Was schön war, KW 38 – Viel geschrieben, viel gekocht, viel gefreut

Der Verlag schickte mein Textdok zurück, über das seit Ende Juli ein Korrektor gegangen war. Die Anmerkungen sind bezogen auf die Länge des Textbrockens im My-Bereich, wie es so schön heißt. Meine 80 Korrekturschleifen hatten also Erfolg. Trotzdem stellte ich Flüchtigkeitsfehler fest, die schon in der allerersten Textfassung drin gewesen waren und die ich anscheinend auch beim achtzigsten Lesen nicht gesehen hatte.

Da ich meiner Uralt-Word-Version nicht traute, spazierte ich Dienstagabend zu F., dessen Rechner plus Word deutlich neuer ist. Ich scrollte auf zwei Bildschirmen durch meine Diss und verglich: Das sah alles gleich aus. So spazierte ich beruhigt wieder nach Hause, nahm dutzende von Anmerkungen an – und machte selbst noch ein paar Dutzend neue (irgendwas ist ja immer). Dabei merkte ich: Ich kann meinen eigenen Text so langsam wirklich nicht mehr sehen, ich habe ihn jetzt wirklich, wirklich oft genug gelesen. Aber einmal muss ich noch, nämlich in der Druckfassung, also mit schickem Layout. Ich bin gespannt.

Ausgelesen: The Mothers von Brit Bennett. Gefiel mir sogar noch besser als ihr zweiter Roman, der im letzten Jahr überall rumgereicht wurde und den ich vor wenigen Monaten gelesen hatte. Ich verweise auf die Rezensionen im Perlentaucher zu beiden Werken in der deutschen Übersetzung, hier Die Mütter, hier Die verschwindende Hälfte.

Die junge Dame mit der Gitarre neben mir scheint ausgezogen zu sein. Ich hatte sie schon monatelang nicht mehr gehört, genau wie den klavierspielenden Studi schräg über mir. Irgendwann hing ein Zettel im Hausflur, dass Wohnungen, die gerade nicht genutzt werden, doch bitte der Verwaltung gemeldet werden sollten, damit die Bescheid weiß. Ich ahne, dass zu Hochzeiten der Pandemie einige wieder zu ihren Eltern gezogen sind – und vielleicht auch nicht wiederkommen. Jedenfalls ist seit ein paar Tagen ein neuer Name an Klingel und Wohnungstür.

Die Familie unter mir, deren eines Kind vor Monaten mit Horn angefangen hat, ist auch ausgezogen. Ich hätte gerne mal eine Harfenistin oder sowas. Ist mir erst beim Aufschreiben aufgefallen, wie musikalisch dieses Haus ist. Oder war.

Am Donnerstag gab es Miso-Spaghetti bei mir. Auf Insta wurde auf die Online-Fassung des Rezepts hingewiesen; ich hatte es aus dem Japan-Kochbuch von Stevan Paul. Schlotzigste Sauce ever, passt zu allem.

Zwei Säcke Altkleidung weggebracht. Dabei nutzte ich lieber nochmal die Website der AWM, um nach Standorten von Containern zu gucken. Ich wusste, dass einer immer vor dem Karstadt am Nordbad gestanden hatte, das war der von mir nächste. Aber nicht nur der Karstadt wurde letztes Jahr geschlossen, sondern gleich das ganze Gebäude abgerissen. Ich ahnte, dass vor der eingezäunten Baustelle, an der der Radweg schmal vorbeigeführt wird, vermutlich kein Container mehr stehen würde.

Aber auch der zweite mir bekannte Container, in den ich schon mal etwas geworfen hatte, wurde auf der Website nicht mehr angezeigt. Der nun zu mir nächste war mir völlig unbekannt, obwohl ich auf dem Rückweg vom ZI eigentlich dauernd an ihm vorbeikommen müsste. Todesmutig die zwei Säcke in den Gepäckträger gestopft, wackelig zur angebenen Adresse geradelt – und tatsächlich. Ich Blindfisch hatte diese Container-Insel nie wahrgenommen, vermutlich weil ich sie noch nie benutzt hatte.

Am Freitag kam meine erste Biokiste an die Wohnungstür. Ich hatte mich ewig gegen Kisten gesträubt, weil ich aus alten Diät-Zeiten die Idee eines festen Speiseplans ganz fürchterlich fand. Und so eine Kiste zwingt mich ja dazu, schlimme Dinge zu essen. Also Bio-Äpfel. Oder Karotten. Oder Brokkoli. Alles grauenhaft, esse ich ja nie. … Als mir auffiel, dass ich in der Biokiste genau das kriegen würde, was ich eh seit Jahren gerne und dauernd esse und über dessen Edeka-Qualität ich seit Jahren meckere, klickte ich auf die Isarland-Website, denn für die wirbt Tohru Nakamura und der Mann kann mir alles verkaufen. Jetzt also auch Biokisten.

Man kann die Kiste natürlich anpassen, aber ich nahm mal das, was Isarland mir vorschlug; anscheinend sind vorgegebene Zutaten inzwischen in meinem Kopf eine Herausforderung und kein Zwang mehr. Das war schön, das zu merken. Daher hatte ich Freitag zwei Süßkartoffeln, die ich das letzte Mal vor ungefähr zehn Jahren verarbeitet hatte. Ich ergoogelte mir tolle Rezepte, dachte über Waffeln, Rösti und wilde Pfannen nach, aber es wurden dann die geistig naheliegenden Ofenpommes, weil Pommes immer gehen. Und weil ich am Tag zuvor im Asialaden endlich Gochujang entdeckt hatte, das ich auch schon länger probieren wollte. Daher: Süßkartoffelpommes mit Gochujang-Mayonnaise (aka einen Klecks Kewpie mit einem Klecks Chilipaste). Dazu Deko-Kresse, die auch in der Kiste war, weil der Teller sonst arg monochromatisch geworden wäre.

Nach einer arbeitsreichen Woche war gestern stundenlanges Entspannungskochen angesagt, als Kontrast zum fixen Feierabendkochen. F. hatte sich ein Gericht gewünscht, an das er Kindheitserinnerungen hat: Pansit Malabon. Pansits sind in der philippinischen Küche Nudelgerichte mit chinesischem Hintergrund. Generell ist die philippinische Küche eine mit vielen Einflüssen: spanische und US-amerikanische wegen der Kolonialgeschichte sowie natürlich die Küchen der Nachbarländer. „Pansit“ bedeutet schlicht „Nudel“ (in Tagalog, glaube ich). Der Begriff, der nach dem Wort Pansit kommt, definiert das Gericht genauer.

In meinem philippinischen Kochbuch steht als erstes Pansit Palabok, wobei Palabok die Sauce aus Garnelenschalen, Annatto-Samen und Stärke meint. Genau diese Sauce brauchte ich auch für Pansit Malabon, das seinen Namen von einem Stadtteil Manilas hat, der in der Nähe des Meers liegt. Deswegen spielen hier Zutaten wie Meeresfrüchte die Hauptrolle. Anders gesagt: Zutaten, mit denen ich nie koche.

Aber: Challenge accepted! Ich radelte morgens zum Frischeparadies, das ich aus Hamburg kannte bzw. dessen irre Auswahl an Meeresfrüchten und Frischfisch. Die Theke in München war deutlich überschaubarer, aber ich ahne, dass das eventuell daran liegen könnte, dass sie nicht in einer Hafenstadt steht. Ich entschied mich für Crevetten statt Riesengarnelen (die waren arg riesig) sowie einen Kalmar, den ich zu Ringen verarbeiten wollte. Auf weitere lustige Dinge wie Austern und Muscheln verzichtete ich dankend. Mein Rezept war dieses hier – ich hatte schlicht gegoogelt und mir auf YouTube die Arbeitsschritte angeschaut und mich dann für eins der vielen Rezepte für diesen philippinischen Klassiker entschieden, die da draußen so rumliegen.

