Was schön war, Freitag, 30. August 2019 – Stabitag

Vormittags Stabi, nachmittags für Geld gearbeitet, früher Feierabend, letzter Probeburger (ich kann kein Fleisch mehr sehen), viel gelesen (FAZ, Spiegel), bisschen Serien geguckt, früh ins Bett.

In der Stabi die Ausgabe einer Zeitschrift gefunden, die ich gesucht hatte. Und nebenbei mal wieder auf Herrn Grossberg gestoßen, der nämlich auch Autobahnen gemalt hat. Die zugegebenermaßen etwas anders aussahen als das, was die meisten Autobahnmaler*innen so fabriziert haben. Deswegen wollte ich ja eine Diss über ihn schreiben. Aber nun ja.

Carl Grossberg: Autobahnzubringerbrücke Krefeld-Uerdingen im Bau, 1935, Verbleib laut der neuesten Diss über ihn (1990, wimmer) Privatbesitz Hannover. Scan aus: Westermanns Monatshefte 951 (November 1935), S. 205.

Wolf Panizza: Überführung bei Neubiberg, 1935, Verbleib weiß ich momentan nicht, scheint in keinem Museumsdepot zu liegen. Scan aus: Westermanns Monatshefte 955 (März 1936), S. 11.

Was schön war, Donnerstag, 29. August 2019 – Lesen, schreiben, finden, Bierchen

Den Vormittag mit meiner vielfältigen Lektüre zu den Reichsautobahnen zugebracht. Mit der neuen Diss-Struktur immer noch zufrieden gewesen. Beim Lesen allerdings sehr müde geworden, ein kurzes Nickerchen auf dem Sofa eingeschoben.

Zeitung gelesen und dabei müde geworden. Nickerchen verkniffen. Innerhalb von zwei Tagen die Fruchtfliegenfamilie ausgerottet, die es sich in meiner Küche gemütlich machen wollte. Nicht mit mir, Scheißviecher. (Opas Schnapsglas, bisschen Zucker, bisschen dunkler Balsamico, Wasser, Spülmittel.)

Nachmittags im Stadtarchiv gewesen und nach 500 Fotos endlich eins gefunden, auf dem die Fresken immerhin mit viel gutem Willen schemenhaft zu erkennen sind. Durfte man natürlich nicht mit dem Handy fotografieren, ich bekomme jetzt für zehn Euro eine CD zugeschickt mit einem Scan. Innerliche Beckerfaust. Nach dem Archivbesuch sehr müde gewesen. Kleines Nickerchen auf dem heimischen Sofa eingeschoben.

Um 18 Uhr Fünf-Minuten-Besuch bekommen, der F.s Bayerndauerkarte fürs morgige Spiel abholte. Sehr müde geworden, Nickerchen verkniffen. Hellwach geworden, als eine Paypal-Spende eintraf, die mir einen großen Teil des Zugticketpreises nach Hamburg abnehmen wird. Sehr erfreute Dankeschön-Mail geschrieben.

Um 20 Uhr zu einer Verabredung aufgebrochen. Eigentlich wollten wir über die neue Diss-Struktur reden, aber das Problem hatte ich ja schon selbst gelöst. Gestern merkte ich aber, als ich die ersten Folien fürs Doktorandenkolloquium bastelte, das nächstes Wochenende stattfindet, dass ich mir durch diese Struktur natürlich – NATÜRLICH – auf anderen Baustellen Probleme bereite. Die konnten wir dann gestern nach einer kleinen einstündigen Einführung in NS-Kunst und das Werk von Protzen aber lösen. Zumindest habe ich einen Vorschlag mitgenommen, der mir bis jetzt ganz gut vorkommt, ich werde das umsetzen, denn ich merke ja immer erst beim Schreiben, ob Dinge funktionieren oder nicht.

Den Rest des Abends mit netten Gesprächen und zwei kleinen Kaltgetränken verbracht, bis ich um 00.26 Uhr in die U-Bahn stieg. Den ganzen Abend hellwach gewesen, zuhause aber sofort in Tiefschlaf gefallen und bewusst für heute morgen keinen Wecker gestellt. Erfrischt, gut gelaunt und motiviert aufgewacht. Vorfreude auf Nickerchen heute abend beim Fuppes.

1000 Fragen, 301 bis 320

(Ich zitiere Christian: „Die Fragen stammen ursprünglich aus dem Flow-Magazin, Johanna von pink-e-pank.de hat daraus eine persönliche Blog-Challenge gemacht, und Beyhan von my-herzblut.com hat das PDF erstellt.“)

301. Worin bist du ein Naturtalent?

Essen.

302. Welche Person um dich herum hat sich in letzter Zeit zum Positiven verändert?

Ich habe nicht viele Personen um mich herum und die, die ich habe, sind alle super, geh weg, Fragebogen.

303. In welcher Situation warst du unfair?

Gerade eben zum armen Fragebogen. Der macht doch auch nur seinen Job.

304. Fühlst du dich fit?

Den Umständen entsprechend halbwegs, ja. War jedenfalls schon mal schlechter. (Ja, war auch schon mal besser, aber da war ich 12.)

305. Sind deine finanziellen Angelegenheiten gut geregelt?

Ich habe keine Schulden, das Finanzamt hat eine Einzugsermächtigung, ich erledige meine Steuer gewissenhaft, und über die Rente denke ich nicht nach. Also ja, alles top. Hrm.

306. Von welchem Buch warst du enttäuscht?

Von vielen. Inzwischen lege ich alles weg, worauf ich keine Lust mehr habe. Meine Zeit wird knapper.

307. Welchen Grund hatte dein letzter Umzug?

Mehr Platz haben wollen!

308. Neigst du zum Schwarz-Weiß-Denken?

Wenn es um Lakritze geht, ja. (TOD DER LAKRITZE!) Bei sämtlichen anderen Süßigkeiten bin ich für alles offen.

309. Was fühlst du, wenn du verliebt bist?

Verliebtheit? (Heute ist echt nicht dein Tag, Fragebogen.)

310. Gehört es zum geselligen Beisammensein, viel zu essen und zu trinken?

Nein, ich kann das auch prima alleine.

311. Welche Dinge stehen noch auf deiner To-do-Liste?

Ich copypaste mal die erste Seite meines To-Do-Dokuments im Dissertations-Ordner, das insgesamt drei hat:

– Barbara Volkmann: Zwischen Wiederstand und Anpassung, 1980, 162/163
– Kat Ausst. Realismus, Berlin 1981, Staatliche Kunsthalle Berlin, 384.

– 0907/SD Kleine 35
Käpplinger, Judith: Die Reichsautobahn in Südbayern : eine Ausstellung des Staatsarchivs München ; 3. März – 30. April 2012, München 2012
Ludwigstr 14, Bib für bayerische Landesgeschichte

– BZI: BH 1502/190 (Freihand-Bestand)
Nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude, Amt Feierabend. Der Arbeiter und die bildende Kunst. System und Aufgabe der Kunstausstellungen in den Betrieben

– Rüdiger, Wilhelm: Kunst und Technik, München 1941 (Forschungsstand)
– Kat. Ausst. Kunst und Technik, Berlin 1939 und Dortmund 1942
– Kat. Ausst. Deutsches Volk, deutsche Arbeit, Berlin 1934
– Kat. Auss. Lob der Arbeit, Berlin 1936
– Kat. Ausst. Volk der Arbeit, Gelsenkirchen 1941
– Kat. Ausst. Eisen und Stahl, 1952, Düsseldorf

– Kameradschaft der Künstler, München e.V.
Term: 1938 – 1948
: BayHStA, MK 51588
Bund Deutscher Gebrauchsgrafiker e.V., München
Term: 1947 – 1971
: BayHStA, MK 51598
Künstlerbund “Isar” e.V., München
Term: 1951
: BayHStA, MK 51612

DE-1992-ZA-09138 Kunst – Neue Münchner Künstlergenossenschaft (Akt) (Neugründung nach 1945?)

– Ausstellung Münchner Künstler im November? 1942 in Köln, ab 2.11. im Kunstverein Köln (kein Katalog im ZI)
– Nachlass Peter Trumm (Rezensionen für Zeitungen)
https://www.literaturportal-bayern.de/nachlaesse?task=lpbestate.default&id=67

– BZI: BH 1502/1022
Potter, Pamela Maxine: Art of Suppression. Confronting the Nazi Past in Histories of the Visual and Performing Arts, Oakland (Kalif.) 2016.

– Archiv im Deutschen Museum
http://www.deutsches-museum.de/archiv/bestaende/institutionenarchive/
verzeichnis/milch-und-fettwirtschaft/ (1935–1943)

– Bundesarchiv: NS 51/40 Einladungen zu Veranstaltungen der NSDAP und ihrer Formationen sowie anderen Einrichtungen des öffentlichen Lebens (Handakte des Stellvertreters des Chefs der Kanzlei des Führers, Albert Bormann) (1933)

312. Hegst du oft Zweifel?

Ja.

313. Womit bist du unzufrieden?

MIT DER GESAMTSITUATION! (Sorry. Steilvorlage.)

Momentan bin ich mit Dingen unzufrieden, die nicht ins Blog gehören.

314. Mit welchem Gefühl besteigst du ein Flugzeug?

Hoffentlich ein freier Mittelplatz.

315. Gilt für dich die Redensart „Eine Hand wäscht die andere“?

Für mich gilt die Redensart „Ich möchte einfach nur hier sitzen.“

316. Bist du schon mal schikaniert worden?

Bestimmt. Verdrängt.

317. Wie spontan bist du?

Eher weniger. Ich neige zu Listen und Frühbuchungen.

318. Unterstützt du bestimmte Menschen bedingungslos?

Ich hoffe doch.

319. In welcher Angelegenheit hast du Schuldgefühle?

Gehört auch nicht ins Blog.

320. Wie viele Jahre schon dauert deine längste Freundschaft?

35 Jahre.

Tagebuch Mittwoch, 28. August 2019 – Nicht so richtig

Nicht so richtig in den Diss-Modus gekommen, neue Struktur gefällt, aber jetzt muss ich dringend an ein Kapitel ran, an das ich noch gar nicht ranwollte. Unkonzentriert gelesen, mal wieder die lange Bibliografie durchgesehen, ein Buch antiquarisch bestellt, in dem ich garantiert 70 Post-its hinterlassen werde anstatt brav nur im ZI darin zu lesen.

