit, ich kenne die Fotos aus Aussee und dem CCP, die reihenweise Gemälde hintereinander und Lastwagen voller Skulpturen, kenn ich doch, weiß ich doch. Und trotzdem reicht manchmal eine blöde Liste, um mir das Ausmaß in konzentrierter Form ganz kurz vor Augen zu führen. Und dann bin ich wieder pissig, dass ich 300 Seiten über einen Täter/Mitläufer geschrieben habe anstatt was Anständiges zu machen. Ja, ich weiß, dass wir auch die Gegenseite brauchen, um den Raubzug aufarbeiten zu können. Trotzdem.

Schokolade, Community, Hefeteig angesetzt. Und mit F. geredet, das hilft ja auch immer.

Tagebuch Freitag, 17. April 2020 – 1943 bis 1945 und blauer Stoff

Schreibtischtag. Nicht vor der Tür gewesen, Reste gegessen, ansonsten die Jahren 1943 bis 1945 korrekturgelesen. Etwas müde die Zeit des „Dritten Reichs“ vorerst hinter mir gelassen. Ab in die amerikanische Besatzungszone und zu den Kapiteln, die ich als letztes vor den Ausgangsbeschränkungen geschrieben habe: die ganzen Neu- und Wiedergründungen der Münchner Kunstvereine, die ersten Ausstellungen im nun umbenannten Haus der Kunst, Protzens neue und alte Motive im neuen und alten Stil, die bei dem Herrn dazu führten, dass er jegliche Richtung verlor, falls er jemals eine hatte (ich behaupte: eher nein).

Der Campuslieferdienst der LMU, der normalerweise bis zu 30 Seiten eines Buchs als pdf an seine Studierenden verschickt, falls die gerade nicht in die Bibliothek können, hat diese Beschränkung für LMU-Mitarbeitende und Promovierende geändert. Vorgestern landeten bei mir zwei Buchkapitel, die zusammen ungefähr 90 Seiten hatten. Mit denen wollte ich eigentlich anfangen, aber deren Inhalte gehören hauptsächlich ins Kapitel 1938 und daran war ich ja gerade vorbeigelaufen. Ich begann zwar zu lesen, merkte aber, dass ich mich nicht so recht konzentrieren konnte oder wollte, ließ das pdf daher liegen und las weiter im Jahr 1943 Korrektur.

Gestern zum ersten Mal im meinem Leben Stoff bestellt. So zum Nähen. Eine Tätigkeit, der ich bisher weiträumig ausgewichen bin. Ich muss aber gestehen, dass mir in letzter Zeit meine Klamotten auf den Zeiger gehen, weil sie halt nie *richtig* passen, sondern immer nur so ungefähr. Meine Figur ist nicht für die Massenware gemacht und ich habe mich damit arrangiert, dass ich nie perfekt angezogen aussehen werde, weswegen ich es irgendwann auch nicht mehr versucht habe. Das ist eine recht entspannende Art, morgens aus dem Haus zu gehen, aber, weiß der Geier warum, seit einiger Zeit nervt es.

Das Mundschutznähen neulich fand ich erstaunlich spannend und entspannend zugleich: Ich habe versucht, halbwegs präzise zu arbeiten, was natürlich von vornherein Quatsch ist, wenn man nicht mal Stecknadeln im Haus hat, aber ich mochte diese neue Art der Konzentration, die sich mal nicht mit akademischen Texten oder Werbedetails oder Hefemengen in Teigen befasst. Und da wir ja vermutlich noch ein paar Monate mit Mundschutz rumlaufen werden (ich jedenfalls), dachte ich mir, gönnste dir doch mal ein Stückchen schönen Stoff, der keine alte Serviette aus dem Schrank ist und dessen Farbe dir lieber ist. Ich habe nach einem Tipp hier bestellt und bin gespannt.

Gestern gab’s bei Herrn Levit Mussorgskis Bilder einer Ausstellung. Kann man ja auch mal in großer Besetzung hören.

Tagebuch Donnerstag, 16. April 2020 – 1941/1942

Den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen und die Jahre 1941 und 1942 Korrektur gelesen. Zufrieden gewesen.