Auch wie man Garnelen aus der Schale bekommen und den Kalmar von seinen Tentakeln befreit, konnte mir YouTube beibringen. Vielen Dank, Internet! Aus den Schalen und den Köpfen der Crevetten kochte ich mit Shrimp Paste aus dem Asialaden, Lorbeerblättern, Annatto-Samen, Pfefferkörnern, Zitronensaft, Fischsauce, Knoblauch und Zwiebeln eine herrliche Suppe, aus der ich abends mithilfe einer Mehlschwitze eine dicke Sauce machte. Das Online-Rezept wollte Stärke, das Palabok-Rezept Mehlschwitze, was es dann wurde, denn gegen Butter ist nie etwas einzuwenden.

Ansonsten briet ich Schweinebauch knusprig, schnitt Frühlingszwiebeln klein, kochte Eier hart, blanchierte Chinakohl, viertelte Zitronen, zermalmte Schweinespeck in Snackform (auch schon ewig nicht mehr gegessen, gab’s als dänische Packung im Asialaden), kochte chinesische Nudeln, briet zum Schluss Kalmarringe und Crevetten in Knoblauch und Öl an und bastelte schließlich eine Platte für zwei.

Nur um nach fünf Bissen zu merken, dass Meeresfrüchte und ich wirklich keine Freunde sind. Mir blutete das Herz, aber ich kann nach eben diesen fünf Bissen nicht mehr weiteressen. Ich hadere mit der Konsistenz von Meeresfrüchten und der Geschmack ist für mich immer ganz kurz vor eklig. Ich weiß nicht, ob man sich an die Viecher ranessen kann wie man sich an stinkenden Käse und scharfe Gerichte ranessen kann, aber ich werde das versuchen. Ich hatte nämlich sehr viel Spaß an der Zubereitung und konnte mich darüber freuen, neue Küchentechniken zu lernen. Davon habe ich aber wenig, wenn ich das fertige Gericht dann nicht mag. Seufz.

Aber F. hat sich gefreut und es hat ihm geschmeckt. Ich gebe Crevetten noch eine Chance mit noch mehr Knoblauch und Olivenöl, viel Petersilie und Zitrone drüber und Weißbrot dazu. Vielleicht mag ich hier schlicht die Mittelmeerart lieber und kann die Konsistenz ignorieren. Ich ahne zwar, dass dem nicht so sein wird, aber so ganz habe ich noch nicht aufgegeben.

Was schön war, KW 37 – Biergarten, Feedback, Stadion

Im letzten Wochenrückblick noch gemeckert, dass ich in diesem Jahr noch in keinem einzigen Biergarten gewesen war – und am Tag der Veröffentlichtung dann in einen Biergarten geradelt. Natürlich mit Taschenbuch als Wespenschutz, falls die Bierdeckel mal aus sind.

Endlich die dritte Staffel von „Master of None“ geguckt und sehr gemocht. Fokus auf Frauen, hier Schwarze Frauen. Gefiel sehr, bis auf wenige, eeeewig lang ausgedehnte Einstellungen, weil’s halt artsyfartsy sein sollte, glaube ich.

Ich erwähnte meinen neuen Kleiderschrank, der, ja, schon gut, vom schwedischen Möbelhaus geliefert wurde. Genauer gesagt, kamen sechs Pakete per Spedition bei mir an. Ich hatte mir vorher bräsigerweise nicht auf der Website durchgelesen, wieviele Pakete es hätten sein müssen; erst beim Zusammenbauen merkten F. und ich, dass da wohl zwei Pakete zuviel angekommen waren.

Ich notierte mir den Produktnamen und mailte der Spedition, dass hier was rumstände, was wieder abgeholt werden könnte. Dann versuchte ich auf der Ikea-Website, auf diversen Pfaden zu irgendeinem Formular zu kommen, mit dem ich mein Begehr loswerden konnte. Ich fand schlussendlich zwei, bei denen ich auch brav alles eintippte, was ging – nur um dann zweimal ins Nirvana geschickt zu werden, einmal per 404 und einmal per „You don’t have permission to“ irgendwas.

Die Spedition meldete sich immerhin nach vier Tagen telefonisch und war offensichtlich hoch erfreut, dass jemand freiwillig wieder was hergibt, nach dem sie vermutlich schon suchten. Zwei Tage später waren die zuviel gelieferten Schranktüren wieder aus meinem Flur verschwunden. Ich musste bei dem Ganzen an meinen Vater denken, der mal aus Gründen eine Ikea-Küche bestellt hatte und danach mit allen Hotlines wahnsinnig wurde, weil irgendwas fehlte. Er stammt halt noch aus einer Generation, in der man zum Schreiner Müller am Ort geht, der fräst dann eine Küche, baut sie ein, und wenn was fehlt, fragt man bei Herrn Müller nach, der kommt dann rum oder schickt seinen Lehrling. Die Idee, mit einem globalen Konzern und Call Centern zu reden, damit irgendwer einen fehlenden Regalboden von irgendwoher nach Hannover schickt, hat ihn nachhaltig an der Moderne zweifeln lassen.

Ich hätte auch gerne einen bezahlbaren Herrn Müller, der mir einen Kleiderschrank macht, aber das macht Herr Müller halt nicht für das wenige Geld, was jetzt Ikea von mir bekommen hat. Ich erinnere mich aber gerne an die maßgeschneiderten Schränke, die ich in unser Hamburger Bad hatte einbauen lassen. Die waren ungefähr zehnmal teurer als das, was der Schwede von mir hätte haben wollen, und genau das wollte ich jetzt für einen Kleiderkasten nicht ausgeben. (Die waren aber auch zehnmal schöner. Seufz.)

Ich habe den Wagner-Brocken niedergerungen. Irgendwann verging mehr leider etwas die Lust, das zwanzigste Buch als Inhaltsangabe zu lesen, nur weil irgendwo eine Wagner-Thematik vorkam. Auch die für mich persönlich interessantesten Auswirkungen Wagners in anderen Kunstformen – nämlich der Bildkunst – kam mir leider deutlich zu kurz. Aber dafür kann der Autor ja nichts, dass ich mich mehr für Anselm Kiefer interessiere und weniger für Willa Cather, von der ich immer noch nicht weiß, warum sie so irre viel Platz im Buch bekommen hat.

Was ich allerdings überraschend fand, war die Zuneigung des homosexuellen Publikums zum Komponisten. Mir ist in den eigenen Opernbesuchen der letzten 35 Jahre durchaus aufgefallen, dass sich bei Wagner recht viele männliche Paare im Zuschauerraum aufhalten, aber dass das von Anfang an so war, war mir neu. „Über die Symbolik in Parsifal, die Speere, Wunden und Körperflüssigkeiten, haben Generationen von schwulen Opernbesuchern gekichert.“ (S. 347) Dass Wagners Förderer Ludwig II. homosexuell war, dürfte inzwischen auch in den letzten bayerischen Fankreisen nicht mehr wegdiskutiert werden, und die Homosexualität Siegfried Wagners war ein offenes Geheimnis. (Das wusste ich immerhin.)

„Wagner wurde Teil des Curriculums für schwulen Geschmack. Als Magnus Hirschfeld seine ersten Untersuchungen zu schwuler Identität und schwulem Verhalten veröffentlichte, zitierte er Krafft-Ebings Fallstudie […] In Hirschfelds Buch Die Homosexualität des Mannes und des Weibes von 1914 beschreibt er Bayreuth als ‚ein[en] sehr beliebte[n] Sammelplatz von Uraniern aus aller Herren Länder.‘ Hirschfeld war 1911 bei den Festspielen und könnte dieses Treiben selbst beobachtet haben.“ (S. 351)

Esse derzeit wieder sehr viel Zeug mit Tsaziki nebenan, also Jogurt, in den ich Gurke und Knoblauch reibe. Hier ist es Brokkoli im Kichererbsenteig. Schnelles Essen für den Feierabend.

Der Verlag meldete sich und kündigte das Word-Dok an, das ich Ende Juli eingereicht hatte und über das nun ein Korrektor (kein Lektor) rübergegangen war. Mein Kontakt beim Verlag ließ ausrichten, dass der Herr meine Arbeit sehr gerne gelesen hätte, ungefährer O-Ton: wissenschaftlich, aber sehr gut lesbar. Das hat mich außerordentlich gefreut.