Nicht so richtig in den Job gekommen, kurzes Briefing-Gespräch gehabt, bisschen vorgearbeitet, genauso unkonzentriert gewesen wie bei der Diss.

Aber: Zusage von Blohm + Voss für die Akteneinsicht. Gebe jetzt Geld aus, das ich noch nicht verdient habe, um nach Hamburg zu fahren und dort in Akten zu wühlen, in denen garantiert nicht das steht, was ich mir erhoffe. #mimimi

Gestern morgen freute ich mich noch über den frisch aufgeladenen Roomba und setzte ihn zunächst in der Küche aus, wo ich am meisten Dreck produziere. Nach nicht mal einer halben Stunde ertönte ein trauriges Piepsen und das Kommando: „Please charge Roomba.“ Ich stöpselte das altersschwache Gerät wieder an die Ladestation – und stellte überrascht fest, dass er nach einer halben Stunde wieder grün blinkte. Nun ließ ich ihn im Schlafzimmer fahren – und musste ihn nach 20 Minuten wieder laden. Dieses Spiel spielten wir den ganzen Tag: laden, saugen, laden, saugen, mal den Staubbehälter leeren, laden, saugen. Das Arbeitszimmer war auch irgendwann sauber, und zum Schluss kam die Bibliothek, wo mir beim traurigen Piepsen das erste Roomba’sche Gesetz wieder einfiel, das ich schon vergessen hatte: Wenn der Akku alle ist, ist die Putzhilfe grundsätzlich unter der hintersten Ecke des Ecksofas, an die ich nur mit meinem Golfschläger rankomme. Mein Golfbag ist nicht in München, und seit gestern weiß ich: Mein Regenschirm funktioniert auch, um den kleinen Racker zu mir zu ziehen.

Mittags (und abends) am Burger weitergebastelt, den F. nächste Woche vorgesetzt bekommt. Bis dahin habe ich mich an Burgern so dermaßen überfressen, dass ich ihm vermutlich nur zusehen werde, während ich einen kleinen grünen Salat esse. Die gin-pickled cucumbers, die ich gestern im Blog erwähnte, sind der Kracher! Bitte alle sofort ein paar Gläser dafür sterilisieren. Sie passen leider nicht so ganz zum Whisky Patty, um den ich eigentlich den ganzen Burger herumgebaut habe. Ich werde mich wohl entscheiden müssen für Gin oder Whisky, und ich muss gestehen, die Gurken sind schon großartig, während Hack und Whisky eine etwas gewöhnungsbedürftige Kombi ist. Wobei ich zugegebenermaßen auch nur den günstigen Irish Whisky zum Marinieren genommen habe und keine 80-Euro-Flasche, die eventuell etwas Raucharoma mitbrächte.

Mich darüber gefreut, dass die Pinakotheken unseren letzten Podcast weiterempfohlen haben. Wer mich fünf Minuten über mein Diss-Thema bzw. Kunst im NS monologisieren hören will, kann das ab 1h23 tun.

Hämisch gegrinst darüber, dass sich Salvini vermutlich selbst aus der Regierung gekegelt hat, der Trottel. Entsetzt darüber gewesen, dass Johnson noch leichtsinniger und bescheuerter ist als ich dachte. Bei Trump, der den nächsten G7-Gipfel ernsthaft in einem seiner privaten Resorts ausrichten will, nur noch müde gemurmelt, was ich seit Monaten murmele: „Impeach the motherfucker already.“ Bin kurz davor, einfach unter die Bettdecke zu kriechen und abzuwarten, bis das Patriarchat sich endlich erledigt hat und wir vor exzentrischen man babies unsere Ruhe haben.

Und gleichzeitig lief das Boot mit Greta Thunberg an Bord in Manhattan ein. Ich stehe der Mystifizierung der jungen Frau zwar auch etwas skeptisch gegenüber, halte aber so ziemlich alles, was sie tut, für weitaus sinnvoller als das, was die drei eben genannten Herren so produzieren.

Was schön war, Dienstag, 27. August 2019 – Getting shit done, aber irgendwie anderen, als ich geplant hatte

Ein paar Jahre Protzen habe ich noch vor mir, bevor ich wieder ins ZI oder die Bibliothek oder mal wieder nach Nürnberg muss, um Nachschub an Quellenmaterial zu sammeln. Daher war gestern eigentlich wieder Schreibtischtag daheim angesagt. Was sich Montag aber schon abzeichnete, erwischte mich dann Dienstag endgültig: Die Struktur, mit der ich in der Diss arbeite, bröckelte mir beim wichtigsten Kapitel, dem Autobahnkapitel, unter den Tippfingern weg. Nachdem ich zum zwanzigsten Mal „vgl. Abschnitt x in Kapitel x“ getippt hatte, weil ich das, was ich eigentlich sagen will, für eine andere Stelle geplant hatte, dachte ich, nee, das kann’s nicht sein. Da müssen wir nochmal grundsätzlich ran.

Netterweise lenkte mich mein Mütterchen mit einem Telefonat ab, dann musste ich einkaufen, und weil es eh schon Mittags war, ließ ich die Diss liegen und erledigte andere Dinge.

Zum Beispiel mal den Staubraugerroboter auspacken und aufladen, den mir Herr F. vorbeigebracht hatte. So einen kleinen Racker hatten Kai und ich in Hamburg auch schon, für meine 1-Zimmer-Wohnung in meiner Münchner Anfangszeit wäre er aber dann doch eher albern gewesen, aber jetzt, mit etwas mehr Platz, hätte ich nichts gegen eine gewisse Grundsauberkeit, bevor ich nochmal mit dem anständigen Sauger rübergehe. Ich habe im Moment aber keine Lust, Geld für sowas auszugeben. Wie praktisch, dass F. seinen Roomba gerade nicht so dringend braucht und er deswegen bei mir fremdarbeiten darf. Ich suchte mir also eine möglichst unauffällige Stelle als seine neue Homebase und lud ihn auf. Heute darf er dann rumfahren und ich werde vermutlich in bittersüßen Erinnerungen schwelgen.

Dann bastelte ich ein paar Burgerbeläge. Ich hatte F. zum Geburtstag einen Burger kreiiert, der hoffentlich genau seinen geschmacklichen – und alkoholischen – Vorlieben entspricht. Zumindest theoretisch, denn man kommt ja zu nix. Da der Mann aber gerade mal wieder ein paar Tage aus sportlichen Gründen unterwegs ist, habe ich jetzt Zeit, die Einzelteile vorzubereiten und probezuessen und endlich den faulen Gutschein einzulösen.

Ich hobelte Gurken und Schalotten, kochte Essig mit Chili, Limette und Wacholderbeeren auf und fertigte daraus Gin-pickled cucumbers. Die habe ich noch nicht probieren können, weil sie mindestens einen Tag lang durchziehen sollten, aber ich bin mir sicher, die sind super. Dann schwitzte ich Fett aus Bacon und vermischte ihn mit einer Menge interessant klingender Zutaten wie Zwiebeln, Tabasco, Cayennepfeffer, Balsamico-Essig und braunem Zucker. Das schmeckte frisch aus der Pfanne so, dass ich kaum das Gläschen Whisky Bacon Jam füllen wollte. Hätte ich doch gleich die im Rezept angegebene Menge gemacht, ich Idiot. Was soll bei Bacon schon schief gehen?

Abends buk ich dann auch noch Burger Buns, die mir Herrn Hirngabel empfohlen hatte, meine Twitter-Anlaufstation für alles fiese Essen ohne viel Gemüse drin. (Ich tue dem Herrn vermutlich unrecht, aber was der alles schon frittiert hat, ist wirklich bemerkenswert.) Die kann ich hiermit dringend weiterempfehlen: fluffig, gleichzeitig bissfest und sie zerfetzen nicht unter den Händen, wenn man reinbeißt.

Und weil ich eh schon mit Hefeteig rumbastelte, setzte ich gleich mal einen Brötchenteig an, der über Nacht im Kühlschrank ruht. Die Brötchen backen gerade, kann ich noch nicht beurteilen. Sehen aber schon sehr gut aus.

Zwischendrin las ich Zeitung, erledigte Orgakram, holte mir vom Schwesterchen ein Update aus der alten Heimat, nach dem ich meine Mutter nicht fragen wollte, und schon war der Tag irgendwie rum. Ich bereitete am Schreibtisch den heutigen Tag vor – immer abends brav aufräumen, die alte Clean-Desk-Policy von Springer & Jacoby geht nicht mehr raus –, und als ich so meine Dateien aufräumte, dachte ich über einen Tipp nach, den ich per Twitter zur Diss-Struktur bekommen hatte. Den wandte ich an, vermutlich weil ich beim gin-picklen und bacon-jamming doch drüber nachgedacht hatte … und plötzlich war da eine neue Struktur, die mir sehr logisch vorkam. Ein Teil des Tipps war, seine Entscheidung auch schriftlich zu begründen, nicht einfach machen, sondern logisch darlegen, warum das die richtige Entscheidung ist. Auch das erledigte ich noch, und heute morgen liest sich das noch genauso gut wie gestern abend.

Jemand anders hatte mir ein persönliches Gespräch zur Problemlösung am Donnerstag angeboten. Das werde ich weiterhin wahrnehmen – hey, jede Gelegenheit, über meinen Diss zu reden, ist eine gute –, aber ich glaube, wir können den Abend entspannt mit Kaltgetränken bestreiten und weniger mit Nazikram. Immer eine gute Alternative.

Was schön war, Montag, 26. August 2019 – Schreibtischtag

Neun Stunden an der Diss gepuschelt, brav wieder am roten Faden lang, keine Umwege mehr auf Nebenschauplätze gemacht, nein, nein. Aber: von einer Blogleserin noch einen Tipp für einen dieser Schauplätze bekommen und dem werde ich noch nachgehen. Gestern aber nicht, gestern ging’s schön ordentlich geradeaus. Ich bin dann jetzt bei 130 Seiten, und das Autobahnkapitel, um das sich ja eigentlich alles dreht, ist immer noch nur ein Fragment.