Man merkte den beiden Jahren an, dass ich sie recht konzentriert formuliert hatte. Heißt: Bei den 1930er Jahren wusste ich noch nicht, wo ich hinwill, ich wühlte dauernd im Werkverzeichnis rum, entdeckte ständig neue Einträge bzw. konnte sie endlich zuordnen, musste dementsprechend etwas in der Arbeit weiter vorne ändern, hüpfte wieder nach hinten, fand wieder Zeug, hüpfte wieder nach vorn, ihr wisst schon. Die Kapitel lasen sich etwas fransig und deswegen dauerten die Korrekturen auch länger. Da die Gemälde der Reichsautobahn aber Anfang 1941 beendet wurden, konnte ich mich nun einem neuen Thema zuwenden. Bilder aus den eroberten Ostgebieten machen zwar noch weniger gute Laune als Bilder von Straßenbrücken, aber man merkte den beiden Kapiteln deutlich an, dass ich inzwischen einen guten Überblick über Protzen und sein Werk hatte und auch endlich wusste, was der Punkt meiner ganzen Arbeit war.

Nebenbei freute ich mich zum fünften und sechsten Mal über eine Mail aus dem Historischen Archiv vom Haus der Kunst, in der zu jeder GDK ein bisschen was über Protzen stand, das ich zwar nicht selber hatte rausfinden können, weil ich halt gerade nicht ins Archiv darf, aber das macht fast gar nicht. (Fast! gar nichts.) Seit der GDK 1937 konnte ich immer ein bisschen im Text anlegen, aber bei der GDK 1941 konnte ich RICHTIG was anlegen. In einem Buch hatte ich die Info gefunden, dass der Herr Reichskanzler Werke von 29 Künstlern wenige Tage vor der Eröffnung hatte entfernen lassen, weil ihm die „modern“ vorkamen. Auch Herr Protzen war dabei, aber ich hatte keine Ahnung, was von ihm wohl so modern gewesen sein könnte, dass Cheffe damit nicht klarkam. Durch die Archivalien im Haus der Kunst und dem Werkverzeichnis, das ich inzwischen auswendig kann, konnte ich nun aber belegen, welches Kunstwerk wohl so schlimm gewesen war. (Ne Autobahn.) Das war schön.

Lesezeichen für mich selbst: Jonas Schaible fragte nach den besten Geschichtspodcasts. Die Antworten werde ich mal durchhören.

Beim vorgestrigen Einkauf irgendwie Hackfleisch erworben, ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Eigentlich wollte ich gestern weiter am Bärlauchpesto rumschlabbern und hatte schon Smashed Potatoes mit Erbsen und Pesto im Kopf, aber dann fiel mir morgens beim Kühlschranköffnen (Milch für den Flat White) die Packung Hack auf und ich plante um. Denn netterweise hatte ich ja außerdem Hefe bekommen und deswegen wurde ich quasi gezwungen – GEZWUNGEN, SAG ICH –, Burger Buns zu backen und mir abends einen Cheeseburger zu bauen. Nichts Wildes, nur Salat, Tomate, Zwiebel, Käse und was immer die Gewürzflaschensektion in der Kühlschranktür hergab. Gut war’s.

F. gestern so per DM: „Ich habe mal Karten für Igor Levit im April 2021 angefragt.“
Ich so, nachdem ich die zwei Stücke im Programm gesehen hatte: „Pfft, hab ich beide schon im Hauskonzert gehört.“

(Bussi!)

Artistic Strategies for Co-Working in Tight Quarters

Der New Yorker über Künstler*innenpaare, die es mehr oder weniger miteinander aushielten.

„In the era of the coronavirus pandemic, obtaining a separate space outside the house is not really an option. A more actionable case study can be found in the artist Judy Chicago’s autobiography “Through the Flower,” where she described the challenges of trying to work in the same Los Angeles house as her second husband, the sculptor Lloyd Hamrol. Their problem was clashing schedules. Chicago wrote: „I liked to get up in the morning and go directly about my business, going into my studio without talking to anyone. Then I liked to work all day and go out at night. Lloyd, on the other hand, preferred to work at night, sleep later than I, and he loved to talk in the morning.“

To manage the conflict, the couple “worked out a system in which we could both have the psychic privacy we needed to do our work,” Chicago wrote. “We established ‘silent days,’ where we would pass each other and not speak. This allowed us to be in the house together without feeling that we had to be accessible to the other person’s needs all the time.” The key to the arrangement, Chicago continued, was to be “very straightforward with one another.” If one person needed some alone time, it was simply a matter of verbalizing that need—then the other person would say “Sure” and make separate plans.