Nun bin ich sehr gespannt darauf, wie das Dok bei mir ankommt – und wie ich damit weiterarbeite. Bei meiner derzeitigen Agenturbuchung merkte ich nämlich erstmals, dass mein Office-Paket von 2008 langsam in die Knie geht. Ich erwarb es legal zum Start der Selbständigkeit und machte auch brav alle Updates, aber ich weiß gar nicht, seit wann keine mehr kamen. 2018 dachte ich über einen neuen Rechner mit neuer Software nach (mein geliebtes Macbook Air ist von 2012), aber da saß ich schon an der Diss und wir wissen ja alle: Never touch a running system. Und so ruckelt meine alte Software weiter unter der alten Haube, bis die Diss als Buch im Regal stehen wird, und DANN gibt’s einen neuen Rechner (weil ihr alle mein gut lesbares Buch kauft und ich reich werde).

Ich merkte in der letzten Woche, dass ich einige Kundendokumente nicht vernünftig öffnen konnte bzw. nicht alles lesbar war, was in ihnen steht. Mit LibreOffice kann ich sie lesen und schicke dann meine Uralt-Excel-Doks wieder zurück, das geht. Aber ob mein Uralt-Word jetzt alle Korrekturen lesen kann? Ich werde 17 Sicherungskopien vom Verlagsdokument machen, eine mit LibreOffice öffnen, eine andere auf F.s recht neuem Rechner und eine normal auf meinem und dann wild vergleichen. Nicht dass mir noch langweilig wird.

Eine kleine innere Kettenreaktion ausgelöst. Also.

Seit vergangenem Samstag brummt Robotron II hier durch die Gegend, hält meine Wohnung sauber und macht mich sehr glücklich. Meistens jedenfalls. Montag nacht um 2.30 Uhr eher weniger, denn da meinte er, zweimal laut eine Tonfolge von sich geben zu müssen. Könnte mir egal sein, aber seine Home Base steht im Arbeitszimmer neben meinem Schlafzimmer, und die Tür ist offen und ich war dementsprechend um 2.30 Uhr wach. Ich machte Licht, schaute nach, ob’s ihm gut geht, löschte das Licht wieder und versuchte einzuschlafen. Klappte eher so mittel, vor allem, als der Herr um 3.30 Uhr dann nochmal sein Liedchen pfeifen musste. Dieses Mal schleppte ich ihn in die Küche, schloss die Tür und las ein Stündchen, weil ich eh nicht schlafen konnte. Der Dienstag war dann auch eher zäh, aber ich verzieh dem Kleinen sein Gequengel wieder.

Trotzdem trug ich Robbi die nächsten Nächte auch wieder in die Küche. Ohne Home-Base, denn meine Küche ist gefühlt mit zu viel Zeug und zu vielen Möbeln zugestellt, um auch noch seine Basis unterzubringen. Da mich aber das Hin- und Hertragen nervte, stellte ich Donnerstag kurzerhand die halbe Küche um, räumte Geschirr in andere Zimmer, warf launig Zeug weg, überlege außerdem, ein Regal umzustreichen, und der Piepskopf wohnt jetzt weit genug von meinem Bett entfernt unter dem Küchentisch.

Was das Geräusch mitten in der Nacht zu bedeuten hatte, habe ich übrigens immer noch nicht rausgefunden. Weder die Bedienungsanleitung noch die App noch das Interweb konnten mir helfen. Was habe ich mir da bloß ins Haus geholt?

Und dann war gestern endlich mal wieder Stadion angesagt, nach anderthalb Jahren Pause. Leider nicht in Augsburg, sondern in einem kleinen Stadion hier in der Stadt.

F. und ich trafen Frau Neubauer und Herrn Ost und nahmen recht ungewohnte Plätze ein, nämlich in der Nordkurve direkt hinter dem Tor. Momentan dürfen ein Drittel der normalen Zuschauerzahlen ins Stadion, das sind hier in München immer noch 25.000. Zunächst bekommen, soweit ich weiß, die Dauerkartenbesitzer:innen eine Zuteilung, wenn sie nach Karten fragen, dann Mitglieder – oder umkehrt –, erst dann der Rest. Läuft in Augsburg ähnlich. Dabei kann man aber nur nach Preiskategorie anfragen, nicht nach bestimmten Plätzen. Heißt: Auch die Dauerkarteninhaber:innen sitzen nicht da, wo sie üblicherweise sitzen, denn zwischen den Leuten muss schließlich Platz gelassen werden. In der Arena schienen im Oberrang nur hinter den Toren Karten vergeben worden zu sein, ansonsten saßen alle 25.000 im Mittel- und Unterrang. Auch die Auswärtsfankurve war gut besetzt, im Gegensatz zur heimischen Südkurve, dort wird nicht supportet, bis wieder alle rein- und stehen dürfen. Daher war es äußerst ruhig im Stadion.

Was sonst noch war: 3G. Man musste beim Einlass vor dem Abtasten das Impfzertifikat oder ähnliches vorzeigen und dann beim Drehkreuz, wo man sein Ticket scannt, nun auch noch den digitalen Impfnachweis scannen. Erst dann sprang das Licht auf grün und man konnte durchgehen. Das wurde auch auf der Website des FC Bayern deutlich kommuniziert: Wer keinen digitalen Nachweis hat, muss sich vor dem Spiel einen besorgen. Dafür wurden anscheinend die Ticketboxen vor den Einlässen umgebaut: Nun konnte man sich dort gegen Vorlage z. B. des Impfpasses oder eines Testergebnisses einen QR-Code ausstellen lassen, damit man durch die Drehkreuze kam. Die Schlangen an den Boxen übertrafen die vor den Einlässen um Längen, und ich meine, LÄNGEN. Auch ein paar Testmöglichkeiten waren da, die anscheinend auch genutzt wurden, was mich wieder etwas nervöser werden ließ, weil ich natürlich dachte, es sind alle geimpft und wenn nicht, geht man nicht in Stadien, aber mei. Natürlich nicht.

Der Einlass selbst war dann ein Klacks im Unterschied zu sonst, wo man gefühlt 15 Minuten in einer dichten Menschentraube steht, bis man endlich reinkommt, weil halt sehr viele Menschen reinwollen. Nun waren Abstandsmarkierungen auf dem Boden, es trugen auch alle brav Maske, wenn auch nicht alle FFP2. Erst am Platz durfte man die Maske abnehmen. Ich hatte in der U-Bahn schon gemerkt, dass fast alle Bochumer nur die medizinischen Masken tragen, vermutlich weil man nur noch die in Nordrhein-Westfalen tragen muss, auch in den Öffis. Das war mir auch in Niedersachsen aufgefallen, dass ich mit FFP2 total overdressed war. Aber hier in Bayern gilt halt FFP2, (Seit dem 2. September reicht auch bei uns die OP-Maske, danke, @el_loko74), wobei ich keinen einzigen Ordner mitbekommen habe, der die Maskenpflicht durchsetzen wollte. Es waren eh deutlich weniger als sonst unterwegs.

Ich wollte gerne gegen Bochum ins Stadion, weil der FCB und Bochum eine Fanfreundschaft pflegen. Das heißt, wir sind uns alle grün und man muss keinen Stress erwarten, wenn man mit Fanschal durch die Gegend läuft. Normalerweise trage ich den nicht mehr, weil ich mich nicht mehr als Bayern-Fan sehe, aber ich kleide mich seit einiger Zeit fast ausschließlich in blau, die Farbe von Bochum, und wollte dann doch klarmachen, für wen ich die Däumchen drücke. Darüber ärgerte ich mich schon in der U-Bahn, weil gestern allen Ernstes nicht nur das FCB-Heimspiel, sondern auch das von 1860 München stattfand, und die beiden Vereine bzw. einige ihrer Fans sind sich alles andere als grün. Ich bekam von einigen Trikotträgern böse Blicke ab, aber immerhin kam mir niemand zu nahe wie vor ewigen Zeiten mal am Hauptbahnhof, als wir in Augsburg-Kutten wiederkamen und ein Sechziger mir meinen Schal abnehmen wollte; die mögen Augsburg nämlich auch nicht. So war ich nach wochenlanger Vorfreude schon auf dem Weg zum Stadion eher genervt von allem.