Mittags Reis mit Gemüse und viel zu wenig Ketjap Manis. Ich liebe das Zeug, aber das scheint irgendwie in der Flasche verdunstet zu sein. Gleich mal den Einkaufszettel aktualisiert. (Ich schreibe Zettel per Hand und nicht per App.)

Zum Essen die neue Folge von The Affair geguckt. Ich hoffe, ich spoilere nicht, wenn ich ausplaudere, dass am Ende der letzten Staffel eine der Hauptfiguren verabschiedet wurde. Ich bin nur dankbar, dass es nicht Helen war, denn über die Frau würde ich gerne nach dem Ende von Affair eine eigene Serie sehen.

Nebenbei ist der Titelsong von Fiona Apple eins der besten Intros, die ich kenne. Den skippe ich nie vor.

Die Akten von Blohm + Voss liegen im öffentlich zugänglichen Hamburger Staatsarchiv, aber man braucht eine Erlaubnis der Firma, in sie reingucken zu können. Hm. Brav angefragt. Das ist nur ein kleiner Nebenschauplatz, der war okay, die eine Mail habe ich mir gegönnt. In der Archivsuche gehe ich gerne über die Tektonik anstatt direkt nach meinen Begriff zu suchen, weil ich es spannend finde zu gucken, was neben den Akten rumliegt, die mich eigentlich interessieren. So habe ich um die Erlaubnis für zwei Akte gebeten, die ich brauche, und für einen, den ich überhaupt nicht brauche, aber ich finde, wenn da etwas rumliegt, das „Frauen im Flugzeugbau 1944–45“ heißt, dann muss ich da reingucken. Mal sehen, ob ich darf.

Abends Waffeln mit Nektarinenkompott, das ich statt mit Wasser mit Scheurebe gekocht habe. Dazu regennasse Minze vom Balkon.

The Internet Is Rotting⁠—Let’s Embrace It

Nicht funktionierende Links können ein Segen sein, und Facebooks „On this day“ ist grauenhaft. Noch ein Grund mehr, warum ich den Laden nicht mehr betrete – als ich in der Trennungsphase meiner letzten Beziehung war, habe ich gefühlt dauernd angeblich happy memories in die Timeline gespült bekommen.

Ich traue mich nur nicht, meinen Account zu löschen, weil ich Angst um meinen Candy-Crush-Score habe.

„Humans are accustomed to a world in which forgetting is the norm, and remembering is the exception.

This isn’t necessarily a bug in human evolution. The mind forgets what is no longer relevant to our present. Human memory is constantly reconstructed—it isn’t preserved in pristine condition, but becomes altered over time, helping people overcome cognitive dissonances. For example, people may see an awful past as rosier than it was, or devalue memories of past conflict with a person with whom they are close in the present.

Forgetting also helps humans to focus on current issues and to plan for the future. Research shows that those who are too tethered to their past find it difficult to live and act in the present. Forgetting creates space for something new, enabling people to go beyond what they already know.“

(via @Hystri_cidae)

Was schön war, Freitag bis Sonntag, 23. bis 25. August 2019 – Fußball, Stadionwurst, ins Grüne gucken

Meinen Freitagsspaziergang durch Ramersdorf hatte ich bereits verbloggt, aber meine Abendgestaltung bewusst rausgelassen, weil die thematisch viel besser zum Samstag passte, denn: Ich konnte auf zwei Plätzen die Bundesliga-Heimspielsaison eröffnen.

Freitag abend ging ich zu den FC Bayern Frauen auf den Campus, dem seelenlosesten Stadion aller Stadien, das nicht mal eins ist, sondern ein Trainingsgelände, aber da spielen die Frauen nun einmal. Ab und zu dürfen sie ins Grünwalder, und gerade Freitag wäre das eine schöne Gelegenheit gewesen, denn der 1. FFC Frankfurt ist kein kleiner Gegner. Aber gut, dann eben der olle Campus.

An der Kasse bat ich dieses Mal nicht um das übliche Tagesticket, sondern um eine Dauerkarte. Meine erste eigene Dauerkarte! Die vom FC Augsburg gehört zwar im Prinzip mir, weil ich sie bezahle, aber da steht nicht mein Name drauf, sondern der eines Herren, der sie noch nicht ganz hergeben möchte, was völlig in Ordnung ist. Auf meiner ersten eigenen Dauerkarte steht nun leider aber auch nicht mein Name, sondern gar keiner. Wie F. nach meinem Gejammer anmerkte: „Irgendwas ist ja immer.“

Schönes Spiel, 3:0, unscharfes Bild, sorry.

Am Samstag ging’s dann zu den Herren, die ebenfalls ihren zweiten Bundesligaspieltag hatten bzw. ihr erstes Heimspiel. Wir eröffneten die Saison traditionsgemäß mit dem FCA-Knacker in der Laugensemmel, der besten Stadionwurst aller Zeiten. Bzw. F. besorgte schon das Essen, während ich noch draußen am völlig unterbesetzten Fraueneingang stand, herrgottnochmal.

Der FCA hat in der ersten Liga noch nie sein erstes Heimspiel gewinnen können, und, total supi, die Serie hielt. Knurr. Gegen das mir ja eigentlich sehr sympathische Union Berlin kamen die Jungs nicht über ein lausiges 1:1 hinaus, und ich war verstimmt, wie so oft nach FCA-Spielen. Und ebenfalls wie so oft fragte ich mich auf dem deprimierten Weg vom Stadion zur Tram, wieso ich mir den Quatsch antue, wieso ich soviel Zeit und Fahrtkosten und Genervtheit mitnehme, wo ich auch einfach zuhause auf dem Sofa Fußball ignorieren könnte.

Weil die wenigen Siege, die dieser anstrengende Verein mit seinem mittelmäßigen Fußball einfährt, großartiger sind als das achte Zweizunull von Bayern hintereinander. Das 2:1 gegen Dortmund in der letzten Saison machte die zehn Grottenkicks davor vergessen, und genau für dieses eine Spiel guckt man sich halt zehn beschissene an.

Ja, bescheuert, ich weiß. Ich freu mich trotzdem schon aufs nächste Heimspiel.

Etwas andere Kulisse. 27.000 in Augsburg bei einem eher schlechten Spiel, 800 in München bei richtig gutem Fußball. Deprimierend.

Den Abend verbrachten F. und ich im Stammlokal und trösteten uns mit Augustiner, wovon wir auch noch ein letztes auf meinem Balkon einnahmen. Uns war aufgefallen, dass wir in diesem Sommer sehr selten im Biergarten oder auf unseren Balkonen rumgehangen hatten – es war meist schlicht zu heiß gewesen. Ich bügele dann mal die Fleecedeckchen für den Frühherbst auf, damit wir es im Oktober schön gemütlich haben da draußen.

Der Sonntag begann etwas sehr spontan für mich Langschläferin mit einer Einladung an den Frühstückstisch von F.s Eltern, wo wir noch Semmeln bekamen, während die anderen schon fast beim Mittagessen waren. F. und ich waren zu satt fürs Risotto, der Herr versuchte, seinen Neffen zum Einschlafen zu bewegen, während ich meist nur stumm ins Grüne guckte, also den Garten der Eltern. Gartenneid. Auch eine sehr neue Emotion für mich.

Aber meine Balkonblumen machen auch glücklich. Wenn Sie mal die frisch gepflanzten Petunien mit der Gardine vergleichen wollen, die hier in nicht mal drei Monaten rangezüchtet wurde? Wie rette ich die denn bloß über den Winter? Ich kann doch meine Babys nicht einfach erfrieren lassen? Hilfe!

Abends ein Tomatenrisotto, weil die olle New York Times derzeit sehr genau weiß, was sie mir in die Timeline spülen muss. Natürlich nicht ans Rezept gehalten, sondern einfach Tomaten unter mein normales Rezept gemischt, das gar keins ist, sondern nur bedeutet: Zwiebel, Knoblauch, Weißwein, Risottoreis, Hühnerbrühe und Parmesan aus dem Handgelenk in den Topf werfen. Jetzt auch: Tomaten. Sehr gut!

Was schön war, Donnerstag/Freitag, 22./23. August 2019 – Rumgucken in Ramersdorf

Donnerstag saß ich mal wieder im Stadtarchiv, wohin ich mir weitere Akten zur Mustersiedlung Ramersdorf hatte ausheben lassen, weil ich immer noch nach einem anderen Beleg für Protzens Fresken als nur seine eigenen Fotos im Nachlass suche (denn wir wissen ja: zwei Quellen sind besser als eine). Der Aufsatz, den er für den Baumeister im Dezember 1934 geschrieben hatte, war mit einem Fresko von Albert Burkart illustriert gewesen (ich schrieb darüber), daher gehe ich davon aus, dass sein Fresko zu dieser Zeit vielleicht noch nicht fertig gewesen war. Andererseits sehen seine Bilder jetzt nicht so aus, als hätte er im Novemberregen oder Dezemberschnee auf dem Gerüst gestanden.

Aus den Beständen des Archivs erhoffte ich mir Auftragsbestätigungen oder wenigstens fotografische Belege, dass seine Fresken in Ramersdorf zu sehen waren. Also blätterte ich 500 Fotos durch, die vermutlich kurz vor oder nach der Eröffnung der Siedlung gemacht wurden, also im Juni 1934. 500 Fotos – kein Fresko. Als gar keins, auch nicht das von Burkart, nur lauter weiße Wände. Hm. Da die Siedlungshäuser alle zum Verkauf standen, gehe ich jetzt davon aus, dass die Fresken Auftragsarbeiten von den neuen Besitzern waren. So irre, jetzt nachzugucken, wer die ersten Häuser gekauft hat und ob jemand davon mir in Protzens Umfeld schon mal aufgefallen ist, bin ich aber auch (noch) nicht.

Dann versank ich noch kurz in einem riesigen Konvolut, das ich mir auf Verdacht hatte ausheben lassen: Oberbürgermeister Fiehler wollte 1934 eine Broschüre „München baut auf“ veröffentlichen und bat daher diverse Ämter um Unterlagen, um zu belegen, wie erfolgreich die nationalsozialistische Politik gewesen war. Das Buch erschien 1937, ich habe noch nicht reingeguckt, aber über Ramersdorf dürfte nur eventuell was zu finden sein; in den Akten, die ich hatte, wurde es kaum erwähnt. Dafür verlor ich mich kurz und sinnlos, aber gut unterhalten, in der Wasserbewirtschaftung der Jahre 1933 und 1934. Wenn es da ist, les ich’s durch. (If you build it, they will come.)