What a simple yet ingenious arrangement! Indeed, it sounds so wonderful that we should not draw any conclusions from the fact that, within a year of this description, Chicago and Hamrol had split up.“

Mein gestriges Lieblingsfoto.

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One of these two women might be working from home here, but the other can't. Lilly Becker is a trainee in our Conservation Department, currently restoring a painting by Ottile W. Roederstein: the portrait of Elisabeth Winterhalter – Roederstein’s partner and, by the way, the first female surgeon in Germany 👩‍⚕! Of course Lilly can't take the painting home to finish her work (not that we don't trust her 😉). So today's story on ART OUT OF OFFICE is out of a different kind of office: our conservation studio, where Lilly shows us around. Have fun! . . #StaydelAtHome #behindthescene #homeoffice #womeninthearts #museumfromhome #conservation #restoration #surgeon #ottilieroederstein

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Tagebuch Dienstag/Mittwoch, 14./15. April 2020 – Zwischenfazit und Bärlauchpesto

Ich habe in den letzten beiden Tagen das Jahr 1940 der Dissertation abgeschlossen. Am Dienstag las ich Korrektur, und gestern stand das Fazit für die Jahre 1934 bis 1940 an, mit dem das Überkapitel, das diese Jahre umfasst, endet. Beim Schreiben fühlte ich mich an alle Dissertationen erinnert, die ich in den letzten Jahren in der Hand hatte und irgendetwas nachlesen wollte – natürlich liest man zuerst die Zusammenfassung, um zu begreifen, ob in den ewig langen und detailreichen Kapiteln davor überhaupt das zu finden ist, was man sucht.

Das erste Zwischenfazit meiner Arbeit kam nach dem Jahr 1933, und das schrieb sich deutlich einfacher; es war eher ein Anfang, der Auftakt, der Reinkommer in das große Narrativ. Ja, abgelutschtes Wort, aber ich mag das immer noch; ich will schließlich einen Punkt machen und dafür muss mein Text einen roten Faden haben. Aka ein Narrativ.

Bei diesem zweiten Zwischenfazit war ich im Gegensatz zum ersten quasi mittendrin, denn die nächsten Abschnitte in der Arbeit gehen bis 1945 und dann bis 1956, das Todesjahr des Malers. Ich meine aber, dass hier schon dringend ein weiteres Zwischenfazit hinmuss, denn die Arbeit an den Gemälden der Reichsautobahn endete, laut Werkverzeichnis, 1940. Okay, eigentlich 1941; das letzte RAB-Gemälde war das erste, das 1941 notiert wurde. Ich kann also hervorragend behaupten, dass das schon 1940 begonnen wurde und fertig. Ein schöner Cut, bevor sich der Herr den deutschen und nicht-deutschen Ostgebieten zuwandte. Damit fange ich dann heute an.

Das Kapitel der Reichsautobahnen umfasst Stand gestern 151 Seiten. Ein weiterer Grund, warum so ein kleines, einseitiges, niedliches Zwischenfazit ganz schlau ist. Das ist aber auch mit Abstand der dickste Brocken in der Arbeit. Hoffe ich. Weiß ich noch nicht. Ich gehe jetzt korrigieren.

Und wenn ich Glück habe, darf ich ab dem 4. Mai noch mehr Zeug in den Text ballern, denn eventuell darf ich dann wieder in die Archive. (Punkt 8.) Die Archive, die ich kenne, könnten das Abstandhalten relativ einfach machen: jede zweite Tischreihe absperren und gut ist. So irre voll waren diese kleinen Paradiese eh nie – wobei sich das natürlich nun ändern könnte, weil auf einmal alle Promovierenden wieder reinwollen. #EigeneNase

Ich freue mich jedenfalls schon auf das Abstandsballett bei der Aktenausgabe. Die Mitarbeiterin sieht mich kommen, tritt zwei Meter zurück, ich gehe an die Theke und lege meinen Ausweis hin, gehe zwei Meter zurück, sie kommt an die Theke, notiert meine Daten und geht nach hinten zur Ablage, ich gehe vor, nehme meinen Ausweis und trete zurück, sie legt die Akten ab und geht zurück, ich gehe nach vorne und nehme die Akten und so weiter und so niedlich. Vielleicht ein paar Walzerklänge dazu und alles wird gut.