Aber das legte sich, als ich im Stadion war. Ich war selbst davon überrascht, wie gut auf einmal die Laune wieder war, obwohl das nicht mehr meine Mannschaft ist, wie ich während des Spiels sehr deutlich merkte. Trotzdem: Im Rudel irgendwo rumhocken, Spielern beim Aufwärmen zuschauen, die Vorfreude, gestern war dazu auch noch perfektes Wiesnwetter, wie es sich gehört, und man hatte durch die eingeschränkten Zuschauerzahlen sogar mal Platz am Platz. Keine Füße von hinten im Kreuz, auch keine Raucher:innen um uns herum, aber dafür zwei gut gelaunte Bochum-Fans zwei Reihen hinter uns. Die Reihe dazwischen war nicht leer, aber wir saßen alle schachbrettmustermäßig versetzt, und Frau Neubauer und ich verbrüderten uns kurz mit den Herren, wünschten allesamt ein schönes Spiel, was man halt so macht. Ich brüllte Spielernamen bei der Aufstellung in den Himmel, das hatte ich auch schon lange nicht mehr gemacht, alles herrlich.

Auch die Bochumer hinter uns hatten zunächst Spaß, sprachen nach 30 Sekunden von „100 Prozent Ballbesitz“ für Bochum, „läuft doch“, sangen alles mit, was aus der Kurve kam und hatten gute Laune, auch wenn sie schon vor dem Spiel meinten, dass sie hier hoch verlieren würden. (Was sie auch taten.) Ich weiß nicht mehr, in welcher Spielsituation es war, aber einer der beiden regte sich über eine Schiri-Entscheidung auf und meinte: „Wieder so’n schwuler DFB-Schiedsrichter“, woraufhin Max und ich uns umdrehten und deutlich hörbar ein unwilliges „HEY!“ an ihn richteten. Max machte es deutlicher: „Schwul ist kein Schimpfwort.“ Von hinten kam ein „Lass mich in Ruhe“ oder ähnlich zurück, wir guckten weiter Fußball, aber der Herr war jetzt angenervt. Über den Rest der Halbzeit hörte man ständig Dinge wie „Man darf ja nichts mehr sagen“, „Man muss doch Emotionen im Stadion rauslassen können“, „Die sollen sich nicht so anstellen“ uswusf. Woraufhin Max und ich, auch wieder ohne uns irgendwie abgesprochen zu haben, uns mit dem Halbzeitpausenpfiff nach hinten umdrehten und erneut das Gespräch suchten, denn anscheinend gab es ja Gesprächsbedarf.

Ich kürze das mal ab: Er meint das nicht so, er hat einen schwulen Kollegen, wenn sein Sohn schwul sei, wär das total in Ordnung, soll bitte jeder jeden lieben, wie er mag, aber das hier ist Fußball, da geht’s um Emotionen und wir dürften das nicht so eng sehen, wie kennen ihn ja gar nicht, jeder, der ihn kennt, weiß, dass er nichts gegen Schwule hat. Meine Gegenargumente halfen nicht viel: Wenn du einen schwulen Kollegen hast, wie kannst du das dann als Schimpfwort nehmen? Nimm eins von den 8000 anderen Adjektiven, die wir haben. Und ja, wir kennen dich nicht, aber genau das ist das Problem, das hier ist öffentlicher Raum und da hören eben nicht nur deine Kumpels, dass du schwul als Schimpfwort nimmst, was du vielleicht gar nicht so meinst. (Warum sagst du es dann?)

Wir trennten uns im Bewusstsein, uns nicht wirklich überzeugen zu können, sprachen dann noch kurz über Fußball, so war dann anscheinend wieder alles in Ordnung, jedenfalls kam in der zweiten Halbzeit nichts mehr von hinten, aber bei einem 0:4-Rückstand zur Pause war da auch nicht mehr viel. Die beiden gingen nach dem 0:7, weswegen wir uns nicht mehr verabschiedet haben.

Max und ich sprachen nach dem Spiel noch kurz über die Situation. Auch wenn wir bei den beiden (oder dem Schreihals) vielleicht nichts ausrichten konnten, so hofften wir beide, dass die Umsitzenden etwas mitgenommen hätten. Auch auf die Kinder und die Vorbildfunktion kamen wir nämlich mit den beiden zu sprechen. Zwischen uns in der Reihe saß auch gerade die klassische Kleinfamilie, Mama, Papa, zwei Kinder, die sich alles interessiert anhörten. Wie überhaupt viele uns interessiert zuhörten, aber niemand was sagte, was auch okay war. Die Diskussion verlief für ein Fußballstadion in durchaus zivilisiertem Rahmen, was mich freute, weil ich halt doch ein Schisser bin, siehe oben, wo ich vor den 60ern lieber wegging und den Waggon wechselte. Das „Hey“ war auch eine Impulsreaktion, ich dachte da gar nicht drüber nach, aber ich war froh, dass Max sich auch geäußert hatte.

Ansonsten war ich nach 20 Minuten geistig schon wieder beim Bier zuhause, weil das eben nicht mehr meine Mannschaft ist. Ja, toller Fußball, ja, tolle Spieler, aber ein 7:0 ist halt endslangweilig. Ich weiß, Jammern auf fast unverschämtem Niveau, aber Augsburg siegte gestern gegen Gladbach mit einem lausigen 1:0 in der 80., und wir wären dort so dermaßen eskaliert, während man hier halt rumsaß und das 6:0 nur noch höflich, aber desinteressiert beklatschte.

Trotz allem: Das war schön, wieder im Stadion zu sein, und ich denke jetzt über eine Fahrt nach Augsburg nach.

Abends stießen wir noch mit frisch gebrautem Oktoberfestbier an – „auf eine friedliche Wiesn“ –, für mich gab’s noch eine Breze und Radi dazu, den esse ich neuerdings auch zu allem, und dann übermannte mich die übliche Stadionmüdigkeit. Hatte ich auch schon wieder vergessen, wie sich die anfühlt.

Was schön war, KW 36 – Arbeit, kein Fluss und ein Roboter

Beim Zoom-Call mit der Lieblingsagentur war hinter dem Text-CD die Speicherstadt zu sehen. *wimmer*

Ich weiß nicht, ob es an der derzeitigen, recht beflügelnden Buchung oder den neuen Medikamenten liegt, aber diese Woche habe ich mich sehr gut gefühlt, vernünftig (in meinem Sinne) gegessen, genug Sport gemacht und viel erledigt bekommen.

Einen Teil des frischen Einkommens gleich in einen Roboter angelegt. Seit Kai in Hamburg einen Roomba für uns angeschafft hatte, bin ich vernarrt in die kleinen Robbis, die für mich staubsaugen. Das Teil hat Kai bei unserer Trennung natürlich behalten, und ich war seitdem roboterlos. Jetzt nicht mehr, denn seit gestern brummt hier Robotron der Zweite durch die Gegend. Endlich nicht mehr bei den Sportübungen auf dem Boden alle drei Tage denken, gnarf, saugen müssteste auch mal wieder.

Der Kleine kann sogar Internet, und ich kann ihm vom Sofa aus Befehle erteilen. Entspricht total meiner Geisteshaltung. Ungünstige Platzierung der Benachrichtigungen auf dem iPhone, ich weiß. Arme Luise (hier in der älteren Münchner Wohnung).

Der Weg zum Lieblingsbäcker führt mich immer über einen Friedhof. Am Dienstag schlenderte ich in der Mittagspause gerade über ihn, als ich ein Geräusch hörte, das mir nicht bekannt vorkam. Es klang wie Wasser, und ich überlegte, ob es neuerdings hier einen Springbrunnen gibt. Gab es nicht. Das Rauschen war schlicht die riesige Krone eines riesigen Baums, durch die der Wind ging. Hatte ich in dieser Intensität noch nie wahrgenommen. Das war schön.