Mein Mini-Sieg aus dieser Archivsitzung war also nur: Vermutlich sind die Fresken nach Juni 1934 und vor Dezember 1934 entstanden, aber das war’s dann auch mit meinen Erkenntnissen.

Gestern morgen musste ich zu meiner Hausärztin, bummelte danach wieder zum Sendlinger Tor, hatte laut Mailcheck auf dem iPhone jobmäßig nichts zu tun und dachte daher spontan, fährste doch einfach mal nach Ramersdorf raus. Sechs Stationen mit der U2 und eine kurze Busfahrt später stand ich an der Kirche, die mir schon von diversen Fotos bekannt war und deren Lage ich im Bezug zur Siedlung auch kannte. Weil ich aber ich bin, rannte ich trotzdem erstmal in die falsche Himmelsrichtung, bis ich bei Google Maps nachschaute.

Zehn Minuten später schlenderte ich durch Ramersdorf und guckte. Und guckte. Und guckte. Und wartete immer darauf, dass mich irgendjemand ansprechen würde, was mir denn einfiele, so offensiv über Zäune und durch Hecken durchzugucken. Die Bäume sind seit 1934 aber auch echt gewachsen, Natur, du Feind der Kunstgeschichte! Einige Häuser sahen sehr renoviert oder sogar nach Neubauten aus, obwohl das Ensemble insgesamt inzwischen unter Denkmalschutz steht, ich glaube, seit den 1970er Jahren schon. Aber vermutlich sind Protzens Fresken schon vorher überstrichen oder abgeschlagen worden oder unter Efeu verschwunden oder ich habe sie schlicht nicht entdecken können, weil sie nicht von der Straßenseite aus einsichtig sind. Im Nachlass sind keine Straßennamen angegeben, bei denen ich direkt hätte gucken können, also bummelte ich fast zwei Stunden durch die Siedlung. Irgendwann sprach mich wirklich jemand an, wen oder was ich denn suche, ich erklärte, der Herr wies mich auf zwei andere Fresken in seiner Straße hin, eins davon hatte ich auch schon fotografiert, man weiß ja nie, vielleicht war da mal ein Protzen drunter (Adresse unkenntlich gemacht), aber zuhause, nach der nochmaligen Durchsicht der Bilder, glaube ich, dass die Lage des Bildes nicht zu einem der Häuser passt, die mir bekannt sind.

Die Bilder, die ich ihm beschrieb, kannte der Herr auch nicht: „Ein Mann, eine Frau, ein dickes Kind, ein frisch gepflanztes Apfelbäumchen? Ein Heuwagen? Skifahrende Menschen? Ein Paar, das Äpfel erntet? Nein? Hmpf.“

So bummelte ich sinnlos weiter, fand die Siedlung aber überraschend angenehm als Wohnviertel – und grinste innerlich über die vielen angebauten Garagen. Darüber gab es auch Schriftwechsel im Stadtarchiv: Bei der Anlage der Siedlung war, soweit ich mich erinnere, nur eine Art Sammel-Carport vorgesehen, einfach weil noch nicht so viele Menschen ein Kraftfahrzeug besaßen. Das änderte sich recht schnell, auch durch Entwicklungen wie den KdF-Wagen, so dass auch in Ramersdorf Menschen plötzlich Garagen wollten. Zunächst wurden diese Bauanfragen alle negativ beschieden – „das Ensemble! die armen Architekten!“ –, aber irgendwann durfte dann doch ein bisschen gebaut werden. Es gibt immer noch Häuser, die keine Garagen habe, zum Beispiel die Reihenhäuser, aber die freistehenden Einfamilienhäuser sind vielfach auch deshalb nicht mehr gut von der Straße aus einzusehen, weil, genau, eine blöde Garage vor ihnen steht. Garage, du Feind der Kunstgeschichte!

Ein einziges Haus fiel aus der gut gepflegten Ecke Münchens raus, das sah so aus, als gammelte es seit zehn Jahren unbewohnt vor sich hin. Oder als ob jemand darin da seit zehn Jahren vor sich hingammelt OMG. Das wunderte mich schon, dass es noch vor sich hinrottende Immobilien gibt in einer Stadt, in der gefühlt jeder eine Wohnung sucht. Ich würde das nehmen! Eine Busstation und sechs mit der U2 bis zur Innenstadt – count me in!

Kurz vor Schluss fand ich immerhin noch ein Fresko, das ich kannte, nämlich genau das von Burkart, mit dem Protzens Baumeister-Artikel bebildert gewesen war, seufz. Das war die beste Perspektive, die ich finden konnte:

Und so sah das 1934 aus (Screenshot aus dem Baumeister 12 (1934), Beilage, S. B 157):

Nix gefunden also. Aber immerhin an der frischen Luft gewesen, wie meine Oma immer so schön sagte. Ein bisschen nölig wieder nach Hause gefahren. Ich lege Ramersdorf jetzt vorerst zu den Akten. Und irgendwann werfe ich jedem Einwohner der Siedlung einen Brief in den Kasten: „KENNEN SIE DIESES HAUS? HABEN SIE DIESES BILD SCHON MAL GESEHEN? RUFEN SIE MICH AN!“

Nektarinentarte mit brauner Butter

Ich habe mein Cup-Maß eingeweiht, das seit Jahren in meiner Schublade rumliegt und dem ich nie traue. Aber gestern hatte ich keine Lust zum Umrechnen und habe Mehl in Cups gefüllt. Für diesen Blogeintrag gibt’s daher ausnahmsweise eine doppelte Maßeinheit, denn spätestens bei der Butter habe ich wieder umgerechnet. Im Endeffekt ist es eh egal, denn: Das ist eine ziemlich gute Tarte, wenn ich das mal sagen darf. Danke, NYT Cooking, für eure irrwitzig verführerischen Bilder in euren Rezepten, die ihr fieserweise auch noch twittert, weswegen ich direkt vom Stadtarchiv zum Nektarinenkauf eilte.

Für eine normale Tarteform, weiß der Geier, wie groß die sind. Ich habe meine 26-cm-Springform genommen, weil ich bei meinen Tarte- bzw. Pieformen nie ein Stück heile herausbekomme. Okay, vielleicht das allerletzte.

Den Ofen auf 190 Grad vorheizen.

1 Eigelb mit
3 EL kaltem Wasser verquirlen.

1,5 Cups (360 g) Mehl, Type 405, mit
1/2 TL Salz,
2 EL Kristallzucker,
dem verquirlten Ei und
120 g kalter Butter in kleinen Stückchen im Foodprozessor zu einem krümeligen Teig vermischen. Oder wie ich es mache: trockene Zutaten auf die Arbeitsfläche, Butterbröckchen dazugeben, das Ei obendrüber und dann möglichst schnell mit einem großen Messer zusammenhacken. Wenn sich alles irgendwie verbunden hat, schnell mit kühlen Händen zu einem Teig kneten. Nicht zu lange bearbeiten.

Den Teig ausrollen oder irgendwie in die Form kriegen und plattdrücken (meine Methode). Einen kleinen Rand basteln. Den Teig mit Backpapier abdecken, mit Blindbackzeug beschweren, was immer ihr dazu halt nehmt, und im vorgeheizten Ofen für 12 Minuten backen.

45 g Butter bei niedriger Hitze schmelzen und blubbern lassen, bis sie bräunt und sich ein dunkler Bodensatz absetzt. Beiseite stellen.

1 Kilo Nektarinen (oder Pflaumen oder Pfirsiche oder was auch immer) entsteinen und achteln, bei kleinen Früchten reicht vierteln. Bei mir waren es Nektarinen, die ich geachtelt habe, und es waren vermutlich auch nur 800 Gramm an Früchten, die ich in die Form bekommen habe.

Nach der Blindbackzeit Papier und Gewicht entfernen und den Teig für weitere 8 bis 10 Minuten backen, bis der Teig leicht gebräunt ist. Die Kommentator*innen bei der NYT verzichten gerne auf den Blindbackschritt, weil man in den nun schon leicht festen Teig die Früchte nicht mehr richtig reindrücken kann. Das ist mir auch aufgefallen, aber es hat mich nicht gestört. Wer also mutig ist, verzichtet aufs Vorbacken und wirft gleich das Obst auf den Boden.

Den gebackenen Boden mit
3 EL Marmelade bestreichen, bei mir war das bittere Orangenmarmelade, was ich ziemlich klasse fand zu den süßen Nektarinen. Im Originalrezept wird Johannisbeergelee vorgeschlagen, das hatte ich nicht, aber ich meine auch, dass die Süße von Teig und Früchten ein kleines Gegengewicht vertragen kann.

Nach dem Bestreichen den Boden mit den Früchten belegen, von außen nach innen, am besten so, dass die Fruchtstücke eher stehen als liegen. Kommt bei meinen Bildern nicht ganz so rüber, aber das sieht schon ziemlich dramatisch aus, wenn es aus dem Ofen kommt. Die ausgelegten Früchte abschließend mit der braunen Butter bestreichen, schön den Bodensatz mitnehmen, da ist der Geschmack, noch zwei EL Zucker drüberstreuen und dann für weitere 40 bis 45 Minuten backen. Die NYT hätte dafür gerne 200 Grad statt wie bisher 190, hab ich gemacht, dann färben sich einige Früchte an den hochstehenden Enden schwarz, was ich auch sehr dramatisch fand.

Aus dem Ofen nehmen, etwas abkühlen lassen und dann mit Sahne oder Crème fraîche servieren. Normalerweise mache ich sowas bei Obstkuchen immer – was Sahniges dazu –, aber diese Tarte fand ich perfekt so, wie sie aus dem Ofen kam.


Was schön war, Dienstag/Mittwoch, 20./21. August 2019 – Stadtarchiv, Farbbilder, Klugscheißer-Tweets

Dienstag vormittag war Kundentexten angesagt, bis ich wieder Zeit für die Diss hatte.