Gestern morgen war der wöchentliche Einkauf angesagt. Ich merke, dass ich gerade Vorsätze wahrmache, die eigentlich wirklich nur vage Vorsätze waren, die ich aber vor Corona bei jedem Supermarktbesuch gekonnt ignoriert habe. Also: brav alles wegkochen, bevor was Neues gekauft wird. Endlich mal die Dosen da ganz hinten im Vorratsschrank benutzen. Nicht noch mehr Gewürze kaufen, herrgottnochmal! Danke, Corona, du Arschgesicht. Ich esse jetzt endlich das Dosensauerkraut (zu faul zum Selbermachen) und züchte Frühlingszwiebeln im Wasserglas.

Aber einmal die Woche muss ich dann doch raus, Milch, Eier, die Basics halt. Ich setzte erstmals meinen formschönen Mundschutz auf, den ich aus einer Stoffserviette gezaubert hatte und war nach dem Einkauf sehr von mir beeindruckt. Dafür dass ich keine Ahnung habe, wie man eine Nähnadel hält, war das ziemlich super. Ich konnte gut atmen, der Schutz lag recht eng an (vermutlich nicht eng genug, aber immerhin) und dank des tollen Bügels beschlug auch meine Brille nicht.

Ich entschied mich, nicht nach Sonderangeboten und Preisgünstigkeit zu gehen, sondern nach: schnell rein, schnell raus. Der Edeka ist näher an meiner Wohnung als der Lidl, also wurde es der. In dem Markt kenne ich mich auch weitaus besser aus, ich weiß, wo alles ist, was bedeutet, ich kann sehr schnell einkaufen und muss nicht lange rumirren. Außerdem ist er meist leerer als der Lidl.

Es waren gefühlt deutlich mehr Maskenträger im Markt als noch vor einer Woche. Auf der Straße sehe ich quasi nie jemand damit, aber gestern mehrere junge Männer, die einzeln einkauften sowie einen Vater mit seiner kleinen Tochter, beide mit Mundschutz. Die Plastikscheibe an der Kasse hat noch eine weitere, schräge Scheibe bekommen, so dass man die Kassierenden jetzt überhaupt nicht mehr anatmen kann. Sehr gut.

Alles bekommen, es gab Klopapier, das ich aber nicht brauchte und: HEFE! FRANZBRÖTCHEN FÜR ALLE!

In der Mittagspause gönnte ich mir die zweite Folge von Masterchef Australia, meiner allerliebsten Lieblingskochshow, ich schwärmte schon mal ausführlich. Sonntag begann die zwölfte Staffel, allerdings mit einigen Änderungen. Meine geliebten drei Juroren waren alle nicht mehr dabei, eine schnelle Googlesuche weist auf Vertragsprobleme hin. Zweite Änderung: Es gibt keine neuen Kandidat*innen, sondern laute alte, denn das Motto in diesem Jahr lautet „Back to win.“

Die Idee, das Publikum nicht völlig zu überfordern mit einer neuen Jury und 24 neuen Gesichtern, ist vermutlich gar nicht mal so doof. Aber im Moment bin ich noch nicht so recht überzeugt von den drei neuen Jurierenden, auch wenn jetzt immerhin eine Dame dabei ist. Die alten Kandidat*innen finde ich allerdings noch gewöhnungsbedürftiger. Bei einigen freue ich mich, sie noch einmal zu sehen, es sind aber auch durchaus welche dabei, bei denen ich froh war, als sie endlich rausgeflogen waren, weil sie mich so genervt haben. Aber gut, schauen wir mal weiter. Meine Güte, es ist Masterchef Australia, das wird schon gut werden. Pfft.

Mittagessen aka Late Lunch, wie immer, wenn ich am Schreibtisch sitze und erst gegen 16 Uhr davon aufstehe: Spaghetti mit Bärlauchpesto. Der Osterhase brachte nämlich auch noch Bärlauch mit. Davon steht jetzt ein kleines Gläschen im Kühlschrank und ich freue mich sehr.

Ich war zu hungrig, den herrlich-grünen Teller zu fotografieren. Wenn der Magen so richtig knurrt, sind die elf Minuten Kochzeit der Lieblingsnudeln aber auch echt eine Unverschämtheit.

Der Fotograf heißt Joshua Bickel. Hier steht mehr über die Pappnasen auf dem Bild: „Ohio Public Radio’s Karen Kasler posted about the protestors on her Twitter. You can see their signs proclaiming things like, “Open Ohio: We want our rights back” and “My inherent rights don’t end where your fear begins.”“