*googelt Laubbäume und ihre Namen*

Die Woche war angenehm warm, so dass F. und ich am Dienstag spontan auf dem Balkon sitzen konnten. Gestern regnete es allerdings, so dass wir unsere Biergartenverabredung mit dem dritten Podcastteilnehmer, den wir schon ewig nicht mehr gesehen haben, absagen mussten. Ich war in diesem Jahr noch nicht im Biergarten und prangere das sehr an.

Erdnussbutter und ich, das ist eine Geschichte der Vernachlässigung. Ich habe das Zeug irre schnell über, dann esse ich es ein halbes Jahr lang nicht, dann esse ich es eine Woche den ganzen Tag und dann geht alles von vorne los. Weswegen ich nie weiß, ob ich jetzt ein halbvolles oder ganz volles oder gar kein Glas davon im Schrank stehen habe. Meist denke ich irgendwann spontan beim Einkaufen, hey, JETZT Erdnussbutter haben wollen, dann wird das Glas gekauft, nur damit ich zuhause feststelle, dass ich noch ein halbvolles habe. Das riecht meist aber schon ranzig, weswegen ich es wegwerfe und das neue öffne. Und das werfe ich dann in einem halben Jahr weg, weil siehe oben.

Was ich eigentlich sagen wollte: Die Brantner-Krustis sowie das Sesam-Ciabatta schmecken ganz ausgezeichnet mit Erdnussbutter und Himbeermarmelade. Erinnert mich bitte im März 2022 daran, neue Erdnussbutter zu kaufen.

Wir haben Karten für das Bayernspiel gegen Bochum am kommenden Samstag. Das wird der Test werden, ob ich oder wir gemeinsam uns diese Saison noch in Stadien trauen oder lieber nicht. Wobei das Stadion das kleinste Problem ist, weil sich dort die Zugelassenen verteilen werden; in München darf ein Drittel der Sitzplätze belegt werden. Das sind aber immer noch 25.000 Leute, die im Zeitfenster von ungefähr zwei Stunden in der U-Bahn sein werden. Das ist das Problem. F. überlegt, ob er zu Fuß geht, ich denke übers Rad nach und ahne, dass die Faulheit mich die Bahn nehmen lassen wird. Falls das okay sein wird, würde ich auch Augsburg wieder in Betracht ziehen. In Zügen habe ich in den letzten Monaten oft genug gesessen, die schrecken mich nicht mehr; auch hier ist die pickepackevolle Tram vom Bahnhof zum Stadion der Punkt, über den wir nachdenken.

Bin jetzt auf Seite 552 des Wagner-Buchs. Noch fast 200 Seiten, aber wir sind jetzt endlich in der Weimarer Republik angekommen aka der historischen Periode, bei der es für mich interessant wird. Der Rest war auch interessant, aber jetzt greife ich deutlich häufiger zum Unterstreichbleistift.

Why CAPTCHA Pictures Are So Unbearably Depressing

Das fand ich spannend, weil ich mich das durchaus auch schon mal gefragt hatte: Wieso sind das immer so fürchterliche Bilder, auf denen ich Ampeln oder Boote anklicken muss? Der Artikel beantwortet es in Kurzform so: weil KI Bilder für KI und nicht für uns macht. Der Algorithmus kennt erst einmal keine Ästhetik oder Perspektive und dem Konzern dahinter ist beides egal.

„CAPTCHA images are pictures of the outside world, but it’s a world that is unsettlingly bare of people. This is likely for privacy reasons, which is a laudable motive on Google’s part. But it winds up making the pictures look totally postapocalyptic. Each CAPTCHA depicts a world blasted by a neutron bomb, where the objects survive but none of the people do. […]

Google’s CAPTCHA images are frequently grainy and badly focused. This is likely because, as Vox points out, Google has gone through most of the easy visual-recognition training cases, where the pictures were clear and sharp. Now they’re stuck with the hard stuff, which tend to be pictures of terrible quality. This gives CAPTCHA images the low-res feel of a crime-scene video, as Todd noted in a tweet: “They remind me a lot of CCTV or dashcam video footage.” When you look at the pictures, it feels like you’re about to see some terrible incident. […]

When you get those CAPTCHAs that chop up a single photo into sixteen squares, the imposition of those crisp white lines feels so disconcerting. It’s an alien view of the world: Behold the riddle of human existence. What could it possibly mean? By asking us to identify elements of an image that are sliced into pieces — “Select all squares with traffic lights” — CAPTCHAs turn everyday reality into a puzzle that no normal human would ever think of as a puzzle.
This is what’s so disquieting about the exercise. We’re being asked to parse the world in the visual-scanning style of an AI. Which, in turn, makes you feel like an AI, hunting for meaning in a baffling world.“

Ein kleiner Thread von mir zum alten Kochbuch meiner Mutter.

Marmorkuchen nach Beate Wöllstein

Ein Rezept aus Wöllsteins Die große Backschule. Kuchen, Gebäck und Desserts: Küchenpraxis, Warenkunde, Rezepte, das mir sehr gut gefällt, sowohl Rezept als auch Buch. Das Buch versammelt im ersten Teil viele Grundteige, auf denen dann der Rezeptteil aufbaut. Dabei sind nicht alle Teige so, wie ich persönlich sie gerne mag, aber das ist schließlich immer Geschmackssache. Brioches backe ich weiterhin nach dem Rezept von La Paticesse, das gefällt mir besser durch seine lange Gehzeit. Trotzdem: Blättert in der Buchhandlung einfach mal rein.

Ich habe natürlich ein Marmorkuchenrezept, und so irrwitzig viel anders sind die Mengen hier auch nicht. Es kommt deutlich mehr Zucker in den Teig als bei meinem Standardrezept sowie mehr Eiweiß. Beides sorgt dafür, dass dieser Kuchen nicht so saftig-schwer ist, sondern stattdessen äußerst fluffig. Ich behaupte, ohne die Schokoschicht außen herum würde er fast auseinanderfallen.

Normalerweise backe ich Marmorkuchen in der Kastenform, das Buch möchte aber einen Gugelhupf. Die untenstehenden Mengen reichen für eine große Form mit 28 Zentimeter Durchmesser oder für zwei kleine mit 18. Meine ist 23 Zentimeter groß, ich habe 3/4 des Rezepts verwendet und das hat hervorragend gepasst.

Erstmal die Form ordentlich buttern und mit Mehl bestäuben. Überschüssiges Mehl abklopfen. Den Ofen auf 230° Ober- und Unterhitze vorheizen.

In einer Rührschüssel
250 g zimmerwarme Butter (Wöllstein möchte Süßrahm) mit
375 g Zucker und
dem Mark einer Vanilleschote länger aufschlagen, bis alles schön schaumig ist. Nach und nach
60 g Eigelb hinzugeben. Das sind ca. 3 Eier.

180 g Milch abmessen.

500 g Mehl, Type 405, mit
15 g Backpulver mischen.

Mehlmischung und Milch abwechselnd zur Butter-Zucker-Mischung geben und unterrühren.

90 g Eiweiß steif schlagen und vorsichtig unterheben.

45 g entöltes Kakaopulver mit
40 g Zucker und
80 g Milch vermischen, bis der Mix klumpenfrei ist.

Etwa 500 g des Teiges abnehmen und in einer weiteren Schüssel mit der Kakaomischung verrühren. Nun ein Drittel des hellen Teigs in die Backform füllen, den Schokoladenteig darüber und mit dem restlichen hellen Teig abdecken. Bei jedem Füllvorgang mit einer Gabel lustige Muster machen.