Nach drei Wochen gefühlter Pause vom Werkverzeichnis und den knapp 700 Schwarzweißfotos seiner Gemälde aus dem Nachlass groovte ich mich langsam wieder rein. Ich bin in diesem Bereich immer noch bei dem, was ich als meine kunsthistorische Pflicht ansehe und noch nicht mal im Ansatz in der Nähe meiner eigentlichen Forschungsfrage: Ich liste gerade – immer noch – auf, wann Protzen welches Bild wo gezeigt hat. Dafür habe ich die ganzen Zeitungsausschnittsammlungen im Stadtarchiv durchgewühlt (und ich ahne, dass ich sie nochmal durchwühlen werde), geguckt, ob ich ihn irgendwo finde, wenn zum Beispiel über Ausstellungen der Münchner Künstler-Genossenschaft oder des Feldgrauen Künstlerbunds geschrieben wird. Wenn ich ihn finde, versuche ich rauszukriegen, welches Bild dort hing – manchmal stimmen die angegebenen Titel mit denen im Werkverzeichnis überein, meistens nicht, manchmal steht da nur „Landschaft“, dann kann ich raten oder das als unwissenschaftlich sein lassen, aber wenigstens ein paar Vermutungen auflisten. Außerdem gucke ich im Verzeichnis nach, ob das Bild verkauft wurde, vielleicht steht da auch, an wen, dann versuche ich, in Adressbüchern oder simpel dem Interweb rauszukriegen, ob ich die Käufer lokalisieren kann. Bis jetzt hat das noch nie geklappt, aber gestern meine ich herausgefunden zu haben, dass Protzen 1936 ein Porträt „Ruth“ an einen, laut Werkverzeichnis, „Dr. Kurt Schneider“ verkauft hat, das vermutlich dessen Frau oder Tochter zeigt. 1935 war in München nur ein Kurt Schneider gemeldet und der trug auch einen Doktortitel, und es war zur Abwechslung mal ganz nett, irgendwas zu finden, das den Maler ein bisschen von der politischen Kaste trennte, der er sonst zuarbeitete. Um es mal verbrämt auszudrücken. Aber ob das wirklich der Käufer war, weiß ich natürlich nicht, und es ist auch nicht wichtig genug, dem weiter nachzugehen, denn, wie gesagt, irgendwann müsste ich mal zum Thema meiner Diss kommen.

Gestern und vorgestern erledigte ich die Jahre 1935 und 1936 – jedenfalls bis auf die Autobahnbilder, die er 1936 malte, denn die sollen in ein Extrakapitel. Das werde ich zeitgleich schreiben, denn ich ahne, dass ich keine Lust mehr habe, wieder in die Dreißiger zurückzukehren, wenn ich mit seinem restlichen Werk endlich in seinem Todesjahr 1956 angekommen bin. Vielleicht wird es doch kein Extrakapitel, ich weiß es noch nicht. Merke ich beim Schreiben, hoffe ich.

Auch seine gebrauchsgrafischen Arbeiten bereiten mir noch etwas Kopfschmerzen; die sollten eigentlich in die normalen Kapitel eingegliedert werden, aber vielleicht müssen die auch extra, scheiß auf die Chronologie, denn im Moment blähen sie die Kunstkapitel weitaus mehr auf als ich dachte. Was natürlich auch daran liegt, dass ich lose Fäden nie einfach liegen lassen kann, sondern immer an ihnen rumzuppeln muss wie bei den Arbeiten für die Schweizer Bierbrauer.

So ging es mir am Dienstag mit der Mustersiedlung Ramersdorf, ich erwähnte sie im Blog schon mal. Ich hatte mir im Stadtarchiv einige Akten rauslegen lassen, die sich mit der Siedlung und ihrer Erstellung beschäftigen, dazu noch Akten, die generell die künstlerische Ausschmückung der Stadt zum Thema hatten. So las ich mich ein paar Stündchen durch wilden Schriftverkehr des Kulturamts mit dem Bürgermeister Karl Fiehler, fand interessiert ein paar Schreiben des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert, der die Münchner Künstler finanziell unterstützte, fand auch verschiedene Verträge mit anderen Künstlern über Fresken und Brunnen für Kleinsiedlungen in München zu ungefähr der Zeit, in der auch Protzen beschäftigt war – aber zu ihm selbst fand ich nichts. Gar nichts. Umso erstaunter war ich, als ich gestern meine vorgestern verfassten Absätze aus dem Archiv korrekturlas, und feststellte, dass ich aus diesem Nichts fünf Seiten verfasst hatte, die Protzen immerhin einordnen, wenn auch nicht persönlich erwähnen. Daher kam gestern der überschwängliche „Geht mehr in Archive!“-Tweet.

Gestern war dann ein etwas wuseliger Tag, weil ein Kunde auf Texte wartete, für die ich aber eigentlich erstmal ein Layout gebraucht hätte. Ich textete einfach mal vor und hoffte, dass das irgendwie passen würde, wartete, wartete, wartete – und machte dann um kurz vor eins Mittag. Um halb zwei klingelte das Handy, als ich gerade die Bohnen abgoss und den Halloumi in der Pfanne schwenkte: Die Arterin hätte mir vor ner halben Stunde die Layouts geschickt, ob wir mal drüber sprechen könnten? Herd ausgemacht, Layouts besprochen, zwei Absätze neu getextet, Rest passte, rübergeschickt, Herd wieder angemacht und endlich was gegessen. Danach hörte ich nichts mehr vom Kunden, auch nach Nachfrage nicht, also gehe ich optimistisch davon aus, dass die Texte okay waren.

So bastelte ich weiter am Jahr 1936, las noch ein paar Artikel aus Die Kunst für alle, wo Protzen ab und zu erwähnt wurde, mailte lustig Leute an – und wurde von ihnen angemailt. Das Münchner Stadtmuseum schickte mir unaufgefordert eine Grafik von Protzen, das vermutlich einzige Werk von ihm in ihrer Sammlung. Das stand auch schon länger auf meiner To-do-Liste – „Stadtmuseum anfragen!“ –, aber das musste ich jetzt gar nicht mehr machen! Man dankt. Und die Grafik kannte ich auch noch nicht. (Noch eine Baustelle!)

Die schönste Mail kam aber vom Historischen Museum in Berlin. Die haben acht Werke von Protzen im Depot, fünf davon zeigen Autobahnen. Das Bild, um das sich meine Arbeit dreht – „Straßen des Führers“ – kannte ich in Farbe und hatte es auch schon mal im Original gesehen, und dieser verbloggte Ausstellungsbesuch war auch die Initialzündung für die Diss. Einige weitere Autobahnen kannte ich auch in Farbe von GDK-Research, aber dort kann man sich die Bilder nicht runterladen (oder ich bin zu doof dafür). Daher wollte ich die Bilddateien vom DHM haben, die bei GDK-Research auch als Bildgeber angegeben sind, vor allem von den Bildern, die ich eben noch nicht in Farbe kannte, also hier die drei Bilder, die im heutigen Polen entstanden sind.

Für ein kleines Entgelt bekam ich sogenannte Schnappschüsse – also keine deutlich teureren, druckfähigen Bilder, die vor allem noch gar nicht von allen Protzens existieren, die ich also in Auftrag geben müsste, sondern kleinere Formate, die aber, wie ich erfreut feststellte, immer noch eine Seitenlänge von 2000 px hatten. Also groß genug, um vernünftig draufzugucken und reinzuzoomen, was bei GDK-Research auch nicht geht. Und: Zu den Bildern gab es PDFs mit Abbildungen der Rückseiten in allen Einzelheiten, mit jeder Aufschrift, jedem Klebezettel und vor allem jedem Adressaufkleber von Protzen, den ich bisher nur von meinen runtergeladenen Ebay-Fotos kannte, was mir aber nicht unbedingt als gute Quellenangabe taugte.

Das war ziemlich toll, mal wieder ein paar Bilder mehr von ihm in Farbe zu kennen. Ich weiß, die Formulierung ist doof, wenn es um Bilder von 1942 geht, aber: Das war schon ein kleines bisschen Weihnachten.

Und weil ich inzwischen zum totalen Protzen-Klugscheißer geworden bin, konnte ich mich auch bei meinem letzten Besuch in der Pinakothek der Moderne, wo zwei Werke von ihm hängen, nicht zurückhalten und musste auf einen Fehler im Wandtext hinweisen. Klugscheißer-Tweets bringen manchmal was, denn der Text wird jetzt korrigiert.

Ein dickes Dankeschön …

…an Anna, die mich mit Katharina Greves Die dicke Prinzessin Petronia überraschte. Als totales Greve-Fangirl kann ich euch alle Bücher von ihr ans Herz legen, aber die schlecht gelaunte Cousine vom kleinen Prinzen natürlich besonders, die auf dem winzigsten und langweiligsten Planeten des Weltalls lebt. Ich zitiere den Klappentext: „Unterstützt vom Multifunktionswurm Mirco versucht sie, ihr tristes Leben aufzupeppen, reist per Wurmloch durch den Kosmos oder versucht David Bowie zu treffen – meist völlig erfolglos.“ Hach! Vielen Dank für das Geschenk, ich habe mich sehr gefreut.

Seit der Widmung weiß ich übrigens: Ich muss Schokolade auf meinen Wunschzettel packen. Hervorragende Idee! Erledigt.

Und dann war F. noch für ein paar Tage in Halle, wo ihn niemand von den ganzen Antiquariaten fernhalten konnte, und so bekam ich gestern nicht nur ein nagelneues Buch, sondern noch drei alte. Die stehen auch bei uns im ZI, die „Deutschen Maler der Gegenwart“ (1937) habe ich auch schon mal komplett gelesen, aber jetzt stehen sie bei mir. Nochmal hach, wenn auch aus sehr anderen Gründen. (Hihi, „Kunft“, hihi.)

Sorry, dass ich jetzt NS-Kram mit dem kleinen Prinzen in einen Eintrag gepackt habe, aber da muss ich auch jeden Tag durch!

Was schön war, Montag, 19. August 2019 – E-Mail aus Bern

Seit einer Woche liegt meine korrigierte Diss hier rum, und es fällt mir irre schwer, mich dazu aufzuraffen, die handschriftlich angemerkten Korrekturen im Ausdruck digital einzupflegen bzw. die aufgezeigten Lücken alle brav hintereinander zu schließen. Im Moment beschäftige ich mich lieber mit Baustellen, die vermutlich nichts mit meiner Diss-These oder deren Bestätigung zu tun haben, die mich aber seit Monaten nerven.

Es geht dabei vor allem um Protzens grafische Arbeiten. Im Nachlass befindet sich ein einziger Brief, der mir einen Verkauf bestätigt, den er netterweise auch im Werkverzeichnis notiert hat, den kann ich also als gegeben ansehen. Aber was sonstige geschäftliche Korrespondenz angeht: nix is. Ich habe mehrere Fotoalben mit Fotos seiner gebrauchsgrafischen Werke, und manche kann ich auch zuordnen wie zum Beispiel die Titelbilder für die Ausstellungen der Kameradschaft der Künstler im Münchner Maximilianeum (letztes Bild in diesem Blogeintrag). Die Kameradschaft war ein zwangsweiser Zusammenschluss aller Müncher Künstlervereine, die nun dem Gauleiter Adolf Wagner unterstand; er fand 1938 statt. Bei diesen Titelbildern kann ich also sagen: Die kann ich datieren, die wurden gedruckt, das sind keine Entwürfe aus Spaß in seinem Nachlass, und ich gehe mal davon aus, dass er dafür auch ein bisschen Geld gesehen hat. Wieviel, weiß ich allerdings schon wieder nicht. Geld interessiert mich, weil ich so aufzeigen kann, dass er mit seiner Kunst mehr verdient hat als mit den Grafiken. Momentan ist mein Wissensstand, dass er Mitte, Ende der 1920er Jahre wieder verstärkt als Gebrauchsgrafiker arbeitete, weil die Kunst nicht genug einbrachte; das änderte sich – auch momentaner Wissensstand – so ab 1935, 1936.

Im Nachlass befinden sich aber auch diverse Fotos von Grafiken, Wandbildern, teilweise auch in den Ausstellungsräumen fotografiert, Schautafeln etc., von denen ich nicht weiß, wer sie beauftragt hat oder von wann sie sind. Manchmal finden sich in den Grafiken Jahreszahlen (yay), meistens aber nicht (hmpf). Manchmal gibt Protzen selbst Tipps: Im Spruchkammerbogen hatte er unter „Reisen und Wohnsitz im Ausland“ auch die Schweiz angegeben: „Zur Hyspa in Bern hatte ich einen Auftrag für die Schweizer Brauereien zu erledigen. Ebenfalls in Turin einen ähnlichen Auftrag für die italienischen Brauereien.“ Hyspa gegoogelt und herausgefunden, dass die Erste Schweizerische Ausstellung für Gesundheitspflege und Sport 1931 stattgefunden hatte. Sehr schön. Also schrieb ich gestern eine Mail ans Stadtarchiv Bern, in deren Beständen ich online gesehen hatte, dass über die Hyspa ein paar Akten da waren, und bat um eventuell vorhandene Verträge, eine Auftragsbestätigung, Rechnungen, irgendwas, was mir sagt: Der Mann hat da ausgestellt. Nur wenige Stunden später kam leider eine Absage: Genau diesen Beleg könne man nicht bieten. In der Mail wurde aber ein Ausstellungskatalog erwähnt, und nach dem suchte ich jetzt.

Wenn ich richtig geguckt habe, steht er nur in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn, aber was mir der Karlsruher Verbundkatalog noch als Suchergebnis ausspuckte, waren diverse digitalisierte Zeitschriften und Zeitungen aus der Schweiz, die 1931 und 1932 über die Hyspa berichtet hatten. Darunter war auch Das Werk von 1931, das eine Innenansicht aus dem Pavillon des Bierbrauerverbands zeigte. Und genau da kann man Protzens Wandbild mit ein bisschen Mühe erkennen:

Damit habe ich zwar noch immer kein offizielles Schriftstück und weiß nicht, wie der Mann an diesen Auftrag gekommen ist bzw. wieviel er damit verdient hat, aber immerhin habe ich eine Bestätigung, dass seine Arbeit wirklich zu sehen gewesen ist und sich im Nachlass nicht nur Fingerübungen befinden.

Diese Sucherei hat mich so ziemlich den ganzen Tag gekostet. Zwischendurch gab’s noch Kundentelefonate und einen fürchterlichen vegetarischen Burger, dessen Patty ich nach zwei Bissen verklappte und dann ein nettes Käsebrot mit Ketchup und Salat hatte, aber im Prinzip war das mein Tagwerk. Nein, das hat mit meiner großen Forschungsfrage nichts zu tun, nein, das wird meine These weder bestätigen noch widerlegen, aber ich habe wieder eine winzige Lücke geschlossen, und deswegen war das gestern ein guter Tag.

Jetzt muss ich nur noch irgendwie rauskriegen, wo, wann und für wen er seine Tafeln in Turin gezeigt hat. Haha. Alles auf Anfang.

PS: Die Schweizerische Lehrerinnen-Zeitung erkannte die geschickte Werbung der Genussmittel auf der Ausstellung unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit, gab aber trotzdem die Empfehlung ab, sich die Ausstellung anzuschauen: „Zur Beruhigung ihres weitmaschigen Gewissens versichern und beteuern das Bier, dass es auf absolut hygienische Weise gebraut werde und dass es einen gewissen Nährgehalt habe; der Schnaps, dass er die Nieren reinige und zu vermehrter Tätigkeit anrege; der Wein, dass er nach wie vor eine Gottesgabe sei, und die Zigaretten, dass sie trotz allem und ohne weitern Grund eben angenehm zu rauchen seien.“

Der fahrende Ritter von der traurigen Gestalt und ich

Meine Omi, also die Mutter meiner Mutter, hatte noch zwei Geschwister. Ihr einziger Bruder war Onkel Alfred, den ich nur als „den Schmied“ kannte. Bei meinen Eltern stehen bis heute diverse Kerzenhalter und Blumenständer aus schweren Metallen, wuchtig und dunkel; außerdem hängen einige schwarze, ornamentierte Ofenplatten an den Wänden. Dann gab es noch wenige filigrane Gegenstände, und der filigranste stand auf dem Kaminsims, wo ich ihn als Kind ewig anschaute, weil er mir so gut gefiel. Als ich auszog, blieb er dort, aber als meine Eltern aus dem Kamin einen Kachelofen machten, brauchte er einen neuen Platz, und ich nahm ihn freudig mit nach Hamburg.

Bei meinem Umzug nach München nahm ich zunächst nur das Notwendigste mit (ein Sofa, das Teeservice von Omi, alle Bücher), und erst beim zweiten Schwung packte ich wirklich alles ein. Davon passte aber nicht alles in meine damals noch winzige Wohnung, und so wanderte auch die kleine Skulptur von Onkel Alfred erstmal in eine Umzugskiste, die mit 20 anderen auf den Dachboden meiner Eltern kam. Als ich vor zwei Wochen wieder bei meinen Eltern war, hatte ich eine blaue Ikeatüte im Koffer; ich durchwühlte meine Kisten und suchte meinen geliebten Standmixer sowie meine Eismaschine, die ich darin nach München tragen wollte. Den Mixer fand ich nicht, aber die Eismaschine. Und in dieser Kiste auch meinen Don Quijote, der jetzt endlich in Bayern angekommen ist.

Ich habe keine Ahnung, warum ich das Ding so mag – vielleicht einfach, weil ich seit der Kindheit davon fasziniert bin, dass man aus Hufnägeln, einem Scharnier und Schrauben eine Person erschaffen kann. Beziehungsweise, viel wichtiger: eine Person, die ein Buch liest.

Ich mag die Farbigkeit, die der dürre Herr inzwischen angenommen hat: grüne Patina, eingedunkeltes Metall, goldene Details.

Und ich liebe sein Schwert und seine Schuhe.


Ich weiß nicht mehr, ob ich zunächst die kleine Skulptur kannte oder dieses riesige, wild bebilderte Kinderbuch von 1977:

Das las ich nämlich sehr gerne. Wobei: Ich glaube, ich mochte damals die Bilder lieber als die Geschichte. Hier sehen wir, wie die fiese unverständige Umgebung die Ritterbücher des Herrn vernichten will, damit er sich nicht weiter in den Erzählungen verlieren kann. (WAS IST DARAN FALSCH, IHR NARREN?)

Dem Mann geht’s doch gut, alles prima, weitergehen. Ähem.

Wer Don Quijote sagt, muss auch Windmühlen sagen.

Das Buch stammt aus Rumänien. Die kindgerechte Nacherzählung schrieb Alexandru Alexianu (Übersetzung von Lotte Berg), die wunderschönen Bilder sind von Val Munteanu, und ich ahne, dass das ein Geschenk der DDR-Verwandten war. Wie ich beim Googeln nach den Namen feststellte, habe ich das Buch im Oktober 2010 schon mal im Blog erwähnt. Damals lag die Erwachsenenausgabe noch auf der ewigen Leseliste.