Den Kuchen im vorgeheizten Ofen für 10 Minuten anbacken. Herausnehmen und mit einem kleinen nassen Messer rundum in der Mitte einritzen. Die Form wieder in den Ofen stellen, die Temperatur auf 180° reduzieren und für weitere 40 bis 50 Minuten backen. Normalerweise dauert bei meinem Ofen alles länger als in Rezepten angegeben, hier waren 40 Minuten schon perfekt. Stäbchenprobe machen! Den fertigen Kuchen aus dem Ofen nehmen und in der Form komplett auskühlen lassen, erst dann vorsichtig auf ein Gitter stürzen.

Wenn der Kuchen erkaltet ist, mit Aprikotur versehen. Dafür
100 g Aprikosenkonfitüre mit
30 g Wasser aufkochen, alles pürieren, noch einmal kurz aufkochen und dann sofort mit einem Pinsel auf den Kuchen streichen. Erneut erkalten lassen.

Wöllstein hätte nun gerne eine Mischung aus flüssigem Fondant und Kuvertüre (250 g Fondant, 20 g Wasser, 50 g bittere Kuvertüre). Hatte ich nicht, wollte ich nicht, ich habe alles mit 200 g bitterer Schokolade überzogen und erneut erkalten lassen. Dieser Kuchen braucht leider Geduld. Lohnt sich aber sehr.

Kurkuma-Tofu mit Honigglasur

In der NYT heißt das Rezept Kurkuma-Huhn mit schwarzem Pfeffer und Spargel, aber ich habe da einiges ausgetauscht. Unten steht das Originalrezept mit meinen Abwandlungen. Kurzfassung: In 20 Minuten großartiges Futter. Angeblich soll es für vier Personen reichen.

Erstmal Jasminreis oder ähnliches als Beilage aufsetzen. Bei war gab es auch noch ein paar Vermicelli-Nudeln dazu, ich konnte mich nicht entscheiden.

Dann die ganzen Vorbereitungen erledigen, damit alles neben der Pfanne oder dem Wok steht, die Kochzeit ist quasi ein Wimpernschlag.

In einem Schälchen
60 ml (1/4 cup) Wasser mit
3 EL Honig,
einem knappen TL schwarzem Pfeffer und
1/2 TL Salz verrühren. Beiseite stellen.

350 g schnell bratendes Gemüse in mundgerechte Stücke schneiden. Bei der NYT war es grüner Spargel, bei mir waren es Brokkoliröschen, TK-Erbsen und TK-Edamame, flugs in warmem Wasser angetaut.

450 g Huhn (bei mir Naturtofu) in mundgerechte Stücke schneiden. In einer Schüssel
2 EL Mehl mit
1 1/2 TL gemahlenem Kurkuma vermischen. Huhn oder Tofu darin wenden, bis alle Stücke hübsch bestäubt sind.

In einer Pfanne das Fleisch oder den Tofu in
1 EL neutralem Öl bei mittlerer bis höherer Hitze anbraten, bis alles fast so gebräunt ist, wie ihr es gerne mögt. Das Gemüse dazugeben und ebenfalls so lange braten, bis es für euch gut aussieht. Die NYT behauptet, das dauert alles nur fünf Minuten, hat bei mir ungefähr hingehauen.

Alles mit der Honigsauce übergießen und kurz eindicken lassen. Vom Herd nehmen und noch
1 TL Reisessig (oder Sojasauce) einrühren. Dringend mit
Limettenspalten servieren, die fand ich deutlich besser als den Essig. Sojasauce ruiniert ein bisschen die hübsche Farbe, glaube ich, habe ich aber noch nicht ausprobiert. Mit dem Reis sofort servieren.

Das hat so gut geschmeckt, dass ich das einen Tag später gleich nochmal gemacht habe, dieses Mal mit Erdnussbutter statt Honig, der war mir einen winzigen Hauch zu süßlich, und einer Runde Chiliflocken, die ich in die Mehlmischung gegeben habe. Für die Sauce einfach einen Klecks Erdnussbutter mit dem Gemüse in die Pfanne geben und alles mit Wasser ablöschen. Eine kleine Handvoll Erdnüsse darüber schadet auch nie. Und ein paar Frühlingszwiebeln. Ich ahne, dass man auch noch Koriander … aber ich schweife ab.

Was schön war, KW 35 – Alles irgendwie

Fenster geputzt mit dem üblichen Effekt: Wow, ist das auf einmal hell hier.

Am vergangenen Sonntag gingen F. und ich in die Ausstellung von Matt Black im Kunstfoyer, „American Geography“ (hier die Seite des Künstlers mit Bildbeispielen). Sie läuft nur noch bis zum 12. September – wer noch Gelegenheit dazu hat, möge bitte reingehen. Kostet auch nichts.

Mir haben besonders die, ich nenne sie mal so, Cinemascope-Panoramen gefallen. Sie kamen mir vor wie eine große Erzählung, ein Epos, das mir mitteilt, was bisher geschah. Indem man am Bild entlang ging, las man die Story, die allerdings meist von Verfall und Verzweiflung berichtete.

Ich mochte die vielen Stromleitungen, die Blacks Fotos zerschneiden, und ich mochte bis zu einem gewissen Grad seine Eigenheit, Bilder kippen zu lassen, also den Horizont eben nicht horizontal zu zeigen. Simple Lesart: Alles ist in Bewegung, nichts ist sicher.

Ich sah das erste Triell und muss mir die anderen beiden vermutlich nicht mehr anschauen. An meiner Wahlentscheidung hat der Schlagabtausch nichts geändert, ganz im Gegenteil. Mein Wahlbrief ist schon im Kasten.

In dieser Woche war ich gefühlt jeden Tag in der Uni-Bib oder an der Packstation oder in Postfilialen, in denen Pakete landen, die nicht mehr in die Packstation passen. Meine geliebte Station in fußläufiger Nähe ist leider seit Ende Juli abgebaut, daher radele ich jetzt durch die Gegend und lerne neue Packstationen kennen.

Buch 1: Der Katalog zur Ausstellung der Gottbegnadeten im DHM in Berlin. Der Katalog ist weniger textlastig als ich gehofft hatte, aber er bildet viele der Werke von Künstlern, die schon zur NS-Zeit erfolgreich waren und ihre Karriere launig in der Bundesrepublik fortsetzen konnten, ab, aus beiden Zeitperioden. Die Karte dieser Skulpturen ist netterweise auch online.

Im Vorwort stand ein Absatz, von dem ich mir wünschte, er wäre mir zur Diss eingefallen, in der ich „NS-Kunst“ immer in Anführungszeichen schreibe:

„Wir haben uns bemüht, diese Künstler nicht als ‚NS-Künstler‘ und ihre Werke nicht als ‚NS-Kunst‘ zu bezeichnen. Wir wissen, welche Bedeutung sie für die NS-Herrschaft hatten; wie sehr sie zu dieser Herrschaft beigetragen haben. Aber indem man eine bestimmte Gruppe als ‚die Nationalsozialisten‘ auszumachen versucht, entlastet man andere Gruppen und Strömungen. Damit verkleinert sich das Problem der Mitwirkung und man wird den historischen Gegebenheiten nicht gerecht.“

(Raphael Gross: „Die ‚Gottbegnadeten‘ und unsere visuelle Welt“, in: Wolfgang Brauneis/Ders. (Hrsg.): Die Liste der „Gottbegnadeten“ – Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik, München 2021, S. 10/11, hier S. 10.)

Meine liebste Erklärung für „NS-Kunst“ stammt von Joan Clinefelter, ich copypaste mal meine eigene Fußnote:

„Joan L. Clinefelter schreibt, dass sich faschistische Kunst nicht durch bestimmte Motive oder einen einheitlichen Stil definiert, den es zudem nicht gegeben hat, sondern durch einen „interpretive gloss placed on the works.“ Sobald ein Werk in einem Kontext auftaucht, der durch Partei oder Staat als zugehörig oder offiziell definiert wird – Ausstellungen, Sammlungen, Publikationen –, ist es „NS-Kunst“. Vgl. Clinefelter, Joan: Artists for the Reich. Culture and Race from Weimar to Nazi Germany, Oxford/ New York 2005, S. 4.