Bereits im November 2010 wagte ich mich dann an die Übersetzung von Ludwig Braunfels – und schaffte laut Blogeintrag immerhin fast die Hälfte, bevor mir die Sprache des 19. Jahrhunderts auf den Zeiger ging:

„Ich hab’s versucht. Und ich habe knapp 400 der 1.000 Seiten mit wenigen Hängern auch gerne gelesen, aber dann hat’s mir gereicht. Die Grundgeschichte kennt hoffentlich jede_r: Don Quijote ist ein kleiner Adliger, der nichts lieber tut als Ritterbücher zu lesen. Er wird darüber verrückt und bildet sich nun ein, selbst ein Ritter zu sein. Sein altes Pferd wird Rosinante getauft, eine Bäuerin aus dem Nachbardorf wird in seinem Kopf zu Dulcinea, der schönsten aller Schönen und seine Herrin, für die er auszieht, um Abenteuer zu erleben, und ein Bauer namens Sancho Pansa fällt auf sein Geschwafel von Reichtum, Gold und Glück herein und folgt ihm mit seinem Esel. Beim Lesen der Windmühlengeschichte, die sehr früh im Buch kommt, musste ich das gleiche denken wie bei der Madeleine-Episode bei Proust, die auch auf den ersten, na, 50 Seiten von 5.000 kommt: Bis hierhin haben’s alle gelesen, und dann hat’s jede_r weggelegt.“

Schon im Dezember 2010 las ich die zu Recht vielgelobte Neuübersetzung von Susanne Lange und war begeistert:

„Letzten Monat hatte ich den Herrn Cervantes auch schon in der Mangel, allerdings in der Übersetzung von Ludwig Braunfels, und die hat schon über 100 Jahre auf dem Buckel. So liest sich das dann auch. 2008 hat Susanne Lange das Mammutwerk nochmal übersetzt, und das hat mich wirklich begeistert. Ich kann kein Wort Spanisch und deswegen überhaupt nicht sagen, wie gut oder schlecht sie das Original übertragen hat. Ich kann allerdings sagen, dass die Sprache immer noch „alt“ klingt, sich aber nicht mehr so liest. Gerade Don Quijote klingt immer ein bisschen verschrobener und stilblütiger als zum Beispiel Sancho Panza (der wird hier mit Z geschrieben, genau wie Rozinante, den ich auch vorher immer mit S kannte – und von dem ich immer dachte, er wäre eine sie). Andere Figuren klingen wieder anders, vernünftiger, nicht ganz so geistig umnachtet oder einfältig wie der Ritter und sein Knappe. Außerdem ist der Anhang ein steter Quell der Freude, denn er erklärt so ziemlich jede Anspielung und kulturelle Referenz, die den spanischen Leser_innen von 1604 total geläufig waren, mit denen ich jetzt aber gerade nichts anfangen kann.“

Die beiden Bände las ich komplett. Und 2012 kam noch die Fassung von Flix dazu, die den Ritter in die Neuzeit versetzt:

„Fühlt sich an wie ein neuer Flix: Die knuffigen Grundformen seiner Figuren sind noch da, aber alles scheint mit einem Hauch Franquin überzogen zu sein – was mir persönlich sehr gut gefällt.

Wie schon beim Faust versetzt Flix einen literarischen Helden nicht nur in die Wirklichkeit, sondern auch in die Neuzeit, und das hat wieder genauso gut funktioniert. Was sogar noch besser funktioniert hat – deswegen auch der „neue“ Flix: Es ist nicht mehr ganz so brüllend komisch wie sein Tagebuch oder auch der Faust, in dem so ziemlich jede Serie an Panels mit einer Pointe aufhörte. Im Don Quijote hat er es geschafft, den melancholischen, poetischen, zärtlichen Ton des Originals mitzunehmen, ohne den Flix’schen Humor zu vergessen – er ist stattdessen eine Nuance runtergedreht, ein winziges bisschen weniger auf die Zwölf. Wobei auch Cervantes gerne mal die Humorholzhammer rausholte; die Szene, an die ich mich am deutlichsten erinnere, ist die, in der erst Don den armen Sancho ankotzt und dieser dann ihn. Die Szene hat Flix netterweise auch übernommen, wie natürlich auch die Windmühlen (hier: Windräder), Rozinante (ein Fahrrad statt eines Pferds), Dulcinea (da verrate ich mal nichts, aber ich erwähne gerne, dass ich ein paar kleine Tränchen vergossen habe) und natürlich Sancho, der sich, genau wie im Original, zum Ritter ausbilden lassen will. Auch wenn der Flix’sche Sancho einen anderen Ritter im Kopf hat als Cervantes.

Kurz gesagt: Wie immer bei Flix ein wundervolles Buch. Nur noch wundervoller.“

Es ist mir noch nie wirklich aufgefallen, wie lange diese literarische Figur mich schon begleitet, und ich schleppe das Kinderbuch auch von Wohnung zu Wohnung und gucke jahrelang nicht rein, aber es muss halt im Regal sein. Ich freue mich sehr, dass auch die Skulptur jetzt wieder bei mir ist.

Was schön war, Freitag, 16. August 2019 – Komm bloß nicht rüber, Mann, und setz dich zu mir hin, weil ich so fleißig bin, weil ich so fleißig bin

(Sorry, den selbstgebastelten Ohrwurm werde ich sonst nie wieder los.)

Gestern saß ich Punkt 9 im Bällebad aka dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte. Die letzte Woche war weiterhin etwas fremdbestimmt gewesen mit Museumsbesuchen für den Podcast, der Podcastaufnahme, einer mehrstündigen und quer über den Tag verteilten Videokonferenz mit einer Kundin, und irgendwie schlafe ich auch noch mies, weil ich bei jedem Geräusch hochschrecke und denke, huch, Papa braucht was, ich muss nach unten gehen. Was nicht so ist, aber die vorletzte Woche bei meinen Eltern hat meinen Kopf anscheinend nachhaltig beeindruckt. Der feiertägliche Donnerstag (<3 Bayern!) war quasi mein Wochenende, und gestern war mein Montag, an dem ich endlich wieder konzentriert an der Diss sitzen wollte, so lange der Kundenjob noch nicht in die Textphase geht.

Ich hatte es in der vorletzten Woche immerhin geschafft, die ersten 100 Seiten Korrektur zu lesen. Wie sinnvoll das war, weiß ich immer noch nicht, denn beim Drüberlesen fallen einem ja noch mehr Lücken auf als vorher. Davon wollte ich gestern ein paar schließen.

1) einen Artikel im Baumeister finden, den Protzen in seinem Spruchkammerbogen angegeben hatte.

„G. Writings and speeches. / G. Veröffentlichungen und Reden.
[…] Geben Sie auf einem Extrabogen die Titel und Verleger aller von Ihnen seit 1923 bis zur Gegenwart ganz oder teilweise geschriebenen, zusammengestellten oder herausgegebenen Veröffentlichungen und alle von Ihnen öffentlich gehaltenen Ansprachen und Vorlesungen mit Angabe des Themas, Datums der Auflage oder Zuhörerschaft. […]

Als Künstler in Ramersdorf. Kleiner Aufsatz. Wahrscheinlich erschienen im ‚Baumeister‘ 34/35+“.

+ hieß bei ihm immer, dass er sich bei der Jahresangabe nicht sicher war. Im Nachlass fand sich der Aufsatz nicht, und ich registrierte amüsiert, dass er seinen Aufsatz im Katalog zur Ausstellung „Süddeutsche Maler sehen das Ordensland“ 1942 in Danzig irgendwie vergessen hatte.

Der Baumeister steht natürlich bei uns im Regal, ich zerrte die zwei Jahresbände an meinen Platz und blätterte. Relativ schnell stieß ich auf andere Artikel zum Thema Ramersdorf und kapierte erst dann, dass „Als Künstler in Ramersdorf“ keine persönliche Angabe war – ich war Künstler in Ramersdorf und habe irgendeinen Aufsatz geschrieben –, sondern der Titel des Aufsatzes. SETZ MEHR ANFÜHRUNGSZEICHEN! Beim Hefttitel setzt du die, aber hier nicht? Ich kann so nicht arbeiten!

Jedenfalls kapierte ich netterweise nun, worum es ging: um die Mustersiedlung Ramersdorf, die zur Deutschen Siedlungs-Ausstellung DSA 1934 in München erbaut wurde. Und auf einmal wusste ich auch, wozu die Fotos im Nachlass gehörten, die ihn auf einem Holzgerüst an mehreren Häuserwänden zeigen, wo er Sgrafittos anbrachte, ha! Ramersdorf! An mein Herz!

Ich musste den kompletten Jahresband 1934 durchblättern, um Protzens halbe Seite zu finden, denn sie war im Inhaltsverzeichnis nicht angegeben und befand sich auch erst in der Beilage zum Dezember, die im Sammelband natürlich als allerletztes kam.

Wenn ihr hier bei „Beilage“ klickt und bis kurz vor Schluss zur Seite B 158 runterscrollt, könnt ihr sein ungelenkes Deutsch auch genießen, das sich quasi null mit künstlerischen Problemen beschäftigt, aber dafür damit, wie es ist, bei Regen ein Haus anzumalen. (Das Bild im Artikel stammt nicht von Protzen, sondern von Albert Burkart.) (Link zickt seit Tagen.)

Das hat mich zwar gefreut, dass ich jetzt wusste, wozu die Fotos im Nachlass gehören und auch, dass ich jetzt wohl mal einen Spaziergang durch Ramersdorf machen werde, aber ich weiß mal wieder nicht, wie der Herr an diesen Auftrag gekommen ist. Die Suchmaske im Stadtarchiv versprach mir aber ein paar Akten, die ich mir durchlesen werde, und vielleicht findet sich da ein bisschen Korrespondenz. In der wenigen Literatur zu Ramersdorf werden nämlich nur zwei Maler als Freskomaler genannt – der eben erwähnte Burkart sowie Günther Graßmann –, aber kein Protzen. In einem weiteren, allerdings eher unwissenschaftlichen Buch (ich nenne es eine selektive Lobhudelei) über die Münchner Künstler-Genossenschaft, in der Protzen Mitglied war, las ich, dass eben diese MKG für die Fresken zuständig war. Ich bin mir nicht sicher, ob Burkart und Graßmann dort überhaupt Mitglieder waren, jedenfalls sind mir ihre Namen noch nicht so irre oft aufgefallen bei den vielen Zeitungsartikeln, die ich schon über die MKG gelesen habe. Muss ich sie wohl nochmal lesen. Jedenfalls habe ich durch den Aufsatzfund jetzt wieder drei Lücken und Fragezeichen mehr im Text.

Aber ich hatte Spaß mit Google Maps: In einem Baumeister-Artikel hatte ich den Grundriss der Siedlung gesehen, in dem auch die Straßennamen standen. Die googelte ich natürlich zuerst, fand aber keinen einzigen von ihnen in München. Also schaltete ich Maps auf Satellit und guckte nach der Form, die auch heute noch prima im Stadtbild zu sehen ist. Und in einem Buch zum Thema fand ich auch die Erklärung, warum die Straßen heute alle anders heißen: Sie waren 1934 nach den Herren benannt, die am Putsch von 1923 beteiligt gewesen waren. Kannte ich alle nicht.

2) den Katalog zur Biennale 1934 in Venedig einsehen, auf der ein Bild von Protzen gezeigt wurde.

Der steht natürlich auch bei uns im Regal, aber mit dem italienischen Vorwort von Eberhard Hanfstaengl, dem Kurator 1934 und 1936 (und dann wieder nach 1945, genaue Jahreszahlen habe ich gerade nicht) konnte ich nicht ganz so viel anfangen. Ich hatte in mehreren Aufsätzen zum Thema schon gelesen, dass Hanfstaengl sich dafür entschieden hatte, sowohl bereits etablierte Künstler zu zeigen als auch solche, die den neuen Anforderungen an deutsche Kunst entsprachen. Das war schwierig, weil, ich wiederhole mich, ich weiß, es eben nirgendwo festgehalten war, wie diese Anforderungen nun aussehen. Keiner wusste bis 1945 so genau, was die neue deutsche Kunst ist, und nach 1945 war’s dann auch egal, jedenfalls dachte sich das mein Fach so schön bequem.

Ich blätterte also den Katalog durch und stieß überrascht auf einen Namen, über den wir gerade vorgestern im Podcast gesprochen hatten, nämlich den Herrn Radziwill.

Auf den Katalogseiten finden sich noch andere Namen, die mir inzwischen geläufiger sind als noch vor drei Jahren. Aber ich las eben auch genügend, die ich nicht kenne, was mein Grundproblem mit dieser Arbeit bzw. dem ganzen Themenkomplex „Kunst im NS“ ist: Viele der damals ausgestellten Maler*innen kennt heute kein Mensch mehr, weil sich die Kunstgeschichte nach 1945 dafür entschieden hatte, sie zu ignorieren. Deswegen gibt es kaum Literatur, deswegen ist bis heute die Ausstellungspolitik dieser Kunst so wachsweich-unentschieden – wir haben einfach noch keine finale Meinung zu vielen dieser Arbeiten. Oder überhaupt keine.

Das zeigt diese eine Katalogseite sehr schön: Protzen – noch keine kunsthistorische Literatur. Radziwill – deutlich besser erforscht. Walter Rose – nie gehört, hat nicht mal einen Wikipedia-Eintrag. Georg Schrimpf – hing bei der Ersthängung im Saal 13 als zwiespältiger Kandidat, weil er bis 1937 an einer staatlichen Hochschule lehrte; hängt jetzt in der Pinakothek der Moderne ohne weitere Anmerkungen bei den Neusachlichen. Edmund Steppes – Anhänger der altdeutschen Malerei, frühes NSDAP-Mitglied, endlich mal ein eindeutiger Kandidat. Und so liest sich der ganze Katalog.

Ich konnte so also immerhin in meiner Arbeit etwas zur Ausstellungspolitik in Venedig ergänzen, ein paar Namen mit Protzen kontrastieren – ich fand es sehr spannend, dass dort sowohl Ernst Barlach (extrem unverdächtig) als auch Josef Thorak (Gottbegnadeter, eins-a-Nazikram) gezeigt wurden – und las viel über die Ausstellungen in den 1920er Jahren, um meine Einordnung besser verorten zu können. Aber auch hier blieb die Frage: Warum hing Protzen da? War er schon etabliert genug, um seine Nation vertreten zu können? Oder war er einer der Neuen? Ich kann ihn immer noch nicht so recht fassen.

3) die Glaspalast-Ausstellungen einordnen.

Protzen stellte von 1927 bis 1931 im Glaspalast aus, und ich wollte diese große Münchner Schau einfach ein bisschen besser einordnen. Ich fand aber bei den ersten Griffen ins Regal nur architektonische Auseinandersetzungen mit dem schicken Gebäude und war auch um kurz vor 16 Uhr etwas matschig im Kopf. Die Beschäftigung mit Ramersdorf und Venedig – was für ein Kontrast – war so spannend gewesen, dass ich mal wieder die Zeit vergessen hatte.

Feierabend.

Der Resttag: im Apple-Store ein hektisch falsch gekauftes Kabel umgetauscht (USB, nicht USB-C, du Hirn), im Supermarkt Salat besorgt, Mayonnaise angerührt, Caesar-Dressing daraus zubereitet (was wäre ich ohne dieses Rezept), zwei Folgen Lost geguckt und dazu eine Riesenschüssel Salat verspeist.

Abends die Bundesliga-Eröffnung auf dem iPad geschaut und mich zum wiederholten Male gefragt, wieso die Streams der Öffentlich-Rechtlichen auf dem iPad fehlerfrei laufen und am Macbook dauernd haken.

Eine Stunde auf Twitter rumgegammelt, mit Buch ins Bett. Dort Candy Crush gespielt anstatt zu lesen. Genug gelesen für einen Tag.

Das war alles sehr schön. Ich werde mit dieser Dissertation nie fertig werden.

Fehlfarben 22: BODY CHECK/Aenne Biermann/Franz Radziwill

Drei Ausstellungen, drei Weine. Als ob wir es geplant hätten!


Podcast herunterladen (MP3-Direktlink, 84 MB, 105 min), abonnieren (RSS-Feed für den Podcatcher eurer Wahl), via iTunes anhören.

00.00:00. Begrüßung und Vorstellung.

00.01:40. Blindverkostung Wein 1. Heute haben wir Kerner im Glas.

00.03:30. Unsere erste Ausstellung war BODY CHECK: Martin Kippenberger – Maria Lassnig im Kunstbau des Lenbachhauses. Die Ausstellung ballert Werke von Lassnig (yay) und Kippenberger (nicht ganz so yay) zusammen, und wir haben auch nach einer Diskussion von 45 Minuten nicht verstanden, wieso eigentlich. Mir haben grundsätzlich alle Werke von Lassnig gefallen, weil ich es schlicht immer wieder und immer mehr genieße, weibliche Körper zu sehen, die nicht normschön sind und die nicht-normierte Dinge tun, und gerade die malte Lassnig absolut unnachahmlich und einzigartig. Ihre Zeichnungen waren mir noch nicht bekannt, und auch die haben mir sehr gut gefallen.

Mit Kippenberger stehe ich auf Kriegsfuß, wie ich mit so ziemlich allen männlichen Künstlern der 1980er Jahre auf Kriegsfuß stehe, die meinten, mit blöden Kalauern den Kunstbetrieb aufmischen zu können. Da schmunzele ich müde drüber und erinnere mich daran, dass viele weibliche Künstler zu der Zeit noch nicht mal in ihrer Arbeit ernstgenommen wurden und echt was Besseres zu tun hatten als doofe Witze zu reißen. Ja, der Jesusfrosch ist lustig, ja, das Hakenkreuz ist großartig, aber der Rest ist mir ziemlich egal bzw. geht mir auf den Zeiger. Davon konnte mich die Ausstellung immerhin abbringen, denn in ihr befanden sich zwar auch einige Werke, bei denen ich mit den Augen rollte, aber das meiste hat mich dann doch mit dem Herrn versöhnen können.

Die Ausstellung läuft nur noch bis zum 15. September, also noch schnell rein da. Notfalls einfach nur die Lassnigs angucken, das geht ja immer.

00.33:10. Blindverkostung Wein 2.

00.47:50. Blindverkostung Wein 3.

00.53:20. Die zweite Ausstellung: Von der Fotografin Aenne Biermann hatte ich vorher noch nie gehört, was ich nun sehr bedauere, denn die Schau Vertrautheit mit den Dingen hat uns allen sehr gut gefallen. Ich mochte besonders die Stillleben, war ja klar, die mag ich ja immer, aber auch ihre Porträts, bei denen sie ihren Subjekten fast bis auf die Nasenspitze nahe kommt, waren sehr spannend. Wir erwähnen eine Dame mit Monokel und in diesem Zusammenhang das Porträt von Sylvia von Harden, das Otto Dix 1926 malte. Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. Oktober. Schwabentipp: Am Sonntag kostet der Eintritt in die Pinakothek der Moderne nur einen lausigen Euro. Und ihr könnt gleich die nächste Wand mitnehmen:

01.20:00. Denn von Franz Radziwill hängen nur vier Werke plus ein Schmidt-Rottluff. In Zwei Seiten eines Künstlers zeigt die Pinakothek ein Gemälde, das von beiden Seiten der Leinwand bemalt ist. Joah, war okay. Was für mich aber viel spannender war, waren zwei weitere Werke, die von 1937 und 1938 stammten und in denen sich Radziwill den nicht definierten Vorlieben der NS-Machthaber angepasst hatte, was Bildgestaltung anging. Also genau mein Thema, welcome to my TED talk. Nein, ich habe mich brav zurückgehalten und kein 30-minütiges Impulsreferat gehalten, aber wer mein Blog aufmerksam gelesen hat in den letzten drei Jahren, der wird durch meinen Podcast-Beitrag nicht viel Neues erfahren. Ich erwähne natürlich meinen Blogeintrag zum Saal 13, in dem die Pinakothek als erstes Kunstmuseum in Deutschland bewusst NS-konforme Kunst zeigte. Der Saal ist heute leicht anders gehängt und meiner Meinung nach etwas schwächer, aber hey, es hängen dort jetzt zwei Protzens und nicht mehr nur einer. Ich erwähne auch ein Bild von Wilhelm Lachnit, der sein Werk Mädchen mit Schmuck im Nationalen Porträtwettbewerb 1936 einreichte. Natürlich auch hier: Anschauempfehlung, läuft noch bis zum 31. Dezember.

01.38:45. Wir lösen die Weine auf; Wein 2 landete zweimal auf dem ersten Platz, die anderen beiden lagen nicht weit dahinter. Kann man alles prima wegtrinken.

Wein 1 von Flo: Weingut Manni Nössing, Südtirol Eisackertaler Kerner 2017, 13,5%, bei der Weinhandlung Bergwein in München gekauft für 16,70 Euro.

Wein 2 von mir: Weingut Kerstin Laufer, Unterhaider Röthla Kerner trocken, 2017, 12%, bei wirwinzer.de bestellt für 12 Euro.

Wein 3 von Felix: Weingut Geiger & Söhne, mundart Kerner Kabinett trocken, Thüngersheim Scharlachberg 2018, 13,5%, bei wirwinzer.de bestellt für 6,70 Euro.