Der eben genannte Wolfgang Brauneis, einer der Kuratoren der Ausstellung, erwähnte übrigens Protzen in seiner Eröffnungsrede. Im Katalog kommt er aber nicht mehr vor, danach suchte ich natürlich als erstes.

Buch 2 und 3 waren Leserinnengeschenke, vielen Dank! Von Brit Bennett las ich The Vanishing Half mit Begeisterung und freue mich daher sehr auf ihren Erstling, The Mothers. Im zweiten Buch, Kalte Heimat: Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945 von Andreas Kossert las ich bereits das Vorwort – und musste feststellen, dass ich, obwohl meine Mutter aus dem ehemaligen Ostpreußen stammt, keine Ahnung von Vertriebenenpolitik nach 1945 habe. Alleine die Zahl der Geflohenen aus den ehemaligen Ostgebieten, die irgendwie im zerbombten „Altreich“ integriert werden mussten, erstaunte mich: 14 Millionen. Vierzehn Millionen! Und heute quengeln die Pappnasen von Rechtsaußen wegen eines Fliegers aus Afghanistan.

„Vor 1953 findet man für die Heimatlosen Bezeichnungen aller Art. Man sprach von Aussiedlern und Vertriebenen, von Flüchtlingen, Ostvertriebenen, Heimatvertriebenden, Ausgewiesenen und Heimatverwiesenen. 1947 setzte sich dann allmählich ‚Vertriebene‘ – expellees – durch, auch weil die amerikanische Besatzungsmacht das anordnete. Der Begriff sollte zum Ausdruck bringen, dass die Vertreibung endgültig war und keine Hoffnung auf Rückkehr bestand.“ (S. 10) In der DDR wurde spätestens 1950 „aus dem ‚Umsiedler‘ der ‚Neubürger‘.“ (S. 12) „Seit den 1960er Jahren spielte das Schicksal der Vertriebenen in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit kaum noch eine Rolle, und auch die Erinnerung an das historische Ostdeutschland schwand zusehends, bewahrt nur noch in den landsmannschaftlichen Biotopen. […] Vertriebene galten pauschal als Revanchisten, weshalb es unter Intellektuellen verpönt war, sich mit Flucht und Vertreibung der Deutschen zu beschäftigen.“ (S. 13)

Eigene Nase. Ich habe die Bewohner der ehemaligen Ostgebiete auch immer als nervige Konservative bzw. rückständige Nationalisten wahrgenommen. Erst seit Kurzem, seitdem ich überlege, was es bei Omi eigentlich an ostpreußischen Spezialitäten auf dem Esstisch gab und ich seitdem nach Rezepten aus der Gegend googele (oder Mama frage), ahne ich, dass mein Urteil vorschnell war.

„Die oft gepriesene materielle Integration der Heimatlosen im Wirtschaftswunderland gelang letztlich, weil die Vertriebenen nicht in der Rolle der Betroffenen verharrten, sondern selbst Hand anlegten […] Überliefert ist aber die Geschichte der Einheimischen, die angeblich ganz allein durch ihre gewaltigen Leistungen die Heimatlosen integriert haben. Für die Historikerin Helga Grebing gehört die Ignoranz gegenüber den Landsleuten aus dem Osten zu den deutschen Verdrängungsleistungen nach 1945, war gleichfalls eine ‚Unfähigkeit zu trauern.‘ […] Dass die Aufnahme der 14 Millionen nicht zur politischen Dauermalaise wurde, die Radikalisierung ausblieb, dafür zahlten die Vertriebenen mit Verleugnung ihres Schmerzes und kultureller Selbstaufgabe. Schlesier, Ostpreußen, Pommern, Deutschböhmen und Banater Schwaben, die über Jahrhunderte beigetragen haben zur Vielfalt der deutschen Identität, hatten fern der Heimat nichts mehr zu melden.“ (S. 14 und 16)

Bin sehr gespannt auf den Rest des Buchs. Vielen Dank für beide Geschenke, ich habe mich sehr gefreut.

Dann schickte Lektorgirl noch Buch 4 vorbei: Wagnisse: 13 tragische Bauwerke und ihre Schöpfer. Klingt erstmal spannend und macht den Stapel noch höher. Ächz.

Denn aus der Uni-Bib holte ich dusseligerweise zeitgleich den Katalog zur Ausstellung im Bucerius-Kunstforum in Hamburg, „Moderne Zeiten – Industrie im Blick von Malerei und Fotografie“, die aber anscheinend ohne eine einzige Autobahn auskommt, sad. Und ohne einen Grossberg. Jetzt kann ich sie nicht mehr ernstnehmen.

Auch hier gelang mir bisher nur ein schweifender Blick in die Aufsätze, aber für diesen Absatz hat es sich schon gelohnt, weil ich innerlich nur so A-MEN, BROTHER, PREACH! vor mich hinbeckerfaustete.

„Industriefotografen pauschal zu den NS-Propagandisten zu zählen, würde den Ambivalenzen der historischen Wirklichkeit nicht gerecht. Auch wenn sich ein Mann wie [Albert] Renger-Patzsch mit dem Regime arrangierte, blieb er doch seiner Bildsprache der Neuen Sachlichkeit treu. Ohnehin sind die Kontinuitätslinien zwischen den 20er Jahren und dem ‚Dritten Reich‘ stärker als die Brüche oder Neuansätze. Gemeinschaft zu visualisieren, war etwa lange vor 1933 ein Topos der Industriefotografie, und auch die Porträts kräftig-stolzer Arbeiter waren keine Neuerfindung, sondern knüpften an ältere Traditionen an.“

Ralf Stremmel: „Dokumentieren und Inszenieren. Industriefotografie im Ruhrgebiet von 1860 bis 1960“, in: Kat. Ausst. Moderne Zeiten – Industrie im Blick von Malerei und Fotografie, Bucerius Kunst Forum Hamburg 2021, München 2021, S. 54–65, hier S. 62.

Renger-Patzsch fand ich in den Unterlagen im Bundesarchiv zur Ausstellung „Die Straße“ (1934), aber ich bin mir nicht sicher, ob seine Fotos schlussendlich ausgestellt oder nur angefragt wurden. Hat bei mir nur zu einer Fußnote gereicht.

Und das letzte Buch: Entnazifizierungsgeschichten. Die Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Vergangenheit in der frühen Nachkriegszeit von Hanne Leßau. Ich sah die Autorin in einer YouTube-Veranstaltung, ich meine, vom Fritz-Bauer-Institut, aber der Link ist inzwischen auf privat gestellt. Daher verweise ich faul auf die gute Besprechung bei hsozkult.

Wenn ich nicht gerade Bücher durch die Gegend trug, war ich mit F. Bier trinken (Freitag), saß am Schreibtisch (die ganze Woche) oder baute (gestern) mit F. meinen neuen Kleiderschrank auf. Kleiderschränke sind die Möbelstücke, die ich am garstigsten von allen finde, weswegen ich mich in jeder Wohnung über Abstellkammern freue, denn da landen alle meine Klamotten. In dieser Wohnung nutzte ich Kommoden mit Schubladen und die Garderobe und einen Teil des leider zu kleinen integrierten Wandschranks und gefühlt noch das Bad, aber irgendwann musste ich mir eingestehen: Du brauchst einen Kleiderschrank. Hab ich jetzt.

Vorletzte Woche entdeckte ich irgendwie die Serie „Five Bedrooms“, die es im irgendwo im Interweb gibt. Die zwei Staffeln ließen sich sehr gut weggucken. Wenn Sie „Please Like Me“ mochten, mögen Sie „Five Bedrooms“ vermutlich auch.

Auf Netflix läuft die zweite Staffel von „Never Have I Ever“. Darin nutzt die pubertierende Hauptperson die Sprachnachrichten ihres toten Vaters, um sich zu beruhigen. Und auf einmal fiel mir ein: So was Ähnliches habe ich ja auch.

Ich lösche Sprachnachrichten nie, eher aus Faulheit denn aus Berechnung. Aber so hörte ich vor ein paar Tagen, wie Papa mir nochmal im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zum 49. Geburtstag gratulierte – „wir melden uns dann später nochmal.“ Das war sehr seltsam, aber auch sehr schön.

Die Staffel endet mit diesem Song, der seitdem in meinen Ohren wurmt.

Am Donnerstag hatte ich einen sehr, sehr, wirklich sehr wütenden Blogeintrag über Impfgegner in den Fingern, aber netterweise hatte McSweeney’s den schon geschrieben. (Via @misscaro)

„Oh, you’re afraid of fucking side effects? Fuck you. You know what has fucking side effects? Fucking aspirin, fucking Tylenol. You could be fucking allergic to pineapple, you fucking fuckwit. Everything has side effects. You’re being a big fucking baby with a huge diaper full of fucking diarrhea, complaining about maybe feeling slightly tired for a day or two while your asymptomatic COVID case you get and pass to some innocent fucking kid could wind up killing them or someone else. Fuck you, you fucking selfish fucking shit-banana, you unredeemable ass-caterpillar, you fucking fuck-knob with two fucks for eyes and a literal poop where your heart should be. You want a two-month-old to wind up on a fucking ventilator instead of you, a fucking adult, getting a fucking sore arm for a day? What are you, a pitcher for the Yankees? A fucking concert pianist? An arm model? Get the fuck out of here! Fuck you. Get vaccinated. Fuck. Fuck you!“

Ja, ich weiß, mit Anschreien bringt man niemanden dazu, sich vernünftig zu verhalten, aber nach anderthalb Jahren Nettsein, Überzeugen, Impfwerbung, Kanzlerinnenansprachen, Twitter-Threads und Drosten-Podcasts habe ich keine Lust mehr. Es war sehr beruhigend, den Artikel zu lesen.

Die Bilder in diesem Beitrag stammen von den Insta-Accounts Frances Palmer und Triple Wren Farms. Weil ich es schön finde, auf Insta lauter Blumen zu sehen.

Als Rausschmeißer noch einen Artikel aus der LA Book Review. Der jüdische Autor und Musiker Paul Festa schreibt über den Wagner-Brocken, den ich noch ein paar Wochen lese. Lohnt sich alleine für die herrliche Zusammenfassung der Götterdämmerung: „In which Siegfried is drugged into cheating on Brünnhilde, so she cancels everything with a torch, including him, herself, her horse, her father, his family, and the new construction.“

„Cancellation of the Gods“ nähert sich Wagner aus verschiedenen Richtungen und ich habe jede Zeile gern gelesen.

„I recently found myself accused of Jewish Wagner sympathy after asking on social media if anyone could recommend a production of Tristan und Isolde for my college seminar “Music for Masochists: Five Centuries of Difficult Listening in Western Classical Music.” Tristan gave tonal music a hard shove toward a sheer cliff and as such plays a pivotal role in the story of difficult music.

In response to my query, amid a few recommendations, someone deposited the hashtag #wagneriscancelled and assigned me to watch the Sarah Silverman music video about Jewish people who drive German cars. This stung: my first and most beloved car, the gift of my Jewish mother’s Jewish second husband, was a blue 1967 Volkswagen Bug. When you turned on the radio the windshield wipers activated; it was too human to be a Nazi.

I responded with a defense of Tristan that was heartfelt but also dishonest in a sense: I’d already canceled Wagner, at the age of 14. I needed help choosing a Tristan because I barely knew the opera, and that’s the Wagner opera I knew best. […]

Wagnerism [der Wagner-Brocken von Alex Ross] is primarily a book about the composer’s influence on nonmusical spheres. “Wagner’s effect on music was enormous,” Ross writes, “but it did not exceed that of Monteverdi, Bach, or Beethoven. His effect on neighboring arts was, however, unprecedented, and it has not been equaled since, even in the popular arena.” This struck me as overstated before getting through the book — not after. The cumulative effect of Ross’s survey is to suggest a kind of key to all modern mythologies: no significant political or aesthetic movement in the West seems to have escaped Wagner’s influence. Another effect is to confirm Ross’s status as a virtuoso generalist, equally at home in the harmonic thickets of the score as in the most unexpected corners of the literary fin de siècle. “Writing this book,” Ross declares in his introduction, “has been the great education of my life.”

Nach der Einleitung folgt eine Art Tagebuch, in dem Festa elf Wagner-Opern auf Video anschaut und seine Gedanken wandern lässt. Daraus kann ich kaum zitieren, weil alles aufeinander aufbaut, aber ich lege euch diesen Ritt sehr ans Herz. Und dieses Bernstein-Zitat für die Wagnerdooffinder: “I hate Wagner,” [Leonard] Bernstein said. “But I hate him on my knees.”

Bücher Juni bis August 2021

Der Stapel ist etwas kleiner als der letzte. Im Norden las ich sehr viel, dann kam anscheinend wieder eine Pause, und momentan sitze ich am dicken Wagner-Buch. Das wird auch noch dauern, bis ich damit durch bin. Kauft es einfach und lest mit mir mit!

Taffy Brodesser-Akner – Fleishman Is in Trouble

Hat mir gefallen, ich erwähnte es hier sehr kurz in einem Ausschnitt. Hier der Perlentaucher zur deutschen Fassung.

Wolfgang Ruppert – Der moderne Künstler. Zur Sozial- und Kulturgeschichte der kreativen Individualität in der kulturellen Moderne im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Sehr lesenswert, jedenfalls wenn man sich wie ich für das München Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts in Künstler:innenkreisen interessiert. Ich zitierte im Blog, wie Maler bei Wagner einschlafen und erwähnte hier, was genauer drin steht. Dort steht auch was zu den nächsten beiden Büchern.

Kristine Bilkau – Die Glücklichen

Siegfried Lenz – Der Überläufer

Emma Cline – The Girls

Einer der Favoriten aus diesem Stapel, hier im Blog erwähnt.

Connie Palmen – Logbuch eines unbarmherzigen Jahres

Das klingt jetzt sehr hartherzig, aber es ist schon fast absurd, dass zwei Ehemänner der Autorin versterben und sie über beide ein Buch schreibt. „I. M.“ fand ich großartig, „Logbuch“ liest sich sehr anders, viel analytischer und mit hundert Verweisen auf andere Witwer und Witwen, die über ihre Verstorbenen Bücher geschrieben haben. Trotzdem: Alleine für diese Stelle hat sich’s gelohnt:

„Wenn er [der verstorbene Ehemann] den kleinen Citybus nimmt, um einer Versammlung von Holland Symfonia in der Stopera vorzusitzen, kommt er an meiner Wohnung an der Prinsengracht vorbei. Er setzt sich dann immer auf die linke Seite des Busses und ruft mich an, wenn er an der Rozengracht vor der Ampel steht. ‚Geh man eben an dein Fenster“, sagt er, ‚ich komme gleich vorbei.‘ Ich höre auf zu schreiben, trete ans Fenster im ersten Stock und warte auf ihn, das Telefon in der Hand. Da kommt er, auf der anderen Seite der Gracht, wir winken einander zu, sagen hallo Liebling, hallo Schatz, winken, bis wir einander nicht mehr sehen können. Jetzt bist zu weg, sagen wir dann, bis nachher, bis dann.

Ich habe ihm nie erzählt, dass ich danach mindestens eine Stunde lang nicht mehr arbeiten kann, weil ich mich erst wieder von ihm losreißen muss.“ (S. 41/42)

Gabriele Tergit – Käsebier erobert den Kurfürstendamm

Ich habe Ihnen das schon mal ans Herz gelegt und mache das gerne wieder.

Friedrike Mayröcker – ich sitze nur GRAUSAM da

Mein erster Mayröcker. Ich weiß immer noch nicht, was ich eigentlich gelesen habe über sie und ihren Partner Ernst Jandl, aber wenn man den Kopf ausmacht und sich einfach von der Sprache tragen lässt, reicht das auch völlig. Beim Perlentaucher findet sich der Begriff der „gebrochenen Offenheit“, das gefiel mir gut.